mein geliebter Rektor, D. Bricolo, wird Ihnen klargemacht haben, warum ich in Turin bin. Die Vorsehung hat mich zugleich dazu bestimmt, an der Aufgabe mitzuarbeiten, die ich Ihnen jetzt vorlege. Eure Exzellenz wird wissen, wie die ‚Missregierung‘ Italiens das ‚Gesetz über die Gleichheit‘ veröffentlicht hat, durch das die Kleriker dem Militärdienst unterworfen werden. Auf diese Art wird das Privileg der Befreiung [Exemtion] zur Förderung des italienischen Klerus aufgehoben, dessen man sich vorher erfreute. Der eifrige Domherr Msgr. Ortalda, Direktor des Werkes der Glaubensverbreitung in Turin, hat nun daran gedacht, die ehrwürdige Schar der italienischen Missionare ins Feld zu führen, die über zwei Welten hin verstreut sind - es sind ungefähr 45 Bischöfe und 1.500 Missionare - um dieses Unrechtsgesetz wieder rückgängig zu machen. Um die Nachfolge auf all ihren Arbeitsfeldern zu sichern, wollen diese Grenadiere des Heeres Christi mit unserer Hilfe nächsten Oktober eine Eingabe an den Senat machen (ich sende Ihnen einen gedruckten Entwurf davon); durch mich wird diese Eingabe dann dem Kardinal Barnabò und dem Papst zur Begutachtung vorgelegt werden. Dem Verzeichnis der italienischen Bischöfe und Missionare soll eine Aufstellung derer beigefügt werden, die im diplomatischen Dienst auch missionarisch tätig sind, mit Hilfe des Außenministers habe ich diese Liste soeben fertiggestellt.
Man hat auch beschlossen, zu dieser Liste der italienischen Missionare und Bischöfe Italiens mit Zustimmung von De Angelis und aller anderen auch die von Venetien und Rom hinzuzufügen, und ich bin beauftragt, neben andern auch die von Venetien, Trient und Triest zu sammeln. Und so haben wir zusammen mit Msgr. Ortalda beschlossen, uns an Eure hochwürdigste Exzellenz zu wenden, um die Namen aller Missionare von Venetien, Tirol und dem Triester Gebiet zu erhalten. Diese gehören zum größten Teil Ordensgemeinschaften an, und so kann man von ihren Provinzoberen Namen, Vornamen, Herkunft und Mission erfahren. Wir bitten Sie deshalb, Monsignore, diesen Dienst an der heiligen Sache zu leisten, der auch jenem Teil der Diözesen hilft, die unter der Regierung von Turin stehen. Wenn Eure Exzellenz dann diese Liste hat, bitte ich Sie, die Güte zu haben, sie an mich oder in meiner Abwesenheit an D. Bricolo zu senden. Ich möchte Sie bitten, sogleich die entsprechenden Anordnungen zu geben und diesen Hinweis auch sogleich an die Bischöfe von Venetien und an Seine Hoheit von Trient weiterzugeben, damit auch sie sofort diesen Katalog erstellen können.
Kardinal De Angelis spricht oft mit mir von seinem alten Prediger und trägt mir Grüße an ihn auf. Wenn Sie irgendetwas von Piemont oder der Lombardei wünschen, wenden Sie sich einfach an mich. Vergangenen Donnerstag und Freitag war ich mit dem Domherrn Ortalda und mit dem Domherrn Anglesio, einem Gefährten des ehrwürdigen Cottolengo und Direktor der [...] anlässlich der Abreise von fünf Missionaren nach China in Genua. Ich nahm zusammen mit der Witwe Brignola Sale und der Markgräfin Durazzo Negroni, der Cousine der Markgräfin Clelia, an der Feier teil. Letztere sendet ihre Grüße an die Markgräfin, Ihrer Schwägerin.
Durch die Gnade Gottes und durch die Hilfe Don Boscos und der Gräfin Gloria, Hofdame der verstorbenen Markgräfin Barolo, konnte ich Frau Antonietta Manca, 25 Jahre alt, für Christus gewinnen, eine von den Dutzenden von Favoritinnen Seiner Majestät, des Königs von Italien, Vittorio Emanuel Il. Sie war in meiner Herberge zum „Roten Ochsen". Sie steht unter dem Schutz der Gräfin Gloria, die sie in einer ihrer Villen untergebracht hat. Nach Exerzitien und einer Beichte bei einem heiligmäßigen Priester wird man sie nach Cagliari zu ihrer Mutter schicken. Ich habe das dem Generalvikar schon mitgeteilt, und der wird Sorge tragen, um sie ihrem Ehemann wieder zurückzugeben (wenn dieser will). Schauen Sie, Monsignore, welch unerhörte Sache! Antonietta Manca begab sich vor Jahren zum König, um eine Versetzung ihres Mannes von Turin nach Cagliari, zu erwirken. ‚Si valde pulchra, placuit regi‘, und so wurde diese Ehefrau ruiniert. Sie verließ ihren Mann, bekam eine Zuweisung von 500 Franken pro Monat, und nebenbei ließ ihr der König noch viele Wertpapiere über 1.000 Franken aus der Staatskasse zukommen. Sie selbst hat es mir erzählt; sie bereut jetzt ihren Fall. Die Gräfin Gloria, an die ich von Don Bosco verwiesen wurde, wird diese heilige Aufgabe weiterführen.
Grüßen Sie Monsignore, den Generalvikar, den Markgrafen Ottavio, die Markgräfinnen - Schwägerin und Mutter -, sowie Don Vincenzo.
Ich küsse Ihr heiliges Gewand und bleibe in aller Ehrfurcht
Euer Hochwürdigsten und Erlauchtesten Exzellenz geringster und ergebenster Diener
Daniel Comboni
Wir bitten um die Auskunft über die Missionare, die sich gegenwärtig im Ausland befinden, wie auch über diejenigen, die schon zurückgekehrt sind.
heute möchte ich Ihnen unter dem Schutz Mariens wieder über unseren lieben Pippo schreiben. Zuerst möchte ich Ihnen sagen, dass - nachdem ich Ihnen von Genua aus geschrieben hatte - mein Herz immer über meinen Brief beunruhigt war, aus Furcht, dass mein Brief Ihnen Missfallen bereitet hat, weil ich so leichthin alles über den Fehltritt des lieben jungen Mannes erzählt habe. Liebe Lulu, ich hatte die besten Absichten. Ich zauderte lange und war unschlüssig und dachte darüber nach, und schrieb erst nach innigen Gebeten; ich war mir bewusst, dass Sie die Mutter sind, und mehr als das. Aber zugleich schien es mir wie ein Verrat an Ihnen, wenn ich Ihnen nicht alles enthüllte. Ich tat das alles, weil ich Ihre Familie Carpegna sehr schätze und für Pippo nur das Beste will. Ich wollte Ihnen die Mittel in die Hand geben, um weitere Entgleisungen zu verhindern. Wenn ich mich darin geirrt habe, so bitte ich Sie, mir gegenüber dasselbe Vertrauen zu haben, das ich Ihnen gegenüber hatte. Aber schauen Sie: Der Verdacht, dass seine Mutter von seinem Fall weiß, hat Pippo so getroffen, dass er tausend Versprechen abgelegt hat, nichts mehr zu tun, was seiner Mutter missfallen könnte.
Gestern schrieb ich an Adelaide und trug ihr auf, für ihn bei seiner zartfühlenden Mutter ein Bekenntnis abzulegen. Er selbst hat nicht den Mut dazu, er schämt sich zu Tode, und ich glaube, das war für ihn eine große Lehre, an die er lange denken wird. Aber Sie müssen ihn mit Milde behandeln, denn wenn Sie jetzt mit Drohungen kommen, erreichen sie nichts, denn sie können sich vorstellen, welchen Stolz und welchen Geist der Unabhängigkeit der Militärstand mit sich bringt. Ich rate Ihnen außerdem, nicht zu sagen, dass ich Ihnen von seinem Fall geschrieben habe. Sie müssen immer auf dem wahrheitsgemäßen Punkt bestehen, den Ihnen Annette geschrieben hat, wie mir gestern die Gräfin Baldini sagte. Denn Pippo ist noch sehr jung und nimmt es jedem sehr übel, der Sie davon unterrichten würde. Wehe mir, wenn er wüsste, dass ich geschrieben habe. Wenn Sie dann den Brief von Adelaide erhalten, wird es Ihnen leichtfallen, meinen Namen zu verschweigen, denn ich möchte Sie auch weiterhin über alles informieren. Jetzt, da ich Pippo stark erschüttert finde, scheint mir (noch bevor Guido kommt, Guido vermag alles beim Herzen Pippos) ein Besuch in Pinerolo nützlich zu sein, und ich hoffe, dass auch Adelaide bereit sein wird, mich dabei zu begleiten, jedenfalls versprach sie mir, alles zu tun, um am Donnerstag oder am Sonntag mit mir zu kommen. Ich hoffe auch, dass eine Ermahnung von einer so tüchtigen Frau, wie Adelaide es ist, und von meiner Wenigkeit nicht nutzlos sein wird. Adelaide vertritt Sie ausgezeichnet in Turin, liebe Ludmilla. Es scheint mir, ein eigener Sohn könnte ihr nicht mehr am Herzen liegen als Pippo ihr am Herzen liegt, und das alles, weil sie ihn und auch Sie liebt. Wenn Sie sie gestern gesehen hätten, Sie wären sicher überzeugt von dem, was ich soeben gesagt habe.
Außerdem schauen Sie darauf, eine genaue Abrechnung über das Geld zu verlangen, das Pippo ausgibt. Geben Sie dabei ihm und Adelaide die entsprechenden Anweisungen: Auch das ist ein Mittel, um einen Seitensprung zu verhindern, denn es kostet Pippo jedes Mal zehn Franken, wie er mir zugab. Um all das aus ihm herauszubekommen, brauchte es viel Verständnis, aber ich konnte vertrauensvoll sein Herz öffnen. Der arme gute Junge weiß nicht, dass ich Sie von all dem zu seinem Besten unterrichten will. Ja, ich sagte ihm, ich würde es vor allen so gut ich kann geheim halten, und er versprach unter Ehrenwort, es nie mehr zu tun. Im Übrigen ist es eine kleine Verfehlung, die wir - unter uns gesagt - bei Pippo angesichts seines Temperamentes und seiner Umgebung eben hinnehmen müssen. Und in der Tat hat er ein großes Schamgefühl, er ist Anfänger in diesem unordentlichen Verhalten. Jetzt aber tut es ihm so leid und er schämt sich so sehr, es seiner Mutter zu schreiben. Das kann für ihn ein starker Schutzschild sein, um ähnliche Dinge nicht mehr zu tun. Die Gesellschaft des jungen Gualterio ist nicht gut für Pippo, denn dieser meint, alles ist für ihn erlaubt, und alles ist nur Vergnügen. Seien Sie liebevoll mit Pippo, aber auch fest und unnachgiebig in Ihren wohl überlegten und milden Drohungen. Geben sie Anweisungen an Adelaide über all das, was er ausgeben darf, aber erlauben Sie ihr auch, dort auszuhelfen, wo er in Gefahr ist, schlecht dazustehen.
Ich bitte Sie, mir hierher nach Turin (Hotel zum „Roten Ochsen") ganz offen zu schreiben, was Sie bei meinen zwei Briefen gefühlt haben, das heißt bei diesem und bei dem, den ich Ihnen vergangene Woche aus Genua geschrieben habe). Sagen Sie mir doch, wie es Ihnen dabei ergeht, ob Sie wegen Pippo großen Schmerz erleiden, usw., auch wenn ich, meine verehrte Gräfin, in Ihrem Herzen lesen kann, wie wenn ich Ihren Geist vor mir unter dem Mikroskop sehen könnte.
Geben Sie Maria einen lieben Kuss von mir - ich hoffe, dass ich sie bald nach Herzen abküssen kann, und beten Sie für den, der Ihnen seine echte, aufrichtige und innige christliche Freundschaft für immer bekennt.
D. Daniel
Grüßen Sie bitte D. Luigi Fratini und lassen sie mich wissen, wo er sich aufhält, denn ich schrieb einige Male, ohne Antwort zu erhalten.
ich hatte gehofft, Sie und P. Olivieri in Rom zu sehen, aber ich höre, dass Sie beide in Marseille sind. Herr Casamara macht mir allerdings Hoffnung, dass ich Sie in Rom werde sehen können, wo ich übermorgen ankommen werde. In Köln wünscht man dringend genaue Beschreibungen über den Fortschritt des heiligen Werkes des Loskaufs von Schwarzen. Der Deutsche möchte von Natur aus Bilder sehen, etwas lesen und etwas wissen, dann gibt er auch reichlich Geld aus. Diese Gesellschaft macht große Fortschritte, und sie würde noch größere machen und mehr Geld zusammenbringen, wenn wir mehr Informationen zur Verfügung stellen würden. Die Gesellschaft beauftragte mich, Sie und P. Olivieri darauf hinzuweisen und zu ermutigen, öfters und auch mehr zu schreiben. Ich glaube, Sie haben ja Material in Überfülle, um ihnen den Gefallen zu tun. Das Beste wäre es, glaube ich, wenn sie und P. Olivieri einmal in den Norden kämen und dabei Köln besuchen könnten. Das wäre sicherlich zum Nutzen des Werkes.
Ich habe größtes Verlangen, Sie zu sehen und über unser geliebtes Afrika zu sprechen. Ich bin ganz niedergeschlagen, wenn ich sehe, wie wenig von uns und den Franziskanern für Afrika getan worden ist. Sicherlich hat ihr Werk zum „Loskauf“ den Afrikanern mehr geholfen als unseres und war mit weniger Opfern verbunden. Davon bin ich überzeugt, wie ich es ganz offen in Köln und Don Mazza und Barnabò gesagt habe. Unter anderem möchte ich jetzt mit der Propaganda Fide ausführlich darüber sprechen, wie man mit weniger Opfern Afrika mehr helfen kann.
Msgr. Canal gab mir vor einiger Zeit in Venedig vier Kopien einer Lebensbeschreibung eines schwarzen Mädchens, das kurz zuvor gestorben war, verfasst von Frau Marovich. Schreiben Sie mir doch, lieber Don Biagio, nach Rom und unterrichten Sie mich über den Fortschritt des Werkes und ob ich hoffen darf, beide in Rom zu sehen. Meine schwarzen Jungen sind beinahe alle gestorben, den Mädchen geht es allen gut. Sie sind schon ungeduldig, zurückzukehren und ihren Landsleuten zu helfen, da ihre Ausbildung abgeschlossen ist. Aber wohin soll man sie schicken, wenn die arme Afrikamission so am Boden liegt? Gott wird das Beste für sie tun. Vor einigen Tagen kam Kirchner nach Verona, um uns zu sehen. Von meinen Gefährten ist nur einer gesund und bereit, nach Afrika zu gehen. Ich möchte dringend gern wissen, ob die Schwierigkeiten aufgehört haben, Schwarzafrikaner aus Ägypten herauszubringen, oder ob es immer noch notwendig ist, wegen der im Evangelium begründeten Nächstenliebe, heilige Schliche anzuwenden, um Schwarzafrikaner nach Europa zu bringen. Tausend Dinge möchte ich wissen und viel über Afrika sprechen.
Ich bitte Sie, meine Grüße dem heiligmäßigen Alten zu überbringen, der ein wirklicher Vater für die Schwarzen ist, und ihn auch anzuregen, für mich zu beten. Grüßen sie bitte in meinem Namen auch die kanonische, klassische Magdalena, und empfehlen Sie mich ihren Gebeten. Und nehmen Sie auch von mir die Zeichen meiner besonderen Hochachtung und Freundschaft an.
Ihr ergebenster
D. Daniel Comboni
Afrikamissionar
Ein geheimnisvolles Dunkel bedeckt noch bis heute die ausgedehnten Gebiete im Inneren Afrikas. Zivile Regierungen und private Gesellschaften unternahmen zu verschiedenen Zeiten ernsthafte Anstrengungen, um Forschungsreisen in diese unendlichen Weiten zu unternehmen. Dafür bereiteten sie gut ausgerüstete Expeditionen vor. Trotz zahlreicher Bemühungen und schwerster Opfer hat man jenen undurchdringlichen Schleier nie lüften können, der seit so vielen Jahrhunderten über diesen liegt.
Die furchtlosen Forscher bemühten sich bis in unsere Tage um diesen unerforschten Teil des Globus. Sie arbeiteten unermüdlich, um ans Ziel ihrer Forschungen zu gelangen. Sie versuchten, die geografischen Probleme zu lösen und die Schätze zu entdecken, mit denen sie die Geschichte der Natur und den Handel bereichern wollen. Der christliche Philanthrop dagegen richtet seinen Blick auf die geistigen und sozialen Bedingungen jener Völker, die unter dem Joch Satans seufzen. Er möchte gleichzeitig auf brüderliche Weise bewirken, dass durch seine Mitarbeit ihr trauriges Schicksal verbessert werde. Tatsächlich haben diese frommen Gedanken bis in unsere Tage hinein von verschiedenen Seiten kräftige und wirksame Impulse erhalten. Es wurden schon immer lobenswerte Anstrengungen unternommen, um die unglückseligen Afrikaner aus ihrer beklagenswerten Situation zu befreien, indem man sie anleitete, gemäß dem Licht der christlichen Wahrheiten zu leben.
