Comboni, an diesem Tag

Da Khartoum scrive (1878) a M. Camperio direttore della rivista "Esploratore":
La scienza e la religione si bacino in fronte, si aiutino a vicenda e producano insieme quel miglioramento, rigenerazione e vera civiltà che deve essere lo scopo a cui mira la scienza.

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N° Schrift
Empfänger
Asteriskus (*)
Absender
Datum
1001
An Don Nazzareno Mazzolini
0
1880

N. 1001; (959) – AN DON NAZZARENO MAZZOLINI
ASC
1880
Unterschrift auf einem Bild.

1002
An Erminia Comboni
0
1880

N. 1002; (960) – AN ERMINIA COMBONI
AFC
1880
Kurze Notiz.

1003
Notiz
0
1880

N. 1003; (961) – NOTIZ
ACR, A, c. 20/21 n. 3
1880

1004
Geschichtliche Übersicht über die Entdeckung Afrikas
0
1880

Nr. 1004; (962) - Geschichtliche Übersicht über die Entdeckung Afrikas

ACR, A, c. 18/13

Bericht Mons. Daniel Combonis an den Rektor der Afrika Institute in Verona

Verona 1880

[6214]

Katholischer Glaube und christliche Zivilisation in Zentral Afrika, das ist das erhabene Apostolat des großen Werkes der Erlösung des Negerlandes. Unter diesem heiligen und glorreichen Banner kämpfen wir mit dem Segen des Stellvertreters Christi und des Heiligen Apostolischen Stuhles. Glaube und Zivilisation standen sich nie feindlich gegenüber. Was auch immer die irdische Philosophie sagen möge, was auch immer diejenigen sagen mögen, die das Materielle im Auge haben, was auch immer die stolze Ungläubigkeit vorgaukeln möge, so steht doch immer fest, dass Glaube und Zivilisation Hand in Hand gehen; die eine kann nie ohne die andere gehen. Seiner selbst bewusst führt der katholische Glaube mit seiner Lehre der Dogmen, seiner Leitlinien, seiner Lehren und seiner göttlichen Moral immer zur christlichen Zivilisation, erzeugt und gebiert sie. Und diese wird ihrerseits von den ungläubigen Völkern ergriffen und befolgt. Dabei werden sie von einem unwiderstehlichen Impuls angeregt und gedrängt und umfasst sie notwendigerweise in der Erkenntnis, dass sie das wahre Zentrum des Glaubens ist, in dem sie ihre unsichtbare Freundin, ihre Lehrerin und ihre Mutter erkennt.


[6215]

"Mit unseren Jahresberichten wollen wir unsere geliebten Wohltäter informieren über die mühevolle Arbeit in der Mission, über die Strapazen, die die Missionare und Schwestern durchzustehen haben, über ihre Erfolge, die sie erzielen, über den Fortschritt, den sie den Menschen dort bringen. Wir wollen auch über wissenschaftliche Erkenntnisse berichten und wie wir den Afrikanern einen Zugang zur wahren christlichen Kultur eröffnen. Mit all dem möchten wir Jesus Christus die Ehre geben, denn er ist das Fundament aller Erlösung und allen Lebens. Er ist die Quelle aller Zivilisation und der Erlösung der ungläubigen Völker. Er ist das unerschütterliche Fundament der wahren Größe und des Fortschritts der zivilisierten Nationen in der Welt.

Viele unserer Leser, auch wenn sie ausreichend gebildet sind, wissen recht wenig über Afrika, über seine Geographie und seine Geschichte. Von den Sitten und Gebräuchen der Völker dort haben sie keine Ahnung. Wenn sie also keine genaue und klare Vorstellung haben von dem Arbeitsfeld, auf dem sich die Missionare und Schwestern abmühen, können sie sich auch keine Idee von der Größe und dem Ausmaß der Schwierigkeiten machen, denen wir in unseren heiligen Missionen begegnen."


[6216]

Es ist notwendig, dass wir genau über das Arbeitsfeld berichten, das so voller Dornen ist und in welchem wir schwitzen und arbeiten. Es ist notwendig, dass wir Afrika bekannt machen, und da vor allem den zentralen Teil des Kontinents. Das ist der Grund, warum wir jetzt aus geschichtlicher, physischer und sozialer Sicht über Afrika sprechen werden. In dem folgenden Bericht werden wir beginnen, unseren verehrten Vereinsmitgliedern eine kurze Zusammenfassung der Geschichte der Entdeckung Afrikas zu geben. Aus seiner großen Bedeutung wird das erhabene Ereignis aufleuchten, das wir erleben, die religiöse und wissenschaftliche Bewegung, die alle Blicke des christlichen Europa auf Zentral Afrika lenken wird.


[6217]

Die wissenschaftlichen Erfindungen und geografischen Entdeckungen haben den Übergang vom Mittelalter zur Modernen Zeit bestimmt. Im Laufe von vier Jahrhunderten erfuhren sie eine ständige Zunahme, so dass der Geist die Veränderungen, die sich ereignet hatten, voller Bewunderung bestaunte und auch jene bewundert, die die Menscheitsfamilie noch vollbringen wird. Der griechische Genius konnte keinen höheren Triumph feiern. Dieser Fortschritt - ich würde ihn fast gewaltsam nennen - ist die Frucht des Fleißes, der Teilung der Arbeit und der Vereinigungen der Arbeiter. Er würde in uns nicht Bewunderung sondern Erschrecken auslösen, wenn er nur dazu führen würde, die Annehmlichkeiten des Lebens zu vermehren und die Menschheit in einen reinen Materialismus zu führen. Aber wir dürfen daran glauben, dass die wissenschaftlichen Erfindungen und das immense positive Wissen nicht dazu dienen werden, die Völker zu unterdrücken, sondern vielmehr ihren moralischen Fortschritt zu fördern. Niemand zweifelt, dass man dieses Gut vor allem durch die Kenntnisse erreicht, die wir über die Erde und ihre Bewohner uns aneignen.


[6218]

Die Erdkunde (Geographie) ist entstanden und gewachsen durch die Auswanderungen und die Errichtung von Kolonien, durch den religiösen Geist und den Drang nach Eroberungen, durch wissenschaftliche Reisen zu Lande und auf dem Meer. Sie verlangt und bietet eine große Anzahl von Daten für die positiven Wissenschaften und der Moral. Sie hat einen variablen Charakter, wie die Elemente, aus denen sie zusammengesetzt ist. Und die in ihrem Bereich gemachten Entdeckungen haben eine Bedeutung nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für die Politik und die Religion


[6219]

Aus diesem Grunde sind in den wichtigsten Hauptstädten der Staaten Europas und Amerikas Geographische Gesellschaften entstanden, die von den Regierungen gefördert werden. Akademien wurden eröffnet, Zeitungen und Organismen aller Art, die sich mit den wissenschaftlichen Fortschritten beschäftigen, in denen der Experte bisweilen Fragen löst, die der Reisende dann später mit eigenen Augen bestätigt sehen kann. Wir haben die Gesellschaften der Apostolischen Missionen gesehen, und jene Bannerträger Christi, die mit dem Kreuz und dem Evangelium dorthin vorgedrungen sind, wohin weder das Schwert, noch die Geldgier noch die noble Liebe zur Wissenschaft vorgedrungen ist.


[6220]

Unter den Teilen der Erde ist Afrika der Kontinent, der schon in alter Zeit Anlass zu den riskantesten und längsten Erkundungen zur See war und heutzutage Gelegenheit zu großartigsten und interessantesten Entdeckungen bietet. Afrika ist drei Mal so groß wie Europa und hat nur wenig Inseln und Buchten und bietet dem Seefahrer kaum geeignete und sichere Anlegeplätze und Häfen. Wer es riskiert, gemäß der Gestaltung der Küste in das Innere des Kontinents vorzudringen, der muss mit Schwierigkeiten und Gefahren rechnen, die nicht zu vergleichen sind mit den Gefahren auf dem gewaltigen Ozean oder seiner Klippen, noch mit denen der Savanne oder der Wälder der Neuen Welt, noch der Eisberge an den polaren Meeren, noch der gewaltigen Gipfel der Anden und des Himalaya, noch der Wüsten Zentral Asiens und ihrer Stämme. Die geografischen Karten Asiens und Amerikas sind ziemlich vollständig. Die Forscher, die in die polaren Meere vorgestoßen sind, haben Temperaturen bis 48 Grad Kälte, man sagt sogar bis 55 und 60 Grad Reumir ertragen. Sie überquerten die Eiswüsten (der Pole) und haben an den weitesten Breitengraden yein spektakuläres Meer ohne Eis gesehen. Und das alles geschah nach wenigen Jahrhunderten der Erforschung, wobei nur wenige ihr Leben für die Wissenschaft geopfert haben.


[6221]

In Afrika dagegen sind die Flüsse nicht wie in anderen Kontinenten die großen Handelswege und Verbindungen der Zivilisation. Auf ihnen zu fahren ist äußerst schwierig und bisweilen unmöglich, sei es wegen der Wasserfälle, sei es wegen der Sandbänke und der vielen Inseln. Oft haben die Flüsse einen niedrigen Wasserstand oder ihre Flussbett ist ungeeignet, so dass sie manchmal Seen bilden oder wenn das Wasser sinkt, bleiben stehende Gewässer oder sumpfige Gegenden übrig, oder das Wasser fließt so langsam, dass man weit weg vom Meer im Sand oder salzigen Dünen stecken bleibt. Möge der Europäer alle Hindernisse überwinden, möge er die heißen Sandwüsten, die Afrika von der übrigen Welt trennen, durchqueren und die eine oder andere fruchtbare und bevölkerte Gegend verbinden, möge er die wilden Tiere besiegen, die zwischen den Bergen und Ebenen umherziehen und die die Ufer der Flüsse und den Grund der Seen bevölkern. Möge er unversehrt den afrikanischen Stämmen begegnen, in denen kein religiöses Gesetz die Instinkte zähmt und zügelt. Der Europäer wird immer das tödliche Klima als Begleiter haben mit einer Temperatur, die im Schatten und im Norden von 35 auf 45 Grad Reumir steigt, und die Sonne, die den Wüstensand glühend heißt macht. Die Wüste aber muss er auch durchqueren und dort steigt die Temperatur dann bis 50, 55 und 60 Grad Reumir über Null.


[6222]

Die Geschichte der Entdeckungen auf dem afrikanischen Kontinent ist eine schmerzliche Aufzählung von Helden, die für die Religion und die Wissenschaft gestorben sind. Gumprecht zählt allein vom Ende des vergangenen Jahrhunderts bis 1848 vier und fünfzig (54) berühmte europäische Forscher, die in Afrika starben. Nachzulesen in den Monatsberichten der Geografischen Gesellschaft von Berlin 1848. Nach so vielen hochherzigen Opfern, nach so vielen Erkundungen, die viele Jahrhunderte vor Christus begannen, kennen wir noch nicht genau das System der größten Flüsse Afrikas. Und die neuesten und die mit großem Fleiß erstellten Karten stellen mit Zufriedenheit für die Erfordernisse der Wissenschaft gerade zwei Drittel der großen Oberfläche dar.


[6223]

Der Kampf des apostolischen Eifers und des Forschergeistes gegen alle Hindernisse, die das Vordringen in das Innere Afrikas so sehr erschweren, war - weit entfernt davon, wegen der Hindernisse und der spärlichen Erfolge zu kapitulieren - nie so groß und mit so großem Durchhaltevermögen unternommen worden wie in unseren Tagen und das sowohl von Seiten der katholischen Kirche, wie von Seiten der Zivilisation und der Wissenschaft.

Die Bewegung der geografischen Erkundungen, die seit 1840 bis heut in Afrika mit bewundernswerter Ausdauer durchgeführt wurden, ist eines der Ereignisse des 19. Jahrhunderts, das am meisten Bewunderung und Interesse verdient. Man könnte sagen, angesichts der so großen Ausdehnung und einer so außerordentlichen Aktivität, sind die Nationen Europas in einem stillschweigenden Abkommen dem gleichen Gedanken gefolgt, nämlich einen Kontinent den Bemühungen zu öffnen, ihm die Zivilisation zu bringen. Dieser Kontinent war nämlich ohne erklärbaren Grund systematisch vernachlässigt worden. Es hatte den Anschein, als ob Afrika dazu verdammt wäre, sich in diesem Leben eher rückwärts als vorwärts zu entwickeln. Die Geschichte erinnert uns daran, dass die Eroberung der Hauptstadt Äthiopiens bereits hundert Jahre vor dem Auszug der Israeliten aus Ägypten geschah. Josef nannte sie Saba. Er beschreibt sie als stark befestigt und am Ufer des Flusses Astosabos gelegen. Er bestätigt, dass Cambise, der König von Persien, den Namen Saba in Meroe änderte zu Ehren seiner Schwester Meroe.


[6224]

Die Geschichtsschreibung erinnert auch noch an die Auswanderung von 240.000 ägyptischen Kriegern, die unter Psammetico, dem ersten ägyptischen König, der nach der endgültigen Vertreibung der äthiopischen Könige aus Ägypten herrschte, sich auf einer Insel im Süden von Meroe niederließen. Das heißt südlich des modernen Khartum zwischen den Flüssen Astosabos (Blauer Fluss) und dem Astapus (Weißer Fluss bis Sobat) und bis 8 Reisetage entfernt von den Nuba oder Nubatae (vielleicht waren es die Nuba im Süden des Kordofan, damals wahrscheinlich noch weiter nach Osten ausgedehnt). Herodot (II 30 ff). Er erwähnt auch die Reise der Phönizier um Libyen, die sie auf Anordnung von Neco im Jahre 609 vor Christus unternahmen, wie derselbe Herodot in IV, 42 erwähnt. Gleicherweise der Periplo des karthagischen Annone, der um das Jahr 500 vor unserer Zeitenwende geschah, wie uns eine Sammlung der kleineren griechischen Geografen berichtet, die von dem Verlag Froben 1533 gedruckt wurde nach einem Manuskript des 10. Jahrhunderts, das in der Bibliothek in Heidelberg aufbewahrt wird.


[6225]

Später drangen die römischen Legionen (Waffen) bis in diese Gegenden vor. Petroni, römischer General unter Augustus, nahm 30 Jahre vor der christlichen Zeitrechnung Napata ein und zerstörte die alte Hauptstadt von Tirhaka, das an dem großen Nilknie beim Berge Barkhall lag, wo sich heute noch vielfältige Ruinen befinden. Meroe, die Hauptsstadt der Königin Kandake, von der im Neuen Testament die Rede ist, (Apg 8,27) fiel sicherlich auch in die Hände der Römer. Nero hat zu Beginn seiner Regentschaft eine beachtliche Expedition unter der Leitung zweier Zenturionen mit militärischem Schutz ausgesandt, um die Quellen des Nils zu erforschen und die Länder im Westen des Astapo, des weißen Flusses, den man in jenen fernen Zeiten für den eigentlichen Nil hielt. Begleitet von einem äthiopischen Herrscher, vielleicht Kandake, durchquerten sie das Gebiet, das bekannt war unter dem Namen Nubia Superiore, bis zu einer Entfernung von 890 römischen Meilen von Meroe. Im letzten Teil ihrer Reise kamen sie zu ausgedehnten Sumpfgebieten. Niemand schien das Ende zu kennen. Die Kanäle, die durch sie hindurchführten, waren so eng, dass ein kleine Boot gerade mit einen Mann durch sie fahren konnte. Trotz dieser Schwierigkeiten führten sie ihre Reise nach Süden fort bis sie den Fluss über Wasserfälle hinunterstürzen oder zwischen den Felsen hindurchströmen sahen. (vielleicht jenseits von Gondokoro zwischen Regiaf und Duffi, in der Nähe des Albert Sees); dann aber kehrten sie um, nahmen die Pflanzen der Gegenden mit, durch die sie gekommen waren, um sie Nero zu bringen, damit er sie kennen lerne und sie benütze. Nachher haben Plinius, Strabon und andere römische Autoren Kenntnis bekommen von diesem inneren Teil Afrikas, aber ohne uns irgendetwas anderes oder neues zu berichten.


[6226]

Auch wenn uns die Geschichte von diesen wichtigen Expeditionen ferner Zeiten berichtet hat, hatten die Menschen in der Antike noch keine klare Vorstellung von der Gestalt Afrikas, weder ihrer Länder noch der großen Wüste Sahara, die vom Barbarenland trennt. Ägypten, das seit der ältesten Zeit eine so wichtige Rolle in der Welt gespielt hat und das nach dem Süden vorstieß und seine Institutionen und seine Gebräuche bis zu entlegenen Gegenden vorstieß, die wir heut noch nicht einmal erreicht haben, schien seine Mission erfüllt zu haben. Die reichen und fleißigen Völker, die die Antike an den Ufern des Mittelmeeres entstehen sah, in Karthago in der Cyreneika, in Numidien, in Mauretanien sind inzwischen verschwunden, ohne dass sie irgendwelche Spuren ihrer Existenz hinterlassen haben. Die Barbaren hatten diese schönen Provinzen in Besitz genommen, die die römische Herrschaft dort zu einer hohen Kultur und Zivilisation gebracht hatte. Im Mittelalter überquerte der Islam wie ein Sturm Nordafrika von einem Ende bis zum anderen und drang sogar bis ins Innere vor. Auch wenn es ihm gelang, die Verfassung der Geister zutiefst zu verändern und wenn er Ideen und Gebräuche in die Welt setzte, die Jahrhunderte überstanden haben, hat er doch nirgends ein wichtiges und dauerhaftes politisches System errichtet.


[6227]

Man muss bis zum 15. Jahrhundert zurückgehen, um die Morgenröte einer neuen Zeit zu erkennen. Bis dahin hatte man von der Gestalt Afrikas nur eine ganz unvollkommene Vorstellung. Die wissenschaftlichen Kenntnisse haben sich nach Ptolomeo eher von der Wahrheit entfernt als sich ihr genähert. Man kannte nur den nördlichen Teil etwas besser. Und doch haben die alten Karten von Sanudo, von Bianco und von Fra Mauro die Umrisse Afrikas sehr verzerrt dargestellt. Die Expeditionen der Portugiesen zur See entdeckten und enthüllten eine neue Welt. Ihre Initiativen und ihr außerordentliches Durchhaltevermögen haben den Namen eines ihrer größten Herrscher unsterblich gemacht, nämlich Heinrich der Seefahrer. Im Jahre 1434 entdeckten sie das Kap Baiador, 1482 erforschten sie den Golf von Guinea; 1487 stieß Bartolomeo Diaz bis zu dem stürmischen Kap vor, das man später das Kap der guten Hoffnung nannte. Er umrundete es. Und ehe das Jahrhundert zu Ende ging, umfuhr Vasco da Gama zwischen 1497 und 1499 das Kap und segelte an der Ostküste Afrika entlang bis nach Arabien.