Neben zahlreichen und unterschiedlichen Expeditionen von eifrigen Missionaren, wie von einigen Ordensgemeinschaften und kirchlichen Vereinen in den vergangenen Jahrhunderten, die sie mit Genehmigung der Kongregation der Propaganda Fide unternommen haben, um das Banner des Kreuzes in diesen von den Afrikanern bewohnten heißen Landstrichen aufzustellen, hat Papst Gregor XVI., seligen Angedenkens, die Mission für Zentralafrika gegründet. Der glorreich regierende Papst Pius IX., der die Dekrete seines Vorgängers bestätigte, entsandte Missionare, die den Nil hinauffuhren und 1848 in das neu errichtete Apostolische Vikariat vorstießen. Es ist das größte in der Welt und umfasst eine Fläche, die zweimal größer ist als ganz Europa. In diesem unendlich weiten Feld, das offen stand für den Eifer der aus dem Evangelium entspringenden Nächstenliebe, haben einige würdige Priester aus Deutschland, Österreich und Bayern, vor allem aus dem deutschsprachigen Tirol, unerhörte Anstrengungen unternommen. Zusammen geschart wurden sie von dem hervorragenden Marienverein und ermutigt durch die eifrigen Bemühungen des verdienten Professors Mitterrutzner. Anschließend kamen auch die Missionare des Mazza-Instituts aus Verona hinzu und schließlich noch eine zahlreiche Gruppe von Franziskanern. Dieser erlesenen Truppe der Miliz Christi ist es nach Überwindung unglaublicher Hindernisse und unter enormen Opfern gelungen, an den Ufern des majestätischen Nils, der zwischen dem Wendekreis des Krebses und dem Äquator fließt, vier sehr wichtige Stationen zu gründen. Als festes Zentrum der Kommunikation wählten sie die Hauptstadt des ägyptischen Sudan. Ihre politischen Voraussetzungen und ihre geografische Lage betrachteten sie als günstig für den letzten Stützpunkt für die Europäer, die sich in jene entfernten Gegenden begaben.
All diese großherzigen Versuche aus Liebe zum Evangelium, all diese nobelsten Unternehmungen über mehr als fünfzehn Jahre scheiterten an unüberwindlichen Schwierigkeiten. Dazu gehören ein schamloser Egoismus, eine Menge von Widrigkeiten und das unbarmherzige Klima dieser grausamen, für Europäer tödlichen Gegenden. Über drei Viertel der Kämpfer Christi haben in diesem harten Unternehmen ihr Leben geopfert. Sie haben einen teuren Preis bezahlt für die bescheidenen Früchte und die wenigen Bekehrungen.
Wir haben eine Zeit lang diese fernen Stämme erforscht. Wegen der tödlichen Krankheiten standen wir mehrere Male am Rande des Grabes, trotzdem studierten wir die Natur, die Gebräuche, die sozialen Bedingungen. Unter anderem haben wir Folgendes festgestellt: Das erste Hindernis, auf das wir bei der Bekehrung der Afrikaner stoßen, ist das unbarmherzige Klima. Dann aber fehlt uns ein vitales Zentrum, das uns befähigt, das Werk der Verbreitung des Glaubens langfristig in Zentralafrika fest zu begründen.
Damit eine Mission langfristig bestehen kann, braucht sie ein sicheres Zentrum, von dem aus ständig der Geist des Lebens ausgeht, der sich kräftig über das ganze Gebiet ausbreitet, um die wertvollen Keimlinge zu bewahren und die Existenz und die Ausübung des Dienstes zu gewährleisten. Ein lebendiges Zentrum, das ein jährliches Auffrischen von neuen Kräften ermöglicht, wo sich die Missionare, die unter dem unbarmherzigen Klima leiden, von den Anstrengungen und dem Martyrium erholen können. Für solche lebenswichtigen Zentren eignen sich im Allgemeinen die Institute und Seminare Europas, die zu Gunsten der Mission in Asien, Amerika und Ozeanien existieren. Zwischen Europa und diesen drei Teilen des Globus besteht eine gewisse Ähnlichkeit bezüglich der Ausrichtung, der Sitten und des Klimas. Wenigstens zwischen dem einen und anderen gibt es die Möglichkeit der Kommunikation und eine einfühlsame Offenheit, um ständig und fest die geheimnisvollen Eindrücke des Lebens zu empfangen, die der Geist des Evangeliums in die Herzen der menschlichen Gesellschaft ausgießt.
Aber dieses heilsame Zentrum, von dem der Geist des Lebens ausgeht, der so notwendig ist für den Erhalt und die Ausbreitung der ausländischen Missionen, kann sich hier in Europa nicht als günstig und wirksam für die Bekehrung der Afrikaner erweisen. Denn die Erfahrung hat klar und deutlich gezeigt, dass der europäische Missionar in diesen heißen Regionen des Inneren Afrikas nicht an der Bekehrung der Afrikaner arbeiten kann. Die Lebensbedingungen sind unerträglich. Er kann die schweren Anstrengungen, die Vielfalt der Unannehmlichkeiten und die Unbarmherzigkeit des Klimas kaum ertragen. Ebenso hat die Erfahrung gezeigt, dass ein Afrikaner in Europa keine komplette katholische Ausbildung erhalten kann, die ihn körperlich und seelisch befähigt, in seinem Heimatland für die Verbreitung des Glaubens zu wirken. Denn entweder kann er in Europa nicht leben, oder er ist, wenn er nach Afrika zurückkehrt, wegen der europäischen Gepflogenheiten, die er im Zentrum der Zivilisation übernommen hat, unfähig dazu, denn unter den Voraussetzungen des afrikanischen Lebens erweisen sich diese für ihn als hinderlich und schädlich.
Wir sind Augenzeugen, wie Anstrengungen, die Widrigkeiten und das fatale afrikanische Klima unter den robustesten Missionaren ein brutales Sterben verursacht haben. Das ging so weit, dass diejenigen, welche die gefährliche Reise auf dem Weißen Nil überlebten und kaum die Sprache eines Stammes zu lernen begonnen hatten, dort wo eine katholische Missionsstation eröffnet worden war, und damit nun fähig wurden, die Frohbotschaft zu verkünden, plötzlich starben. Damit blieb das Werk der Bekehrung der Afrikaner ohne Früchte. Wegen der ständig fortschreitenden Dezimierung der Missionare stöhnen die Afrikaner immer noch unter dem Joch eines erniedrigenden Fetischismus. Die Propaganda Fide kennt alle Institutionen, die in Europa die Erziehung von Personen der äthiopischen Rasse auf sich genommen haben. Sie ist deshalb in der Lage, die Wahrheit zu bestätigen, dass es noch nicht möglich und opportun ist, einen einheimischen Klerus hier bei uns heranzubilden, der dann dazu bestimmt wäre, das Innere Afrikas zu evangelisieren.
Die Erfahrung hat eindeutig gezeigt, dass das System, dem man bisher folgte, wenngleich äußerst nützlich für die Bekehrung der Ungläubigen in anderen Teilen der Welt, keineswegs geeignet ist für die Wiedergeburt des Inneren Afrikas. Denn da der europäische Missionar in diesen heißen Regionen nicht leben kann, wird es ihm nie gelingen, den Glauben langfristig hier einzupflanzen. Der einheimische Afrikaner dagegen, der in Europa ausgebildet wurde, kann wegen der oben genannten Gründe das Apostolat in seinem Heimatland nicht leisten. Die Kongregation der Propaganda Fide steht vor der schwierigen Alternative, entweder die wichtige Mission Zentralafrikas aufzuheben, oder um einen Plan zu bitten, der begründete Hoffnungen auf Erfolg eines glücklicheren Ausgangs für die Bekehrung der Afrikaner weckt.
Der traurige Gedanke, dass vielleicht für viele Jahrhunderte das Werk der Kirche zu Gunsten so vieler Millionen von Seelen, die noch in der Finsternis und im Schatten des Todes leben, unterbliebe, muss das Herz eines jeden frommen und gläubigen Katholiken, das von der Nächstenliebe Jesu Christi entflammt ist, aufs Tiefste verletzen und betrüben. Um dem Impuls dieser übermenschlichen Tugend zu folgen und den furchtbaren herzzerreißenden Gedanken für immer aufzugeben, jene riesigen bevölkerten Regionen im Unglauben und in der Barbarei zu belassen, ist es notwendig, den bisher verfolgten Weg zu verlassen, das alte System zu wechseln und einen Plan zu erstellen, der wirksamer zum Ziel führt. Diese Menschen dort sind zweifelsohne die ärmsten und verlassensten der Welt. Das ist der Grund, warum wir in unserem Unvermögen versucht haben, einen möglichen Weg aufzuzeigen, selbst wenn er nicht sicher ist, um mit der künftigen Wiedergeburt jener verlassenen Seelen zu beginnen. Alle Gedanken unseres Lebens waren nur auf ihr Wohl gerichtet. Für sie wären wir auch bereit, unser Blut bis zum letzten Tropfen zu vergießen.
Da ist in unseren Gedanken ein Plan entstanden. Auch wenn er nicht all jene Vorteile enthält, die von anderen zu Gunsten anderer Missionen der Welt erdacht wurden, wird es ihm vielleicht gelingen, eine beachtliche Verbesserung der Lebensbedingungen der unglücklichen Afrikaner zu schaffen. Auf den Wegen, welche die göttliche Vorsehung vorgezeichnet hat, werden sie allmählich an den unaussprechlichen Früchten der Erlösung durch den Gott-Menschen teilnehmen können.
Nicht nur die Afrikaner des Inneren Afrikas, sondern auch jene der Küsten und all der anderen Teile der großen Halbinsel [Anmerkung: Comboni benutzt tatsächlich den Ausdruck Halbinsel], auch wenn sie auf Tausende von Stämmen verteilt sind, haben mehr oder weniger die gleichen Eigenschaften, Sitten und Gebräuche und Tendenzen. Diese sind bei jenen zur Genüge bekannt, die sich schon seit langem um ihr Wohl bemüht haben. Also scheint es uns, dass die Nächstenliebe des Evangeliums allgemeine Heilmittel und Hilfen anbieten kann, die sie befähigen, der großen Familie der Afrikaner die wertvollen Vorteile des katholischen Glaubens zu vermitteln. Es scheint uns also günstig, ja wir würden sogar sagen notwendig, dass man aus den vielfältigen Überlegungen, die man zur Wiedergeburt der Afrikaner anstellen könnte, jene auswählen sollte, die in sich ein einheitliches Konzept ergeben, das man allgemein leicht anwenden könnte.
Und das schien uns der Plan, den wir konzipiert haben für die Bekehrung der Afrikaner. Es ist ein Plan, der, auch wenn er umfassend in seiner Ausdehnung und schwierig in seiner Durchführung ist, uns doch aus einem Guss und einfach in seinem Konzept und seiner Durchführung zu sein scheint.
Deshalb würde sich dieser Plan nicht auf die alten Grenzen erstrecken, die für Zentralafrika gezogen wurden, und die, wie wir gesehen haben, aus oben genannten Gründen unglücklicherweise zu keinem Erfolg geführt haben, sondern er würde die ganze Rasse der Schwarzafrikaner umfassen. Konsequenterweise würden sich die Aktivitäten über fast ganz Afrika erstrecken, über alle Länder, die von der äthiopischen Rasse bewohnt sind.
Auch wenn es dem Heiligen Apostolischen Stuhl bisher nicht gelungen ist, den Glauben fest in den großen Stämmen von Zentralafrika zu verwurzeln, hat er doch seine wohltuende Aufmerksamkeit den Inseln und den Küstengebieten geschenkt, die die große afrikanische Halbinsel umgeben, wo er zwölf Vikariate und neun Apostolische Präfekturen und zehn Diözesen gegründet hat. Sie blühen tatsächlich mehr oder wenig erfolgreich.
Im Norden die beiden Apostolischen Vikariate Ägypten und Tunesien und die drei Präfekturen Oberägypten, Tripolis und Marokko.
Im Westen die fünf Apostolischen Vikariate Senegambia, Sierra Leone, Dahomey, Guinea und Natal und die drei Apostolischen Präfekturen Senegal, Kongo sowie die Inseln Anabon Corisco und Fernando Po.
Im Süden die beiden Apostolischen Vikariate des Orientalischen und des westlichen Distriktes und des Kaps der guten Hoffnung.
Im Südosten das Apostolische Vikariat Madagaskar und die drei Apostolischen Präfekturen Sansibar, die Seychellen und die Inseln Nossibè, S. Maria und Mayotte.
Im Nordosten die beiden Apostolischen Vikariate von Abessinien und den Galla.
Unter den zehn Diözesen blühen besonders gut im Norden jene von Algerien und im Südosten jene von S. Denis auf der Insel Réunion im indischen Ozean. Um den ausgedachten Plan zu verwirklichen ist es deshalb notwendig, die Hilfe und die Zusammenarbeit dieser Vikariate, Präfekturen und Diözesen, die schon an den Küsten um Afrika herum bestehen, zu erbitten. Sie sehen aus der Nähe viel besser das bedauernswerte Elend und die extremen Nöte dieser riesigen Volksstämme im Inneren Afrikas, über denen noch nicht der helle Stern des Glaubens leuchtet. Sie könnten wirklich kompetent mit Rat und Tat an dem schwierigen und großen Werk der Wiedergeburt dieser völkerreichen Stämme von ganz Afrika mitwirken.
Der Plan also, den wir der Kongregation der Propaganda Fide vorlegen möchten, würde die Gründung zahlreicher Institute beiderlei Geschlechts mit sich bringen, die ganz Afrika umgeben würden. Sie würden vernünftigerweise an günstigen Orten angesiedelt werden, die nicht allzu weit weg von den Gebieten Zentralafrikas liegen. [Anmerkung: Gemeint ist eine günstige Verbindung ins Innere.]. Sie würden in sicheren Gebieten errichtet werden, die auch einigermaßen zivilisiert sind, so dass dort sowohl die Europäer als auch die Afrikaner leben und arbeiten könnten.
Diese Männer- und Fraueninstitute müssten gemäß den kanonischen Vorschriften errichtet werden. Sie müssten männliche und weibliche Jugendliche der schwarzen Rasse aufnehmen, um sie in der katholischen Religion und in der christlichen Zivilisation zu unterrichten, so dass weitere Gruppen beiderlei Geschlechts mit dem Ziel entstehen würden, allmählich in die inneren Regionen des afrikanischen Kontinents vorzudringen und ihnen den Glauben und die empfangene Zivilisation zu bringen.
Um diese Institute zu leiten, müssten die Ordensgemeinschaften und die männlichen wie weiblichen katholischen Institutionen gerufen werden, die von der Kirche anerkannt oder von der Kongregation der Propaganda Fide approbiert sind. Sie bräuchten also die Zustimmung sowohl der Propaganda Fide wie auch der Generaloberen dieser Ordensgemeinschaften und Institutionen. Darüber hinaus könnten zu dem gleichen Zweck auf Anregung der Propaganda Fide neue Seminare für die afrikanischen Missionen gegründet werden. Sie könnten nach dem Vorbild der Seminare für die Auslandsmission geführt werden, die schon existieren. Dabei würde man aus diesen Normen nur diejenigen anwenden, die sich für Afrika als günstig erweisen würden.
Diese Institute würden unter der Jurisdiktion der Apostolischen Vikariate und Präfekturen stehen, die es an den Küsten Afrikas bereits gibt, oder unter den Jurisdiktionsbereichen, welche die Propaganda Fide im Verlauf der Entwicklung des neuen Planes errichten würde.
Das Leitungspersonal dieser Institute würde die äthiopischen Schüler [Anmerkung: Comboni benutzt für Afrikaner den Begriff Äthiopier, oder äthiopische Rasse] nach den Regeln und dem Geist der eigenen Institutionen erziehen, allerdings würden sie diese Regeln den Bedürfnissen und Gegebenheiten im Inneren Afrikas anpassen. Als besonderes Ziel würden sie sich vornehmen, Sorge zu tragen für eine gute Leitung und ein gutes Gelingen der Institute für schwarze Mädchen und Jungen. Dabei würden sie natürlich all das beachten, was dem Land gut täte, in dem sich die Institute niedergelassen haben.
Die Ausbildung, die man allen Individuen beiderlei Geschlechts im Umfeld der Institute in Afrika wird geben müssen, würde Folgendes beinhalten: In ihre Seele den Geist Jesu Christi eingießen und darauf hinwirken, dass sich in ihnen ein sittsames Benehmen, die Treue im Glauben, die Grundsätze der christlichen Moral, die Kenntnis des katholischen Katechismus und die notwendigen Grundkenntnisse des menschlichen Wissens einwurzeln. Darüber hinaus wird jeder der männlichen Jugendlichen in praktischer Landwirtschaft unterrichtet und in einer oder mehreren notwendigen handwerklichen Fähigkeiten. Jedes Mädchen wird in den hauptsächlichsten Handarbeiten unterrichtet, damit Erstere sehr tüchtige, brauchbare Männer werden und Letztere rechtschaffene, tugendhafte, geschickte Familienmütter. Wir glauben, dass die Arbeit, zu der alle Mitglieder der afrikanischen Institute angehalten werden, sich zum großen Vorteil auf das moralische Verhalten und das spirituelle Leben der Individuen der äthiopischen Rasse auswirken, die eigentlich übermäßig zu Faulheit und Müßiggang neigt.
Nach Abschluss der religiösen und zivilen Erziehung in den Instituten wird die Leitung einem jeden männlichen oder weiblichen Schüler, der die Jurisdiktion des eigenen Instituts verlässt, mit Rat und Tat zur Seite stehen. Sie wird ihm die in ihrer Macht stehende Hilfe leisten, damit er unter Voraussetzungen leben kann, die es ihm erlauben, sich an die gesunden Grundsätze der Religion und der Moral zu halten, die ihm durch die erteilte Erziehung in die Seele gesenkt wurden.
Von jedem dieser Institute, welche die große afrikanische Halbinsel umgeben, werden weitere männliche und weibliche Gruppierungen gegründet, die dazu bestimmt sind, sich allmählich in das Innere Zentralafrikas zu begeben, um dort mit dem segensvollen Werk des Katholizismus zu beginnen und es zu etablieren und Missionsstationen zu errichten, von denen das Licht der Religion und der Zivilisation ausstrahlt.
Zu der Gruppe, die von denjenigen afrikanischen Jugendlichen gebildet wird, die man für das große Werk für geeignet hält, wird man folgende Personen zählen:
Zu der Gruppe, die aus den fähigsten jungen afrikanischen Mädchen gebildet wird, die für das große Werk geeignet sind, gehören:
Geeignete Lehrerinnen, denen man die entsprechende notwendige Ausbildung in der katholischen Religion und Moral gibt, damit sie deren Grundsätze und die dazu gehörende Praxis der erniedrigten afrikanischen weiblichen Gesellschaft beibringen, von der - wie bei uns - fast die ganze Wiedergeburt der großen Familie der Afrikaner abhängt. Geeignete Familienmütter, die zugleich auch Lehrerinnen sind, und die den Unterricht im Lesen, Schreiben, Rechnen, Sticken, Nähen, Weben und der Krankenpflege erteilen und die für Zentralafrika nützlichsten Hausarbeiten der Frauen praktizieren.
Die großen Gemeinschaften der verschiedenen Institute, die Afrika umgeben, werden sich allmählich an verschiedene Orte im Inneren Afrikas begeben. Jedes Individuum, das sich für die Verbreitung der Religion und der Zivilisation einsetzt und die Landwirtschaft in jenen jungfräulichen Gebieten freier Wahl fördert, kann dann jenen Lebensstand wählen, zu dem es am meisten Neigung verspürt.
Aus der Gruppe afrikanischer Katechisten wählt man diejenigen aus, die sich besonders durch Frömmigkeit und Wissen hervortun und in denen man vermutlich eine Neigung zu einem kirchlichen Beruf entdecken kann. Und diese wird man für den göttlichen Dienst vorsehen [Anmerkung: Gemeint ist wohl die Berufung zum Priester]). In der Institution dieser bevorzugten Gruppe wird man viele Lernstoff aus dem Studienplan herausnehmen, der von den Alumnen der Seminare in Europa verlangt wird. Man wird sich nur auf die grundlegenden theologischen und wissenschaftlich besonders notwendigen Studien beschränken, die für die Bedürfnisse und Erfordernisse dieser Länder ausreichen. Und angesichts der physischen und intellektuellen Entwicklung der afrikanischen Individuen wollen wir diese Ausbildung nicht auf zwölf oder mehr Jahre hinausziehen, wie das in Europa der Fall ist. Wir glauben, dass man sich auf sechs bis acht Jahre je nach Beurteilung des einzelnen Falles beschränken könnte.
Doch wegen der Unbeständigkeit und der Verweichlichung, die zur den Charakterzügen der äthiopischen Rasse zählen, ist äußerste Vorsicht bei der Zulassung der Aspiranten zu den heiligen Weihen geboten. Wir sind fest davon überzeugt, dass es unbedingt notwendig ist, eine Norm festzulegen, so dass sie nur dann zu den höheren Weihen zugelassen werden, wenn sie zuvor einige Jahre lang ihre Standhaftigkeit und ihre Keuschheit bewiesen haben. Das würde bei einem pastoralen Einsatz in einer der bereits im Inneren Afrikas bestehenden Missionsstationen geschehen. Ihr Beweis wäre ein vorbildliches Leben im Dienst der Verkündigung des Wortes Gottes unter Beachtung eines strengen und tadellosen Zölibates.
Aus der Schar der Afrikanerinnen, die sich nicht zum Eheleben hingezogen fühlen, würde man ebenso eine Sektion der Jungfrauen der Nächstenliebe auswählen. Dazu würden jene gehören, die sich besonders durch Frömmigkeit und im Unterrichten des Katechismus, der Sprachen und der häuslichen Arbeiten auszeichnen. Diese bevorzugte Gruppe würde eine besonders erwählte Schar bilden, die vorgesehen wäre für die Leitung der Mädchenschulen und für die Übernahme der wichtigsten Aufgaben in der Nächstenliebe. Sie würden auch den Dienst der katholischen Frauen unter den Stämmen Afrikas ausüben.
Dank des äußerst wichtigen Dienstes des einheimischen Klerus und der Jungfrauen der Nächstenliebe, unterstützt von den Katechisten, den Lehrern und den Handwerkern, den Lehrerinnen und den Familienmüttern werden auf diese Weise allmählich zahlreiche katholische Familien entstehen. Es werden sich blühende christliche Gemeinden bilden, und unsere Religion wird ihren heilsamen Einfluss auf die äthiopische Familie [Anmerkung: Gemeint ist die afrikanische Familie.] ausüben und wird sich Schritt für Schritt zum Segen für die riesigen unerforschten Gebiete von ganz Afrika ausdehnen.
Da die Erfahrung gezeigt hat, dass nur eine ständige und nicht eine vorübergehende Präsenz in den Ländern des Inneren Afrikas gefährlich und todbringend für den europäischen Missionar ist, werden die Missionsstationen und die Gründung christlicher Gemeinden, die im Laufe der Zeit in den Ländern Zentralafrikas entstehen, nur von europäischen Missionaren begonnen und in Gang gebracht. Die Missionare werden von den zuständigen Apostolischen Vikaren und Präfekten dafür bestimmt. Diese werden auch die Katechisten oder die einheimischen, erprobten und geeigneten Priester auswählen, denen dann die ständige Leitung der Missionsstationen und der christlichen Gemeinden anvertraut wird, die von den europäischen Missionaren gegründet worden sind.
Auf der anderen Seite haben die Statistiken der afrikanischen Missionen gezeigt, dass die europäische Frau wegen ihrer vorteilhaften physischen Anpassungsfähigkeit [Anmerkung: Comboni benutzt den Ausdruck Elastizität], wegen ihrer moralischen Einstellung und den Gewohnheiten im häuslichen und sozialen Leben wesentlich besser dem erbarmungslosen afrikanischen Klima widersteht als der europäische Missionar. Deshalb können reguläre Mädcheninstitute aus Europa in den Ländern Zentralafrikas, die dem Europäer weniger schädlich sind, gegründet werden. Sie könnten mit größerer Wirksamkeit die wunderbaren und wichtigen Dienste der katholischen Frau für die Wiedergeburt der großen Familie der Afrikaner leisten.
Da die Eigenart und der Charakter der äthiopischen Rasse äußerst wandelbar und unbeständig sind, halte ich es für sinnvoll und notwendig, dass die Kongregation der Propaganda Fide Kraft ihrer Jurisdiktionsgewalt die Apostolischen Vikare und Präfekten bevollmächtigt, häufige apostolische Visitationen in den Missionsstationen und christlichen Gemeinden im Inneren durchzuführen. Damit könnten sie in jenen gefährlichen Gegenden die Voraussetzungen für den katholischen Glauben korrigieren, sie festigen und verbessern. In diesen Gegenden zerstören nämlich oft ein schamloser Egoismus und der Fanatismus des Islam das Werk des christlichen Priesters. Dort bringen auch der Lebensstil und das Klima und andere spezielle Umstände Körper und Seele zum Erlahmen und bringen die kirchliche Disziplin zum großen Schaden für den Glauben zum Erliegen. Zu diesem Zweck sollten entsprechend geeignete europäische Missionare beauftragt werden, die wegen der oben genannten Gründe ohne jegliches Risiko für ihr Leben diese Aufgabe mit großem Erfolg für ihre wichtige Mission erfüllen könnten.
Um den talentiertesten, die aus der Gruppe der einheimischen Missionare hervorgehen werden, eine entsprechende Ausbildung zu Führern der Christenheit im Inneren Afrikas zu gewähren, könnte die Gesellschaft, die dazu bestimmt wird, den neuen Plan durchzuführen, bei weiterem Fortschreiten des großen Werkes an den vier wichtigsten Orten, die Afrika umgeben, vier theologisch-wissenschaftliche afrikanische Universitäten gründen. Nach unserer Meinung kämen als Orte in Frage: Algerien, Groß-Kairo, St. Denis auf der Insel Réunion im indischen Ozean und eine der wichtigsten Städte Afrikas an der atlantischen Küste.
An diesen vier Universitätszentren wie an anderen wichtigen Punkten auf Inseln und an der Küste rings um Afrika können im Laufe der Zeit große Handwerker- und Berufsschulen errichtet werden. Hier könnten die begabtesten jungen Afrikaner, die aus der Gruppe von Handwerkern hervorgehen, eine weitere fortführende Ausbildung erhalten. Sie könnten dank der Einführung der Handwerksberufe zur Verbesserung der Lebensbedingungen der ausgedehnten Stämme Afrikas beitragen. Außerdem würde dadurch den Missionaren der Weg erleichtert, den Glauben radikaler und dauerhafter zu verwurzeln.
Um den neuen Plan durchzuführen und zu leiten, würde in einer der Hauptstädte Europas ein Komitee eingerichtet. Es wäre zusammengesetzt aus tüchtigen und aktiven Prälaten, Kirchenmännern und ausgezeichneten Laien. Sie unterstünden der Kongregation der Propaganda Fide. Dieses Komitee, geleitet von einem Präsidenten, würde den folgenden Namen tragen: „Komitee der Gesellschaft von den heiligen Herzen Jesu und Mariens für die Bekehrung Afrikas“.
Die spezielle Aufgabe dieses Komitees wäre:
Wir hoffen fest, dass dieser Plan der Gesellschaft von den Heiligen Herzen Jesu und Mariens für die Bekehrung Afrikas, sobald er vom Hl. Apostolischen Stuhl gutgeheißen ist, die Mitarbeit all jener heiligen Institutionen erhalten wird, die bisher schon versucht haben, die geistlichen Vorteile zu Gunsten der äthiopischen Rasse zu fördern. Er wird auch Unterstützung und Hilfe von jenen frommen Vereinen erfahren, die die finanziellen und materiellen Mittel für die heiligen Werke der Verbreitung des Glaubens an Jesus Christus beschaffen.
Schließlich und endlich hege ich die sehr beruhigende Hoffnung im Herzen, dass die Einheit, die Einfachheit und die Zweckmäßigkeit des neues Planes der Gesellschaft von den Heiligen Herzen Jesu und Mariens zur Bekehrung Afrikas den Geist und das Herz unseres unsterblichen Heiligen Vaters, des Papstes Pius IX., seiner Eminenz, des Kardinals und Generalpräfekten, und der hochwürdigsten Vertreter und Konsultoren der hl. Kongregation der Propaganda Fide zufriedenstellen werden. In gleicher Weise werden uns die Katholiken der ganzen Welt zustimmen und Unterstützung und Hilfe gewähren. Die Katholiken werden erfüllt sein von dem Geist übernatürlicher Nächstenliebe, die das große Universum umfasst. Der göttliche Erlöser ist doch gekommen, sie auf die Erde zu bringen: ignem veni mittere in terram et quid volo nisi ut accendatur?
Wenn der Hl. Apostolische Stuhl den neuen Plan der Gesellschaft von den Hei-ligen Herzen Jesu und Mariens zur Bekehrung Afrikas wohlwollend annimmt, werden wir frohen Herzens unsere schwachen Kräfte und unser ganzes Leben einsetzen, um in unserer Schwachheit an diesem großen Werk mitzuwirken. Wir sind sicher, dass er Erfolg haben wird, denn wir haben in ihm den obersten Willen des Himmels erkannt. Und der große Gott der Barmherzigkeiten wird für immer den furchtbaren Fluch hinwegnehmen, der seit so vielen Jahrhunderten auf den armseligen Söhnen Hams lastet. Der Segen wird sich friedlich ausbreiten und für immer auf der großen Familie der Afrikaner ruhen.
Sollte es der Hl. Apostolische Stuhl für richtig halten, diesen neuen Plan nicht zu approbieren, dann würden wir uns bereitwillig und voll und ganz den immer verehrungswürdigen Entscheidungen der göttlichen Vorsehung unterwerfen. Und wir hätten einen neuen Grund, um mit vollem Recht mit den Apostel auszurufen: servi inutiles sumus.
Lob und Gloria sei den Herzen Jesu und Mariens, dem hl. Josef, den hl. Aposteln und dem hl. Franz Xaver und dem B. P. Claver und der B. M. Alacoque.
D. Daniel Comboni
vom Mazza-Institut
Apostolischer Missionar von Zentralafrika
Rom, den 18. September 1864
Tag der Seligsprechung der Schwester M. Alacoque von der Heimsuchung
P.S. Seine Heiligkeit Papst Pius IX. hat zur Durchführung dieses neuen Planes für die Bekehrung Afrikas ermutigt. Seine Eminenz Kardinal Barnabò, Generalpräfekt der Kongregation der Propaganda Fide, will, dass das fromme Werk der Glaubensverbreitung von Lyon und Paris dabei Hilfe leistet.
Als Folge dieses neuen Planes wird sich die Ausführung des Planes des Don Nicola Mazza ergeben, dessen Institut ein Apostolisches Vikariat oder eine Präfektur in dem vom Wiener Marienverein unterstützten Zentralafrika zugewiesen werden soll.
D. D. Comboni
mit großem Schmerz höre ich, dass unser heiligmäßiger Pater Olivieri schwer erkrankt ist. Hoffen wir auf Gott, dass er wieder gesund wird. In Rom werden wir viel über unser geliebtes Afrika zu sprechen haben. Die drei Neubekehrten aus Konstantinopel kommen nach Frankreich, um dort angestellt zu werden. Sie sind mit tausend Empfehlungsschreiben versehen und haben auch mich um ein solches gebeten. Ich bitte auch Sie, ihnen zu helfen, so gut Sie können. Am Samstag werde ich sie auf Anordnung von Kardinal Barnabò dem Papst vorstellen. Auch der Neffe P. Lodovicos ist in Rom. Ich habe der Propaganda Fide meinen Plan zur Errichtung mehrerer Institute vorgelegt, die um ganz Afrika herum entstehen sollen. In Rom werden wir darüber sprechen. Entbieten sie P. Olivieri meine Empfehlungen und grüßen Sie Magdalena.
Beten Sie zu den heiligsten Herzen Jesu und Mariens
für Ihren aufrichtigen Diener
Daniel Comboni
Afrikamissionar
Nr. 116 (112) AN DEN HOCHW. HERRN GOTTFRIED NÖCKER
„Jahresbericht “ 12 (1864), SS. 85-86
Hochwürdiger Herr,
ich erhielt soeben aus Verona die Nachricht, dass die Veroneser Bank Fratelli Smania für mich und meine armen Afrikaner die Summe von 1.472 Franken bereithält. Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen meine Dankbarkeit in Worten ausdrücken kann. Ich denke, dass Sie es nie bereuen werden, mir geholfen zu haben.
Seit einigen Tagen ist ein spanischer Priester hier in Rom, um die Approbation eines Hilfswerkes für Afrika zu erlangen. Kardinal Barnabò sandte ihn zu mir, damit er mir die Sache erkläre und ich darüber entscheide. Es scheint, dass die Propaganda Fide meinen Plan annehmen und alle Unternehmungen zu Gunsten der Afrikaner durch meine Hände gehen lassen will. Auch wollte der Kardinal, bevor er die Approbation erteilt, meine Ansicht zum neuen Projekt P. Lodovicos hören, nämlich bezüglich der Gründung zweier Häuser in Ägypten. Das Abkommen mit dem Apostolischen Delegaten von Ägypten wurde auf Grund meiner Empfehlungen unterschrieben. P. Lodovico erwartet mich in Neapel, um sich mit mir abzustimmen. Der Papst und die Propaganda Fide zeigen sich sehr entgegenkommend und gehen gern auf meine Vorschläge und Wünsche ein. Danken wir Gott dafür und beten wir um die Verwirklichung des Göttlichen Willens zum Besten Afrikas.
Don Daniel Comboni
Nr. 117 (113) AN DEN HOCHW. HERRN GOTTFRIED NÖCKER
„Jahresbericht ...“ 12 (1864), S. 44–85
Hochwürdiger Herr,
es tut mir sehr leid, dass ich Ihnen dieses Jahr keine guten Nachrichten über meine Schwarzafrikaner geben kann, denn mit Ausnahme von Michael Ladoh und dem kleinen Antonio überfiel alle eine schlimme afrikanische Krankheit. Trotz aller Fürsorge, die uns die christliche Nächstenliebe befahl, nahm sie für die armen Afrikaner eine bösartige Form an, und für etliche von ihnen endete sie mit dem Tod. Auch wenn uns durch dieses Unglück die Hoffnung genommen wird, meine lieben Schwarzen zum Besten der Mission in Zentralafrika in Europa erziehen zu lassen, und wir darüber sehr niedergeschlagen sind, erfüllen uns trotzdem das engelgleiche Leben dieser lieben jungen Menschen, die uns anvertraut waren, und ihr wunderbares Sterben mit unaussprechlichem Trost. Und diesen möchte ich auch an Sie weitergeben für all die Opfer, die Sie zum Wohl der Afrikaner in Verona gebracht haben.
Diesmal möchte ich mit Ihnen über unseren Pietro Bullo sprechen, der nach einem vorbildlichen Leben im Tod ein Engel wurde. Aber zuerst muss ich erzählen, wie ich zu diesem Jungen kam. Dabei muss ich Ihnen über meine Reise ans Rote Meer berichten, die ich unternahm, um eine beträchtliche Anzahl Schüler für unser afrikanisches Institut zusammenzubringen.
Im September 1860 erhielt ich einen Brief aus Indien. Er kam vom hochwürdigsten H. Celestino Spelta, Apostolischer Vikar von Yu-pe und Generalvisitator von China. Ich hatte ihn das Jahr vor meiner Reise von Kairo nach Rom kennen gelernt und ihn über den Zweck meines Instituts unterrichtet. Er teilte mir nun mit, dass es in Aden viele schwarze Jungen gebe, die gerade die richtigen für unser Institut in Verona wären. Ich sagte das meinem Oberen Don Nicola Mazza. Ehe er eine Entscheidung traf, wollte er aber sichergehen, ob diese Information stimmt. Er wusste aber noch nicht, wie er zu solchen genaueren Nachrichten gelangen konnte. Die göttliche Vorsehung jedoch zeigte uns bald ihren anbetungswürdigen Willen. Am 10. Oktober desselben Jahres brachte uns ein Karmelitermissionar zwei Afrikaner nach Verona, die ihm der Hochw. P. Giovenale da Tortosa, Präfekt von Aden, anvertraut hatte, als sein Schiff, von Malabar kommend, in Aden Halt machte. Der Präfekt hatte diesen Missionar von Indien gebeten, noch einige andere dieser Jungen mitzunehmen. Da er aber zu wenig Geld hatte, konnte er nur zwei von ihnen mitnehmen. Wir prüften die zwei sorgfältig und fanden sie für unsere Zwecke sehr geeignet und auch aufgeschlossen. Jetzt trug mir mein Oberer auf, nach Indien zu fahren, ohne länger darüber nachzudenken.