[6228]

Die Karte von Diego Ribera, veröffentlicht im Jahre 1529 in Sevilla, in Spanien, und jene von Dapper, die 1676 in Amsterdam veröffentlicht wurde, stellten das erste Mal das genaue Profil des afrikanischen Kontinents dar. Die letztere scheint sogar unter gewissen Gesichtspunkten noch besser zu sein und sogar über den Fortschritten der modernen Geografie zu stehen.

Es wurden entlang der Küsten Afrikas sofort viele Handelsstützpunkte gegründet, und man versuchte auf vielfache Weise Kolonien zu gründen. Diese blieben jedoch nur im Küstenbereich; sie sind nie richtig in das Innere des Kontinents vorgedrungen. Tatsächlich haben die Portugiesen zu guter Stunde einen großen Teil Zentral-Afrikas erforscht und es gelang ihnen gewissermaßen an den Ufern des Zambesi und im Kongobecken die Wege für den Entdecker Livingstone zu bereiten. Nach diesen haben dann Franzosen in Senegambien und die Holländer am Kap der guten Hoffnung Teile des afrikanischen Kontinents betreten, aber ohne in beachtlicher Weise die von den Portugiesen erreichten wissenschaftlichen Erfolge zu vergrößern. Das Innere dieser gewaltigen Hochebene, die einige Tausend Meilen von der Küste entfernt stufenweise ansteigt, blieb immer noch von einem undurchdringlichen tiefen Geheimnis verhüllt, sei es wegen der eifersüchtigen Politik der Regierung in Lissabon, sei es weil sie wie die Phönizier den Stand der Kolonien anderen Völkern gegenüber verborgen hielten oder die Erfolge ihrer Handelsunternehmungen nicht bekannt gaben. Ein anderer Grund war sicher auch die Tatsache, dass die Reisenden und Missionare nur all zu vage Informationen weitergaben.


[6229]

Die Karte Afrikas von D’Anville aus dem Jahre 1749 bietet ein genaues Spiegelbild der geografischen Kenntnis Afrikas zur Mitte des 18. Jahrhunderts. Was immer auch das Interesse sein mag, das die Daten und Informationen wecken können, die wir folgenden ehrenwerten Männern verdanken – Battel, Lancaster, Keeling; Fernandez, Alvarez, Bonnaventura, Schouten, Le Maire, Brue, Barbot, P. Krump, Kolbe, Atkins, Schaw, Smith, Moore, Norris, Sparman, Patterson, Le Vaillant und viele hundert andere, die von 1589 bis 1790 den afrikanischen Kontinent erforscht haben, - so sind doch ihre Ergebnisse nicht auf dem Stand der modernen Wissenschaft. Mit Ausnahme einiger weniger können sie heutzutage nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden.


[6230]

L'istituzione che diede un carattere scientifico ai viaggi in generale, e promosse particolarmente quelli in Africa, è l'associazione inglese fondata in Londra nel 1788 per l'avanzamento delle scoperte africane, detta British African Association o Associazione Britannica Africana. Da essa comincia questo grande movimento di esplorazione, che solo ai nostri giorni ha preso tutta la sua estensione. I viaggi si moltiplicano, e si organizzano sopra un piano comune. L'Africa è attaccata da tutte le parti; ed i misteri del suo continente interiore cominciano ad uscir dalle tenebre.


[6231]

Der erste Reisende der neuen Periode war der Engländer Browne, der von 1793 bis 1796 von Ägypten nach Darfur reiste, in dem er die libysche Wüste auf seiner östlichen Seite durchquerte. Im Jahre 1794 drangen die beiden Engländer Watt und Winterbotton in das Land der Fulbé vor. Ein Jahr später traf der Schotte Mungo Park in Gióli-Ba ein. Im Jahre 1798 und 1799 reist Federico Hornemann von Kairo ab, durchquert die Oase von Siwa und Augila und gelangt nach Morzuk, wo noch kein Europäer gewesen ist. Von 1798 bis 1800 stellen Jacotine und Nouet während der Kampagne des General Bonaparte die Karte von Nieder-, Mittel- und Ober-Ägypten zusammen.


[6232]

In diesem 19. Jahrhundert nehmen die Forschungsreisen stark zu, um die verschiedenen Gegenden Afrikas zu erkunden, vom Nordosten, vom Nordwesten, vom Norden und vom Westen.

            Im Jahre 1802 durchquert Denon Oberägypten und sammelt wertvolle Informationen über die westlichen Grenzen der libyschen Wüste. Im Jahre 1803 folgt Mohhammed Ebn-Omar el-Tunsi auf demselben Weg wie Browne und durchquert die Wüste Libyiens über Darfur und stößt bis nach Wadai vor, wo er wichtige ethnografische Informationen sammelt. 1811 kehrt er durch die libysche Wüste zurück und stößt bis in das Land der Tibbu vor und erreicht Murzuk. Badia Aly Bey el Abbási durchquert das Innere von Teli in Marokko und stellt durch astronomische Beobachtungen die Position der wichtigsten Städte fest. 1810 erforscht Seetzen einige Teile der libyschen Wüste; später, in den Jahren 1820-1825, durchqueren Minutoli, Ehrenberg, Hemprich, Scholtz, Gruoc, Soeltner Oberägypten nachdem sie die Oase von Kiwa besucht hatten.


[6233]

In den Jahren zwischen 1817-1820 erforschte Cailland die Oase Khargieé und von Dahhel und legte die astronomischen Positionen fest. Pacho erforschte 1826 jene von Maradé, von Lech Erré mit der Cyreneika. Hoskyns zeichnet 1832-1833 die große Wüste von Tebe vollständig auf. Ritchie brach 1818 von Tripolis auf und erreichte Murzuk, wo er starb. Den gleichen Weg legte 1819 auch Lyon zurück. Beechy fertigt eine Karte der Küste der großen Syrte an und besuchte die Cyreneika. Im gleichen Jahr durchquerte der Sultan Teima die Wüste Libyens auf dem Weg nach Darfur. Im Jahr 1823 ereilt den aus Padua stammenden Belzoni, den großen Entdecker der Monumente von Ägypten und Nubien, in der glühend heißen Wüste der Tod auf seiner Reise nach Timbuktu ,


[6234]

In den Golf von Guinea mündet ein Fluss, der wegen seiner vielfachen Verzweigung, wegen seinem komplizierten Lauf und wegen dem Geheimnis seines Ursprungs einen wunderbaren Vergleich bietet mit dem König der Flüsse, dem Nil. Es handelt sich um den Niger. Die Forschungsreisenden richteten sehr bald ihre Anstrengungen auf die Lösung dieses hydrografischen Problems. Mungo-Park dringt in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts von Gambia aus in das Niger Becken. Angesichts der ständigen Angriffe der Einheimischen, der enormen Opfer und der unerhörten Leiden, folgt er trotzdem dem Lauf des Flusses bis nach Bussa. Dort stirbt er, nachdem er miterleben musste, wie die meisten seiner Reisegefährten vor ihm starben. Im Jahre 1810 wurde Adams nach einem Schiffbruch vor der Küste Westafrikas von einem Stamm der Mauri gefangen genommen und ins Innere des Kontinents verschleppt. In den Jahren zwischen 1816- 1820 erreicht Kutton Kumassi, die Hauptstadt von Ascianti.


[6235]

Die Herren Peddie, Gray und Dochard erforschen 1816-1821 den Rio Nuñez und kommen bis nach Bakel. 1818 unternimmt der französische Forschungsreisende Mollieu diese gleiche Reise wie Mungo-Park und erkundet das Flussbecken des Senegal, von Gambia und des Rio Grande. Bowdich bereist im gleichen Jahr einen Teil des Ascianti und der Goldküste. Laing erforscht die Länder Timami, Kuranko und Sulinam im Süden von Gambia. Giovanni Adams dringt 1823 nach Dahomé vor.


[6236]

In den Jahren von 1824 bis 1825 führt Grout de Beaufort wichtige geografische Beobachtungen über Senegal, la Falémé, Gambia. Er erforscht auch den Bambuk und den Kaarta. In den Jahren von 1825 durchqueren Riccardo Lander und Clapperton von Fort William an der Sklavenküste Dahomé und Yoruba. Auf dem Weg über Bussa und Zaria erreichen sie die Länder der Fulbé. 1826 entdeckt Vidal die Mündung des Niger und stellt darüber eine Landkarte her. Im gleichen Jahr bricht Caillié von Kahandi über die Westküste nach Timbo. Er durchquert die Becken von Senegal und Gambia und streift dann die Territorien der Manghini. Auf dem Weg über Ginni erreicht er als erster Europäer die geheimnisvolle Stadt Timbuktu am Niger an der südlichen Grenzen zur Sahara. Von dort aus erforscht er als erster Europäer über Arauan, Taodenni, Bel‘ Abbas und Tafilét den ganzen westlichen Teil der Sahara.


[6237]

Im Jahr 1829 erforscht Roussin die gesamte Küste von Senegambien. Im Jahr 1830 reisen die Brüder Lander (Ricardo und Giovanni) den Niger hinauf und gelangen bis nach Sokoto. Riccardo Lander besucht im Jahre 1832 zum dritten Mal auf dem Niger den Nebenfluss Benué. Zusammen mit Laird, Allen und Oldfield befährt er den unteren Lauf des Niger, der auch Quorra genannt wird. Seine Mündung war das Argument vieler Diskussionen und Forschungen. Er erforscht die Mündung, die er zuvor nach Bussa im Jahre 1833 erkundet hatte. Beecroft fährt von 1836-1845 drei Mal den großen Fluss entlang, erforscht sein Delta und den Nebenfluss Wari und zeichnet den Verlauf des Flusses Efik oder Vecchio Calabar auf. Im Jahre 1839 durchquert Freemann einen Teil von Ascianti und andere Gebiete und besucht 1846 Duncan, wo er in das Innere des Reiches von Dahomé vordringt. Im Jahr 1841 erforschen Trotter, Allen, Thomson den Unterlauf des Niger genauer. Von 1843-1844 erkunden Reffenel, Peyre Ferri, Huard-Bessinieéres den Bambuk und Faléme und erstellen eine Karte über die Reise von Senegal bis Gambia. Im Jahre 1846 erforscht Denham einen Teil von Dahomé und der Goldküste, während Raffenel eine zweite Forschungsreise nach Kaarta unternimmt.


[6238]

Interessant sind die Arbeiten von Irwing und die Erkundungen von Forbes, der im Jahre 1850 nach Dahomey reist, von Hornberger und Brutschin, der 1853 der die Sklavenküste und das Gebiet der Ewè besucht, von Hutchinson, May, Crowther und Glover, die 1854 auf dem Nebenarm Non zum Niger vordringen und seinen Lauf erkunden wie auch den Unterlauf des Benué. Berühmt sind auch die Arbeiten von Ecquard und von Bakie über verschiedene Teile Guineas und über den Unterlauf des Niger. Berühmt ist auch die Erkundung dieses letzteren, die 1854 stattfand. Er brach von der Küste Guineas auf, stieß bis zum Zusammenfluss mit dem Benuè, einem gewaltigen Fluss, vor, auf dem er bis Jola vordringt, dem weitesten Punkt, der von Enrico Barth vom Norden aus erreicht wurde.


[6239]

Einige Jahre später haben unter dem Ansporn des General Faidherbe, des damaligen Gouverneurs von Senegambia, einige Offiziere der französischen Marine (Lambert, der 1860 von Kakandi in Senù-Debù den Futa Giallon durchquert, und Mage und Quintin von 1863 bis 1866 nach Kaarta a Segù reist) bestätigen den oberen Lauf des Niger. Im Jahr 1869 nähert sich Winwool Reale den Quellen in den Bergen nahe dem Meer, welche die Grenze zu Sierra Leone darstellen. 1855 geht Townsend nach Yoruba. 1857 erreicht Scala von Lagos aus Albeokuta und besucht das Gebiet von der Küste bis Alt Calabar. 1858 trifft Anderson über Sierra Leone im Inneren auf die Stadt Musardù. Glover und May bestätigen den unteren Lauf des Niger und erforschen Yoruba.


[6240]

Im Jahr 1859 ging Vallon von Waida zwei Mal nach Abomé, der Hauptstadt von Dahome. Pasca erkundete 1860 Bambuk und die Stromschnellen von Guinea am Senegal. Jariez beschreibt die Strände von Siné und von Salum. Im Jahr 1861 erforscht Azan Walo, und Braouezec entdeckt den Paanié Ful See und einen Teil des Landes der Uolof. Vallon erforscht 1862 Casamance und Martin Bagay zeichnet die Karte der Gebiete der Sererès. Der berühmte Missionar D. Borghese aus Genua studiert und illustriert nach einem langjährigen Aufenthalt das Reich von Dahomé. Dabei dringt er weit ins Innere vor. Robins besucht Lukogia am Benue und Gerard und Bonnat besuchen die Flussdeltas des Niger und des Neuen Calabar. Im Jahr 1873 reisen Buchholz, Lühder und Reichenau die ganze Westküste entlang. Bonnat erkundet 1875 den Volta Fluss bis nach Salaga, die Stadt, die den Ascianti Steuern zahlt.


[6241]

Im Jahr 1876 entdeckt Dumaresque einen Flussweg, der die Seen mit dem Inneren von Dahomé verbindet. Crowther reist von Lukogia bis na Lagos und Grenfelt und Ross erkunden 1877 die von dem Unterlauf des Flusses Kamaran getränkten Gebiete und stellen eine geografische Karte her. Trotz mancher Lücken, die noch zu füllen sind, sind diese Erkundungen eine wichtige Erkenntnis über das Innere Afrikas. In der Tat schließt das Niger Becken eine Reihe von volkreichen Stämmen und Ländern ein, die wenigstens damit beginnen, sich nach gewissen Grundsätzen zu organisieren. Die vor kurzem durchgeführten Forschungsreisen der Engländer gegen die Ascianti haben nebenbei neues Licht über die nahe gelegenen Gebiete geworfen, die von einer großartigen Fruchtbarkeit sind. Und bis jetzt widersetzen sich den Bemühungen um Zivilisation nur die hohen Temperaturen des heißen Klimas und die tödlichen Krankheitserreger (Miasmen) seiner Sümpfe.


[6242]

Im Norden und Westen sind Algerien und Senegal in die Hände der Franzosen gefallen, die nun als Ausgangspunk hin zur großen Wüsste der Sahara dienen bis hin zu ihren Besitzungen. In dieser Richtung treffen sie vor allem auf den unbewohnbarsten Teil die Sahel (Sahara). Es handelt sich um eine sandige und heiße Ebene in der es an einigen Orten Oasen gibt. Sie wird bewohnt von Volksgruppen, die sich durch ihre außergewöhnliche Tapferkeit auszeichnen. Leopold Panmet, ein französischer Forschungsreisender, durchquerte 1852 den westlichen Teil von S. Luigi nach Mogador über Adrar und Uad Nun. Ich übergehe die Forschungsreisen in die Algerianische Sahara von Renou, von Dr. Cosson, von Letourneux de la Perraudiere, von D. Mares und des De Colomb, die zwischen 1853 und 1861 durchgeführt wurden. Im Jahre 1858 erforscht einer der weisesten Geografen seiner Zeit, H. Duveyrier, mit vollem Erfolg die Sahara, dieses Meer von Sand, wo so viele mutige Forscher ihr Leben ließen.


[6243]

Er durchquert die zentrale Hochebene der Sahara zwischen, Gabes, Ghadames, Rhat, Murzuk und Tripolis mit den bergigen Gegenden der Algerier. Äußerst interessant sind auch die Reisen und Forschungsarbeiten der Forscher von 1860 bis 1879. Sie durchqueren den nördlichen Teil des afrikanischen Kontinents. Es ist angebracht, diejenigen zu nennen, die unter ihnen waren: Vincent, Bourrel, Colonieu, Burin, Abu-el Moghdad, Mirchern, Vatonne, De Polinac, de Colomb, Beaumir,l Tissot, Muchez, Dournaux-Dupere, und Joubert (in der Wüste ermordet), Tirant und Bebatel, Rouaire, Parisot, Marti, Baudot, D. Jaquemet, Le Chatelier, Largeau, Sy, Masqueray, Des Portes und Francois.


[6244]

Auch von Marokko und von Tripolis aus wurden wissenschaftliche Reisen in den nördlichen Teil des afrikanischen Kontinents unternommen. Im Jahre 1829 dringt Washington in das Innere von Marokko bis nach Marrakesch vor. Er stellt dessen geografische Position fest. G. Davidson erreicht von Tanger aus über West-Marokko und Uad-Nun Uadi Dharaa und stirbt ermordet in Suekeya in der marokkanischen Wüsste im Jahr1836. In der Zeit zwischen1844 bis 1845 erforscht Barth die Küstengebiete von Marokko, von Algerien, von Tunis, Tripolis, Barca und Ägypten. 1845 dringt Richardson von Tripolis aus bis nach Ghedamis a Rhat vor. Fresnet sammelt zwischen 1846-1849 interessante Informationen über Wadai und über Dar-Fur. Prax unternimmt als erster eine Forschungsreise von Tunis nach Gerid, Souf, Tugurt und kehrt über Biskraa. Zurück. Berbrugger, Dickson und Hamilton durqueren die Sahara, die Landstriche von Tunis und Barca und einen Teil der libyschen Wüste. De Bonnemain reist 1857 von Biskra nach Ghadames.


[6245]

Im Jahr 1858 durchquert Abu-Derba die Zone der Areg zwischen Laghuat und Rhat und Mardokhai Abi Surrur reist mehrere Male zwischen 1858 bis 1863 durch die Akka Wüste in Marokko bis nach Timbuctu über Taodenni und Arauàn. Zwischen 1862 und 1864 durchquert Rolhfs in mehreren Richtungen Marokko bis nach Uadi Draa. Er erreicht den Atlantik, besucht und erforscht die Oasen von TafilelLlt kommt bis In-Scialah, Tuat und Tidikelt und kehrt über Ghadames nach Tripolis zurück. Auch die zwischen 1867 und 1878 durchgeführten Forscherreisen von Balansa, De Wimpffen, Hooker (Giuseppe Dalton) Maw und Ball, Frisch und Rein, Soleillet (er war der erste, der die ganze Hochebene von Tademait und Warglà aufgezeichnet hat) und von Bary sind bemerkenswert. Interessant ist auch die Forschungsreise von Nachtigal nach Tu, die er über Tripolis, Murzuk und die Wüste Sahara unternommen hat.


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Auf diesem Weg musste auch 1869 die uns gut bekannte holländische unglückliche Alessia Tinne umkommen. Sie wurde von ihren eigenen Begleitern ermordet. Sie war berühmt geworden durch ihre großen und vielfältigen Reisen in Zentral Afrika. Weiter nach Osten ändert sich der Anblick der Sahara. Das Gelände wird steiniger. Die Oasen sind zahlreicher. Die Bevölkerung nimmt bis in die Nähe zur Grenze mit Ägypten etwas zu. Dort nimmt die Wüste ihre Herrschaft wieder auf. Im Winter von 1873 auf 1874 unternimmt Gerardo Rohlfs, bereits berühmt wegen seiner wichtigen Forschungsreisen zu den entgegengesetzten Punkten Nord Afrikas, begleitet von Jordan, eine wissenschaftliche Reise durch die Wüste in Libyen. Die wichtigen Ergebnisse dieser Reise hat er bereits veröffentlicht. Nachdem er die Oasen von Khazgie, Dukhet, Farafra, Siwa und Bahariye erforscht hatte, stellte er fest, dass der Bela Ma (ein Fluss ohne Wasser), der in früheren Karten verzeichnet war, gar nicht existierte.