Ich erinnere mich noch, wie Don Mazza mir eine Schätzung für die Reisekosten und den Kauf von Afrikanern machte. Ich dachte, dass ich vierzig bis fünfzig Jungen antreffen würde und hielt gut 25.000 Franken für nötig. Mein Oberer durchsuchte seinen Geldbeutel und sagte mir: „Ich habe nur noch dreizehn Gulden.“ „Dann muss ich also in Verona bleiben“, meinte ich. „Durchaus nicht“, erwiderte er, „in drei Tagen fährst Du nach Indien“.
Zu meinem Glück hatte ich mich nicht auf meine Ansicht versteift. Ich ging nach Venedig und besorgte Pässe für die schwarzen Jungen, die ich nach Neapel bringen sollte. Am dritten Tag segnete mich Don Mazza für meine Abreise, gab mir 2.000 Franken (er hatte sie vom Grafen Giuseppe Giovanelli und seiner frommen Frau erhalten, sie hatte 900 Franken gegeben), und sagte: „Mach dich auf jeden Fall auf die Reise; hier sind 2.000 Franken, ich kann Dir jetzt nicht mehr geben. Bete zu Gott, dass er mich weiteres Geld auftreiben lässt. Ich will Dir ja helfen. Aber reise auf jeden Fall.“ Zwei Stunden später verließ ich Verona und ging zu P. Lodovico da Casoria ins Institut nach La Palma, dem ich vier Jungen anvertraute, die das Klima von Verona nicht ertragen konnten.
Im Gespräch mit P. Lodovico erfuhr ich, dass das schöne Werk von P. Olivieri schrecklichen Verfolgungen ausgesetzt war, und zwar sowohl von Seiten der Türken als auch von mehreren europäischen Konsuln.
Als ich im Jahr zuvor von Zentralafrika nach Ägypten zurückkehrte, war ich selbst Zeuge der Schwierigkeiten, die Don Biagio Verri hatte. Zusammen mit ihm wurden fünf schwarze Mädchen ins Gefängnis gesperrt. Nach einem Bericht einiger Herren vom englischen Konsulat, die ihre Feindseligkeit gegenüber den Fortschritten des Katholizismus immer gezeigt hatten, wurden sie von der ägyptischen Regierung für Sklavinnen gehalten. Nach dem Orientkrieg wurden in den Abmachungen des Vertrags von Paris die Sklaverei und auch der Handel mit Schwarzen verboten. Dieses gerechte Gesetz war vom zivilisierten Europa und dem Evangelium gefördert worden. Die Türken aber haben es manipuliert, schlecht ausgelegt und auch geändert. Das heißt, sie sahen Don Olivieri und seinen Gefährten Biagio Verri als Sklavenhändler an, denn sie kauften ja um Geld diese armen schwarzen Mädchen aus den Händen der Giallaba [Sklavenhändler]. Andererseits habe ich schon erfahren, dass die unversöhnlichsten Gegner P. Olivieris die Herren im englischen Konsulat von Alexandria sind. Sie hatten dem Pascha versichert, dass die katholischen Priester Sklavenhandel trieben, und dass man gegen diesen Verstoß einschreiten müsse. Diese falschen Informationen der Engländer und die falsche Auslegung des Loskaufs der Sklaven von Seiten der ägyptischen Regierung verursachten Don Verri großen Verdruss und zahlreiche Schwierigkeiten. Da ich dies alles wusste und gehört hatte, dass der Kampf gegen das Werk P. Olivieris weiterging, beschloss ich, nach Rom zu gehen, wo ich hoffte, mir gute Empfehlungen für das englische Konsulat in Ägypten zu besorgen.
Gott erfüllte meinen Wunsch. Msgr. Nardi, ein Freund und Wohltäter meines Institutes, führte mich zu Herrn Hennesy Pope, Mitglied des Unterhauses in London. Als dieser vom Ziel meiner Reise erfuhr, besorgte er für mich von Odo Russel, dem britischen Gesandten in Rom, ein Empfehlungsschreiben, in dem er den Generalkonsul ihrer Britischen Majestät in Ägypten bat, für mich beim Pascha von Ägypten vollen Schutz zu erwirken und auch die Erlaubnis, alle die Afrikaner von Alexandria nach Europa zu bringen, die ich ihm vorstellen würde. Sie wären keine Sklaven mehr, sondern völlig frei. Lord Hennesy Pope sandte mir diesen Brief und schrieb darin auch, wann immer ich in Ägypten Schwierigkeiten mit dem englischen Konsulat oder der ägyptischen Regierung haben sollte, dann könnte ich mich an das Unterhaus in London wenden, er selbst wäre glücklich, mir Schutz anzubieten, damit ich mein Unternehmen vollenden könne.
Mit diesem Empfehlungsschreiben und mit etlichen anderen, die mir bei verschiedenen Konsuln in Ägypten nützlich sein konnten, und mit dem Segen des Heiligen Vaters verließ ich die Ewige Stadt und bestieg in Civitavecchia die ‚Carmel‘, ein französisches Schiff, das mich nach Malta brachte. Diese Fahrt auf der ‚Carmel‘ stellte sich als glücklicher heraus als jene, die ich auf der ‚Stella d'Italia‘ von Genua nach Neapel gemacht hatte, auf der meine vier Schwarzen viel zu leiden hatten. Aber noch gefährlicher war die Überfahrt von Malta nach Alexandria auf dem französischen Passagierdampfer ‚Euphrat‘, der uns bei einem furchtbaren Sturm beinahe versinken ließ. Er versetzte uns in großen Schrecken. Mit Gottes Hilfe erreichten wir die afrikanische Küste vor Alexandria.
In Kairo hatte ich das Glück, mit dem Polen P. Anastasio zu sprechen, der gerade aus Indien angekommen war. Dort hatte er erfahren, dass sich sowohl in Bombay als auch an der Malabarküste eine große Zahl Schwarzer befand, die ich sehr leicht loskaufen könnte. Etliche von ihnen waren auch ihm angeboten worden, aber er konnte sie nicht mitnehmen, denn er hätte nicht gewusst, was er mit ihnen hätte anfangen sollen. Ohne mich länger in Ägypten aufzuhalten, bestieg ich den Zug nach Suez, wo ich mich auf der ‚Nepual‘, einem Dampfer der englischen Halbinsel-Orient-Gesellschaft, einschiffte. Für einen Platz zweiter Klasse musste ich 450 Franken bezahlen. Nach einer gefährlichen Reise von sieben Tagen auf dem Roten Meer gelangte ich nach Aden.
Ich übergehe meinen Aufenthalt in Bombay und an der Küste von Sansibar, denn diese Abstecher blieben erfolglos, da alle die Afrikaner, die ich antraf, entweder für Inder oder für katholische Portugiesen arbeiteten, oder mir nicht gegeben wurden. Ich spreche nur über das, was mir in Aden an Interessantem passierte.
Ich muss noch die Tatsache erklären, dass sich an der Küste von Arabien so viele Schwarze befinden. Zu Beginn des Jahres 1860 durchstreiften etliche Giallaba [abessinische Sklavenhändler] ihr Land und die ausgedehnten Landschaften der Galla, von Tigre, von Ankober, von Gudru, vom Omara, von den Ascialla, den Damo, Ammaia, Wodo, Nono, Sima und anderen Gegenden und fingen über 400 Sklaven, Männer und Frauen. Es ist schrecklich, wie diese Räuber sich der armen Schwarzen bemächtigten. Sie bedienten sich der Gastfreundschaft bei einigen Galla-Familien, um ihre Beute genau kennen zu lernen, die sie machen wollten. Während der Nacht raubten sie dann die Kinder, setzten sie auf Pferde und Kamele und entwichen nach Süden. Einige Eltern erkannten die Gefahr für ihre Kinder. Als sie sich dem ungeheuerlichen Raub entgegensetzen wollten, wurden sie getötet.
Unser armer Pietro Bullo war auf ähnliche Weise geraubt worden. Er hatte sich ein wenig vom Tukul entfernt, in dem seine Eltern wohnten, um mit anderen Jungen zu spielen; dort erhielt er von dem Giallaba Haymin Badassi einige Waldfrüchte als Geschenk und wurde zusammen mit seinen Spielgefährten immer weiter weg vom Haus gelockt. Plötzlich bemächtigten sich die Giallaba seiner und der anderen Jungen und setzten sie auf die Pferde. Um ihn am Schreien zu hindern, verstopfte man ihm fest den Mund und wickelte ihm den Kopf in Baumwollbinden ein, um ihm so jegliche Gelegenheit zum Sehen und zum Schreien zu nehmen. Aber das hielt die anderen Jungen, die geraubt worden waren, nicht vom Schreien ab. Die Mutter Pietros eilte in ihre Richtung und verlangte unter Jammern ihren Sohn zurück. Von einer Lanze getroffen, fiel sie tot zur Erde.
Drei Monate lang reisten die Giallaba nach Süden. Dann sammelten sie sich an der Küste von Sansibar, wo 400 Schwarze, die meisten von ihnen waren Jungen, auf drei Segelschiffe gebracht wurden. Sie wurden in die Gegend des Persischen Golfes und nach Maskat gebracht. Auf den dortigen Märkten sowie denen Inner-Arabiens wollten sie die Jungen verkaufen. Das heißt, dass in diesen Ländern der Sklavenhandel von den europäischen Mächten nicht überwacht wird und so straflos ausgeübt werden kann. Ich kann es gar nicht sagen, wie viel diese Jungen auf ihrer Reise von Sansibar nach Kap Guardafui gelitten haben. In Aden erfuhr ich von einigen, die sich auf diesen arabischen Schiffen befunden hatten, dass die Jungen nur alle drei Tage etwas zu essen bekamen, und dass einige, die die schlechte Behandlung und auch andere Leiden nicht überstehen konnten, ins Meer geworfen wurden. Einige von ihnen starben auch auf der Reise vom Land der Galla nach Sansibar.
Als nun die drei Schiffe um das Kap Guardafui herumfuhren, wurden sie von den Somalis angegriffen. Diese sind die Bewohner der Küste. Obwohl sie auch Afrikaner sind, hatte ihnen doch die englische Regierung von Aden den Auftrag gegeben, den Sklavenhandel zu überwachen und dem Gouverneur all diejenigen anzuzeigen, die sie im Besitz von Schwarzen fanden, und von denen sie den Verdacht hatten, dass sie an den Küsten ihres weiten Gebietes Sklavenhandel trieben. Sie beschlagnahmten also die Jungen und diejenigen, die diesen unseligen Handel betrieben. Die Sklavenhändler aber hatten schon vorher ohne Erfolg versucht, die Schwarzen, besonders die Stärkeren unter ihnen, die sie auf den Schiffen hatten, aufzuhetzen und sagten ihnen, dass die Somalis sie alle umbringen würden. Die Somalis bestiegen also die Schiffe, fesselten die Sklavenhändler und die gefährlichsten der Jungen und setzten Segel in Richtung der Küste von Aden. Als sie sich dieser Stadt schon näherten, kam ihnen ein Trupp englischer Soldaten entgegen. Die Sklavenhändler und die Eigentümer der Schiffe fürchteten, mit dem Tode bestraft zu werden und zitterten vor lauter Angst. Sie versuchten mit letzter Anstrengung, die Jungen zu einer Rebellion gegen diejenigen anzustacheln, die sie gefangen genommen hatten. Sie erzählten ihnen ständig, dass sie unter Qualen und Stockhieben umgebracht würden. Zuerst würde man ihnen ganz sicher reichlich zu essen geben, um sie dann, wie gesagt, umzubringen und zum Essen zuzubereiten. Die Jungen machten tatsächlich einen Aufstand und warfen einige Somalis ins Meer, aber zugleich hatten sie auch den Tod und die Verwundung etlicher ihrer Kameraden zu beklagen. Unser kleiner Pietro war dieser schlechten Behandlung der anderen nicht ausgesetzt. Endlich gelangten sie nach Aden, wo sie an Land gingen und, umgeben von englischen Soldaten, auf einen großen Platz gebracht wurden, wo sie einige Tage bleiben mussten.
Nicht sprechen will ich über die Zügellosigkeit, die während der Fahrt von Sansibar nach Aden in dieser Schar von Jungen und Mädchen stattfinden konnte. Sie waren auf den Schiffen wie Ziegen zusammengebunden und der Willkür sittenloser und bestialischer Männer ausgesetzt, die sie einen Monat lang bewachten und begleiteten. Was die Sklavenhändler, diese Werkzeuge der Ungerechtigkeit, erwartete, kann ich Ihnen nicht sagen, da ich darüber in Aden nichts Genaues erfuhr. Ich weiß nur, dass die Jungen einige Tage nach ihrer Ankunft in Aden im Gänsemarsch auf einen großen Platz geführt wurden. Dort wurden dann Mädchen und Jungen der Größe nach zusammengebracht. Mehr als hundert solcher Ehen wurden an einem einzigen Tag geschlossen. Dann wurden sie von den Engländern freigelassen. Viele dieser schwarzen Paare, die stark und arbeitsfähig waren, wurden per Schiff nach Bombay und an die Malabarküste gebracht.
Ein Teil der Jungen war noch zu jung für die Ehe und blieb in Aden. Dort wurden vierzehn Jungen und drei Mädchen zu einem spanischen Händler gebracht, um in seinen großen Lagern Kaffee zu reinigen. Das war Herr Bonaventura Mass, den sowohl die Mission als auch der Obere derselben, ein spanischer Kapuziner, sehr hoch schätzten. Niemandem war es bis jetzt in den Sinn gekommen, sich der armen Afrikaner anzunehmen. Niemand dachte daran, ihnen die größte Wohltat zu gewähren, nämlich die himmlischste aller Segnungen, den katholischen Glauben.
Aber die Göttliche Vorsehung, die immer überreich ist an Barmherzigkeit, sandte ihnen einen Friedensengel nach Aden in der Person von Msgr. Spelta, Bischof von Yu-pe und Apostolischer Visitator von China. Er befand sich auf der Durchreise in Aden und hielt sich dort sechs Stunden lang auf. Er erfuhr von der Geschichte dieser Jungen und veranlasste den Apostolischen Präfekten von Aden, P. Giovenale von Tortosa, sich für sie zu interessieren, sie zu unterrichten, sie an den Arbeiten auf der Mission teilnehmen zu lassen und sie nach Europa zu schicken. Dort gäbe es etliche Institute, die sich ihrer Erziehung annehmen würden und sie auf den rechten Weg führen könnten. P. Giovenale folgte dem Rat des Bischofs und verteilte die Jungen auf Häuser von Katholiken. Drei stellte er für sich selbst in seinem Haus an. Jeden Abend versammelten sie sich im Missionsgebäude. Dort erteilte ihnen ein irischer Soldat mit außergewöhnlichem Eifer ganz mechanisch Katechismusunterricht auf Englisch, den die Jungen nicht weniger mechanisch auswendig lernten. Da sie sehr begabt waren, lernten sie auch bald die Hindi-Sprache, die neben dem Arabischen in Aden gesprochen wird.
Bei meiner Ankunft in Aden traf ich so zwölf Jungen und zwei Mädchen (Galla) an. Mein erster Gedanke war, den ursprünglichen Zweck meiner Reise allen zu verheimlichen, auch vor P. Giovenale. In meinem eigenen Interesse bemühte ich mich dann, bei der englischen Regierung und beim englischen Klerus keinen Verdacht zu erwecken, da gerade letzterer jeden Fremden beobachtet, der da ankommt, vor allem, wenn es ein Priester ist. P. Giovenale glaubte also, dass ich nur auf der Durchreise von Bombay nach Suez war und erzählte mir unbefangen die ganze Geschichte der Jungen. Ich bemühte mich, sie gut kennenzulernen, und besuchte sie dort, wo sie wohnten. Ich hatte sie schon im Haus der Mission kennen gelernt, wo sie zum Gebet und zum katholischen Katechismusunterricht versammelt waren. Schließlich schaute ich besonders auf neun Jungen, unter denen auch unser Pietro Bullo war. Obwohl er einer der kleinsten war, verriet er doch eine außergewöhnliche Intelligenz, eine Folgsamkeit, die man selten antrifft, verbunden mit einer großen Offenheit für die Gnade Jesu Christi. Man konnte hoffen, dass er ein eifriger und nützlicher Katholik werden würde. Die anderen Jungen schienen mir für den Zweck meines Institutes nicht geeignet. Die Mädchen wollten nicht mit mir gehen.
Jetzt legte ich meine Pläne P. Giovenale vor, der mir half, mein Ziel zu erreichen. Er ging zu den Arbeitgebern der Jungen und bewog sie, mir diese zu überlassen. Natürlich suchte ich mit allen Mitteln, das Herz der Jungen zu gewinnen. Und alle, mit Ausnahme von Antonio Dubale, entschieden sich, mir nach Europa zu folgen. Unser Pietro, der bei einem indischen Arzt wohnte, hielt es nicht länger als zwei Stunden aus, nicht bei mir zu sein. Er erklärte dann seinem Herrn, dass er nicht mehr ihm gehöre, sondern mir. Er wollte auch bei mir auf der Mission wohnen. Ohne Erfolg bat der Arzt den Kleinen, doch bis zu meiner Abreise bei ihm zu bleiben, dann würde er ihm die Erlaubnis geben, mit mir zu gehen. Pietro wollte nicht und kam zu mir. Und er machte meinetwegen einen solchen Lärm, dass er mit seiner Begeisterung auch den Sohn des Arztes auf meine Seite brachte. Der kleine Inder, er war zwölf Jahre alt, kam des Öfteren zu mir in das Haus der Mission und bat mich, ihn doch auf eine Schule in Europa mitzunehmen. Obwohl ich immer Nein sagte, hörte er doch nicht auf, mich immer wieder anzuflehen, ihn doch nach Europa mitzunehmen. Eines Tages, als er mich wiederum ganz inständig anging, sagte ich ihm: „Ich kann dich nicht mitnehmen, du bist kein Schwarzer, und mein Institut ist nur für die Schwarzen.“ „Dann werde ich eben schwarz werden“, entgegnete er, „ich werde mich mit Tinte anstreichen, dann kann ich kommen und bei dir bleiben. Ich lasse gerne meinen Vater zurück, um dir zu folgen.“
Es kostete mich alle Mühe, Giovanni und Battista herauszubekommen. Mit der Hilfe von P. Giovenale konnte ich aber dann doch mehr als acht Jungen erhalten. Größere Schwierigkeiten standen mir jetzt noch bevor, die ich von der englischen Indien-Regierung zu befürchten hatte, da diese immer gegen die katholische Kirche eingestellt war. P. Giovenale konnte mir nicht mehr helfen, da er mit dem Gouverneur Meinungsverschiedenheiten hatte. Dieser hatte ihn verpflichtet, vier Prozent Steuern für die Kirche zu bezahlen. Außerdem betrachtete er die ganze Ausstattung der Kirche und die priesterlichen Gewänder als sein Privateigentum.
Voll Vertrauen auf Gott, der auch für Afrika gestorben ist, stellte ich mich dem Gouverneur vor und bat ihn, die zwei Jungen, die ich bei mir hatte, zu fragen, ob sie mit mir nach Europa gehen wollten. Wenn er herausfinden sollte, dass sie freiwillig diese Entscheidung getroffen hatten, so bat ich ihn außerdem, sollte er sie frei lassen und ihnen einen Pass ausstellen, in dem er sie als anglo-indische Untertanen bestätigte. Er machte zuerst zwar einige Schwierigkeiten, gewährte mir aber dann doch meinen Wunsch. So fasste ich Mut und dachte daran, auch die anderen sechs Sklaven, die Galla waren, zu ihm zu bringen. Aber davon wollte er nichts wissen. Ich ließ jedoch nicht ab, ihn mit meinen Bitten zu belästigen, und brachte ihn so weit, sich mit anderen Mitgliedern des Regierungsausschusses zu beraten. Unter ihnen war auch ein englischer Pastor. Sie sprachen über die Angelegenheit und es tauchte der Verdacht auf, ich sei gekommen, um Proselyten zu machen. Außerdem erklärten sie, dass ich gegen das Gesetz handelte, das den Sklavenhandel verbot.
Sie beschlossen also, mir den Gefallen nicht zu tun. Danach erklärte ich der Versammlung, dass ich mich an die Zentralregierung wenden würde, um Schutz für diese Jungen zu erlangen, die nur von ihrer Freiheit Gebrauch machen und nach ihrem eigenen Entschluss mit mir nach Europa gehen wollten. Aber alles war vergebens. Ich erklärte dem Gouverneur, dass er verpflichtet sei, die Freiheit dieser Jungen, die sich auf britischem Gebiet befanden, zu beschützen. Wenn er ihnen die Erlaubnis gab, mit mir zu gehen, so tat er nichts anderes, als ihre Freiheit zu beschützen. Ich brachte auch noch andere Gründe und Argumente vor, um den englischen Schutz zu erlangen. Schließlich entschloss sich der Gouverneur, die Jungen selbst zu prüfen. So stellte ich dem Gouverneur, Munizipalrat Playfair, die Jungen vor, die ich alle unterwiesen hatte, was sie antworten sollten. Er nahm sie sich einzeln vor, gab ihnen allen die Bestätigung ihrer Freiheit und zugleich einen indischen Pass und schrieb sie als englische Untertanen ein. Mit diesen drei Dokumenten war ich jetzt sicher, ich könnte die acht Galla-Jungen mit mir nehmen.
Jetzt fehlte mir noch Antonio, der gerne mit mir gegangen wäre, aber sich doch nicht dazu entschlossen hatte, denn sein Herr, ein Herr Greek, behandelte ihn sehr gut und wollte ihn nicht hergeben. Als dieser bemerkte, dass ich die Absicht hatte, den Kleinen mitzunehmen, verbot er Antonio, das Haus der Mission zu besuchen, denn er fürchtete um die ausgezeichneten Dienste, die er ihm und seinem Hause leistete. Aber Antonio war sehr intelligent und begriff, dass er nicht katholisch werden könnte, wenn er bei seinem Herrn bliebe. So beschloss er, gegen den Willen seines Herrn mit mir zu gehen. Herr Greek, ein Regierungsangestellter, erkannte die Absicht seines kleinen Schwarzen. Deshalb ließ er ihn keinen Augenblick mehr allein. Er hatte ihn immer bei sich in seinem Büro aus Angst, ich könnte seine Abwesenheit ausnützen und den Jungen überreden, mit mir zu gehen. Er hatte auch recht damit. Ich ging öfters in das Haus des Herrn Greek und bat ihn, mir doch den Jungen zu überlassen, aber all mein Bitten war umsonst. Da schickte ich P. Giovenale zu diesem englischen Beamten. Dieser aber antwortete ihm: Sollte der Herr Comboni darauf bestehen, den Jungen mit sich zu nehmen, und sollte er den Gouverneur darum bitten, könnte es so weit kommen, dass ihm auch die anderen Jungen noch weggenommen werden.
P. Giovenale brachte mir diese Antwort zurück, die ich zu meinen Gunsten auslegte. Nach zwei Tagen besuchte ich Herrn Greek in seinem Amt, das im Haus des Gouverneurs war. Wir sprachen über Politik, Handel, die großartige Geschichte Englands, seine Eroberungen, über den Einfluss, den es auf die Zivilisation Amerikas und Australiens ausübte. Nachdem wir so eine Stunde lang gesprochen hatten, kamen Leute, um ihre Angelegenheiten zu erledigen. Es schien, dass Herr Greek mich verabschieden wollte. Ich tat so, als ob ich es nicht merken würde. Ich ließ viele Leute eintreten und begab mich ein wenig nach hinten, um die Bilder und Landkarten dort anzuschauen, wo Antonio war. Als ich sah, dass Herr Greek sehr mit den Leuten beschäftigt war, die zu ihm gekommen waren, näherte ich mich langsam dem Ausgang, gab Antonio ein Zeichen, mir zu folgen, und verließ mit dem Jungen das Büro, ohne dass der Engländer es merkte. Ich ging sofort zu Herrn Playfair, stellte ihm Antonio vor und sagte: „Hier ist noch ein anderer Junge, der mit mir gehen will; bitte, prüfen Sie ihn, und wenn sie feststellen, dass er wirklich Schüler meines Institutes werden will, erklären Sie ihn für frei, geben Sie ihm einen Pass und tragen Sie ihn in die Liste der englischen Untertanen ein.“ Der Gouverneur entsprach allen meinen Bitten.
Kaum war ich im Haus der Mission zurück, sagte ich zum Apostolischen Präfekten: „Hier ist der Junge, den ich wollte. Gehen Sie zu Herrn Greek und sagen Sie ihm, dass ich seinen Wunsch erfüllt habe. Sagen sie ihm auch, dass er mir durch Ihre Vermittlung zu verstehen gegeben hatte, dass ich zum Gouverneur gehen sollte, wenn ich den Jungen haben wollte. Der Junge gehört jetzt mir, und zwar deshalb, weil ich zum Gouverneur gegangen bin, der mir alles zugestanden hat, wie Sie aus diesen Papieren sehen können.“ Der Präfekt ging zum Herrn Greek und berichtete ihm alles. Herr Greek schäumte vor Wut und kam zum Haus der Mission, drohte, mich zu schlagen und mir alle meine Jungen wieder wegnehmen zu lassen.
Er wollte mir mit Gewalt den kleinen Antonio wegnehmen. Ich aber sagte: „Mein Herr, mit Ihrem Verhalten würden Sie sich in eine peinliche Situation begeben. Sie handeln gegen die Freiheit des schwarzen Jungen, der mit mir gehen will. Wenn sie sich mit Gewalt des Jungen bemächtigen wollen, stellen Sie sich gegen das Gesetz, Sie laden dieselbe Schuld auf sich wie die Giallaba und ziehen sich auch dieselbe Strafe zu. Der Gouverneur kann keinen Finger mehr gegen mich und gegen den Jungen rühren, denn ich habe die schriftliche Erlaubnis in der Hand, die ich der Regierung in London zeigen werde, sollte sie die Dokumentation von mir verlangen. Sie würden dann wie auch der Gouverneur die Strafe für ihre Ungerechtigkeit erhalten.“ Diese meine Worte und die Gründe des Apostolischen Präfekten entwaffneten Herrn Greek. Darauf trank er mit uns ein paar Flaschen guten englischen Bieres [Porter]. Wir wurden Freunde.
In Aden konnte ich nur mit neun Jungen rechnen. Aber diese Zahl war mir als Ergebnis für meine Reise zu gering. Auf der ‚Nepual‘ hatte ich einen Missionar kennen gelernt, der zu einem Kongress von Missionaren fuhr, der im südöstlichen Madagaskar stattfinden sollte. Von ihm erfuhr ich auch, dass es im Kanal von Mosambik viele schwarze Sklaven gäbe, die für fünfzig Franken pro Kopf gehandelt wurden. Herr Mass von Aden, der öfters in Mosambik gewesen war und einen lebhaften Handel mit den nahe gelegenen Inseln (Mayotte, Nos-Beh, die Komoren) betrieb, bestätigte mir die Wahrheit dieses Berichtes. Er versprach mir seine schützende Hilfe und den kostenlosen Transport der Schwarzen von Mayotte nach Marseille auf seinen Schiffen, die die Route über das Kap der guten Hoffnung durch den Atlantik nehmen mussten. Aber wie konnte man diesen Plan durchführen, wenn mir nur noch 600 Franken blieben? Mein Oberer, Don Mazza, hatte mir vor meiner Abreise zweitausend Franken mit den Worten gegeben: „Nimm dieses Geld; mehr habe ich nicht, bete zum lieben Gott, dass er mehr kommen lässt. Dann werde ich dir eine gute Summe schicken.“ Mit Inbrunst und Ausdauer betete ich zum Herrn, aber der Herr hat mein Gebet nicht erhört, mein Oberer hat mir keinen Pfennig auf meiner Reise nachgeschickt.
So entschloss ich mich, die Durchführung meines ganzen Planes zu verschieben und nach Europa zurückzukehren, um die Frage des Loskaufs der Schwarzen in Mosambik mit P. Olivieri zu besprechen. In Kairo legte ich diese Angelegenheit Don Biagio Verri vor. Er schien sehr geneigt, mit mir an die Südost-Küste Afrikas zu reisen. Als ich mich aber mit P. Olivieri beriet, antwortete mir der heiligmäßige alte Mann [Anmerkung: Comboni nennt ihn einfach den „Alten“], dass er sich nicht in der Lage sehe, diesen großen Plan auszuführen und gegen so viele Schwierigkeiten und Gefahren durchzustehen, die man auf der Reise um das Kap und durch den Atlantischen Ozean erwarten musste. Ich blieb also in Aden mit meinen neun Jungen und mit 600 Franken, die mir noch übrig geblieben waren. Mit einer solchen Summe wusste ich nicht, wie ich nach Europa kommen konnte. Aber die Vorsehung kommt immer zu Hilfe, wenn es um die Ausführung von Werken geht, die zur Ehre Gottes gereichen. Bald kam eine französische Fregatte an, die ‚Duchellas‘, unter dem Kommando des Kapitäns Tricault. Er ist gegenwärtig Generalsekretär der französischen Marine in Paris. Die Fregatte kam aus China und sollte nach Suez gehen. An Bord war S. Exzellenz Baron Cross, außerordentlicher Botschafter an den Höfen von Japan und China. Baron Cross hatte einen Handelsvertrag zwischen Frankreich und dem ‚himmlischen Reich‘ [Anmerkung: gemeint ist wohl das englische Empire] abgeschlossen. Ich stellte mich dem Kommandanten und dem Botschafter vor und sprach mit ihnen über Zentralafrika sowie über das Ziel meines Unternehmens. Ich sagte ihnen auch, dass ich das Amt des Schiffskaplans übernehmen könnte, da der seine in Ceylon krank geworden war. Baron Cross und Herr Tricault waren so großzügig, mir und auch meinen Jungen kostenlose Fahrt und Verpflegung auf der Fregatte von Aden nach Suez zu gewähren.So entschloss ich mich, die Durchführung meines ganzen Planes zu verschieben und nach Europa zurückzukehren, um die Frage des Loskaufs der Schwarzen in Mosambik mit P. Olivieri zu besprechen. In Kairo legte ich diese Angelegenheit Don Biagio Verri vor. Er schien sehr geneigt, mit mir an die Südost-Küste Afrikas zu reisen. Als ich mich aber mit P. Olivieri beriet, antwortete mir der heiligmäßige alte Mann [Anmerkung: Comboni nennt ihn einfach den „Alten“], dass er sich nicht in der Lage sehe, diesen großen Plan auszuführen und gegen so viele Schwierigkeiten und Gefahren durchzustehen, die man auf der Reise um das Kap und durch den Atlantischen Ozean erwarten musste. Ich blieb also in Aden mit meinen neun Jungen und mit 600 Franken, die mir noch übrig geblieben waren. Mit einer solchen Summe wusste ich nicht, wie ich nach Europa kommen konnte. Aber die Vorsehung kommt immer zu Hilfe, wenn es um die Ausführung von Werken geht, die zur Ehre Gottes gereichen. Bald kam eine französische Fregatte an, die ‚Duchellas‘, unter dem Kommando des Kapitäns Tricault. Er ist gegenwärtig Generalsekretär der französischen Marine in Paris. Die Fregatte kam aus China und sollte nach Suez gehen. An Bord war S. Exzellenz Baron Cross, außerordentlicher Botschafter an den Höfen von Japan und China. Baron Cross hatte einen Handelsvertrag zwischen Frankreich und dem ‚himmlischen Reich‘ [Anmerkung: gemeint ist wohl das englische Empire] abgeschlossen. Ich stellte mich dem Kommandanten und dem Botschafter vor und sprach mit ihnen über Zentralafrika sowie über das Ziel meines Unternehmens. Ich sagte ihnen auch, dass ich das Amt des Schiffskaplans übernehmen könnte, da der seine in Ceylon krank geworden war. Baron Cross und Herr Tricault waren so großzügig, mir und auch meinen Jungen kostenlose Fahrt und Verpflegung auf der Fregatte von Aden nach Suez zu gewähren.
Die Fahrt über das Rote Meer dauerte elf Tage, aber zwischen Mokha und Suakim wurden wir von einem starken Sturm erfasst, der vor Dschidda seinen Höhepunkt erreichte. Am 25. März kamen wir endlich in Suez an. 19 Kanonenschüsse begrüßten den französischen Botschafter bei seiner Ankunft auf ägyptischem Boden. Am 26. gelangten wir nach Kairo zusammen mit Said Pascha, dem Vizekönig von Ägypten, der von einer Pilgerreise nach Mekka zurückkam. Meinen Afrikanern ging es ausgezeichnet. Kaum in Kairo angekommen, begab ich mich zu Seiner Exzellenz E. Sir Colquehonn, dem Agenten des Generalkonsuls seiner Britischen Majestät in Ägypten, um ihm das Empfehlungsschreiben des englischen Botschafters in Rom, des Herrn Odo Russel, zu überreichen. In diesem Brief wurde die englische Regierung gebeten, alle Jungen, die ich bringen würde, von Alexandria nach Europa reisen zu lassen. Der Generalkonsul empfing mich sehr höflich. Gemeinsam gingen wir zum Pascha. Ich zeigte ihm die Pässe und den Brief, in dem die Jungen als englische Untertanen von Indien erklärt wurden (denn Aden untersteht dem Generalgouverneur von Bombay). Man stellte mir ein Empfehlungsschreiben [Anmerkung: Comboni nennt es ‚Firman‘] aus, das vom Pascha unterschrieben war. Darin wurde der Zollinspektor von Alexandria bevollmächtigt, die von Daniel Comboni begleiteten kleinen Inder weiterreisen zu lassen. Da mir diese Sache so gut gelungen war, vertraute mir Herr Kirchner, Apostolischer Provikar von Zentralafrika, noch ein anderes junges Mädchen an. Es heißt Caterina Zenab.
Caterina lebte bei den Schwestern vom Guten Hirten. Sie hatte uns schon früher bei der Zusammenstellung eines Wörterbuches geholfen, als wir bei den Kich am Weißen Fluss, 6. Grad nördlicher Breite, arbeiteten. Dann brach ich mit den neun Jungen nach Alexandria auf und bat die Schwestern vom guten Hirten, mir in zwei Tagen auch die Afrikanerin Caterina Zenab dorthin zu schicken. Da ich finanziell sehr knapp bei Kasse war, suchte ich eine Freifahrt nach Europa. Die Vorsehung half mir aufs Neue: Auf dem Amt des französischen Vizeadmirals gewährte man mir eine Überfahrt von Alexandria, bei der ich nur 400 Franken für den Unterhalt zahlen musste. Ich ließ mir dann das Empfehlungsschreiben vom Gouverneur in Alexandria, Raschid Pascha, unterschreiben. Vom österreichischen Generalkonsul erlangte ich auch für Caterina Zenab einen Pass und einen Brief, in dem diese Afrikanerin zur österreichischen Untertanin erklärt wurde, da sie von der österreichischen Mission in Khartum kam. Vier Stunden vor der Abfahrt der ‚Marsey‘ begab ich mich mit den neun Jungen zum Hafen, um an Bord zu gehen. Vorher hatte ich zwei Schwestern beauftragt, mir zwei Stunden später die Afrikanerin auf das Schiff zu bringen.