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Im Süden dieser Region liegt der Sudan, der sich mit vielen dieser Punkte vermischt. In letzter Zeit war er schon öfter das Ziel von bemerkenswerten Unternehmungen. Er ist hier das Herz und das Zentrum von Afrika. Hier beginnt die Heimat der schwarzen oder äthiopischen Rasse, die sich von hier aus auf das ganze Hochplateau von Afrika ausgedehnt hat.

Mehr als andere Nationen haben England und Deutschland in den letzten Jahren wissenschaftliche Erkenntnisse über diese bisher unbekannten Gebiete beigesteuert. Im Jahr 1823 haben Oudney, Denhan und Clapperton die Sahara zwischen Tripolis und Kuku durchquert. Sie drangen bis zur Grenze von Adamawa vor. Sie gingen voran zum Delta des Safari Flusses entlang dem südöstlichen Ufer des Tschad Sees. Sie besuchten Wandala und die östlichen Provinzen des Reiches der Sokoto. Auf dieser berühmten Reise entdecken Clapperton und Dehnam den Tschad See, ein großes Innenbecken, das seine Wasser von den großen Niederschlägen in der großen Senke erhält, deren Ränder das zentrale Hochland und das der Sahara bilden.


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An den Ufern dieses großen Sees gruppieren sich die fortschrittlichsten und volkreichsten Länder des Sudan, vor allem jene von Bornu, von Kanem, von Baghermi und von Wadai. Jenes letztere grenzt an Darfur das seit 1874 unter der Hoheit Ägyptens steht. In den Jahren von 1822 bis 1826 durchquert Laing von Tripolis und Ghadames aus Marbruk und erreicht Timbuktu. Auf dem Rückweg wird er in der Gegend von Arauan ermordet.


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Im Jahr 1849 findet die große Expedition von Overweg und Barth statt, von der nur letzterer heimkehrt. 1855 veröffentlicht er einen bewegenden Bericht darüber. Aufgebrochen von Tripolis nach Marzuk hatte die Expedition die große Sahara Wüste auf einem völlig neuen Weg durchquert. Dabei kamen sie über Rhat und erforschten zuerst das Land von Air oder Azben und das Gebiet der Azger und der Tuareg Kel-Owi. Eingetreten in den Sudan erreichen sie den Tschad See. Overweg besucht als erster Europäer Gober und erforscht die Inseln von Yedina im Tschad See, die bis damals unbekannt waren. Gleich nach dem unglücklichen Tod seiner Reisegefährten biegt Barth nach Westen ab bis zum Niger, besucht Timbuktu, das kein Europäer mehr nach ihm erreichen und wiedersehen konnte. Dieser große Forscher erforscht einen großen Teil von Baghermi bis nach Massegna. Er erreicht den Benuè am Zusammenfluss des Faro, besucht Yola, durchquert die Haussa Staaten, wo er in Sokoto, Kano und Katsena Station macht. Auf seinem Rückweg folgt er dem Niger bis nach Sai. Erneut durchquert er die Sahara und erreicht über Tripolis Europa.


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 Seine persönlichen Erkundungen und die wertvollen Aufschriebe, die er angefertigt hat, umfassen fast die Hälfte der ganzen Ausdehnung der muslimischen Staaten Afrikas. Vogel, der seinen Spuren durch die Wüste Sahara und Wüste Kuka folgte, erforscht einen Teil von Ba-Logome und die Sümpfe von Tuburi und erreicht 1856 Wara im Reich des Wadai, wo er auf Anordnung des Sultan dieses Staates ermordet wurde. Sieben Expeditionen suchten nach einander nach ihm. Eine von ihnen, nämlich die unter der Leitung von Beuermann erreicht das Ziel. Aber es kostet 1863 das Leben seines Leiters, nachdem er von Bengazi, Angela, Morzuk, das Gebirge von Harug, Vao und Kuku durchquert hatte. Die anderen Forscher, die nach Vogel aufbrachen – unter ihnen nenne ich Dr. von Heugling, Steudner, Kinzelbach und Munzinger, nahmen den Weg über Nubien und erforschten einen Teil des Sumpfgebietes im westlichen Ober-Nil.


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Gerhard Rohlfs, der zuvor die Öffentlichkeit auf seine gefährliche Reise von Marokko nach Tripolis über Fafilelt, Tuat und Ghadames aufmerksam gemacht hatte, führt von 1865 bis 1867 seine große Reise nach Bornu glücklich zu Ende. Dabei kommt er nach Gebes Es-Soda und Hamada el-Homra. Er durchquert mit vollem Erfolg den afrikanischen Kontinent von Tripolis am Mittelmeer bis Lagos am Golf von Guinea am Atlantischen Ozean. Auf diese historische Expedition, eine der schwierigsten und fruchtbarsten dieses Jahrhunderts, folgte die von Dr. Nachtigal, der im Jahre 1870 dem Sultan von Ornu die Geschenke des preussischen Königs brachte als Dank für die Hilfsdienste, die dieser Herrscher den Forschern Barth, Vogel und Rohlfs geleistet hatte.


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In den folgenden Jahren fährt Nachtigal mit seinen Erkundigung fort in den verschiedenen Staaten, die an die Ufer des Tschads grenzen. Er verzeichnete die Täler von Batele und ad Egai. Er besucht Borku, Gundi am Sciari und erforscht den Ba-Logoné, Balli und Ba-Batscikam. Durch sein Wirken machte die Geografie dieser Gegenden erhebliche Fortschritte. Er ist außerdem der erste Europäer, der auf dem Weg von Murzuk nach Kuka unter größten Gefahren und Entbehrungen in die Länder der Tibbu Reschade gelangt ist und den Tibesti besucht hat. Er durquerte das Reich des Wadai, jenes unwirtliche Land, in dem Vogel und Beuermann umkamen. Auf dem Weg über Darfur gelangte er nach Kordofan und nach Khartum, wo er von uns festlich empfangen wurde. Gegen ende des Jahres 1874 erreichte er Ägypten. Damit brachte er seine wichtigen Entdeckungen in Zusammenhang mit jenen des Niltales.


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Diese Expedition, die fünf Jahre dauerte, ist eine der bemerkenswertesten, die in diesen letzten Zeiten durchgeführt wurden. Sie hat Dr. Nachtigal an die Spitze der Afrika-Forscher gestellt. Sie hat auch neue Perspektiven für diejenigen eröffnet, die von heut an die ägyptischen Besitzungen des Sudan einnehmen werden als Basis für ihre Unternehmungen und als Stützpunkt für ihre Expeditionen.

Nach der Herrschaft des großen Mohammed-Aly hat Ägypten unter den afrikanischen Staaten eine außergewöhnliche Rolle übernommen. Angesichts der unheilbaren Zerrissenheit des Reiches der Osmanen in Europa, macht es immer bessere Fortschritte in Richtung moderner Zivilisation.


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Das Schwert des General Bonaparte scheint jene magische Macht gewesen zu sein, die den 30 Jahrhunderte alten Genius Ägyptens in seinem Grabe aufgeweckt hat. Dank des Schwunges und der Initiative seiner Vizekönige, und besonders des ersten Khedive, Ismael Pascha, unterstützt von einer großen Schar von Verwaltern ersten Ranges, ausgewählt aus allen Nationen Europas, hat das Niltal einen modernen Aspekt gewonnen. Eine Schifffahrt mit Dampfschiffen wurde für alle Punkte von Kairo bis zu den Wasserfällen des Niles organisiert. Ägyptische Boote fahren auf dem großen Fluss von Berber nach Khartum, und auf dem Blauen Fluss steuern sie alle befahrbaren Punkte des Weißen Flusses und seiner großen Nebenflüsse an. Die Lokomotiven pfeifen zu Füßen der Pyramiden und werden Dank des Planes von Fozler bald in die Wüste vordringen. Fozler begann den Bau einer Eisenbahnlinie von den zweiten Nilfällen bei Wady-Halfa nach Dongola und von Dabba, durch die Steppen von Bayuda, bis nach Mothhamma (fast gegenüber von Scendi) und Khartum. Es handelt sich um eine Strecke von über tausend Kilometer.


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Diese Wiedergeburt Ägyptens mit den territorialen Ambitionen, die dadurch geweckt und gefördert wurde, ist der geografischen Erschließung Afrikas sehr zu gute gekommen. Die Regierung des ersten Khedive hat mit bewundernswerter Großzügigkeit die furchtlosen Schöpfer der Wissenschaft, die deren Staaten als Ausgangspunkt für ihre Forschungsreisen ausgewählt haben, großzügig und wirksam unterstützt.


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Das Definieren des Nilbeckens und ins besonderen die Suche nach seinen Quellen ist immer das vorherrschende Ziel aller Unternehmungen gewesen. Diese nahmen entsprechend den beiden Armen im Nilbecken zwei Richtungen, die in der Nähe des Ortes Omdurman in der Nähe von Khartum, der Hauptstadt der ägyptischen Besitzungen im Sudan, zusammen fließen. Khartum ist die Handelsmetropole von Ost Afrika und Knotenpunkt der Kommunikation zwischen Ägypten und dem Inneren Afrikas. Das heißt der östliche Arm, der das Astosabos der Antiken ist, oder Abbay der Abessinier, oder der Bahar-el-Azurek der Araber, d.h. der Blaue Fluss. Und der westliche Arm, der das Astapus der Antiken ist oder der Bahar-el-Abiad der Araber, d.h. der Weiße Fluss.

            Bevor ich auf das östliche System des Nils zu sprechen komme, ist es notwendig, kurz die Forschungsreisen zu erwähnen, die in diesem Jahrhundert unternommen wurden, um die Länder von Äthiopien, die sich auf dieses System beziehen, besser kennen zu lernen.


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Enrico Salt dringt von 1805 – 1809 zwei Mal nach Ost Äthiopien vor und bringt davon wertvolle und interessante Erkenntnisse mit. Burkhardt durchreist von 1814 – 1817 Nubien und den Norden des antiken Äthiopien. Caillaud entdeckt die Ruinen der antiken Stadt von Meroe, die im Osten des Nils zwischen dem Atbara (der von Tecazze, l’Astaboras der Antiken kommt) und dem Bahar-el-Azrek liegt, die ich auch besucht habe und dabei die antiken Pyramiden bestaunte. Rüppel besuchte 1827 Ost Nubien in der Gegend von Abbay. Dabei hielt er die astronomische und sternkreismäßige Position fest. Im gleichen Jahr besucht Baron von Prokesch Osten den mittleren Lauf des Nils.


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Nachdem sie 1834 die Steppen von Bayuda und das Gebiet der Abbabda und der Bisciarin durchquert hatten, besuchten Combes und Tomisier einen Teil Äthiopiens. Von Katte durchquert 1836 den Norden Äthiopiens. Lefevre studiert in den Jahren von 1838-1839 die Minen von Fazoglo. Dabei soll ihm, wie mir von einigen Scheichs versicherten, Mahhammed–Aly, der Vizekönig von Ägypten, persönlich unterstützt haben. In dem Jahr von 1840 auf 1841 unternahmen D’Arnau, Sabatier und Werne eine zweite Forschungsreise, die der Vizekönig von Ägypten angeordnet hatte. Dabei besuchen sie die Gebiete von Abbay. Krapf und Isemberg reisen 1841 nach Äthiopien und besuchten den Afar. Zwischen 1839 und 1843 erforschen Lefevre, Petit, und Quartin-Dillon den Sciré, den Goggiamo und den Scioa. Rochet von Hericourt reist zwischen 1839 und 1844 zwei Mal in das Reich Scioa und dringt bis in das Land der Herér vor.


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Im Jahr 1842 erforschen Ferret, Galinier und Rouget den Tigré und den Simen und bringen interessante Erkenntnisse über die Geschichte der Natur, über den physischen, moralischen, politischen Zustand dieser Länder und über die astronomischen Positionen mit. Pallme besucht 1844 Meroe und die Umgebung. De Jacobis, Sapeto und die Brüder Abbadie machen interessante Studien über das moderne Abessinien, das zu einer Apostolischen Präfektur erhoben wurde. Dabei beschreiben sie die dortigen Sprachen und Dialekte. Und der aus Neapel stammende Lazaristen Pater Montuori dringt zusammen mit einem seiner Gefährten auf dem Blauen Fluss bis nach Khartum vor. Dort ist er seelsorglich tätig. Penay durchquert zu verschiedenen Zeitpunkten als sanitärer Inspektor die ägyptischen Besitzungen des Sudan die Provinzen Dongola, Berber, Sennar, Taka und Fazoglo mit Wohnsitz in Khartum. P. Ryllo Knoblecher, Vinco, Pedemonte und Casolani reisen über Dongola und die Wüste von Bayuda 1848 nach Khartum. Brehm reist 1852 den Bahar-el-Azrek hinauf bis nach Rosères


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Munzinger geht 1854 von Massaua ins Land von Bilen. Hamilton und Didier reisen 1860 von Suakin nach Kassala und Gadaref. Burton und Speke, Herne und Stroyan erforschen in den Jahren von 1854-1855 das Land der Somalis. Beltrame durchquert 1855 das Land von Khartum bis nach Benisciangol. Von 1857-1866 durchquert P. Leon des Avancier das Land der Ilorma im Süden von Scioa. Und Walkefield führt 1970-1873 die gleiche Erforschung weiter von der Ostküste aus.


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Von Harnier reist 1859 von Massaua nach Rosères. Baron von Barmin und Hartmann erforschen den Sennar und Fazoglo im Jahre 1860. Von Heuglin, Stendner und Kinzelbach besuchen die Länder von Bilen und Beni-Amer. Im Jahre 1864 durchquert von Pruyssenaere auf verschiedenen Routen das Land zwischen Nil und l’Abbay. Schweinfurt erforscht das Gebiet, das vom Atbara und seinen Nebenflüssen bewässert wird. Otto Reil durchquert 1868 die Gebiete der Hadendoa, der Beni-Amer, und der Haba. Rolfs durchquert als Mitglied der englischen Expedition das Land vom Roten Meer nach Magdala und sammelt topografische Daten. Munzinger erforscht alle westlichen Küstenstreifen des roten Meeres und dass Gebiet der Afar. Carlo Piaggia reist mehrere Male dem Abbay, dem Tomat entlang, ins Gebiet der Stämme der Barta und der Berta und Abessiniens, vor allem im Norden und knüpft Kontakte zu jenen Völkern, die vor allem um den See von Dembea oder Tana wohnen. In der Nähe der Quellen des Blauen Nils. Miles besucht 1871 das Land der Somalies, das schon von Barton erforscht worden war. Haggemacher dringt 1874-1875 von Barbera und Libahèli aus dahin vor.


[6262]

Mokthar und Fauzi erstellen sehr genau die Karte von Zeila nach Herrer. Marno aus Wien erforscht 1871-1872 alle Länder und Stämme von Khartum bis nach Fadassi. Er ist der zweite Europäer nach Monsignore Massaia, der jenen Punkt erreicht hat, und alle interesssanten Einzelheiten in einem Buch fest hält. Antinori, Chiarini und Martini reisen 1876-1877 von Zeila über Baia di Tugiurrabis Ankobar im Reich der Scioa. Sie erforschen diese Länder sehr aufmerksam. Chiarini stirbt in jenem Jahr in Gera als Gefangener jenes Stammeshäuptlings. Im Jahr 1878 erreichten Gessi und Matteucci auf dem Weg über Benisciangol Fadassi. Sie hatten die Absicht, weiter vorzudringen, um sich im Reich von Kaffa mit der italienischen Expedition, die von dem Grafen Antinori angeführt wurde, zu treffen. Aber es erwies sich für sie als unmöglich, über Fadasssi hinaus weiter vor zu dringen. Sie waren gezwungen, nach Khartum zurück zu kehren.


[6263]

Diese geschichtlichen Kenntnisse vorausgesetzt, wollen wir jetzt über die beiden oben erwähnten Systeme des Nils sprechen. Die verschiedenen Meinungen der Geografen über ihre Quellen angefangen von Herodot bis Klöden werden wir nicht erwähnen. In diesen wenigen Zeilen wollen wir in wenigen Worten aufzeigen, wie das große seit 25 Jahrhunderten bestehende Problem der Entdeckung dieses gewaltigen Nilbeckens und seiner Quellen in jüngster Zeit gelöst wurde.


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Der Ursprung des östlichen Systems dieses großen Wasserbeckens des Blauen Flusses, wird festgelegt am Berg Giesch im Distrikt des Sakala unter dem nördlichen Breitengrad 10° 50° im Süden des Tzana Sees, der ihn dann kreuzt. Dieser wurde von den Portugiesen im XVII. entdeckt. Er wird uns gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts von Bruce beschrieben, der glaubte, er sei die wahre Quelle des Nils. Diese Meinung hielt sich bis zum Beginn dieses Jahrhunderts. Jetzt glaubte man, dass der Blaue Fluss wegen des Volumens seines Wassers kleiner sei als der Weiße Nil, der bis vor der ägyptischen Expedition 1820 nur als Name bekannt war.


[6265]

Das Wassersystem des Blauen Flusses und die Gestaltung der abessinischen Hochebene wurden später von zwei französischen Forschern genau bestimmt. Es handelt sich um Lefevre, dessen Forschungsreise von 1839 bis 1843 stattfand, und Leien, der von 1862 bis 8164 Abessinien bereiste. Die englische Expedition von 1867-1868 wurde angeführt von Sir Napier und endete mit der Zerschlagung des abessinischen Heeres und mit dem Tod des Kaisers Teodoro. Diese beiden Ereignisse haben die Kenntnisse über diese Art afrikanischer Schweiz populär gemacht. Dank des Heroismus und des zwölf Jahrhunderte lang dauernden Widerstandes der Abessinier gegen die wiederholten Angriffe der Fanatischen Sektierer des Islam, die von Mekka kamen, hat sich dort das Christentum bis auf den heutigen Tag erhalten, wenngleich es korrumpiert wurde von der Häresie des Alexandrinischen Dioskurus, der die Kirchen in Ägypten und im Äthiopien des Heiligen Frumentius angegriffen hat.