Das Jahr zuvor hatten sie P. Olivieri mit seinen fünf Afrikanern aufgegriffen. Nun vermuteten sie, dass ich einer seiner Helfer sei, der Schwarze gekauft habe, um sie nach Europa zu bringen. Und so musste ich mit den Jungen auf das Zollamt zum Zollinspektor gehen, um dort die Angelegenheit meiner „Sklaven“ besser zu erklären. Sie hielten meine Schwarzen für Abessinier (sie haben auch die gleiche Gesichtsfarbe und sehen gleich aus). Ich zog das Empfehlungsschreiben des Paschas aus der Tasche. Der Zollinspektor, besser gesagt der Scheich, las sie, betrachtete sehr eingehend die Gesichter der Jungen und rief: „Diese Jungen sind keine Inder, sie kommen von Abessinien. Der Pascha hat die Jungen nicht gesehen, denn hätte er sie gesehen, hätte er ihnen sicher dieses Empfehlungsschreiben nicht ausgestellt.“ Dann zog ich die Briefe des Gouverneurs von Aden heraus und machte ihm klar, dass mir der Gouverneur von Aden nie einen Pass gegeben hätte, wenn diese Jungen keine Inder wären. Ich bestand darauf, dass diese Jungen tatsächlich Untertanen der englischen Regierung waren. Der Scheich ließ uns von Wachleuten umstellen und befahl ihnen, uns in einen Raum im Gefängnisgebäude zu führen, wo die Angeklagten vor ihrer Verurteilung festgehalten wurden.
Alle meine Erklärungen waren umsonst, alle meine Begründungen, die ich vorbrachte, um sie dazu zu bewegen, mich mit den Jungen auf das französische Schiff gehen zu lassen, halfen nichts. Ja, man befahl, uns ins Gefängnis zu bringen. Ich bemühte mich vor allem, die Papiere vom Scheich zurückzuerhalten, denn sie konnten später zu meiner Entlastung dienen. Außerdem ließ ich den guten Schwestern einen Brief zukommen, in dem ich sie bat, die afrikanischen Kinder bis auf weiteres bei ihnen im Konvent zu behalten. Und dann wurden wir in das Gefängnis gebracht. Wir verbrachten dort einige Stunden. Inzwischen traten die türkischen Beamten mit tausend Fragen an die Jungen heran. Mir drohten sie, mich mit drei Schüssen in die Brust zu töten. Ich lächelte, ohne etwas zu erwidern. Den Jungen befahl ich auf Indisch, das man in Ägypten nicht versteht: „Tanda Makharo, ciprausap boito – seid ruhig und sagt nichts, - daiman ciprau daiman ciprau – seid still und gebt keine Antwort.“
Nach ein paar Stunden sagte ich zu einem der Beamten: „Rufen Sie mir den Zollinspektor oder bringen Sie mich zu ihm.“ Ich wiederholte diese Bitte mit Nachdruck, und dann entschloss er sich, zum Scheich zu gehen und ihn zu mir zu bringen. Kaum war er eingetreten, sagte ich zu ihm: „Sie halten mich hier fest; wissen Sie nicht, dass ich Europäer bin? Ihr Vergehen wird sie noch teuer zu stehen kommen.“ Er antwortete mir: „Sie haben in Kairo oder Alexandria Abessinier gekauft. Um sie von Alexandria nach Europa zu bringen, was schon an sich verboten ist, haben Sie einige Beamte des englischen Konsulats bestochen, um die Papiere zu bekommen, in denen die Jungen als Inder erklärt werden. Aber ich kann sehr gut zwischen Indern und Abessiniern unterscheiden, denn die Schwarzen tragen ihren Pass im Gesicht. Das sind Abessinier, die Sie trotz des neuen Verbots von Said Pascha gekauft haben. Deswegen werden Sie für diese Übertretung bezahlen.“
Meine Versuche, ihm klar zu machen, dass die Jungen Inder waren und nicht Abessinier, und dass sie von Indien kamen (Aden steht ja unter der Regierung von Indien) blieben erfolglos. Ebenso wenig Erfolg hatte ich, als ich ihm beweisen wollte, dass Ägypten England gegenüber Rechenschaft ablegen muss für das Unrecht, dass einer seiner Zollbeamten gegenüber der Freiheit eines Europäers und gegenüber Untertanen der englischen Krone begangen hat, die alle die nötigen Pässe hatten. Am Schluss sagte ich zu ihm in strengem Ton: „Wissen Sie nicht, dass ich Europäer bin? Wissen Sie nicht, dass Sie sich schuldig machen, wenn Sie mich im Gefängnis festhalten, obwohl alle meine Papiere in Ordnung sind? Wenn Sie mich nicht innerhalb von drei Stunden in Freiheit setzten, garantiere ich Ihnen, dass Sie Ihres Kopfes nicht mehr sicher sind. Ich kann es so weit bringen, dass Sie die Todesstrafe erhalten, weil Sie einen Europäer eingesperrt haben. Und wenn ich mich der schwersten Vergehen schuldig gemacht hätte, so wäre es Ihnen nicht erlaubt, mich im Gefängnis zu halten. Sie müssen mich jetzt also zu einem Vertreter meiner Nation bringen, zum Konsul, denn nur er hat das Recht, mich zu richten. Ich kenne Eure Gesetze besser als Sie. Wehe, wenn Sie mich nicht freilassen.“
Wir sprachen noch mindestens eine weitere Viertelstunde aufgeregt weiter. Inzwischen wurde dem Scheich ziemlich angst. Er schickte sich an zu gehen, als er plötzlich umkehrte und mich frei ließ. Bevor ich ihm folgte, befahl ich den Jungen in indischer Sprache, weder Arabisch noch Abessinisch oder Galla zu sprechen, sondern striktes Stillschweigen zu beachten. Ihr Leben könnte davon abhängen. Als ich aus dem Gefängnis ging, sagte ich auf Arabisch zum Scheich: „Heute mir, morgen Dir“, was ihm eine große Angst einjagte.
Ich suchte sofort Herrn Sidney Smith Launders auf, den britischen Handelskonsul in Alexandria. Er war zuständig für meinen Fall, denn dieser wurde in Ägypten als ein Handelsfall angesehen. Ich überreichte ihm einen Brief, den der englische Generalkonsul Colquehonn für mich in Kairo geschrieben hatte, und erklärte ihm, wie es mit mir stand. Der Konsul behandelte mich sehr freundlich. Er zeigte sich aber sehr überrascht über meine Bitte und verweigerte mir seinen Beistand. Er hatte sich schon andere Male in solche Angelegenheiten mit Schwarzen für P. Olivieri einmischen müssen, was ihm schon viele Schwierigkeiten bereitet hatte, denn wenn es sich um Schwarze handelte, erlebte er die ägyptische Regierung immer als feindselig. Mit Tränen in den Augen bat ich ihn, mir trotzdem beim Pascha von Alexandria zu helfen, damit die Bescheinigung [Firman] von Vizekönig Said, die einige Anweisungen enthielt, bei ihm seine Gültigkeit habe. Mit einem gewissen Bedauern verweigerte er mir seine Hilfe. Dann sagte ich ihm ganz energisch: „Sie sind verpflichtet, sich beim Pascha für diese Schwarzen einzusetzen. Sie sind keine Sklaven mehr, sondern englische Untertanen. Dadurch, dass die ägyptische Regierung sie ins Gefängnis gesteckt hat und sie nicht von Alexandria ausreisen lassen will, hat sie ihre Macht missbraucht, hat die Rechte freier Menschen verletzt, hat die englische Regierung beleidigt, indem sie das Siegel und die Unterschrift eines englischen Gouverneurs missachtet hat. Sie sind in Alexandria Vertreter Englands. Sie müssen deshalb gegen diese Beleidigung auftreten, die gegen den Namen Englands und seiner Autoritäten geschehen ist.“ Der Konsul sah jetzt seine Pflicht ein und war bereit, mir seinen Schutz zukommen zu lassen; aber es kostete ihm viel, sich in diese Sache einzumischen. Das bedrückte mich sehr. Ich sagte zu ihm: „Wenn Sie nicht überzeugt sind, dass der Name der englischen Regierung von der ägyptischen Regierung schwer beleidigt wurde, indem Sie diese Jungen nicht von Alexandria und nach Europa ausreisen ließen, da sie doch Untertanen Ihrer Majestät, Königin Viktoria, sind und englische Pässe haben, fühle ich mich verpflichtet, selbst nach London zu gehen und diese Angelegenheit vor die englische Regierung zu bringen. Das würde Ihnen sicherlich keine Anerkennung bringen. Überlegen Sie es sich gut. Auf Grund Ihres Amtes sind Sie verpflichtet, diese Jungen zu beschützen und zu verhindern, dass der Ruf Englands geschädigt wird.“
Sir Sidney wusste nun, was er zu tun hatte; und als ich zum Raschid ging, dem Gouverneur von Alexandria, gab er mir seinen Dolmetscher mit. Meine Drohungen hatten auf den Zollvorsteher einen solchen Eindruck gemacht, dass er sofort nach meiner Freilassung zum Pascha ging und ihm den Fall der Schwarzen erzählte, wie er ihn sah. Als wir beim Diwan vor dem Pascha Raschid ankamen, ergriff ich das Wort und sagte zum Pascha: „Warum haben Ihre Zollbeamten meinen kleinen Indern die Durchreise durch den Hafen von Alexandria zu einem französischen Schiff nicht gestattet, obwohl sie rechtmäßige Pässe hatten und eine Bescheinigung [Firman] vom Effendi [unser Herr], dem Vizekönig von Ägypten?“ „Meine Beamten haben ihre Pflicht getan“, antwortete der Pascha. „Diese Jungen sind keine Inder, wie Sie vor dem Effendi Said erklärt haben. Ich bin überzeugt, dass es abessinische Sklaven sind, die Sie in Kairo oder Alexandria gekauft haben. Und um sie nach Europa zu bringen, haben Sie einige Beamte des englischen Konsulats bestochen, und die haben dann das Siegel und den Sichtvermerk des Konsuls missbraucht und erklärt, dass die Jungen keine Abessinier sind, sondern von Indien kamen. Inder sind nicht schwarz, diese Jungen sind es aber. Der Vizekönig hat sich von den Erklärungen der englischen Beamten täuschen lassen und Ihnen einen Firman ausgestellt, ohne die Jungen gesehen zu haben. Sie haben ein schweres Vergehen begangen und es wird Sie teuer zu stehen kommen. Das kann ich Ihnen bei Gott, dem Barmherzigen und Gütigen versichern. Bism Allah errahmàn errahim.“ Auf diese Anklage war es leicht, zu antworten.
Ich erwiderte dem Raschid Pascha: „Diese Jungen sind keine Abessinier, sondern Inder, und wenn Ihnen jemand gesagt hat, diese Jungen sind Sklaven, die ich in Kairo oder Alexandria gekauft habe, so ist er ein Lügner. Sie sind Inder, die geradewegs aus Indien kommen. Sie können sich an den französischen Konsul wenden, der viel von mir und von meinen Jungen sprechen gehört hat, und an den französischen Botschafter in China, der vor einer Woche durch Alexandria gekommen ist. Drei Herren, die sich gegenwärtig in der Stadt aufhalten, können das bestätigen. Sie können nach Suez telegraphieren, wo sich die ,Duchellas‘ befindet, die mich mit diesen Jungen nach Ägypten gebracht hat. Sie sollten auch die Bescheinigung [Firman] des Vizekönigs zu schätzen wissen, sowie die Briefe und Pässe, die mir in Indien gegeben wurden. Sie sind ein gerechter Mann, ein Sohn des Propheten, der klare Augen hat, die sich nicht von den Wolken der Gottlosigkeit trüben lassen. Üben Sie Gerechtigkeit und erfüllen Sie Ihre Pflicht: Bism Allah errahman errahim.“
Raschid Pascha schien überzeugt, aber seine Zweifel ließen ihm doch keine Ruhe, und so sagte er mir: „Wer kann mir garantieren, dass diese Jungen keine Abessinier sind? Wer kann mir im Namen Gottes beweisen, dass sie Inder sind und dass Sie sie nicht in Ägypten gekauft haben?“ – „Diese Briefe“, sagte ich, und zeigte ihm die Pässe, die in Aden ausgestellt worden waren, „diese Briefe beweisen, dass ich die Wahrheit spreche. Wenn Sie meine Jungen nicht weiterreisen lassen, so missachten Sie das Siegel der englischen Nation, und ich schwöre Ihnen bei Gott, England wird von Ihnen Genugtuung verlangen. Bism Allah.“ So ging es eine halbe Stunde hin und her. Der Pascha hatte eine ganze Reihe von Einwänden, ich hatte eben so viele Argumente, die es ihm klar machen sollten, dass die Jungen Untertanen der anglo-indischen Regierung waren. Der Scheich vom Zoll, der zugegen war, flüsterte dem Gouverneur ins Ohr, dass die Gesichtsfarbe der Jungen schwarz war. Dann wollte der Pascha sie sehen und versprach, wenn sie Weiße wären, so wollte er sie sofort frei lassen. Wenn es aber nicht so sein sollte, würde er sie gefangen halten. Jetzt wurde die Sache für mich sehr gefährlich, denn die Jungen waren schwarz, und das veranlasste den Pascha noch mehr, dem Rat und der Ansicht des Scheichs zu folgen. Wiederholte Male zeigte er sein Verlangen, die Jungen zu sehen. „Bringt mir diese Jungen hier her. Wenn sie weiß sind, lasse ich sie frei, sonst bleiben sie in Gewahrsam.“ – „Dazu ist es nicht notwendig, die Jungen zu sehen: der Firman des Vizekönigs und die Pässe müssen Ihnen genügen“, sagte ich.
Aber ich möchte die Sklaven sehen“, meinte er. Vier Mal weigerte ich mich, die Jungen vorzuführen, denn das schien mir zu riskant. Aber am Schluss musste ich den Anordnungen des Paschas folgen. Von zwei Wachen begleitet, ging ich, die Jungen zu holen. Diese waren voller Angst. In der Gefangenschaft hatten sie viel gelitten. Ich sagte ihnen, dass ich sie dem großen Pascha vorfuhren würde, und dass sie vor ihm weder arabisch noch abessinisch sprechen dürften, sondern nur indisch, sonst kostete es ihren Kopf. Das wiederholte ich mehrere Male auf indisch und ermahnte sie, Gott zu vertrauen, der sie erretten würde. Dann ging ich mit den Jungen und mit den Wachen zum Raschid Pascha. Kaum waren wir in den Großen Divan eingetreten, wo mehr als 24 Personen versammelt waren, als alle ausriefen: „Homma Hhabbaih Kollohom – das sind ja alles Abessinier!“ Ich sagte, nein, denn wenn auch das Aussehen der Galla dem der Abessinier gleicht, so sind die Galla doch keine Abessinier. Aber sie behaupteten weiterhin, dass es Abessinier seien. Ich war der einzige, der behauptete, dass es Inder waren. Nach einem langen Hin und Her wandte ich mich an den Pascha und sagte zu ihm: „Gut, wenn also meine Jungen wirklich Abessinier sein sollen, rufen Sie doch irgendwelche Abessinier, deren es in Alexandria viele gibt. Befehlt ihnen, Fragen an die Jungen zu stellen. Es wird sich klar herausstellen: Wenn sie Abessinisch sprechen oder es verstehen, haben Sie Recht und dann können Sie sie ins Gefängnis stecken. Aber wenn sie kein Abessinisch verstehen, müssen Sie sie frei lassen.“
Mein Vorschlag wurde von allen Mitgliedern des Großen Diwans angenommen. Sofort wurden drei Abessinier gerufen. Kaum hatten sie die Jungen gesehen, sagten sie unter einander: „Diese Jungen kommen aus unserer Heimat. Wer hat sie gekauft? Wo habt Ihr Euren Herrn zum ersten Mal gesehen? „Alle diese Fragen waren hinterhältig, aber die Jungen gaben keine Antwort. Bei jeder Frage dagegen schauten sie auf meine Augen, der ich ihnen auf Indisch sagte, dass sie schweigen sollten. Ein Abessinier sagte zu den Jungen: „Antwortet nur, ihr Söhne des Propheten, euer Herr befiehlt euch zu antworten“. Die Jungen dagegen hielten Schweigen. Und so erklärten die Abessinier, dass die Jungen offensichtlich kein abessinisch verstanden und deshalb nicht zu ihrem Volk gehörten. Kurzum, ich kann noch sagen, dass der Pascha einige Inder kommen ließ, die im englischen Konsulat angestellt waren. Sie stellten allerlei Fragen an die Jungen, und diese antworteten ziemlich gut. Die Inder erklärten hierauf, dass die Jungen nicht all zu gut Indisch sprachen, aber ich bestand darauf, dass sie es gut konnten.