[6266]

Der bekannte Antonio d’Abbadie, Mitglied des Instituts von Frankreich, war der erste Europäer, der das ausgedehnte Gebiet der Stämme der Gallas entdeckte und beschrieb, das sich von Scioa bis zum Äquator erstreckt. Zusammen mit Abessinien bildet es das große äthiopische Hochplateau. Im Jahr 1838 drang er in Begleitung seines Bruders Arnaud und von Sapeto in Abessinien bis Gondar vor. Und jenseits des Blauen Flusses erreichte er über Gudru und Nonno Enerea. Er schloss Freundschaft mit dem Prinzen, der die Tochter des Königs von Kaffa heiraten sollte (Ursprungsland des besten Kaffees der Welt, der von Kaffa seinen Namen bekommen hat) und nutzte die günstige Gelegenheit, jenes Reich zu besuchen. Er ging dabei als Pate des Hochzeitspaares in der Kommission mit, die der König von Enerea abgesandt hatte und die nach Kaffa gehen sollte, um die zukünftige Braut zu holen.


[6267]

In Bongo, der Hauptstadt des Königreiches hielt er sich 2 Wochen auf. Umgeben von all den königlichen Aufmerksamkeiten konnte er seine wissenschaftlichen Studien durchführen. Dabei sammelte er exakte Informationen über die starke Rasse der Uaràta, die das Land von Kullo, Gobbo, Ualàmo etc. bewohnen. Er kehrte mit der königlichen Reisegruppe über Gera und Gomma nach Enerea zurück. Dort studierte er einen großen Teil des Stammes der Gallas und erstellte eine großartige geografische Karte. Er ist einer besten Kenner jener Regionen und jener Völker, von deren Sprachen und Dialekten er Aufzeichnungen machte. Er führte auch große geodetische Arbeiten durch über eine Länge von tausend Kilometern von Massaau am Roten Meer bis Bingo der Hauptstadt von Kaffa. Er entdeckte den ersten Verlauf der Nebenflüsse des Giuba, er führte wichtige und fruchtbarste Forschungen durch über die Beschaffenheit (Physik) des Globus, über Meteorologie, über menschliche Rassen und ihre Geschichte.


[6268]

Im Jahr 1844-1845 kam er nach Quaràta am Tsana See. Er schrieb an die Kongregation der Propaganda Fide, um ihr die Gründung einer Mission bei den Gallas vorzuschlagen. Es war damals, als Gregor der XVI. 1846 das Apostolische Vikariat der Gallas errichtete, das er den Kapuzinern anvertraute. Die Leitung übertrug er Monsignore Guglielmo Massaia, Bischof von Cassia i.p.i. Dieser hatte Abessinien besucht, um einheimische Priester zu weihen und den heiligmäßigen und gelehrten Lazzaristen und Apostolischen Vikar De Jakobis zum Bischof zu weihen. Er bereiste mehrere Jahre lang das Umfeld seiner Mission, ohne es ganz zu durchdringen. Er war der erste Europäer, der die Sciangalla bis nach Fadassi besuchte. Schließlich erreichte er 1851 über Goggiam das Königreich Enerea und das Königreich von Kaffa.


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Dieser tüchtige Apostel Ost Afrikas arbeitete und studierte unermüdlich über dreißig Jahre zu Gunsten der Nationen, die ihm vom Heiligen Stuhl anvertraut wurden. Nachdem er mit heroischem Mut acht mal den Schmerz des Exils erlitten hatte, erfüllte er seine schwierige und arbeitsreiche Mission und pflanzte das Banner des katholischen Glaubens und der christlichen Zivilisation unter den Völkern der Gallas.


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Das westliche System des Nils d.h. des Weißen Flusses ist wichtiger als das vorhergehende. Die Erforschung dieses großen Wasserbeckens begann mit dem Schweizer Forschungsreisenden Burkhardt. Er durquerte von 1812 bis 1814 auf Kosten der Afrika Gesellschaft von London Nubien. Er starb, während er versuchte die Wüste von Lybien zu erobern mit dem Ziel nach Fezzan zu gelangen. Sein unmittelbarer Nachfolger war der Franzose Francesco Callao, der nach Ober Nubien vordrang bis zum 10. Nördlichen Längengrad. Diese Reise, die zwischen 1819 und 1822 stattfand, gab den Studien der ägyptischen Archäologie einen starken Impuls. Die Erforschungen des Weißen Flusses kommen 1821 in Bewegung, als Ismail Pascha, Sohn des großen Gründers der regierenden Dynastie Ägyptens die kleinen Meleks, oder in anderen Worten die unabhängigen Könige Nubiens, Sennars, Kordofans unterjochte  und der 1825 von seinen Feinden in der Stadt Scendi bei lebendigem Leibe verbrannt wurde.


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Im Juni des Jahres 1825 traf der Bassanese G.B.Brocchi in Khartum ein. Dort starb er am 25. September 1826. Er hinterließ ein umfangreiches Tagebuch mit wissenschaftlichen Informationen. Im Jahr 1827 wurde der Fluss von dem Franzosen Linant de Bellefont aufgezeichnet, der für einige Jahrzehnte dann Minister des Mahhammed-aly und dessen Nachfolgern gewesen ist. Er war außerdem unser großzügiger Wohltäter, der dann bis El-Ais vordrang, das 2 Grad von Khartum entfernt liegt. Die von dem österreichischen Minister Berater Josef Russeger angeführte Bergexpedition ist nicht über diesen Pnkt hinaus gekommen. Russeger jedoch, begleitet von Koschy, drang 1837 in das Reich Kordofan ein und besuchte als erster Europäer die Gegenden von Takalé und jene von Dar Nuba, wo wir vor einigen Jahren eine katholische Mission errichtet haben. Seine Reisen, die er in den Jahren zwischen 1835 und 1841 durchgeführt hat, sind in seinen Werken in Stuttgart veröffentlicht worden. Es handelt sich um einen reichen Schatz für die Wissenschaft Sie enthalten auch wichtige Klarstellungen bezüglich der Fragen, die mit der Geografie und der Mineralogie der durchreisten Gebiete zu tun haben.


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Vor Russegger und Kotschy hatten zwischen 1824 und 1833 Rüppel diese Fahrten auf dem Weißen Fluss gemacht. Er stellte die astronomischen Positionen fest und machte geologische Entdeckungen. Diesen Forschern folgte dann Carlo Lambert, der 1839 die Straße von Khartum nach El Obeid festlegte. Er hat ganz Zentral Kordofan vermessen und hat nebenbei auch noch den Reichtum an Mineralien erforscht. Auf der Basis dieser geografischen Daten und auf Grund der Beschreibung der Durchquerung der Wüste von Bayuda zwischen Dongola und Kordofan hat die ägyptische Armee unter der Leitung von Defterdar im Jahre 1821 – 1822 und von Holroyd 1837 diese Wüste durchquert. Pallme konnte 1844 seine interessante Erforschung von Kordofan durchführen. Die äußerst wichtigen Detailles und Ergebnisse wurden veröffentlicht. Sie dienten dann den nachfolgenden Forschern wie Von Müller und Brehm im Jahre 1848. Sie dienten auch von Schliefen, der im Jahr 1853 die Informationen über die neuen Routen sammelte, die er von den Karawanen zwischen Dongola Kordofan erhielt, die die Steppe von Bayuda durquerten. Sie dienten auch dem Grafen D’Escayrac de Lautre, der Kordofan durchquerte bis an die Grenze von Darfur und dann nach Takalé weiter vordrang.


[6273]

Der Erkundung des Bahr-el-Abiad in den Gebieten der Eingeborenen Schwarzen musste unter der Schirmherrschaft des großen Mahhammed-Ali, geschehen, der 1839 eine Forschungsreise anordnete. Türkische Offiziere unter dem Kommando des Hauptmanns Selim segelten am 17. November 1839 von Khartum aus ab und drangen bis zum nördlichen Längengrad 6° 30° vor. Am 26 März 1840 waren sie wieder zurück. Die Expedition bestand aus acht Dahhabien oder Nilbooten mit Kabinen, 10 Kanus und 27 kleineren Kanus, 400 bewaffnete Männer, unter ihnen die beiden Franzosen M. Arnaud und M. Thibaut. Ein Tagebuch über diese Expedition wurde von beiden Forschern getrennt geführt, das dann veröffentlicht wurde. Kurz darauf bereitete Mahhammed-Ali eine zweite Expedition vor, die am 3. November 1840 aufbrach und am 18. April 1841 in Khartum zurück war. Zum wissenschaftlichen Leiter dieser Expedition, die bis nach Gondokoro am 4° 42° nördlichen Längengrad vordrang,  wurde Herr von Arnaud ernannt. Als Begleiter hatte er Sabatier und den Preußen Werne. Sie machten eine Menge wissenschaftlicher Beobachtungen. D‘Arnaud veröffentlichte die geografische Karte und Werne erstellte einen Bericht über diese Reise.


[6274]

Daraufhin wurden sofort verschiedene Expeditionen auf dem Weißen Fluss und im Westen bis nach Darfur und bis nach Fertit unternommen. Es ist hier nicht der Platz auf die Reisen von Combes und Tamisier, Tremaux, des Grafen Ferdinando de Lesseps, von Penay, von Johnson, von Tayler, von Gobat, von Lafargue, von Vauday, von Dr. Kuny, des Herzogs von Aumont und des russischen Hauptmanns Kovalsky einzugehen, der 1848 eine Expedition in den Sudan unternahm, nachdem er mehrere Male die weiten Steppen seiner Heimat durchreist hatte. Trotzdem möchte ich sagen, dass in Folge der oben erwähnten militärischen wissenschaftlichen Forschungsreisen der sardische Konsul eine Reihe von Reisen durch das weite Gebiet, das zwischen Khartum und dem 4° nördlichen Längengrad liegt, unternommen hat. Er hat sehr eingehend die verschiedenen Stämme, die im Westen des Weißen Flusses wohnen, wie die Hassanie, die Abau-Rof, die Schilluck, die Dinka, die Ginaghè, die Arol, die Scir, und viele andere Volksstämme studiert


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Er durchquerte mehrere Male den Bahar-el-Ghazal, den er den Misselad nannte, und das westliche Gebiet des Oberen Nils und drang bis nach Banda vor. Über die Länder, die er besuchte, hat er sehr interessante Informationen weiter gegeben. Er trug dazu bei, den europäischen Handel zwischen den Stämmen des Weißen Flusses einzuführen und in Gang zu halten. Der englische Vizekonsul Petherick unternahm fünf Reisen auf dem Weißen Fluss. Er durchreiste den Bahar-el-Ghazal, den Bahar-el-Arab, und drang bis in das Land der Giur vor und erreichte den 4° nördlichen Längengrad. Der Cavaliere Martin Hansal, bis 1853 Mitglied der katholischen Mission und seit 15 Jahren österreichisch-ungarischer Konsul in Khartum, gab viele wichtige wissenschaftliche Berichte über die Länder die zwischen dem Tropico  (Wendekreis) und dem Äquator liegen, vor allem nachdem er einige Jahre in unserer Mission in Gondokoro verbracht hatte, wo er auch die Bari Sprache erlernte. Im Jahr 1857 erforschen die Brüder Poncet (Ambrogio und Giulio) den Ober Nil bis nach Regaf. Sie dringen bis in das Land der Nuer, der Giur bis nach Dar-Ferit vor, und sammeln Informationen über die Länder, die noch weiter im Süden liegen bis nach Bambura (Uelle). Alessandro Tinne, von Heuglin und Steudner erforschen das Gebiet Niam-Aith und einen großen Teil des westlichen Gebietes des Oberen Nils, das sich bis nach Gondokoro ausdehnt.


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Latif Effendi (der Malteser De-Bono) unternahm in den Jahren zwischen 1855 bis 1857 eine lange und mühevolle Expedition auf dem Fluss Sobat, einem der größten Nebenflüsse des Bahar-el-Abiad. Dieser Händler, wie er mir selber erzählte, und wie mir seine Reisegefährten bestätigten, hat über drei Jahre auf diesem Fluss verbracht. Es gilt als sicher, dass kein Europäer sich auf dem Fluss Sobat weiter vor gewagt hat als er. Da aber sein einziger Zweck war, Handel mit dem Elfenbein der Elefanten zu betreiben und sich mit diesem Handel zu bereichern, hat er keine wichtigen schriftlichen Aufzeichnungen hinterlassen. Deshalb bleibt der wahre Verlauf des Sobat hinter einem geheimnisvollen Schleier verborgen. Im Jahr 1859 drangen Hochw. D. Beltrame, D. Melotto und ich, nachdem wir im Jahr zuvor mit D. Giuseppe Lanz in das Land der Ghog im Westen des Weißen Flusses vorgedrungen waren zwischen dem 6° und 7° nördlichen Längengrad, wagten wir uns für acht Tage auf dem Sobat voran und zwar bis zu dem Punkt, bis zu welchem unser Schiff fahren konnte. Wir zeichneten den Verlauf dieses Teiles sehr genau auf und haben dann einen Bericht veröffentlicht. Nach uns gab es jemanden, der sich auf diesem geheimnisvollen Fluss vor wagte, aber nur für einige Tage zu Fuß. Schließlich erforschte Junker 1886 den unteren Lauf bis zu einem gewissen Punkt und auch davon fertigte er eine Karte an.


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Schließlich hat die katholische Mission von Zentral Afrika, die durch ein päpstliches Breve vom 3. April 1846 von seiner Majestät Gregor XVI. errichtet worden war und in Khartum im Jahre 1848 installiert wurde, mit seinen Werken, seinen Studien, und mit seinen wissenschaftlichen Forschungen in der Geografie dazu beigetragen, das westliche System des Nils zu erforschen. In den Jahren 1849 und 1850 gelangten Dr. Ignaz Knoblecher aus Canziano bei Lubliana, Chef der katholischen Mission, und D. Angelo Vinco aus dem Mazza Institut in Verona und andere Missionare den von der ägyptischen Expedition 1841 erreichten Punkt. Vinco war einer der ersten Europäer, der sich am längsten auf dem Weißen Nil auf diesem Längengrad aufgehalten hat. Und während seines Aufenthaltes in jenen Gegenden hat er das Klima und die Natur des Landes beobachtet und ist einige Tagreisen weg vom Ufer ins Landesinnere vorgedrungen. Er besuchte die Beri, sah neue Stämme und studierte deren Sprachen, Sitten und Gebräuche


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Durch seinen Einsatz wurde die Missionsstation Gondokoro gegründet. Dort ließ der Pro-Vikar zum großen Erstaunen jener Völker nach europäischem Stil das Haus der Mission mit einem sehr schönen Garten und eine Kirche errichten. Die Kirche wurde der Mutter Gottes geweiht. Er trug sehr wichtige Informationen bei über den Lauf des unerforschten Nils und seiner Nebenflüsse, über die Menschen, die in jenen äquatorialen Gegenden wohnen und der gesuchten Nilquellen. Er war es, der 1852 mit einer Gruppe von Schwarzen, die ihn sehr verehrten, sich auf die Suche nach jenen Quellen machte. Aber geplagt von Fieberanfällen konnte er diese ersehnte Expedition nicht zu Ende führen. Seine physischen Kräfte waren schwächer als sein Herzenswunsch. So verloren am 22. Januar 1853 die Religion und die Wissenschaft ihn unwiderruflich. Er war der erste Märtyrer des Glaubens und der Zivilisation des Weißen Flusses.


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Noch größer ist der Verdienst des Apostolischen Pro-Vikars Mons. Knoblecher für die Wissenshaft der Geografie und des westlichen Systems des Nils.

            Er zeichnete mehrere Male den Verlauf des großen Fluss von Khartum bis Gondokoro auf. Er hat die Weite und die Tiefe des Flusses vermessen, er errechnete seine Geschwindigkeit und beschrieb die Volkstämme, die an seinen beiden Ufern wohnten. Er wagte sich weit nach Süden, um die Geheimnisse zu lüften. Am 16. Januar 1850 erreichte er den 4° 9‘ Grad nördlicher Breite und Anfang Juni 1854 ging er über den 3° Breitengrad hinaus bis dahin, wo die Nilfälle beginnen. Jenseits davon kommt der Fluss aus dem großen Becken des Nyanza Sees. Kein einziger Europäer vor ihm war bis zu diesem so weit entfernten Ort des Oberen Nils in der Nähe des Äquators gekommen. Mons. Knoblecher ist der erste Initiator der wahren christlichen Zivilisation in Zentral Afrika.


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Von Alexandrien bis Gondokoro ist er bekannt unter dem Namen Abuna Soliman (Padre Soliman). Der Namen Abuna Soliman wird mit großem Respekt von den Völkern in Nubien und am Weißen Fluss ausgesprochen. Seine apostolischen Werke und die Werke seiner Missionare, unter ihnen sind zu nennen Gostner, Kirchner, Überbacher, Lanz und andere wie auch die Missionare des Mazza Instituts von Verona wie auch die ruhmvollen Bemühungen der Mission von Zentral Afrika und die Studien der Sprachen der Menschen am Weißen Fluss, vor allem die der Dinka und der Bari, sind in den Annalen der Propaganda von Lyon, und Paris und in den Annalen von Wien und Köln, in den Zeitschriften der Geografischen Gesellschaft von Wien und in den Werken des sehr gelehrten Professors Mitterrutzner von Brixen aufgezeichnet.


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Diese Entdeckungen hatten einen außerordentlichen Impuls aus einem anderen Blickwinkel Afrikas. Das wunderbare Bild Afrikas, das ich dabei bin, zu zeichnen, und das sich in den letzten fünf Jahren gebildet hat, hat die wichtigsten Geheimnisse der afrikanischen Geografie enthüllt.

            In den Jahren 1848 bis 1849 haben die beiden Deutschen Rebmann und Krapf den Norden von Sansibar erforscht und stießen fast auf der Linie des Äquators auf zwei hohe Bergketten mit ewigem Schnee. Sie hielten sie für die Mondberge des Ptolemäus und für die eigentlichen Quellen des Nils. Diese Entdeckung weckte auf einmal auf außerordentliche Weise den Eifer der Forscher. Sie sahen von da an die Möglichkeit voraus, vom Süden her in das Niltal vorzudringen, um auf diesem Weg die Lösung des großen Problems zu finden.


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Zwei englische Offiziere der indischen Armee, nämlich die Hauptmänner Burton und Speke erhielten von der Geografischen Gesellschaft in London den Auftrag für dieses große Unternehmen. Im Jahre 1857 reisen sie von Sansibar ab. Sie machen sich auf direkter Route auf ins Innere und kommen am 13. Februar 1858 am Ufer des Tanganjika Sees an. Dies ist ein bedeutsames (unvergessliches) Datum in den Annalen der Entdeckungen in Afrika. Nachdem sie den See in seiner ganzen Breite durchquert hatten, trennten sich die beiden Forscher. Burton wurde von Fieber befallen und hatte viel zu leiden. Speke dringt weiter nach Norden vor und trifft in dieser Richtung auf das südliche Ufer eines weiteren und riesigen Wasserbeckens, das von den Eingeborenen Ukerewe genannt wird, aber dem Speke den Namen der Königin von England Viktoria Nyanza gibt.