Im Gespräch ließ der kleine Bullo mich beinahe aufsitzen, als er einmal antwortete, dass er Galla sei. Aber die Antwort kam schüchtern heraus und wurde nicht verstanden. Gott half mir, den Schaden wieder gut zu machen, und ich gab das Wort an Giovanni, der sehr gut indisch konnte. Schließlich erklärten die Inder dem Pascha, dass die Jungen Inder waren. „Jetzt anerkenne ich, dass ihr wirklich Inder seid“, sagte er und befahl, mir die Jungen zu übergeben und uns frei nach Europa reisen zu lassen. Kaum hatte Raschid diese Anweisung gegeben, als der Scheich bleich wurde. Er dachte an die Worte, die ich ihm gesagt hatte: „Wenn Sie die Jungen innerhalb von drei Stunden nicht freilassen, so schwöre ich beim Bart der Propheten, dass Ihr Kopf nicht sicher ist“. Er dachte, dass jetzt der Augenblick meiner Rache gekommen sei. Und so bemühte er sich, mich unschädlich zu machen. Ganz außer sich vor Furcht, näherte er sich dem Pascha und sagte entschlossen: „Effendina [mein Herr], ich schwöre im Namen des Propheten, dass diese Jungen keine Inder sind, sondern Abessinier. Ich bin mehrere Male in Indien gewesen, und habe nie Inder dieser Hautfarbe angetroffen. Die Inder sind beinahe weiß, aber diese Jungen sind schwarz.“ Er hatte auch wirklich Recht, denn die Hautfarbe der Inder ist verschieden von derjenigen der Abessinier. Der Pascha befahl mir nun, das zu erklären.
Ich war in einer ernsthaften Verlegenheit. Niemals hatte ich mit solcher Inbrunst Gott und die seligste Jungfrau, die Königin Afrikas [Nigrizia], angefleht, wie in dieser Stunde, in der sich sehr leicht alle meine Bemühungen hätten als umsonst herausstellen können. Ich fasste Mut, schaute mit feurigem Blick zum Scheich und sagte zu ihm in Gegenwart des Pascha: „Es kann natürlich sehr wohl so sein, dass sie öfters Indien besucht haben, aber ich glaube nicht, dass Sie in allen Teilen Indiens gewesen sind, sonst hätten Sie sicherlich auch Einheimische dieser Hautfarbe gesehen. Indien ist sehr groß, und Sie hatten als Ziel ihrer Reisen wahrscheinlich die Hafenorte wie Madras, Kalkutta, Bombay, Mangalore und ähnliche, aber sicherlich haben Sie nicht das Innere Indiens besucht. Da gibt es noch viele Gegenden und Städte, die Ihnen nur dem Namen nach bekannt sind. Wie können sie deshalb behaupten, die indische Bevölkerung zu kennen, und die Überzeugung äußern, dass meine Jungen keine Inder sind?“
Bei diesen Worten wurde der arme Scheich ganz bestürzt und sah sich total verloren. „Ja, sie haben Recht“, sagte er ganz kleinlaut, „ich bin nie im Inneren Indiens gewesen und in den Teilen Indiens, von denen Sie sprechen. Ist das vielleicht in der Nähe von Kap Gal?“ – „Oh nein“, sagte ich, „diese Gebiete sind noch viel weiter als Kap Gal.“ Sie können sich vorstellen, wie ich mich freute, den Scheich so klein zu sehen, und wie ich von ganzem Herzen dem Herrn dankte, dass er mir so schnell zu Hilfe kann. Nach dieser heftigen Auseinandersetzung erhob sich der Pascha von seinem Sitz, nahm meine Hände in die seinigen und sagte zu mir: „Oquod esteriahh – Setzen Sie sich, ruhen Sie sich aus. Ich sehe deutlich, dass Sie Recht haben und dass diese Jungen Inder sind. Ihre Worte stimmen mit Ihren Briefen überein, deswegen möchte ich Ihre Briefe auch nicht genauer untersuchen, Ihr Wort genügt mir. Sie sind ein Mann der Wahrheit und der Gerechtigkeit; Sie brauchen nur ihren Mund zu öffnen, um mir zu befehlen, Ihren Willen zu erfüllen“. Nach diesen Worten ließ er mir einen Chibbuk und Kaffee kommen. Ich rauchte und trank auf das Wohl des Paschas, der mir dieses schmeichelhafteste Versprechen seiner Freundschaft machte. Ich suchte unterdessen, dem Gespräch eine andere Wendung zu geben und sagte ihm, dass er ein gerechter Mann sei, dass ganz Alexandria seines Lobes voll wäre. Das stimmte. Dann entließ er mich mit Salam alèk. Ich ging mit meinen Jungen. Kaum war ich die Treppen des Palastes heruntergestiegen, als der Scheich zu mir kam und sagte: „Ihre Hoheit hat Ihr verdientes Recht gefunden. Ich dachte, dass die Jungen Abessinier wären, aber jetzt bin ich überzeugt, dass es Inder sind. Möge Ihr Antlitz leuchten und Ihr Mund immer vom Frieden reden: I' Allah ila Allah ou Mahhommed rassielallah [Es gibt keinen Gott außer Gott, und Mohammed ist sein Prophet]“. Da blickte ich ihn mit feurigen Augen an und antwortete: „Wenn ich ein Muslim wäre und ein Sohn des Propheten wie Sie, würde ich mich an Ihnen rächen und Ihre Schlechtigkeit würde Sie teuer zu stehen kommen. Aber ich verabscheue den Propheten und seinen Koran, der die Rache befiehlt. Ich befolge das Evangelium von Jesus Christus, der will, dass man dem Feinde vergibt. Ich vergebe Ihnen deshalb von ganzem Herzen und will all das Schlechte vergessen, das Sie mir angetan haben. Mein Blick bedeutet Frieden, und mein Mund spricht Worte des Vergebens.“
Kaum hatte ich diese Worte gesprochen, warf sich der Scheich zu meinen Füßen, küsste den Saum meines Mantels und rief: „Glückseligkeit wohne immer in Ihnen, gesegnet seien der Bart Ihres Vaters und die Augen Ihrer Mutter. Mögen Sie die Söhne und Enkel bis zur dritten oder vierten Generation sehen, mögen Sie im Challah auf ewig glücklich sein etc.“ Dann erhob er sich, wir sagten uns gegenseitig „Salamalèk“ und ich ging in das Haus, wo ich bei meiner Ankunft in Alexandria meine Jungen untergebracht hatte. Diese Unterredungen hatten bis zum Sonnenuntergang gedauert. Das französische Schiff, das uns nach Marseille bringen sollte, war abgefahren. Aber zwei Tage später nahm ich den österreichischen ‚Lloyd‘, und ich entschloss mich, über Korfu nach Triest zu fahren. Die französische Botschaft hatte die Güte, mir das Geld vorzustrecken. Sie ließ mir sechzig Guineen geben. Ich selbst versuchte, so schnell wie möglich abzureisen, denn ich fürchtete, dass Gegner der katholischen Kirche bei der Regierung Anzeige erstatten könnten, dass meine Jungen keine Inder seien. Mit dem Vertreter des österreichischen Lloyd kam ich über den Preis überein. Die Reise von Alexandria nach Triest kostete 1210 Franken; und so bestieg ich mit meinen neun schwarzen Jungen und mit der schwarzen Katharina Zenab die ‚Nettuno‘.
Als wir im Hafen von Alexandria ankamen, trafen wir den Scheich, der für uns ein bequemes Boot bereit hielt und uns umsonst zum österreichischen Dampfer brachte. Die Überfahrt dauerte nicht fünf Tage, sondern acht. Über uns kam ein wütender Seesturm, der heftigste, den der Kapitän in zwanzig Jahren bei seinen Fahrten auf den Mittelmeer erlebt hatte. Die Jungen waren wie versteinert, als sie die weißen Berggipfel der Insel Candia in der Sonne auftauchen sahen: Noch nie hatten sie Schnee gesehen. Die Nettuno wurde von einem der tüchtigsten Kapitäne des österreichischen Lloyd geführt. Entlang der dalmatinischen Küste musste sie nach Korfu zurückkehren. Jedoch dieser Sturm war nicht der schlimmste unter den acht, die ich auf meinen Reisen erlebte, die ich wegen diesem kleinen Auftrag unternehmen musste. Aber Gott schützte mich sichtlich bis zu unserer glücklichen Ankunft in Verona am 14. April 1861. Die Vorsehung half mir auch, in kurzer Zeit die Schulden zu bezahlen, die ich in Alexandria gemacht hatte. Gott sei ewig dafür gelobt!
Während des Aufenthalts meiner Schwarzen in Alexandria hatten ihnen Moslems erzählt, dass die Europäer Schwarze kauften, um sie zu mästen und dann zu verspeisen. Die Jungen wurden dieses Vorurteil nicht mehr los, zumal sie es auch schon vorher öfters in Sansibar und Aden von Moslems gehört hatten; am meisten erschrocken war von ihnen Pietro Bullo.
In Alexandria versicherte ihm einmal ein Araber durch das Fenster in sein Zimmer hinein, dass die Europäer die Schwarzen töteten, das Gehirn herauszogen und einen leckeren Braten bereiteten. Als der kleine Pietro so etwas gehört hatte, floh er aus dem Haus, und erst nach langem Suchen fand ich ihn auf dem Markt von Alexandria. Als er nun auf der Nettuno eine Tafel mit verschiedenen Tellern gedeckt sah, war er nicht zu bewegen, zu essen. Er schaute mich mehrere Male ganz entgeistert an und sagte: „Ich weiß sehr wohl, warum Sie uns so viele Dinge auftischen. Sie möchten uns mästen und dann verspeisen.“ Aber auf der Fahrt von Triest nach Verona gelang es mir, ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Bei einer günstigen Gelegenheit sagte ich zu ihm: „Hör mal, lieber Peter, weißt Du, was Du mir von Aden bis hier her gekostet hast?“ „Viel“, meinte er. „Weißt du vielleicht“ – fuhr ich fort – „was in deinen Land eine Kuh kostet?“ „Sehr wenig“, meinte er. „Also gut, mit den Hunderten von Talern, die Du mir gekostet hast, hätte ich in eurem Land gut zwanzig Kühe kaufen können. Wenn ich Dich nun tatsächlich gekauft hätte, um Dich zu essen, wäre ich einfach verrückt gewesen, denn ich könnte dafür mehr als zwanzig Kühe essen, und Du bist kleiner als eine einzige.“ Diese Beweisführung überzeugte ihn und ebenso die anderen Jungen. Sie glaubten nicht mehr daran, dass ich sie gekauft habe, um sie zu verspeisen.
Der kleine Pietro war außergewöhnlich begabt. Als er von den Giallaba gefangen wurde, konnte er nur Galla und Abessinisch. Aber auf der Fahrt vom Land der Galla nach Aden und von Aden nach Verona lernte er ziemlich gut arabisch, und zwar die reine Sprache des Jemen. Während seines Aufenthaltes unter den Indern in Aden lernte er das Hindu ziemlich gut, und sechs Monate nach seiner Ankunft in Verona sprach er ziemlich geläufig italienisch. In der Schule machte er gute Fortschritte. Er war sehr scharfsinnig und wollte von allem immer die Ursachen wissen. An den öffentlichen Schulen Europas hätte er die besten Schüler mit glänzendem Erfolg übertroffen. Besonders hervorzuheben ist, dass er tief katholisch dachte, und dass er eine hohe Achtung vor der christlichen Moral hatte. Sie war in seinem Herzen so verwurzelt, dass er die Sünde so hasste, dass man nur staunen konnte.
Er liebte vor allem fromme Unterhaltungen; mit Vorliebe beschäftigte er sich mit dem Leben Jesu, seiner Heiligen, vor allem mit dem der Märtyrer. Er hatte dabei ein brennendes Verlangen, selbst Märtyrer für Jesus zu werden, wie er mir öfters versicherte. Er war von Natur aus cholerisch, aber um ihn zu beruhigen, brauchte man ihn nur an den gekreuzigten Heiland zu erinnern. Seine große Neigung zur Frömmigkeit konnte man an all dem sehen, was wir soeben gesagt haben. Er betete mit glühendem Eifer. Der Klang der Glocke, der ihn zu seinen religiösen Pflichten rief, war für ihn das Liebste, was er hören konnte. Ich kann seine Andacht und seine Sammlung nicht beschreiben, mit der er zweimal wöchentlich zur heiligen Kommunion ging. Obwohl die Jungen des Institutes gewöhnlich nur alle zwei Wochen zur Beichte gingen, ging Pietro, wie auch die Mehrzahl seiner Landsleute, jeden Samstag und an den Hauptfesten zu den heiligen Sakramenten. Pietro, Giovanni und Battista waren für alle im Kolleg Vorbilder an Frömmigkeit, sogar für die Oberen selbst. Diese versicherten öfters, dass sie lieber 200 Galla erziehen würden als ein Dutzend Italiener oder sonstige Europäer. Unser lieber Pietro verabscheute besonders die Lüge. Ich habe oft seine Beichte gehört über all die Dinge, die er für Sünde hielt. Er beschuldigte sich aber nie einer Lüge. Ich glaube, das hängt auch mit dem Charakter der Galla zusammen, die sich darin von anderen Afrikanern unterscheiden, die nie die Wahrheit sagen und den Menschen schön tun wollen. Die Galla hingegen lieben die Wahrheit, und Pietro hätte nie eine Lüge gesagt, auch wenn er sich dadurch das Leben hätte retten können. Außerdem besaß er in besonderem Maße die Tugend der Selbstverleugnung und der Demut. Er hatte immer Angst davor, etwas Schlechtes zu tun und fragte immer die Oberen, ob dieses oder jenes erlaubt sei.
Ich möchte die anderen Tugenden übergehen, die seine schöne Seele zierten, die sehr zur Betrachtung und zur Einsamkeit neigte. In den letzten Monaten seiner Krankheit war er sehr ruhig und suchte ganz besonders die Sammlung; ich glaube, dass der Grund dafür in seiner Krankheit lag, die ihn getroffen hatte. Als ich mich im Oktober vergangenen Jahres auf eine Reise nach Deutschland begeben wollte, kam er vor der Abreise nochmals auf mein Zimmer und sagte mir: „Mein Vater, Sie gehen weg, ich werde Sie nicht mehr sehen; denn wenn Sie zurück kommen, werde ich schon tot sein. Ich spüre es, dass ich sterben werde.“ Im Sommer hatten wir ihn vom Studium befreit und nach Rovereto geschickt, wo er drei Monate von einem ausgezeichneten Arzt behandelt wurde. Untergebracht war er bei einer Familie, die ihn hoch in Ehren hielt und ihn mit mütterlicher Fürsorge umgab. Er kehrte geheilt nach Verona zurück und nahm seine Studien wieder auf. Aber im September befiel ihn die Krankheit aufs Neue. Obwohl wieder eine kleine Besserung eintrat, ging sein Leben doch dem Ende zu.
Im November wurden alle Galla außer Antonio von einer ansteckenden Krankheit erfasst, die ich nur in Afrika angetroffen hatte. Aber man versicherte mir, dass Pietro sie mit wunderbarer Geduld ertrug. Man möchte fast sagen, er ertrug sie mit Freude. Ich hörte ihn selbst vergangenen September unter grässlichsten Schmerzen sagen: „Noch etwas mehr, mein Gott, lass mich noch etwas mehr leiden, denn du bist am Kreuz für mich gestorben.“ In solcher Gesinnung und versehen mit der Heiligen Wegzehrung starb er im Januar 1864, im Glanz himmlischer Freude.
PS: Diesem Bericht von Don Daniel Comboni war der folgende Brief beigefügt:
Ich sende Ihnen hier meinen beiliegend Bericht, der in den Annalen aufgenommen worden ist; er wird helfen, das gute Werk zu fördern, dem wir uns geweiht haben. Vor allem möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich am vergangenen Donnerstag, den 19. September, eine Audienz beim Heiligen Vater hatte. Ich bin so frei gewesen, Seiner Heiligkeit von Ihrem Verein zu erzählen und habe den Segen des Hl. Vaters für Ihren Verein, speziell für die Mitglieder des Vorstandes, erlangt, den ich Ihnen hiermit übersende. Ich gab auch Sr. Eminenz, dem Herrn Kardinal Barnabò, Präfekt der Kongregation zur Ausbreitung des Glaubens, Kenntnis von dem vielen Guten, was Ihr geschätzter Verein tut. Er segnete auch Ihre noble und schwierige Arbeit. Dann erhielt ich von Don Biagio Verri einen Brief, in dem er mir mitteilt, dass Vater Olivieri sehr krank sei und wohl sterben werde.
Ich konnte viele Informationen über das Leben dieses heiligen Mannes sammeln. Zwei Priester im Alter von Olivieri, die mit ihm seit seiner Kindheit bis zum Jahr 1840 zusammen gelebt haben, haben mir viel über sein Leben vor der Gründung seines Werkes des Loskaufs der Schwarzen mitgeteilt. Casamara, ein Pater der Trinitarier in Rom, und verschiedene andere respektable Persönlichkeiten haben mir viele Einzelheiten über seine missionarischen Tätigkeiten erzählt. Sie werden mir noch weitere Informationen geben. Auch wenn es keine leichte Aufgabe ist, hoffe ich, dass es mir mit ein wenig Geduld gelingen kann, eine vollständige Biographie über diesen außergewöhnlichen Mann zu schreiben.
Während meiner Abwesenheit von Verona übernimmt Herr Francesco Bricolo, Direktor im Institut Mazza, meine Stelle. Ich erfahre soeben von ihm, dass jetzt auch Anton Dobale, der bei meiner Abreise von Verona recht gesund war (was ich am Beginn meines Berichtes erwähnte), von der allgemeinen Krankheit befallen wurde, so dass nur Michele Ladoh allein gesund geblieben ist.
Franz Amano musste das rechte Bein abgenommen werden. Ich kann Ihnen aber versichern, dass sie alle wahre Muster von Selbstverleugnung und Frömmigkeit sind. Baptist, dem man ein großes Stück aus den Lenden geschnitten hat, sagte zu dem Chirurgen und denen, die demselben halfen: „Ich bitte Sie um Verzeihung, dass ich Ihnen so viele Umstände mache, und danke von Herzen für die Liebe und Geduld, die Sie mit mir haben“. Während der schrecklichen Operation hörte er nicht auf zu beten.
Salvatore, Gaetano und Pietro sind gestorben. Was die Schule der Afrikanerinnen betrifft, steht es damit ganz gut. Sobald die letzten diesjährigen Prüfungen vorbei und die Preise verteilt sind, werde ich Ihnen diejenigen nennen, die sich besonders ausgezeichnet haben. Es ist unumstößliche Tatsache, dass die Afrikaner in Europa nicht leben können. Das haben wir auf recht schmerzliche Weise in Neapel, in Rom und neuerdings in Verona erfahren. Auf der anderen Seite ist es auch Tatsache, dass die europäischen Missionare das Klima Zentralafrikas nicht vertragen können. Beide Tatsachen drängen mich ständig, auf Mittel zur Abhilfe zu sinnen und die Ideen zu verwirklichen, die mir bei meinem vorjährigen Aufenthalt in Köln gekommen sind. Ich befinde mich eben deshalb auch jetzt in Rom, um mit dem Apostolischen Stuhl, speziell mit der Kongregation zur Ausbreitung des Glaubens, über einen neuen Plan zu verhandeln, der die afrikanische Mission betrifft. Ich habe diesen Plan schriftlich ausgearbeitet und der Propaganda Fide unterbreitet. Er beschränkt sich nicht nur auf die alte Mission von Zentralafrika, sondern dehnt sich auf die ganze große Familie der Schwarzafrikaner aus und umfasst somit fast ganz Afrika.
Ehe dieser Plan die kirchliche Bestätigung erhalten wird, soll ich im Auftrag Sr. Eminenz, des Kardinals Barnabò, eine Rundreise machen, um mich mit all den Vereinen und religiösen Gemeinschaften in Verbindung zu setzen, die für die afrikanische Mission schon jetzt tätig sind. Dazu gehören Olivieri, Don Mazza, Lodovico da Casoria, die Lyoner und Pariser Gesellschaft zur Ausbreitung des Glaubens, der Franziskanerorden, die Vereine in Spanien etc.
Der Hl. Vater, dem ich meinen Plan vorgetragen habe, ist erfreut darüber und segnete ihn. Er wünscht, wie er sich ausdrückte, alle Kräfte, die für die Bekehrung Afrikas arbeiten, zu einem gemeinsamen Kampfe aufzurufen, so dass man viribus unitis [mit vereinten Kräften] die Christianisierung der Afrikaner in Angriff nehme. Es scheint mir, dass der Plan, den ich Kardinal Barnabò vorgelegt habe, diesem Ziel nahe kommt. Natürlich werde ich, wenn ich die Meinungen und Ratschläge der einzelnen Vereine in Erfahrung gebracht und mir eine genaue Kenntnis der Zustände Afrikas, zumal der Lage der einzelnen Standorte der Missionen, verschafft habe, meinen Plan demgemäß anpassen. Aber sobald wir mit der Hilfe und dem Rat vieler einsichtsvoller Männer die ersten Schritte gemacht haben, wird Gott uns zweifellos den rechten Weg zur Neugestaltung der Rasse der Afrikaner weisen.
Was der Hl. Vater und die Kongregation der Propaganda Fide im Sinne haben, ist einfach: Wir dürfen uns nicht nur auf einen Teil Afrikas beschränken, sondern müssen die ganze Rasse der Schwarzen ins Auge zu fassen, da sie alle dieselben Sitten, Gewohnheiten und Fehler, dieselbe Natur haben und ihnen allen also auch mit denselben Mitteln und Arzneien geholfen werden kann. Wenn mein Plan gut geheißen wird, dann wird sich der Verein in Köln, den ich sehr lieb gewonnen habe, immer mehr vergrößern, so dass aus einem Bach ein Strom werden wird.
Beten Sie inzwischen zum Herrn und zur Königin Afrikas [Regina della Nigrizia], dass sie mich, der ich mich rückhaltlos der Bekehrung Afrikas geweiht habe, und meinen Plan segnen mögen, dass sie aber auch Ihren Verein segnen und ausbreiten mögen. Er wird dazu bestimmt sein, die Mittel zur Ausführung dieses Planes zu liefern.
Ihr ergebenster
Daniel Comboni
Apostolischer Missionar
auf der Basis des Planes der Gesellschaft von den Heiligen Herzen Jesu und Mariens für die Bekehrung Afrikas, von dem ich Eurer Eminenz vor kurzem einen Entwurf vorgelegt habe, wage ich folgenden Vorschlag zu machen: Wenn es Eure Eminenz für sinnvoll hielte (und damit einverstanden wäre), sollte jener Teil des früheren Apostolischen Vikariates von Zentralafrika, das man versucht hatte durch die deutschen und österreichischen Missionare, durch jene des Mazza-Instituts und durch die Franziskaner zu evangelisieren, in zwei apostolische Vikariate oder Präfekturen aufgeteilt werden. Einer würde sich „Ost-Nil“ nennen, der andere „West-Nil“. Das eine wäre dem Mazza-Institut von Verona zuzuteilen, das andere der reformierten Provinz des serafischen Ordens in Neapel.
Die Mittel und materielle Hilfe zum Unterhalt beider Missionen würden wir vom Marienverein in Wien erhalten. Eure Eminenz weiß, dass jenes Komitee [gemeint ist der Marienverein] auf Grund der letzten betrüblichen Ereignisse der Afrika-Mission, die nach der Übernahme durch den Franziskaner Orden geschahen, das Geld dem Mazza-Institut zukommen lassen wollte, falls es seine Missionare nach Afrika schicken würde. (Dies wollte es auch deshalb, weil das Institut unter dem Protektorat Österreichs steht, von wo alle Spenden kommen). Dadurch würden sie nicht von den Franziskanern abhängen, wie auch aus einem Briefwechsel zwischen dem Verein und P. Lodovico da Casoria hervor geht. Um diesen hervorragenden Verein zu überzeugen, die beiden vorgeschlagenen Missionen zusätzlich zu den Mitteln, die Eure Eminenz beisteuern würde, finanziell zu unterstützen, würde ich mich ganz energisch dafür einsetzen, dieses Ziel zu erreichen. Ich bin voll davon überzeugt, dass die Mittel, verteilt an beide Kongregationen, dem größeren Wohl des unglücklichen Afrika dienen würden.
Aus dieser Entscheidung ergäben sich folgende Konsequenzen:
Um diese wichtige Angelegenheit zu kombinieren, schiene es mir sinnvoll, wenn Ihre Eminenz direkt mit dem Generaloberen von Ara Coeli verhandeln würden. Um mit dem Verein von Wien und dem Mazza-Institut in Kontakt zu treten, könnten Sie mich mit einem Schreiben bevollmächtigen. Ich würde mich entweder vor oder nach meiner Reise nach Frankreich dieser erhabenen Aufgabe mit voller Kraft annehmen. Immer in der Freude zu denken und zu handeln, wie es Ihrer Eminenz gefällt, erwarte ich Ihre verehrten Entscheidungen.
Daniel Comboni
der Schmerz, den ich im Herzen spüre im Bewusstsein, dass mein geliebter Superior noch immer über mich verärgert ist, ist derart, dass ich das ernsteste Bedürfnis fühle, das Stillschweigen zu brechen und wie der verlorene Sohn den Armen des liebevollen Vaters entgegen zu laufen. Ich weiß zwar nicht genau, was ich Furchtbares angestellt habe, das meinem geliebten Superior so viel Kummer bereitet. Aber inmitten der Unternehmungen, mit denen ich beschäftigt war, mit dem, was ich nach meiner Rückkehr aus Afrika getan habe, und obwohl ich dabei immer die größere Ehre und das Heil der Seelen im Auge hatte, muss ich wohl einige Fehler begangen haben und muss vor Gott und Ihnen schuldig geworden sein. Das lässt mich zur Genüge Ihren Unwillen gegen mich begreifen. Deshalb werfe ich mich Ihnen zu Füßen und bitte demütigst um großzügige Verzeihung. O, mein lieber Vater, wenn ich mit meinem Blut Ihrem Herzen Trost erkaufen könnte, würde ich es gern tun. Aber der Gedanke, dass ich dem geliebten Superior so viel Schmerz zugefügt habe, das Wissen, dass das Herz meines lieben Vaters wegen mir betrübt ist, ist die schlimmste aller Strafen. Ich glaube, die letzten vier Monate, die ich voller Leiden und Schmerzen verbracht habe, nachdem ich erfahren habe, dass mein Superior gegen mich aufgebracht ist, müssten als Strafe für mein Vergehen genügen.
Sagen Sie, o mein geliebter Vater, einem verlassenen Sohn ein Wort der Ermutigung. Sprechen Sie mir ein Wort des Friedens und der Liebe zu, das mir wohltuender sein wird als alle Vergnügungen der Welt. Der gütige Empfang beim Hl. Vater, die freundliche und vertrauensvolle Aufnahme, mit der mich Kardinal Barnabò wie ein Vater empfing, die menschliche Zuwendung, mit der ich in Rom von den Würdenträgern, den Kardinälen, den Bischöfen, Prälaten, Laien und Damen behandelt wurde, die Hochschätzung, die mir in allen Teilen Europas entgegen gebracht wurde, auch wenn ich dessen unwürdig bin, vermögen es nicht, die Liebe, die ich in meinem Herzen für mein Institut und meinen Superior trage, zu verringern. Auf all das verzichte ich aus Liebe zu meinem Institut und meinem lieben guten Alten. Dafür habe ich alles geopfert, bis hin zu meinem eigenen Vater. Und jetzt zu hören, dass ich für immer mein Institut verlassen und weggehen soll, das ist ein Brocken, den ich nicht schlucken kann. Das, was ich seit vier Monaten im Herzen gelitten habe, sage ich noch einmal, reicht als Sühne für jegliches Vergehen.
Denken Sie gut nach, lieber Vater. Es ist unmöglich zu arbeiten und viel zu unternehmen, ohne dabei von irgendjemandem kritisiert zu werden. Bedenken Sie, dass die Welt schlecht ist, und dass selbst innerhalb der Wände eines Heiligtums auch böse Geister sind. Denken Sie daran, dass jene, die schlecht über mich gesprochen haben, sich gewiss nicht vom Geist der Nächstenliebe Jesu Christi haben leiten lassen. Das Evangelium sagt: corripe primo inter te et ipsum solum. Bei Gott, niemand hat mir etwas davon gesagt. Aber ohne Vorwarnung haben sie sich plötzlich auf das dic Ecclesiae [sag es der Kirche] berufen. Der priesterliche Dienst wurde eingesetzt, um Fehlverhalten zu korrigieren und die Tugend zu fördern. Indem diese [Ankläger] mich in meinem Fall von der väterlichen Jurisdiktion des Institutes entfernten, wollten sie mich mit einem Schlag in den Abgrund stoßen. Aber Gott wacht, er will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe. Ich bin in den Händen Gottes und meines lieben Superiors. Von beiden erflehe und erhoffe ich Verzeihung und Hilfe.
Deshalb sehne ich mich danach, das Antlitz meines verehrten, weißhaarigen Vaters gelassen und getröstet zu sehen. Ich sehne mich danach, meine Brüder des Instituts frohgemut zu sehen. Ich sehne mich danach, zur Ehre Gottes und des Instituts zu arbeiten und ein Wort der Ermutigung und des Verzeihens von meinem geliebten Superior zu empfangen.
Haben sie Erbarmen, mein lieber Vater. Sagen Sie dieses tröstende Wort dem Don Bricolo und befreien Sie mich von diesem schmerzlichen Fegfeuer, auch wenn ich es mit Ergebung erdulde, aber es erfüllt mich mit Schmerz. Ich hoffe, dass mich D. Bricolo gleich anschließend im Auftrag meines geliebten alten Vaters und Superiors trösten wird.
Der neue Plan der Gesellschaft der heiligen Herzen Jesu und Mariens für die Bekehrung Afrikas wurde von allen gut geheißen. Ich habe vierzehn Kardinäle, sechs Erzbischöfe, den Generaloberen der Jesuiten mit den herausragendsten Persönlichkeiten der Gesellschaft Jesu befragt. Von allen habe ich Zustimmung erhalten. Es scheint, der Kardinal Barnabò möchte als Folge davon alle Gründungen im Inneren Afrikas gemäß diesem Plan regeln. Er wünscht, dass ich gleich nach meiner Rückkehr nach Verona nach Frankreich reise, um mich mit der Glaubensverbreitung von Lyon und Paris abzustimmen und sie im Namen des Heiligen Stuhles zu verpflichten, alle finanziellen Mittel, die notwendig wären, zur Verfügung zu stellen. Dann muss ich mich notgedrungen mit den Zentralen der dreizehn Vikariate an allen Küsten Afrikas in Verbindung setzen. Wenn ich dann im Frühjahr in Rom zurück sein werde, wird der Papst das Dekret herausgeben. Aber über all das werde ich Sie, mein lieber Superior, persönlich unterrichten. Von Ihnen werde ich Ratschläge, Anweisungen und all das annehmen, was Sie für richtig halten.
Der Kardinal wollte mich überreden, das Komitee der Gesellschaft der heiligen Herzen Jesu und Mariens in Paris anzusiedeln. Ich antwortete vorerst mit einem absoluten Nein. Ich will nicht, dass der neue Plan unter den Einfluss einer politischen Macht gerät. Frankreich und Österreich sind zu eifersüchtig. Sie würden [am liebsten] alle katholischen Werke ‚französisieren‘ und ‚österreichisieren‘. Beispiele dafür sind die frommen Vereine von Lyon und Paris und Wien. Um die Autonomie der einzelnen Missionsstationen, die man in Afrika auf Grund des neuen Planes gründen wird, zu bewahren, will ich, dass das vitale Zentrum absolut unabhängig agieren kann. Und das wird nur der Fall sein, wenn wir als Standort für das Komitee eine freie Stadt wählen. Im Moment habe ich noch nichts entschieden, auch wenn meine Gedanken in die Stadt Köln wandern. Es ist eine große und katholische Stadt. Auf der anderen Seite untersteht sie einer protestantischen Regierung.
Als Konsequenz meines Planes, o mein geliebter Superior, werde ich innerhalb weniger Monate ein Apostolisches Vikariat in Afrika erwirken, das dann voll und ganz dem Institut Mazza anvertraut wird. Es wird von niemandem abhängen, außer von Rom. Das ist doch der Wunsch, mein lieber Superior, den Sie schon seit Jahren hegen. Er wird in wenigen Monaten in Erfüllung gehen. Der Generalsuperior des Instituts wird entweder der Apostolische Vikar oder der Apostolische Präfekt der afrikanischen Mission sein. Und der Obere, den das Institut schicken wird, wird entweder der Pro-Vikar oder der Unter-Präfekt dieser Mission sein. Diese Idee habe ich dem Kardinal nahe gelegt, als ich ihm vorschlug, das alte Vikariat in zwei Vikariate aufzuteilen, und zwar in erstens Ost-Nil, zweitens West-Nil. Mein geliebter Superior möge sich das auswählen, das er möchte. Nachdem ich mich mit den Spendervereinen geeinigt habe, werde ich dafür sorgen, dass er es bekommt.
Der Kardinal, der mich beauftragt hat, alle Kräfte und Institutionen zu vereinen, um viribus unitis [mit vereinten Kräften] in Afrika ans Werk zu gehen, ist der Meinung, dass mein Plan Schwarzafrika für viele Jahrhunderte regeln wird. Nur mit diesem Plan wird es möglich sein, den Glauben fest im Zentrum Afrikas einzupflanzen. Wir werden tausend Schwierigkeiten begegnen. Aber mit der Hilfe der Heiligen Herzen Jesu und Mariens werden wir mit allen Schwierigkeiten fertig werden. Wir müssen sehr auf der Hut sein, um der Überwachung und den Kontrollen des protestantischen England zu entgehen. Aber wenn Gott das Leben gibt, werden wir alles erreichen, und der Teufel wird sich ärgern [Wörtlich übersetzt: und dem Teufel werden die Hörner gestutzt].
Dieser Plan, so glaube ich, ist Werk Gottes, denn dieser Gedanke kam mir in den Sinn am 15. September, während ich das Triduum zu Ehren der B. Alacoque verrichtete. Am 18. September, dem Tag, an dem jene Dienerin Gottes selig gesprochen wurde, las der Kardinal Barnabò meinen Plan ganz durch. An ihm habe ich fast sechzig Stunden lang an einem Stück gearbeitet. Ehe ich den Hl. Stuhl um die Approbation bitten werde, werde ich trotz allem viele Kopien drucken lassen, um diesen Plan allen Gesellschaften, die für Afrika arbeiten, und den bekanntesten Prälaten der Welt vorzustellen. Ich werde mir die Ratschläge und Verbesserungsvorschläge von allen anhören. Den verbesserten Plan werden wir dann dem Hl. Stuhl vorlegen. So halte ich es für sinnvoll, denn der Plan umfasst fast ganz Afrika, das fast nur von der äthiopischen Rasse bewohnt ist.
Wenn irgendein Kardinal oder Erzbischof mir sagen wird, dass ihm der Plan nicht gefalle, werde ich ihm antworten, wie ich einem kranken Bischof in Rom geantwortet habe: „Geht und legt mir einen besseren Plan vor; ich zerreiße sofort den meinen.“ In zehn Tagen werde ich in Verona sein. Mein Superior, bereiten Sie sich darauf vor, mich im kommenden Frühjahr nach Afrika zu schicken. Ich habe das schon mit P. Lodovico in Neapel vereinbart. Grüßen Sie mir den Herrn Bischof.
Schicken Sie mir ein Wort des Verzeihens, des Friedens und der Liebe.
Ihr unwürdiger Sohn
D. Daniel
PS: Falls das Institut eine Mission in Afrika übernähme, die von der Gesellschaft der Propaganda Fide finanziert würde, geschähe das in einem sehr guten und klugen Weitblick für den Erhalt und das Fortbestehen des Instituts.
AP SC Afr. C., v. 7 ff. 667-674v
„VEREIN DER HEILIGEN HERZEN JESU UND MARIENS“
[Das Dokument ist hier nicht widergegeben, da es mit Nr. 114 bis auf einige kleine Änderungen identisch ist.]