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Überzeugt, die wahre Quelle des Nils gefunden zu haben, organisiert Speke bald eine zweite Expedition. Dabei wird er vom Hauptmann Grant begleitet. 1861 findet sich die Expedition erneut am Ufer des Viktoria Sees. Sie reisten um den westlichen teil des Sees, ohne zu merken, dass sich ein weiterer großen See in der Nähe befand. Sie dringen in dass Land Uganda ein. Dort empfängt sie der König M’tesa recht festlich und wohlwollend. Am nördlichen Ufer des Sees entdecken Speke und Grant den Ausfluss, den sie von diesem Zeitpunkt an für den ursprünglichen Arm des Nils halten. Auch wenn sie nicht dem ganzen Verlauf nachgehen konnten, haben ihre Behauptungen dieser beiden Entdecker ihre glorreiche Bestätigung gefunden durch die nachfolgenden Erkundungen vor allem durch die des amerikanischen Hauptmanns Long im Jahre 1874, und die von Stanley im Jahre 1875. Bei ihrer Rückkehr trafen Speke und Grant in Gondokoro Samuel Baker, der mit seiner heroischen Mannschaft die gleiche Erkundigung aber in entgegengesetzter Richtung unternommen hatte. Dass Zusammentreffen der beiden Expeditionen weist eindeutig darauf hin, dass die Lösung des großen Problems nahe war.


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Auf seinem weiteren Marsch nach Süden unter unglaublichen Entbehrungen und Opfern kehrt Baker an den Nil bei den Karuma Fällen zurück. Das ist der Ort, von dem aus die beiden Hauptmänner, seine beiden Vorgänger, sich entfernt hatten. Er stellte fest, dass der Fluss sich in ein zweites großes Wasserbecken ergoss, Mwutan genannt. Ihm gab er den Namen des durchlauchten Ehegatten des Königs Alberto Nyanza. Das geschah im März 1864. Auch wenn Baker nur einen kleinen Teil der Küste dieses Sees gesehen und dessen Ausfluss nicht endgültig entdeckt hatte, ist doch das grundlegende Prinzip des Nils von da an bestimmt.


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Diese großen Entdeckungen, die den Wissensdurst der Forscher und Wissenschaftler anregen und stimulieren, geben gleichzeitig den Auftakt für umfassende politische Pläne. Die Konzentration aller Territorien, die das immense Niltal ausmachen unter dem Zepter des Vizekönigs von Ägypten, wurde für Groß Kairo ein dekretierter und fester Gedanke, dessen Durchsetzung rasch durch die Taten bestätigt wurde. 1870 wurde Sir Samuel Baker der Titel Ferik Pascha verliehen. Er begibt sich an der Spitze einer kleinen bewaffneten Schar von Kairo auf den Weg. Er hat den Auftrag, den Machtbereich des Khediven bis zu den Nyanza Seen auszudehnen unter dem Vorwand, den Sklavenhandel einzuschränken. Diese Expedition, die den ägyptischen Staatsfinanzen die ungeheure Summe von sechsundzwanzig Millionen Franken gekostete hat, hat in keinster Weise zu einem Erfolg geführt.


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Im Jahre 1874 wurde der in England geborene Hauptmann Gordon auch zum Ferik Pascha ernannt und beauftragt, das Unternehmen erneut aufzugreifen allerdings unter anderen Voraussetzungen. Gordon Pascha war berühmt durch seine außerordentliche Tapferkeit in mehr als zwanzig Schlachten in China. Dort hatte er im Dienst des himmlischen Kaisers die Rebellen bezwungen. Er war ein Mann, der fähig war, den Ansprüchen seiner Mission zu entsprechen. Begabt mit heroischem Mut war er ein Kriegsmann von unerschütterlicher Stärke. Er hatte ein großmütiges Herz und hatte den festen Willen, jegliches Blutvergießen zu vermeiden. Mit diesem festen Vorsatz begab er sich in das große Unternehmen. Das Unternehmen führte zu leuchtenden Ergebnissen und pflanzte das ägyptische Banner ganz in der Nähe des Wohnsitzes des großen Königs M’Tesa am Äquator und nicht weit weg vom Viktoria Nyanza ein


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            Gordon Pascha hat mit seinem ständigen Mut der grausamen Plage des Sklavenhandels einen schweren Schlag versetzt. Aber Gordon brauchte einen starken Arm, einen Mann, der ganz seinen Vorstellungen entsprach und der seine Pläne und Konzepte ausführen würde. Der geeignetste Mann, um ihn kräftig in seiner schweren Aufgabe zu unterstützen, war Romolo Gessi. Er stammte aus Ravenna, sehr erfahren in der Kriegskunst, ausgerüstet mit einem unbesiegbaren Mut, kaltblütig, von einer eisernen Konstitution, von einer unschlagbaren Zuverlässigkeit. Er hatte im Krimkrieg das englische Heer begleitet als Dolmetscher. Er sprach gut Englisch, Deutsch, Französische, Türkisch, Griechisch, Armenisch und andere Sprachen.


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Gessi brauchte Gordon. Gordon hätte ohne den starken Arm, die Treue und Beständigkeit des Gessi keinen Erfolg gehabt. Auch er wurde in den Rang eines Pascha erhoben. An anderer Stelle werde ich über die verschiedenen Siege Gessis sprechen. Er besiegte den wilden Soleiman Ziber, und andere grausame Sklavenhändler, die mit Menschen handelten. Er vernichtete sie mit Waffengewalt im Bahr-El-Ghazal und versetzte so dem grausamen Sklavenhandel in dem bereits unterjochten Reich von Darfur einen schweren Schlag. Ich möchte nur erwähnen, dass durch Gordon unterstützt von Gessi für die Macht die Machtstellung des Khediven in den weiten Gebieten zwischen dem Sobat und dem Nyanza eine recht stabile und sichere Basis geschaffen wurde. Und der Versuch, über den Nil ein Dampfschiff in den Albert Nyanza See zu bringen, wurde von einem glücklichen Erfolg gekrönt. Es ist ihm gelungen nach unglaublichen Schwierigkeiten das Dampfboot in Teile zerlegt auf dem Landweg von Regiaf nach Dulfi zu bringen, wo der Fluss bis Mwutan schiff bar ist. Er ist unter den Forschern der erste, der die Ufer des Albert Sees zu Fuß begangen hat. Dabei traf er im Süden auf eine Stelle, wo das Ufer unterbrochen war durch eine Anschwemmung von Ambag (Aedemonia mirabilis) (Anmerkung: Elfenbein?). Die Informationen über die ganze Ausdehnung dieses großen Sees wurden bestens von denen bestätigt, die danach im Auftrag der ägyptischen Regierung ihn besuchten.


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Ein weiterer Forscher, sehr berühmt durch seinen Wagemut und sein Glück bei seinen großen Unternehmungen ist der Amerikaner Enrico Stanley. Er durchfuhr den gesamten Viktoria-Nyanza See, der von zehn Flüssen gespeist wird und mehr als 1.600 Km im Umfang misst und vervollständigte auf diese Weise diese wichtigen und lehrreichen Entdeckungen.

Auf diese Weise tat sich tatsächlich ein sehr weites Forschungsfeld auf. Es handelt sich darum, im Westen die Höhenzüge zu definieren, die die Umrandung des großen Beckens des weißen Nils bilden und das System seiner zahlreichen Zuflüsse zu erforschen. Auf diese Weise hätte man auf der anderen Seite sich mit den Forschern treffen können, die den zentralen Teil des Sudans erkundeten. So hätte man die Beobachtungen (Erkenntnisse) zusammen tragen können, die von entgegen gesetzten Richtungen gemacht worden sind.


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Hier treffen wir nach einander die Brüder Pocet, die 1857 – 1860 das Land der Giur und den Dar-Ferit erkunden. Sie sammeln wichtige Erkenntnisse über die südlichsten Länder bis nach Uelle; De Malzac und Vayssière, die ebenfalls von 1857 – 1860 den Mareb, Nam-Aith, die Gebiete der Ghogh, der Arol, der Giur und einen Teil des Westens des Ober Nil durchqueren bis nach Runga (Ich habe diese beiden Forscher 1859 auf ihren Handelsstationen bei den Kich besucht. De Malzac versicherte mir, dass er bei den Runga und anderen Stämmen des Inneren Hunderte und Tausende von Totenschädeln von besiegten Feinden gesehen habe, die auf den Bäumen hingen an dem Weg, auf dem er unterwegs war. Das sei der Brauch bei den Siegern); Antinori, Miani und Carlo Piaggia, die 1860 die Ufer des Bahar-el-Ghazal und das Gebiet der der Giur durchzogen. Letzterer wagte sich bis Ferit vor; Penay y De Bono, besuchen 1861 einen Teil des Weißen Flusses. (Pena stirbt dort im gleichen Jahr); der englische Konsul Petherick, der auf seinen häufigen Handels- und Erkundungsreisen von 1848 – 1863 nach Süden vordringt bis ins Land der Niam-Niam, wo sich unser Carlo Piaggia zwei Jahre lang von 1863 bis 1865 aufhielt.


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Zwei Deutsche: Theodor von Heuglin und der Botaniker Stendner (Er starb im Laufe des Unternehmens) dringen bei ihren Erkundungen über den Bahar-el-Ghazal und das Gebiet der Giur hinaus und kommen bis zu schwarzen Stämmen des Dar-Fertit. Leiean dringt von Kordofan aus zum Bahar-el-Ghazal und ist der erste der Europäer, der den Lauf des Nam-Ain als Nebenfluss des Weißen Flusses erforscht. Alle diese Exkursionen breiten die große und bemerkenswerte Reise von Dr. Schweinfurth. Er brach 1869 von Khartum aus auf und erreichte den 3° 35‘ nördlichen Längengrad. Dabei durchquert er das Land der Niam-Niam und der Mombutu. Er beschreibt tatsächlich sehr detailliert diese Völker, die bis dahin unbekannt waren. Er streift die Linie, die bis dahin kaum verzeichnet war und die das Nilbecken von dem Becken des Tschad Sees trennt. Er entdeckt auf der westliche Flanke einen noch geheimnisvollen Fluss, dem er den Namen Uelle gibt. An diesem Punkt angekommen hatte der Wagemut den Forscher noch nicht verlassen. Aber der Mangel an finanziellen Mitteln hat ihn gezwungen, umzukehren. Wenn er über weitere Geldmittel hätte verfügen können, hätte er seine Begleiter ermutigt, bis ins Herz des Sudan vorzudringen. Er hoffte, sich mit Dr. Nachtigal in Bornu oder in einem anderen der zentralen Reiche zu treffen.


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Der wagemutige Venezianer Miani, der auf seinen vorausgegangenen Reisen sich im Jahre 1869 dem Äquator sehr genähert hatte, nahm von seiner Exzellenz, dem Giafar Pascha ein monatliches Stipendium von tausend ägyptischen Piastern (260 Franken) als wissenschaftlicher Forscher an. Er schloss sich der Reisegesellschaft des koptischen Händlers Gattasc an. Sie brachen von Khartum auf und fuhren auf dem Weißen Fluss bis nach Abukuka. Er ging an Land bei den Kich und bei den Ghog, bei den Arol und bei den Giur. Er drang bis Bakangoi am Uelle vor. Entkräftet durch die Entbehrungen und Anstrengungen und noch mehr durch das widerspenstige Verhalten seiner Begleiter starb er im November 1872 im Land der Mombutu. Er hinterließ als Erbschaft eine kleine Sammlung von ethnografischen Gegenständen und zwei Jugendliche aus dem Stamm der Akka. Diese sollten dem inzwischen verstorbenen  König Viktor Emanuel II. übergeben werden. Diese beiden Jugendlichen wurden großzügig von der Adelsfamilie der Miniscalchi aufgenommen und wurden mit väterlicher Fürsorge in der Volksschule des mutigen Lehrers Scarabello in Verona unterrichtet und in die katholische Religion eingeführt. Herr Marno führte 1875 eine Erkundung des linken Ufers des Weißen Nils durch. Dabei folgte er der Richtung, die Schweinfurth auf einem anderen Weg genommen hatte. In Begleitung des amerikanischen Hauptmannes E. Long erforschte er das Gebiet der Makraka, durch das ein Jahr später Junker zog.


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Die Herren Kemp, Chippendall, Watson, Linant de Bellefond und Long haben zusammen mit den anderen Begleitern der unter Gordon Pascha angeführten Expedition eine Karte des wahren Nils bis zum Viktoria Nyanaza See angefertigt und zwar von Khartum über Regiaf, Makedo, Dufli, Magungo, Scioa-Moro, Foweira und M’ruli. Nachdem Long Makraka erkundet hatte, dringt er weiter vor bis Rubaga, der Residenz des Königs M’tesa. Von dort bricht er auf und entdeckt den Kabeki See (Lago Ibrahim), der dann sofort von Carlo Piaggi erforscht wurde. Linant de Bellefond zeichnete eine Karte von dem Weg, dem er bis zur Hauptstadt des Königs M’tesa gefolgt war. Der gelehrte und wagemutige Emil Bey (Doktor Schnitzler) erforschte von 1876 bis 1877 eingehend das Reich der Unyoro und das von Uganda und stellte äußerst interessante Erkenntnisse über die Flora in Zentral Afrika vom Sobat bis zum Äquator zusammen.


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Hier muss ich noch die Forscher erwähnen, die die Wege von der Ostküste Afrikas ins Innere des immensen Kontinents gegangen sind. Smee besucht 1811 die untere Route des Giuba; Krapf, Rebmann und Erhard erforschen 1843 bis 1855 das Land, das sich zu Füßen des Kilimandscharo auf der südöstlichen Seite hinzieht. 1845 dringt Maizan von Bagamoyo als erster in Uzaramo ein, wo er ermordet wird. 1846 erforscht Rebmann das Küstengebiet zwischen Mombassa und Malindi. Guillein fährt zwischen 1846-1848 an der Küste von Sansibar und dem Land der Tuaheli entlang und verrichtet interessante hydrografische Arbeiten. Im Jahr 1861 besucht Rigby Juba bis Berdèra, wo er mit vielen seiner Reisegefährten umgebracht wird. Von 1865 bis 1875 unternehmen Wakefield und New Exkursionen entlang der Ostküste und sammeln gewisse Daten, wie man zu den großen Seen gelangen könnte. P. Horner dringt 1870 von Bagamoyo bis Kinolé, der Hauptstadt von Ukami, vor.


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Im Jahr 1871 erforscht Brenner das Land der Ilmorna zwischen dem Unterlauf des Dana und des Giuba. Wakefield macht mit der erwähnten Erforschung der Ostküste weiter. New unternimmt zwei Erkundungsreisen auf den Kilimandscharo. Hildebrandt zieht 1806 von Mombassa nach Kitui. Im gleichen Jahr entdecken Cotterit und Price das Ufer des Quilimane und die Route von Sa’Adani nach M’pwapwa. In den Jahren 1876 bis 1878 findet die große Expedition der Gesellschaft der Missionare von London, Church Missionary Society genannt, statt. Sie verfügten über große finanzielle und materielle Mittel, und hatten ein Schreiben der Königin Viktoria bei sich, das an den König M’tesa von Uganda gerichtet war, wie ich in einer französischen Zeitung lesen konnte. Von der Küste von Sansibar wandten sie sich in Richtung der großen äquatorialen Seen, um dort die anglikanischen Missionen zu errichten. Es sind ungefähr 20 englische Missionare, unter denen die Herren Shergold Smith, D. Wilsons, Smith, Mackay, Harnell, Clark, O’Neil und Robertson hervor ragen. Nachdem sie Wami und den Kingami erkundet hatten, zogen sie von Bagamoyo weiter an den Nyanza und durchqueren dieses große Becken (Senke) von Süden nach Norden.


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Außer diesen reisten weitere drei derselben Gesellschaft nämlich die Herren Dr. Felkin, Pearson und Lichtfield 1878 über Berber (wo sie im Haus der Mission beherbergt wurden) und Khartum auf dem Weißen Fluss bis nach Nyanza. Einige von ihnen starben an Fieber. Smith und O’Neil wurden zusammen mit hundert Leuten seiner Begleitung auf einer Insel des Viktoria Sees ermordet. Dr. Wilson blieb mit einigen seiner Gefährten für eine gewisse Zeit in Rubaga, der Hauptstadt des Königs M’tesa. Aber 1879 wurden sie dann gezwungen, ihr Aktionsfeld zu verlassen und kehrten über den Nil nach England zurück.


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Aber der apostolische Eifer, der seine Kraft vom Himmel und vom Kreuz bezieht, bricht nicht zusammen angesichts der Wirbel und Sturmböen. Dieses Feld, wenngleich mit Dornen übersät, müsste von einer Schar wahrer Apostel besetzt werden, die von Gott die legitime Sendung erhielten, es zu bebauen. Die illustre Kongregation der Missionare von Algerien, die von dem bekannten Erzbischof Monsignore Carlo Marziale Allemand Lavigerie gegründet wurde, um die Regionen der noch Ungläubigen von Algerien und der Wüste Sahara zu evangelisieren, kam mit dem Segen des Stellvertreters Christi zu Hilfe, um den Glauben den Völkern von Äquatorial Afrika zu verkünden. Gut zwei Expeditionen mit ca. dreißig Verkündern des Evangeliums kamen in den Jahren 1878-1879 in Sansibar zusammen. Auf verschiedenen Wegen drangen sie bis zum Tanganjika See und einen Teil des Viktoria Nyanza und ließen sich dort nieder. Sie wurden vom König M’tesa freundlich empfangen, der sie bis jetzt wohlwollend behandelt und sie beschützt.


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Inzwischen öffnete sich ein unendlich weites afrikanisches Feld für Nachforschungen der Wissenschaft und der Geografie, ein wirklich neues Feld. Es handelt sich um das Zentrum von Äquatorial Afrika, das schon die Neugier und den Wagemut nicht nur der Forschungsreisenden sondern auch den apostolischen Eifer der Missionare weckte und herausforderte.

            Die weiten unbekannten Regionen des zentralen Hochlands, dessen nördliche Grenze von den Expeditionen des Sudan und im Niltal zwischen den 2. Und 10. nördlichen Breitengrad festgelegt wurden,  sind oft erforscht worden an ihren hoch gelegenen Grenzen. Die portugiesischen Expeditionen, die in früheren Zeiten durchgeführt wurden, haben in diesem Theater eine Bedeutung, die man allgemein zu wenig anerkennt. Die großen Staaten von Kazembe und von Muata-Yamvo kommen jetzt erst langsam aus ihrer Dunkelheit hervor. Sie wurden längst in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts durchreist von einer ganzen Reihe von portugiesischen Forschern und anderer Nationen. Sie gelangten von der Westküste bis an die Ostgrenze Grenze des riesengroßen Hochlands.


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In den Jahren 1793 – 1801 gelangt der portugiesische Arzt De Lacerda und Almeida von Senna aufbrechend an den Sambesi und erreicht Lusenda, die Residenz von Kazembe im Osten des Moreo Sees. Die Wissenschaft verdankt De Lacerda die ersten astronomischen (geografischen) Berechnungen dieses Teiles Afrikas. In den Jahren 11806 – 1815 durchqueren die Brüder Pombeiros den südlichen teil des Afrikanischen Kontinents von Loanda an der Westküste bis nach Sofale an der Ostküste. Dabei kommen sie durch die Hauptstadt von Kazembe. 1826 führt Owen hydrografische Studien im Sambesi-Tal durch. 1831-1835 drangen Monteiro und Gamkitto bis zum Zambesi vor und gelangen bis in das Reich der Ulunda. In den Jahren 1843 – 1846 dringt Graça Baguela bis in die Nähe des Moero Sees vor. Im Jahr 1841 erforschen Livingstone, Oswll und Murray die Gebiete im Westen von Transvaal und erreichen Seckek am Zambesi und entdecken 1848 den Ngami See.


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1850-1851 dringt Galton bis an die Grenzen der Kalahari Wüste vor, erreicht das Land des Damara und stellt die astronomischen Positionen fest. 1851-1853 durchquert Anderson das Land des Nama-Kwa und gelangt bis an den Unterlauf des Kùméné.

            Ladislao Anerigo Magyar heiratet eine einheimische Prinzessin von Bihé. Das verleiht ihm bei seinen Nachahmern ein besonderes Ansehen. Er erforschte einen großen Teil des Westens von Urùa und trifft dann auf Ya Quilem in der Nähe von Kasal. Dieser große ungarische Forschungsreisende durchquert von 1847 bis 1857 das Zentrum des südlichen Afrikas vom Atlantischen Ozean bis zum Pazifischen Ozean zwischen dem 5. und 22. Südlichen Längengrad. Er besichtigte 26 Flüsse und viele Länder, die man noch nicht einmal mit Namen kannte. Nachdem er 1860 Angola erkundet hatte, starb er 1864 in Kuya in Benguela.

            1853-1858 durchquert Silva Porto Afrika von Benguela zum Kap Delgrado. Green und Wahiberg erforschen 1856 den Ngami See und den Tiogué, seinen Zufluss und die ganz im Westen liegenden Gegenden.


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Im Jahr 1860 erkundet Roscher die Wege des Kondutsci nach Kilwa; von Kilwa und Mesulé und nach Nusewa am Nyassa See. Und schließlich von Nusewa nach Kisunguni. In den Jahren zwischen 1860-1864 erkunden von der Decken, Thornton und Kersten die Ostküste zwischen dem Malindi und dem Küstengebiet von Ruvuma, die Straße von Kilwa nach Mésulé, den Zambesi bis zur Einmündung des Kafué und das Masssiv des Kilimandscharo, dessen Vermessung (triangulazione) von Thorton vorgenommen wurde. In den Jahren von 1873 – 1875 erkunden Güssfeld, Bastian und Pechnel Lösche in der äquatorialen Region die Küste des Atlantiks von Zairo und Kuilu. Im Jahre 1876 fährt Yung auf dem Nyassa Seee und stellt fest, dass sich dieses Seebecken bis zum 9. Südlichen Längengrad erstreckt. Schließlich nehmen an diesen großen Forschungsreisen in starkem Maße teil die Herren Homeyer, Pogge und Lux. Sie sind Mitglieder der deutschen Expedition zur Erforschung von Westafrika. Von Homeyer erreicht Kassangi. Pogge und Lux dringen weiter vor bis nach Kimbundu. Schließlich dringt Lux allein bis Lussumba vor, der Hauptstadt von Muata Yanvo.


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An der Westküste Afrikas fährt der englische Kapitän Tuckey 1816 den Kongo hinauf. Es gelingt ihm aber nicht, die Stromschnellen von Yellal zu überwinden. Er erliegt dem tödlichen Klima. Zusammen mit ihm erkundet und erforscht Smith den Unterlauf dieses großen Flusses bis zu den erwähnten Stromschnellen. Am Ende der Bucht von Biafra, besteigen Burton und Mann 1860 den gewaltigen Mongo-Maa-Loba Camerun. Dabei besuchen sie die Länder der Fan und gehen den Kongo hinauf bis zu den vorher erwähnten Stromschnellen von Yellal. Du Chaillu erforscht im Jahre 1856 und 1864 hintereinander die Mündungen des Gabon, des Muni und des Ogué und dringt im Süden dieses letzteren Flusses 200 Kilomet4er in das Innere des Kontinents vor.


[6303]

1859 zeichnet Braouez die Flüsse auf, die sich in das Delta des Gabon ergießen. Serval, Griffon du Bellay, Eale, Abigot und Genoyer und Aymes erkunden den Unterlauf des Ogowai (Ogué). Die beiden ersteren erkunden außerdem die nahe liegenden Gebiete des Flusses Remboé. Nach diesen führen der Engländer Waker und die großen französischen Forscher Marche und der Marchese von Compiegne weitere Erkundigen des Flusses Ogué durch bis zum Zusammenfluss mit dem Fluss Ivindo. Auf einer weiteren Forschungsreise erkundet Walker Ogwai und das nahe Gebiet bis nach Lopé. Von ihnen stellt er die astronomische Position fest. Diese letzteren bestimmen 1874 jenseits der Stromschnellen von Bué den weitesten Punkt, bis zu dem in diesem Jahr Europäer vorgestoßen sind. Im Jahr 1875 dringt Lenz, Mitglied der deutschen Expedition, den Muni und den Ogué hinauf bis zum Zusammenfluss mit dem Scebe.


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Der Graf Pietro Sarvognan di Brazzá, römischer Patrizier im Dienst der französischen Marine, und Dr. Ballay und Marche erforschen 1875-1877 den Ogué erstellen eine Karte seines Laufes von Lupé bis zu dem Zusammenfluss mit dem Bambi. Aber Graf Brazzà gelangt in Begleitung von Ballay und Marche von 1877-1878 noch weiter in das Innere als andere vor ihm. Er unternimmt eine äußerst schwierige und beachtenswerte Forschungsreise zum Preis von unerhörten Entbehrungen und Strapazen. Damit brachte er den Wissenschaftlern der afrikanischen Geografie viele erhellende und wichtige Daten. Er verdiente sich damit die Goldmedaille der italienischen Geografischen Gesellschaft.


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Von Südafrika aus starten andere interessante Expeditionen. In den Jahren von 1803 bis 1806 durchquert Dr. Lichtenstein die Kolonie des Kaps der guten Hoffnung bis an die nördlichen Grenzen. Im Jahr 1814 erkundet Barrow das Innere der Kap Kolonie. Dr. Kowan startet 1818 vom Kap aus und erreicht den Limpopo Fluss. Burchell und Thomson durqueren die Kapprovinz kreuz und quer und erforschen den Norden. Philipp lernt einige Teile des Kaps kennen und 1820 dringt er bis nach Natal vor. Hallbeck erforscht 1827 die Ufer und den Lauf des Nu-Garlép oder Oranje Fluss genannt. 1828 reisen Cowie und Green in den Norden der Kapprovinz und durqueren dabei den Freistaat Oranje. Sie erreichen die Bucht von Lagoa. 1837 bricht Alezander von der Stadt Capo auf, durchquert den Westen und gelangt ins Land der großen Nama-Kwa und erreicht die Wallfischbucht. Und Harris besucht im gleichen Jahr den Freistaat Oranje und die Republik Transvaal. 1841-1844 erforscht Wahlberg den Norden der Kapprovinz von Nataal bis zum Limpopo und gelangt in die Wallfischbucht und an den See Ngami. Owselle und Murray erforschen die westlichen Gebiete der Republik Transvaal von 1841-1844 und gelangen bis nach Schek am Zambesi. Gordon Camming durchquert alle Gebiete von Transvaal. Macabe und Mahar erforschen 1852 die Gebiete des Ba-Rolong und besuchen die nördlichen Ufer des Ngami.


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Im Jahr 1854 erforschen Maffat und Edward die nördlichen Teile der Kap Kolonie. Chapman durchquert im gleichen Jahr in allen Richtungen das Tal des Zuga im Becken des großen Salzsees im Nordwesten von Transvaal. Hahn und Rath erforschen 1857das Land der großen Nama-Kwa. Im Jahr 1861-1863 brechen Baines und Chapmann von der Wallfischbucht im Norden der Kap Kolonie auf und erreichen den östlichen Ausläufer der Kalahari Wüste und dringen bis zum Ngami See und den Stromschnellen des Zambesi vor. Die Forschungsarbeiten von Moffat über die Länder am Kap sind bedeutsam. Der deutsche Zoologe Fritsch verbringt drei Jahre von 1864–1866 in der Republik Oranje und im Betschuanaland. Er fügt dabei auf seinen wissenschaftlichen Reisen die Elemente seiner weisen Arbeit über die Völker des südlichen Afrikas zusammen. 1869 unternimmt Ed. Mohr seine Reise an die großen Wasserfälle des Zambesi. Ch. Mauch durchquert zur gleichen Zeit Transvaal und das Königreich von Mosilikatsé. Er entdeckt das goldbringende Gebiet von Tati. Er erforscht und durchsucht 1872 die ganze Region Südost und entdeckt am 20. südlichen Längengrad die erstaunlichen Ruinen von Zimbabwe.


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Raines setzt alles daran, um auf seinen verschiedenen Reisen von 1864-1875 Transvaal und die Königreiche von Matien und von den Sekelletu und die Gebiete, die im Norden der Kalahari liegen, gut kennen zu lernen. Hahn bereist das Land von Damara und Krönlein einen Teil der Nama-Kwa. 1868 reist Eskine in das Land der Amazulu in der Republik Transvaal und in das Königreich von Unzuila und folgt dem Lauf des Limpopo bis zu seiner Mündung und bestimmt die astronomischen Positionen. Dr. Griesbach durchquert 1870 die Kolonien der Kapprovinz und Natal, das Land der Amazulu, bestimmt die geografischen Positionen und erwirbt wichtige geologische Kenntnisse. Bullo, Hübner und Elton erforschen im gleichen Jahr in verschiedenen Richtungen den Oranje Freistaat und die Republik Transvaal. Erskine unternimmt 1872 eine zweite Reise nach Transvaal, in das Land der Zulu und an den Unterlauf des Limpopo Flusses. 1874-1878 durchquert Dr. Holub den westlichen Teil der Republik Transvaal, erforscht das Königreich der Matabele, den großen Salzsee an den nördlichen Grenzen der Kalahari Wüste und dringt bis Sechek am Zambesi vor. Schließlich und endlich hat die vor Kurzem unternommene englische Expedition gegen die Zulu oder Amazulu, außerordentlich wichtige Kenntnisse über einen Teil der Länder beigetragen, die Südafrika ausmachen.


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Aber ein berühmter Name ragt hoch über alle Forscher hervor, die vor ihm als seine Zeitgenossen forschten und jenen, die ihm bis heut gefolgt sind in diesem großen Theater afrikanischer Forschungsreisen. David Livingstone nimmt in hervorragender Weise eine besondere Stellung in der Geschichte der Entdeckung Afrikas ein. In mehr als dreißig Jahren hat dieser bewundernswerte Mann mit einem unermüdlichen Eifer und mit einer außerordentlichen Energie das glänzendste und höchste Apostolat der Wissenschaft ausgeübt. Er allein durchquerte vom Süden nach Norden und vom Westen nach Osten die Hälfte des afrikanischen Kontinents, der ihm in gewisser Weise zur zweiten Heimat geworden ist.


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Die Entdeckerreisen Livingstones beginnen im Jahr 1840 in der anglikanischen Mission von Kuruman bei den Beschtschuana Völkern. Diese führen ihn 1845 an die Ufer des Ngami Sees. Es ist dies einer der ersten Seen, die in Inner-Afrika entdeckt wurden. Seine Entdeckerfahrten weiten sich zu dieser Zeit auf die nördlichen Gebiete des Kaps der guten Hoffnung aus, wo später die Republik Transvaal gegründet wurde, und bis zum Zambesi und Sechek. Von 1853-1856 unternimmt Livingstone die erste seiner großen Entdeckerreisen. Vom Norden her macht er sich auf den Weg zum oberen Lauf des Zambesi und entdeckt dessen noch viel größere wunderbaren Wasserfälle und dringt nach Westen vor bis nach Luanda an der Küste des Atlantischen Ozeans. Von dort kehrt er um und durchquert Afrika in seiner ganzen Breite. Er kommt dann bei Quilimane an den Indischen Ozean, dabei entdeckt er den Didolo See und die Quellen des Liba Flusses.


[6310]

Von 1858 bis 1861 unternimmt er einige Entdeckungsreisen, die ihm erlauben, die Grenzen des Zambesi-Beckens festzulegen. Er erkundet den Unterlauf des Zambesi und kehrt durch eine Reihe von Stromschnellen des Nebenflusses Sciré zurück. Dabei erkennt er, dass dieser Fluss nichts anderes ist als ein Entflutungskanal des riesigen Wasservorkommens des Nyansa Sees ist. Zusammen mit seinem Kollegen Herrn Kirk entdeckt er noch den Scirwa See, den er in seiner ganzen Länger erkunde.


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Nach einer kurzen Unterbrechung, während der er England wiedersieht, unternimmt er 1866 seine dritte und letzte Expedition. Er startet von der Mikindami Bay an der Mündung des Rovuma, umgeht im Süden den Nyansa See, erkundet die Gebiete der Mazitú, erreicht den Loangwa, den Berg Urungù. Durch Itawa dringt er in die noch unbekannten Gebiete, die sich im Westen des Nyansa erstrecken. Von dort aus erforscht er Ulunda und die Hauptstadt der Kazembé und besucht die Inseln Mpabala des Banguelo Sees. Dort entdeckt er eine neue Serie von Seen, den Bangueolo, den Moero, den Komolondo, die zusammenfließen und einen gewaltigen Wasserstrom bilden, den Luabala oder Luapula. Livingstone hielt ihn irrtümlicher Weise für einen Quellfluss des Nils. Aber jüngste Entdeckungen haben ergeben, dass es zum Wassersystem des Kongos gehört. 1869 erreicht er den Tanganyika See, den er zum Teil durchquert, und gelangt nach Nyangwé der nördlichen Grenze seiner Entdeckerreisen.


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Er kehrt entkräftet und krank nach Ugigi zurück, wo er sich im Herbst 1871 mit Enrico Stanley trifft. Dieser war entsandt worden, um ihn zu suchen, da in Europa das häufige Gerücht entstanden war, er sei gestorben. Während Stanley nach Zansibar zurückkehrt, erholte sich Livingstone von seiner Krankheit und als er seine Kräfte wieder gewonnen hatte, zog er entlang der Ostküste des Tanganyika Sees und begab sich erneut ins Innere. Über Ufipa erreichte er den Moero See und vervollständigt die verschiedenen Ergebnisse seiner Forschungsreisen. Aber bald befiel ihn erneut das Fieber, das er sich in den sumpfigen Gegenden unter strömenden Regengüssen zugezogen hatte, um ihn nicht mehr zu verlassen. Zu Beginn des Jahres 1873 umreiste er den Bangueolo See und gelangte in den südlichen Teil von Tscitambo, wo er Halt machen musste. Dort hauchte er in der Nacht des m 1. Mai unter einem Strohdach, das ihm seine Diener bereitet hatten, seine Seele aus. Am Morgen fand man ihn knieend an seinem Bett. Die Geschichte der geografischen Wissenschaften enthält keine ergreifenderen Seiten über einen so edlen Charakter wie den einfachen Bericht über den einsamen und stillen Tod eines großen Mannes, der zum Martyrer einer großen Sache wurde.


[6313]

IIm gleichen Jahr brachen zwei Expeditionen von England auf, um seinen Spuren zu folgen. Die eine unter dem Kommando von Grandy, Leutnant der englischen Marine, nahm die Ufer treifen des Kongo als Ausgangspunkt für ihr Unternehmen. Aber sie hatte keinen Erfolg. Die zweite Expedition, die ebenfalls von einem Offizier der Marine, dem damaligen 28 –jährigen Leutnant Cameron, geführt wurde, erlangte Ergebnisse von großer Bedeutung. Ermutigt durch die Ratschläge einer hervorragenden Persönlichkeit, des Sir Bartley Frère, der viele Jahre in Indien gelebt hatte, außergewöhnlicher Gesandter der Königin von England nach Sansibar, Präsident der Geografischen Gesellschaft in London und Präsident des englischen Komitees für die Abschaffung des Kaps der guten Hoffnung, angeregt - wie ich sagte - durch die Ratsschläge dieser großen Persönlichkeit brach Cameron von Sanibar Ende 1873 auf. Auf halbem Weg zwischen Tanganyika und Kaseh traf er auf die Begleitmannschaft des Livingstone, die die sterblichen Überreste ihres Herrn transportierten. Sie wurden dann in die wunderschöne Kirche von Westminster in London gebracht. Nachdem er alle Maßnahmen für die Überführung dieser Reliquien und die Bewahrung der wertvollen Handschriften des berühmten Forschers getroffen hatte, führte er seine Forschungsreise entschlossen weiter.


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Am 2. Februar erreicht er den Tanganyika See und durchfuhr ihn in seiner ganzen Ausdehnung. Von ihm erstellte er eine genaue Karte. Im Laufe seiner Operationen fand er den Ausgang des Sees, den Lukuga, der nach Westen fließt und in den Lualaba mündet. Diese Entdeckung ließ Cameron auf dieser Uferseite hinab reisen und auf diese Weise das Werk Livingstones fortführen. Er kam bis nach Nyangwe. Aber an diesem Ort zwang ihn die Feindseligkeit eines eingeborenen Stammeshäuptlings, seinen Weg nach Südwest umzuleiten. In dieser Richtung erforscht er den östlichen Teil des Urua (der Nassali See und jener von Mohryal). Er durchquert die Becken des Kassai, des Kuangoy, des Zambesi und die volkreichen Staaten des Balunda. Er hält das System der linken Nebenflüsse des Kongo fest und erstellt eine Karte davon und gelangt im November 1875 an den Atlantischen Ozean in der Nähe von Benguela. Diese denkwürdige Expedition, die die Wissenschaft bereichert hat um 85 geografischen Bezeichnungen oder geografische Positionen und 3.718 Höhenmessungen, war Livingstones würdig, dessen Überlegungen ihn angespornt hatten, sie zu unternehmen. Der so glänzende Erfolg wurde in England und in ganz Europa berechtigterweise mit größter Bewunderung begrüßt.


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Hier spielt aber noch ein anderer großartiger Name im Rahmen der afrikanischen Entdeckungsreisen  eine wichtige Rolle. Es ist Enrico Stanley, dem es als Reisekorrespondent der Zeitung New York Herald Tribune im Jahre 1871 gelang, Livingstone wieder zu finden, den die ganze Welt schon für verschollen gehalten hatte. Von 1874-1877 vollbrachte er ein wahres Wunder, indem er das äquatoriale Afrika von Osten nach Westen durchquerte. Dabei folgte er einer neuen Route, auf der er Länder besuchte, die den Europäern bisher völlig unbekannt waren. Zum Teil waren sie auch den Arabern nicht bekannt. Und als erster verfolgte er mit eigenen Augen den ganzen Lauf des Lualaba oder Kongo, den er mit dem Namen Livingstone taufte. Er ist einer der größten Flüsse der Welt vom Tanganjika See bis zum Atlantischen Ozean. Und das gelang ihm inmitten größter Schwierigkeiten, die er nur mit Gottes Hilfe überwinden konnte. Jeden Tag rissen Erschöpfung, Hunger, Krankheiten, vergiftete Pfeile oder Kugeln der Afrikaner Lücken in die Reihe seiner Truppen, die ihn begleiteten. Die Kannibalen machten hartnäckige Jagd auf die Karawane. Sie luden sich gegenseitig zum Essen ein, bei dem sie die exquisiteste und köstlichste Speise sein sollten.


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Drei junge Engländer nämlich die Brüder Edward und Francis Pocock und Federico Barker kommen einer nach dem anderen um. Nur Stanley übersteht alle harten Prüfungen. Ihm genügt nur die gewaltige, hohe und bedrückende Aufgabe, die er sich gestellt hat. Während alle anderen Forscher, die ihm voran gegangen waren, unter ihnen der heroische Livingstone, mit ansehen mussten, wie ihre Erfolge, sich in nichts aufzulösen schienen, genügte ihm der Mut, ein ähnliches Unternehmen gut zu Ende zu führen. Der Weg, den er einschlug, war von Leichen gesäumt. Was soll’s? Er verfolgt seinen Weg unerschütterlich weiter mit einer unbezwingbaren Hartnäckigkeit. Kurz vor Erreichen ihres Zieles standen sie kurz davor, an Erschöpfung zu sterben. Der Mann, der dieses riesige Unternehmen zu Ende geführt hat, ist ein Mann, der zur Geschichte gehört.


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Diese denkwürdige Expedition wird die anglo-amerikanische genannt. Sie wurde nämlich von der englischen Zeitung Daily Telegraf und der amerikanischen Zeitung New York Herald organisiert. Die den großen amerikanischen Forschern gestellten Aufgaben bestanden drin, die Entdeckungen von Speke und Grant zu vervollständigen, den Viktoria Nyanza See und den Tanganyika See ganz zu befahren und letztendlich die Entdeckungen Livingstones zu vervollständigen. Zusammen mit den drei oben erwähnten jungen Engländern brachen sie von London auf. In Zansibar suchte er seine Begleitmannschaft zusammen. Sie bestand aus 315 Mann. Unter ihnen befanden sich auch einige mutige Männer, die ihn nach Ugigi auf seiner ersten Reise auf der Suche nach Livingstone begleitet hatten. Sie ließen am 17. November 1874 Bagamoyo hinter sich und schlugen ihr Lager in Sciamba Gonera auf. Und über Mpuapa in der Region von Usagaru, wichen sie von der Route des Unyamyembe ab, die von den Karawanen genommen wird, und wandte sich nach Norden durch die Einsamen Gegenden von Mgunda Mkali und Ugogo, wo sie am 31. Dezember ankamen


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In Mukalala im Ikimbu sind seine Führer desertiert. Er erreichte auf dem Weg über Uveriveri Suna, wo er ein sehr kultiviertes Volk von überraschender Schönheit vorfand. Er reiste weiter bis Tsciuiu 400 Meilen von Bagamoyo nach Angaben des Schrittmessers und erreichte Mangara. Er machte Halt bei Vinyata am Ufer des Licumbu und nach einem heftigen gewonnenen Kampf mit den Uatuuru sammelt er seine Karawane in Mgongo Tombo in Iramba. Er stellte fest, dass er in drei Monaten 120 Mann und Edward Pocock verloren hatte. Von da aus streifte er den westlichen Rand der Massai und traf am 27. Februar 1875 in Kagkheyi ein. Das ist ein Distrikt der Ucclamby in Usukuma am Viktoria Nyanza See.


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Nachdem er die Teile seines Schiffes Lady Alice wieder zusammen gesetzt hatte, das in London gebaut worden war, brachte er es zu Wasser und zusammen mit elf Seeleuten und einem Führer fuhren sie westwärts durch eine Engstelle des Sees, die die Inseln von Uruma von jenen von Bugayeya trennt, und erreichte die Insel Kriva. Nach einem kurzen Aufenthalt in der Insel Kibiki kam er über Ukafu nach Beyal in der Murchison Bucht. Dort ging er am 4. April in Gegenwart von zwei Tausend Menschen an Land und wurde von in Usavara vom König von Uganda M’tesa, von Karagvé, Usugo und Usuni feierlich empfangen. Der König ist eine intelligente Persönlichkeit, mutig und gefürchtet. Sein Regierungsgebiet erstreckt sich vom 31.bis 34. östlichen Längengrad und vom 1.Grad nördlicher Breite bis zum 1. Grad 30 Minuten südlicher Breite mit einer Bevölkerung von zwei Millionen Einwohnern. Er war vor allem Götzendiener. Aber ein reicher und einflussreicher Muslim, Khamis Ben Abdullah, bekehrte ihn im Jahre 1871 mit seinem ganzen königlichen Hof zum Islam.


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In Uragara oder Ulagalla damals Hauptstadt und Residenz von M’tesa (heute dagegen ist es Rubaga) begrüßte Stanley den französischen Hauptmann Linant de Bellfonds, Sohn des berühmten Ministers Mahammed-Aly,  Gründer der gegenwärtigen ägyptischen Dynastie. Dieser war von Gordon Pascha zu dem afrikanischen Monarch geschickt worden mit dem Vorwand, zwischen ihm und der ägyptischen Regierung ein Handelsabkommen abzuschließen. Wenige Monate später wurde Linant de Bellfonds ermordet.


[6321]

Hier übergehe ich mit Schweigen die Erforschung, die Stanley über den ganzen Alberto Nyanza See durchgeführt hat und seine gefährlichen Abenteuer über dieses interne Meer. Er stellte fest, dass es ein einziger großer See sei wie das auch Speke glaubte und nicht eine Gruppe von Seen, wie das Livingstone meinte. Ich übergehe mit Schweigen die Hindernisse, die Schwierigkeiten, der er erlitten hat, die Strafen, mit denen er die Eingeborenen von Bambireh belegte und seine Erfolge. Ich beschreibe nicht die Bergketten Äquatorial Afrikas, die er gesehen hat, die Rasse mit den langen Beinen, die in den Gebieten im Westen Ugandas und Karagvè und Uli wohnt und ihre Feindseligkeit Fremden gegenüber, die weiße Rasse von Gambaragara, die Königin der Berge, die eine Höhe von dreizehn bis Fünfzehn Tausend Fuß über dem Meer erreicht, die heißen Quellen von Mtagata und viele andere wichtige geografische Entdeckungen. Ich erwähne nur kurz seinen ergebnislosen Marsch zum Alberto Nyanza See und seine gewaltige Durchquerung des schwarzen Kontinents bis zum Atlantischen Ozean.


[6322]

Nach der Erforschung des Viktoria Nyanza Sees brach Stanley mit 2280 Mann auf unter der Führung des Generals Sambuzi, den der König M’tesa ihm zur Verfügung gestellt hatte, um in das feindliche Land des Unoro einzudringen, das vom König Kabba Rega regiert wurde, und gegen den Baker Pascha erfolglos gekämpft hatte und gegen den Gordon Pascha noch kämpfte. Der Plan Stanleys zielte darauf hin, die Küsten des Alberto Nyanza zu erreichen. Er brachte das Dampfschiff Lady Alice zu Wasser zusammen mit den kleinen Landungsbooten und wollte den ganzen großen See erforschen und in die Gebiete, die sich nach Westen erstrecken, vordringen mit der Absicht, Nyangvé zu erreichen und dann über seine weitere Forschungsreise zu entscheiden.


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Tatsächlich erreichte er den Alberto Nyanza See im Januar 1876, er stellt seine Längen und Breitengrade fest, seine Höhe über dem Meer und traf alle Vorbereitungen, ihn zu durchqueren. Aber er wurde enttäuscht. Denn es sammelte sich eine mächtige Streitmacht gegen ihn, die vom König Kabba Rega geschickt worden war. Dieser war König von Unyofro dem Erzfeind von M’tesa, dem König von Uganda. Er zwang ihn zu einem überstürzten Rückzug. Zurückgekehrt in Uganda weigerte er sich, ein Heer von 90.000 Mann anzunehmen, d.h. 50.000 unter der Führung des Generals Sekibobo und 40.000 unter dem Kommando von Mquenda. Diese hatte der König M’tesa angeboten, um ihn erneut zum Albert See zu begleiten. Er machte sich mit den Leuten seiner Expedition auf den Weg, allerdings auf einem parallelen Weg Richtung Süden auf einer Route die parallel verläuft zu jener von Speke, aber westlicher. Er erreichte Kragvè. Er brauchte einen ganzen Monat, um das große Becken zu erkunden. Er gab ihm den Namen Alessandra Nyanza zu Ehren der Gemahlin des Prinzen von Gales des künftigen Königs von England. Er marschierte südwestlich, um den Fluss hinauf bis zu seinen Quellen zu gelangen. Aber der Hunger zwang ihn, dieses Projekt, in das südliche Gebiet von Muta n’Zige oder Alberto Nyanaz im Norden des Tanganjika Sees vorzudringen, aufzugeben. Und so ging er nach Ugigi


[6324]

Hier erfuhr er, dass Cameron den Lualaba verlassen hat. Er fuhr trotzdem mit der Lady Alice über den Tanganjika See und ging in Ukangara an Land. Über Uguhta erreichte er Kambarré. Dort folgte er dem Luama bis zu seinen Zusammenfluss mit dem Lualaba. Auf diesem Fluss erreichte er 40 Tage nach seiner Abreise von Tanganyika Nyangvè. Er hatte die Absicht, in die Gebiete des Nordens bis nach Monbuttuzu gelangen. Dann wollte er Afrika durchqueren entlang der Gebirgskette, die das Becken des Niger von dem des Kongo trennt. Aber in Mayema sah er die Araber, die seinen Vorgänger nach Utotera begleitet hatten, dem Land des Königs Kasongo. Von ihm erhielt er sichere Nachricht, dass sich Cameron in Begleitung von portugiesischen Händlern nach Süden gewandt hat. Das war damals, als er sich fest zu dem großen Unternehmen entschloss, den schwarzen Kontinent zu durqueren, indem er dem Lauf des Lualaba Flusses bis an die Küste des Atlantischen Ozeans folgte.


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Mit einer Eskorte von 500 Kämpfern brach Stanley von Nyangvé am 5. November 1876 auf. Sie durquerten Uzimba und Uregga. Da er seinen Marsch wegen des dichten Tropenwaldes, der Feindseligkeit der sehr grausamen Bewohner und der wilden Tiere fortsetzen konnte, setze er am linken Ufer des Lualaba seinen Marsch durch Ukusù im Nordwesten fort. Die Eingeborenen  stellten sich seinem Marsch entgegen und bedrängten ihn Tag und Nacht. Mit ihren vergifteten Pfeilen, die immer tödlich waren, verwundeten und töteten sie viele seiner Begleiter. Es herrschte ein erbitterter Kampf in diesem Gebiet der Kannibalen. Er versuchte sie mit Sanftmut und Geschenken zu besänftigen. Aber sie weigerten sich und hielten sein geduldiges Verhalten für Feigheit. Und um seine Situation noch zu verschlechtern, weigerte sich eine Gruppe von 140 Männern, die in Nyanvè rekrutiert worden war, ihm weiterhin zu folgen.


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In solchen Bedrängnissen haben die Eingebornen alles aufgeboten, um ihn total zu vertreiben. Er hat sich heroisch verteidigt. Um seinem Schicksal zu entfliehen, blieb ihm nichts anderes übrig, als zu fliehen und sich seinen Booten anzuvertrauen, auch wenn er nicht umkehren und sein Unternehmen aufgeben wollte. Auch wenn er auf dem Wasser einen ganz klaren Vorteil über die Barbaren hatte, so war doch jeder Tag auf dem Weg eine Wiederholung des vorangegangen Tages. Es herrschte entlang des ganzen Flusses ein verzweifelter Kampf, der sich so gestaltete, dass man zu gleicher Zeit mit Waffen und Rudern kämpfte, bis man an die fünf großen Stromschnellen gelangte, die im Norden und im Süden des Äquators sehr eng beieinander lagen. Um an ihnen vorbei zu kommen, war es notwendig, sich einen Weg von dreizehn Meilen durch dichtesten Urwald zu bahnen. Dabei musste man die 18 Boote wie auch das Forschungsschiff Lady Alice auf dem Land hinter sich herziehen. Sie mussten oft die Axt mit dem Gewehr tauschen, wenn sie angegriffen wurden.


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Nachdem sie die Stromschnellen hinter sich gelassen hatten, haben er und seine Begleiter sich erst einmal einige Tage ausgeruht, um nach den Kräfte raubenden Anstrengungen wieder zu Kräften zu kommen. Am 2. Nördlichen Längengrad verlässt der große Lualaba seine Richtung bis zu jenem nördlichen Punkt, von dem aus er dann zunächst nach Nordwesten, und dann nach Südwesten fließt. Es ist ein wasserreicher Fluss von zwei bis zehn Meilen Breite, in dem sich wild verstreut viele Inseln befinden. Um diesen ständigen Kämpfen auszuweichen, die ihm mit so vielen wilden Stämmen der Kannibalen die Kräfte verzehrten, musste er von Insel zu Insel rudern. Als er schließlich durch Hunger in eine verzweifelt Lage geriet, wobei er vielleicht drei Tage lang ohne jegliche Nahrung blieb, entschloss er sich, am linken Ufere an Land zu gehen. Glücklicherweise traf er auf einen Stamm, der sich schon ein wenig auf Handel verstand. Diese Eingeborenen besaßen vier Gewehre, die von der Westküste Afrika stammten. Sie nannten den großen Fluss, auf dem er fuhr, Ikitu Ya Congo (oder Kongo Fluss). Der große Forscher jubelte aus ganzem Herzen, denn er sah, dass er nicht mehr weit von seinem Ziel war. Er schloss mit jenen Afrikanern Blutsbruderschaft. (Dabei ließen sie das Blut von einem dieser Schwarzafrikaner zusammen mit Blut von Francesco Pocock fließen als Zeichen des Friedens und der Freundschaft mit diesen Völkern). Er kaufte eine Menge Vorräte und dann setzte er die Reise am linken Flussufer entlang fort.


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Nach drei Tagen kam er in das Gebiet eines mächtigen Stammes, dessen Bewohner mit Gewehren bewaffnet waren. Da sagte er, dass es nicht mehr weit weg sein könne bis zur Westküste des Atlantischen Ozeans. Kaum hatten diese Individuen den weißen Mann gesehen, setzten sie 54 größere Kanus ins Wasser und griffen ihn an. Erst als er sah, dass drei seiner Gefährten getötet worden waren, hörte er auf zu rufen, dass er ein Freund sei. Da entbrannte der erbittertste Kampf, der je auf diesem furchtbaren Fluss stattgefunden hat. Er zog sich hin auf eine Strecke von zwölf Meilen. Das war der vorletzte der 32 Kämpfe, die auf dem Lualaba ausgefochten wurden.


[6329]

Dieser Fluss, der mehrfach den Namen gewechselt hat, heißt sobald er in die Nähe des Atlantiks kommt Zaire oder Kuango. Während er das große Becken zwischen dem 26. Und dem 17. Längengrad durfließt hat er einen ununterbrochenen Lauf von 1.400 Meilen mit großartigen Nebenflüssen im Norden und vor allem aus dem Süden. Die wichtigsten im Norden am rechten Ufer sind der Riuki, der Liru, der Urindi, der Lovva, der Lulu, der Kankor, der Mbura und der Aruvimi, die durch das Gebiet der Kannibalen fließen, der Mongala, der Kunga und der Mpaha, der Weiße Fluss und der Ginemba. Im Süden sind es auf dem linken Ufer der Rumanji und Yumbaa, der Sankuru, der Kilemba oder Uriki und der Nkutu. Von dort fließt er entlang der hohen Bergkette zwischen dem großen Becken und dem Ozean und fließt dann über mehr als dreißig Stromschnellen und turbulent schäumende Wasserfälle und ergießt sich in den großen Flusszwischen den Stromschnellen von Yellala und dem Atlantik.


[6330]

Die Verluste der Anglo-amerikanischen Expedition waren äußerst hoch einschließlich der drei jungen Engländer. Einer von ihnen war Francesco Pocock, der in den Stromschnellen von Massassa umgekommen ist. Selbst Stanley wurde am 3. Juni beinahe in den Wasserfall von Mua gezogen. Sechs Wochen später stürzten er und seine ganze Mannschaft der Lady Alice in die Wasserfälle von Mbelo. Daraus entkamen sie nur durch ein Wunder der göttlichen Vorsehung. In der afrikanischen Dunkelheit erlebten sie Tausend Schrecken und grauenhafte Erlebnisse und Geheimnisse des Unbekannten und kehrten schließlich in das Reich des Lichtes ein. Sie hatten 57 Stromschnellen überstanden, 32 Kämpfe ausgefochten, 1.800 Meilen von Nyange bis zur Westküste zurück gelegt. Schließlich erreichte Stanley und die Überlebenden seines wagemutigen Unternehmens am ersten September 1877 über Emboma und Kabinda Sankt Paul von Loanda am Atlantischen Ozean.


[6331]

Von dort führte er seine treuen Gefährten über das Kap der guten Hoffnung nach Zansibar. Dort erhielten sie ihren wohl verdienten Lohn. Über das Rote Meer kam er im Januar 1878 nach Groß Kairo, wo ich die große Freude erlebte, mit dem großen afrikanischen Helden eine ehrliche und innige Freundschaft zu schließen. Zusammen mit meinem inzwischen verschiedenen Vikar D. Antonio Squaranti nahm ich am Festmahl teil, das ihm zu Ehren der illustre Stone Pasche, Präsident der berühmten Geografischen Ägyptischen Khedivischen Gesellschaft, gab. Zurzeit, da ich diese Zeilen schreibe, werden auf dem afrikanischen Kontinent verschiedene Forschungsreisen unternommen, um die Forschungsergebnisse zu erweitern. Unter ihnen möchte ich nur jene Expedition erwähnen, die unter der Leitung von Stanley der König von Belgien organisiert entlang des Flusses Livingstone. Es freut mich außerdem, die interessante Reise des jungen Prinzen Don Giovanni Borghes zu erwähnen. Er ist ein römischer Patrizier und wird begleitet von Dr. Matteuci und von Herrn Massari. Sie haben sich bereits in Darfur den Grenzen mit dem Reich des Waday genähert. Die außerordentliche Bewegung der Forschungen in allen Orten des großen Kontinentes geht mit großer Dynamik und Energie weiter. Daran beteiligen sich fast alle zivilisierten Nationen Europas.


[6332]

Diese kleine Erinnerung über den GESCHICHTLICIHEN ÜBERBLICK DER AFRIKANISCHEN ENTDECKUNGEN ist nur wie eine Skizze und eine Zusammenfassung eines weit größeren und umfangreicheren Werkes, das – so Gott es zulässt – ich später einmal schreiben möchte. Dieses Werk wird dann von dem QUADRO STORICO DELLE MISSIONI CATTOLICHE, das vom Hl. Apostolischen Stuhl auf den Inseln und dem großen afrikanischen Kontinent gegründet wurde, begleitet.

            Die wesentlichen Ergebnisse der Forscherreisen, die hier erwähnt wurden, kann man mit einem Blick auf der interessanten Karte Afrika betrachten, die 1874 von dem sehr gelehrten deutschen Geografen. Kipert veröffentlicht wurde im Band VIII der wissenschaftlichen Zeitschrift der Geografischen Gesellschaft in Berlin.


[6333]

Noch vollständiger ist die Karte Afrikas, die 1879 von Keith Jonson angefertigt wurde und den Titel trägt: General Map of Africa, constructed from the most recent coast surveys and embodying the results of all explorations to the present time, by Keith Johnson, F.R.G.S.1879. Gewiss, es handelt sich hier um eine neue Welt, die sich den menschlichen Aktivitäten geöffnet hat. Selbstverständlich gibt es noch viele Lücken, die zu füllen sind. Denn es bleibt noch mehr als ein Viertel Afrikas zu erforschen, das noch im tiefsten Geheimnis verborgen liegt. Aber der Impuls, der diesen Forschungen gegeben wurde, ist so stark, dass es nicht mehr lange mehrdauern wird, um diese gewaltige Aufgabe zu bewältigen. Das unsterbliche Werk konzipiert und organisiert von Seiner Majestät Leopold II., König von Belgien, und die große Bewegung, die er zur Entdeckung Afrikas angestoßen hat, zu dem edlen Zweck, den infamen Sklavenhandel mit den Schwarzen tatsächlich abzuschaffen, (dafür haben England und Deutschland wirksam mit gearbeitet) und die Zivilisation nach Zentral Afrika zubringen, wird bald seine Früchte hervorbringen.


[6334]

Trotzdem wird die wunderbare Kraft, die all ihr glänzendes Licht der wahren christlichen Zivilisation an alle Orte des großen afrikanischen Kontinents ausstrahlen wird, die katholische Kirche im Rahmen der afrikanischen Entdeckungsreisen mit der Verkündigung des Evangeliums sein, dass nur Jesus Christus der Weg, die Wahrheit und das Leben ist. Und der Glaube an Jesus Christus, seine Orientierungen, seine Lehren und seine göttliche Moral sind das Fundament einer wahren Zivilisation, die Quelle des Lebens, das Fundament der Größe und des Wohlstandes aller Völker und aller Nationen der Welt.

+ Daniel Comboni


1005
An kard. Luigi di Canossa
0
1880

N. 1005 (963) – AN KARDINAL LUIGI DI CANOSSA ACR, A, c. 18/38

1880

BERICHT ÜBER DIE HUNGERSNOT UND DIE PLAGEN

VON ZENTRALAFRIKA 1878-1879

 

Durchlauchter Kirchenfürst,

[6335]

Es sind bereits mehr als zwölf Jahre her, dass Eure Eminenz vom bewundernswerten Papst Pius IX., seligen Angedenkens, die schwere Verantwortung übernommen hat, meine Unzulänglichkeiten zu unterstützen und das heilige Werk der Rettung Afrikas zu schützen und zu orientieren. Dem großherzigen, beharrlichen und glühenden Eifer Eurer Eminenz, der Mitarbeit meiner Wenigkeit und unserer guten Missionare, unter denen sich, ohne die Lebenden zu nennen, die vorbildlichen Priester D. Dalbosco Alessandro, D. Antonio Squaranti und D. Salvatore Mauro, seligen Angedenkens, besonders ausgezeichnet haben, verdanken wir die wichtigen Ergebnisse, über die sich die entstehende Kirche von Zentralafrika freut.


[6336]

Eure Beharrlichkeit, Eminenz, und Euer Mut haben nie gezögert, noch habt Ihr Euch von den außerordentlichen Hindernissen und Schwierigkeiten einschüchtern lassen, die das erhabene Werk durchstehen musste. Nie habt Ihr das unerschütterliche Vertrauen in seinen sicheren Erfolg aufgegeben, trotz der unzureichenden Instrumente, deren sich die göttliche Vorsehung bedienen musste, und der Knappheit der finanziellen und materiellen Mittel, die das gigantische Unternehmen benötigte. Vom Geist des Herrn und dem unfehlbaren Wort seines glorreichen Stellvertreters gestärkt, habt Ihr Euch stets gewürdigt, unseren Geist aufzurichten, unsere Schwachheit zu stärken, uns Wege aufzuzeigen und unsere armen Bemühungen zu segnen. Noch hat sich Euer großmütiges Herz damit begnügt, unser heiliges Unternehmen mit Eurem mächtigen Beistand und Eurer heiligen Schirmherrschaft zu schützen, sondern habt auch den mächtigen und weit reichenden Einfluss Eures glorreichen Namens eingesetzt, damit uns von Seiten Europas und von freigebigen Fürsten reiche Mittel und höchster Schutz zufließen. Unsere Schwachheit und Wenigkeit hätten ohne Eure wichtige und ständige Unterstützung wenig erreicht. Und da Eure Nächstenliebe immer eine Quelle des Trostes, der Hilfe, des Rates und der Ermutigung gewesen ist, erlaubt mir, Eminenz, dass ich Euch diesen kurzen, geschichtlichen Bericht über das schreckliche Unheil der Hungersnot und der Plagen widme, das einen außerordentlich großen Teil des Apostolischen Vikariats von Zentralafrika 1878-1879 heimgesucht hat. Im Verlauf seiner Lektüre werdet Ihr erkennen, dass das heilige von Euch unterstützte Werk wirklich das Werk Gottes ist. Ihr furchtloser Geist wird dadurch angespornt werden, dieses erhabene Unternehmen noch kräftiger zu beschützen zur größeren Ehre Gottes, zum Segen der Veroneser Kirche und zum Heil unseres unglücklichen aber immer geliebten Afrika.


[6337]

Die Werke Gottes müssen immer am Fuße des Kalvarienberges geboren werden. Das Kreuz, die Widersprüche, Hindernisse und Opfer sind das normale Kennzeichen der Heiligkeit eines Werkes. Auf diesem Weg, übersät von Mühsalen und Dornen, entwickeln sie sich, gedeihen und erlangen ihre Vollkommenheit und ihren Triumph. Dies ist die liebevolle und weise Ökonomie der göttlichen Vorsehung, die von der Geschichte der Kirche und der Apostolischen Missionen der Erde bestätigt wird. Das zeigt, dass in keinem Reich und an keinem Ort die wahre Religion Jesu Christi ohne härteste Opfer, heftigste Widerstände und das Martyrium gegründet worden ist. Der Grund dafür ist ganz offenkundig: da alle Werke Gottes ihrer Natur nach darauf aus sind, das Reich des Satans in der Welt zu zerstören, um es durch das Heil bringende Banner des Kreuzes zu ersetzen,  muss sich der Fürst der Finsternis notwendigerweise beunruhigt fühlen, wild um sich schlagen, sich durchwinden und alle Mächte der Unterwelt und die tödlichen Leidenschaften seiner weltlichen Helfer in Bewegung setzen, um sich seinem außergewöhnlichen und ewigen Feind, das heißt, Jesus Christus, dem Erlöser der Menschheit zu widersetzen, ihn zu bekämpfen und zu bezwingen.


[6338]

Die Mission von Zentralafrika, von der Kirche Christi ins Leben gerufen, ist sicher eine der schwierigsten und mühseligsten der Welt aber gleichzeitig auch eine der erhabensten und bedeutungsvollsten, deren Territorium größer ist als ganz Europa. Laut Statistik von Washington beträgt seine Einwohnerzahl über hundert Millionen, über denen der helle und lebenspendende Stern des Glaubens noch nicht aufgegangen ist. Dieses Gebiet hat der Heilige Stuhl unserem bescheidenen Missionsinstitut für Afrika in Verona anvertraut. Zu den schlimmsten Katastrophen, die diese junge Kirche seit ihren Anfängen aufgewühlt und erschüttert haben, deren erster wenn auch unwürdiger Bischof ich bin, gehören die Hungersnot und die Plagen, von denen sie in jüngster Zeit heimgesucht worden ist und sich noch nicht erholt hat. Sie leidet weiterhin unter den schmerzhaften Folgen und ihre Spuren sind noch überall sichtbar.


[6339]

Aber diese Kirche, gereinigt im Schmelztiegel der Leiden, der Kreuze und des Martyriums, ist Gottes Werk und wird kräftiger und mächtiger wiedererstehen, um unter den Stämmen Afrikas mit neuem Schwung ihre erhabene, erlösende und zivilisierende Mission zu erfüllen.


[6340]

Die ausgebliebenen oder geringen Niederschläge im Jahr 1877 sind die Hauptursache der schrecklichen Dürre und Hungersnot gewesen, die einen Großteil unseres unermesslichen Vikariats verwüstet haben. Am härtesten getroffen hat es die Regionen von Unter- und Ober-Nubien bis Dongola am Roten Meer, die Länder entlang des Blauen und Weissen Flusses und des Nils zwischen Ägypten und der Sobat, das Reich von Kordofan, die Provinzen von Darfur, die Stämme der Ghebel Nuba, der Schilluk und alle Regionen von Bahar-el-Ghazal bis zu den Gnàm-Gnàm und dem Albertsee.


[6341]

Die Aussaat und Anpflanzungen auf jenem fruchtbaren Ackerboden verdorrten kaum dass sie aufgegangen waren. Gras, Blumen und Wiesen wurden von den heißen Sonnenstrahlen verbrannt, so dass jenen armen Leuten bald die alltägliche Nahrung fehlte. Fast das gesamte Vieh verhungerte wegen Futtermangel. Ermesst, o Erlauchter Kirchenfürst, die Größe und das Ausmaß dieses Unglücks, das diese armen Leute und auch unsere Mission getroffen hat. Die Leiden der Bevölkerung entlang der Flüsse waren überaus schrecklich und noch schlimmer war das Los der Araber in der Wüste, denen fast alle Kamele verhungert waren. Unsere Karawanen, die jene Wüsten überqueren mussten, haben der Mission große Opfer und enorme Spesen abverlangt. Denn der Mietpreis für Kamele, die überlebten, stieg aufs Vierfache, und da sie schwach und ausgehungert waren, konnten sie nur ein Drittel oder ein Viertel der normalen Last transportieren. Vervierfacht haben sich also die Spesen unserer Speditionen. Da die Kamele und ihre Treiber entweder umgekommen sind oder an Unterernährung leiden, ist es sehr schwierig, wenn nicht überhaupt unmöglich, die so notwendigen Speditionen zu organisieren, um unsere von der Hungersnot betroffenen Missionen mit Hilfsmitteln zu versorgen.


[6342]

Als Folge davon gingen alle Grundnahrungsmittel entweder vollständig aus oder ihre Preise stiegen ins Uferlose und kosteten 10, 12 und auch 20 Mal mehr als für gewöhnlich. Für Weizen z. B. zahlte der Österreichisch-Ungarische Konsul, Herr Cavaliere Hansal, 72 Taler für ein Ardeb (ein Sack von 100 Kilogramm), während er früher nur 5 Taler bezahlte. Später konnte man in Khartum um keinen Preis mehr Weizen auftreiben. In Kordofan hätte man 500 Franken für ein Ardeb bezahlt, aber es gab auch um diesen Preis nichts mehr. Durrah (oder Mais) ist das Grundnahrungsmittel der Bevölkerung in den ägyptischen Besitzungen des Sudans, die fünf mal größer sind als ganz Italien, und auch die tägliche Nahrung unserer Waisenkinder und Schüler beiderlei Geschlechtes in Nuba. Für Durrah, wie gesagt, zahlten wir auf den Märkten in Khartum bis zu 108 Franken für ein Ardeb, während früher ein Ardeb normalerweise 4 bis 6 Franken kostete. Der Österreichisch-Ungarische Konsul sagte mir, dass er bis zu drei Taler für ein Rub bezahlt habe, das sind ungefähr 336 Franken für ein Ardeb.


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Das Dokhon (penicillaria) ist eine Art Hirse, von dem sich die Leuete im Königreich Kordofan und im Darfur Reich ernähren. Auch die Schüler, Waisen, Flüchtlinge und Sklaven unserer drei Häuser im Kordofan essen täglich Dokhon. Ein Ardeb Hirse ist von normalerweise drei Talern auf siebenunddreißg angestiegen. In Darfur wurde dafür bis zu 140 Taler für das Ardeb bezahlt, also sechsundvierzig Mal der normale Preis. Das Gleiche traf für das magere, kraftlose und anekelnde Feisch von zu Skeleten abgemagerten Tieren zu, das um das Zehn- oder Zwölffache angestiegen war. Noch schlimmer sah es in Ghebel-Nuba aus, wo auch noch das Salz ausging. Man musste sich lange mit so ärmlichen Lebensmitteln ohne Salz zufrieden geben.

Aus alldem ist ersichtlich, dass einem großenTeil der afrikanischen Bölkerung der armen Klasse die Lebensexistenz fehlte. In sehr vielen Ortschaften habe ich mit meinen eigenen Augen die extreme Armut der Bevölkerung gesehen, die durch den Hunger dezimiert worden war. Die Leute mussten mit Gras, Heusamen und sogar mit Exkrementen von Kamelen und anderen Tieren ihr Leben fristen.


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Aus dieser kurzen Übersicht kann sich Eure Eminenz gut meine Herzensängste und große Verlegenheit vorstellen. Musste ich doch neben den Instituten von Verona und Großkairo auch noch unsere Niederlassungen im Vikariat erhalten und mit Lebensmitteln versorgen. Dort arbeitet nicht nur einheimisches Personal, sondern auch europäische Schwestern, Missionare und Laienbrüder, die in jenem fast unerträglichen, afrikanischen Klima bei der anstrengenden, apostolischen Arbeit auch eine ordentliche Nahrung brauchten. Die Oberin der Schwestern vom hl. Joseph im Kordofan, die vom Fieber geschüttelt wurde, glaubte mit ein wenig in Wasser eingeweichtem Weizenbrot zu Kräften zu kommen. Man suchte in der ganzen Stadt um etwas Brot aber ohne Erfolg. Schließlich brachte ein großherziger, jüdischer Händler ein Stück. Die Schwester nahm es zu sich, aber die Krankheit raffte sie doch hinweg. Um den Niederlassungen von Kordofan Weizenbrot zu schicken, kaufte der verstorbene D. Antonio Squaranti um teuren Preis 20 Ardeb Weizen. Er ließ ihn in Khartum mahlen und suchte dann Kamele, um das Mehl nach Kordofan zu transportieren. Ich bemühte mich überall und schaltete auch die wichtigsten Händler und sogar den Generalgouverneur vom Sudan ein, um Kamele für den Transport aufzutreiben.


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Aber vergebens! Einmal fehlten die Kamele, ein anderes Mal die Kameltreiber, denn fast alle waren tot oder krank oder unterernährt oder hatten hohes Fieber. Das Mehl blieb vier Monate lang in Khartum liegen und unsere Missionare und Schwestern der drei Niederlassungen in Kordofan konnten monatelang kein Weizenbrot essen und mussten wie alle Eingeborenen des Landes mit Dokhon Vorlieb nehmen


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Das ist aber nur ein Schatten der extremen Armut, die diese unglücklichen Länder heimgesucht hat. Dazu kam der Durst, eine viel schrecklichere Geißel als der Hunger, der die weitab von den großen Flüssen, dem Nil, dem Weißen Nil und der Bhar-el-Ghazal liegenden Felder und Äcker vollends zerstörte, die normalerweise nur während der jährlichen Regenfälle im Juli, August und September bewässert werden. Das Jahr 1877 war das regenärmste, von dem die Geschichte Zentralafrikas Kenntnis hat. Die Felder wurden buchstäblich von der sengenden Hitzewelle ausgedörrt und die Weiden von der Sonne verbrannt. Als Folge davon vertrockneten alle Zisternen und Tiefbrunnen im Kordofan und Darfur, die in der Regel eine Tiefe von zwanzig, dreißig, vierzig und sogar noch mehr Metern haben. Auch die beiden großen Brunnen unserer Niederlassungen in der Hauptstadt von Kordofan trockneten aus. Ich denke noch mit Schaudern an das schreckliche Desaster, das der Durst und die Trockenheit unter dem Vieh und der Bevölkerung in Darfur und Kordofan angerichtet haben. Ich gehe nur kurz auf den Wassermangel in El Obeid und Malbes ein, wo wir drei wichtige Missionen unterhalten.


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Obwohl unsere Missionen nicht selten von unserem Prokurator Giorgi Papa, dem einen oder anderen Katholiken wie dem ausgezeichneten Herrn Ibrahim Debbane von Syrien und sogar von manchem Muslim, der unsere Arbeit schätzte und uns mit Wasser versorgte, unterstützt worden sind, waren auch wir gezwungen, es zu einem hohen Preis zu kaufen zum Leidwesen unserer schwachen Finanzen. Man musste mit dem Trink- und Kochwasser sehr sparsam umgehen. Mancher Missionar sparte das Wasser auf, mit dem er sich am Morgen das Gesicht gewaschen hatte, um untertags seinen Durst löschen zu können. Wasser für den perönlichen Gebrauch musste gut dosiert werden. Man kam so weit, sich am Morgen nicht mehr das Gesicht zu waschen, um etwas Wasser untertags gegen den größten Durst zu haben. Mehr als vier Monate lang konnte man aus Wassermangel die Wäsche nicht mehr waschen. Als es in der Hauptstadt von Kordofan fast kein Wasser mehr gab, musste der Großteil des Personals von den großen Niederlassungen nach Malbes in die von uns gegründete landwirtschaftliche Kolonie gebracht werden, wo es noch etwas Wasser gab, aber es fehlten dort fast vollständig die Lebensmittel. Wenn sie am Morgen etwas zu sich nahmen, gab es kein Mittagessen, und wenn man ein kleines Mittagessen einahm, gab es kein Abendessen.


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Sie sollten wissen, dass die großzügigen Spenden der vielen Wohltäter in Europa nicht genügten, um die so knappen und armseligen Lebensmittel zu kaufen. Es ist unmöglich, mit Worten die großen Entbehrungen der Missionare, der Schwestern und des Personals von unseren Missionen zu schildern. Kinder, Schüler und Mädchen liefen zu den Missionaren und Schwestern, um ein bisschen Wasser zu erbitten, denn sie brannten vor Durst. Da man ihre Wünsche nicht erfüllen konnte, weinten die armen Kinder und erweckten das Mitleid der Steine: sie wetteiferten brüderlich untereinander, damit jeder vom schmutzigen Wasser aus dem Becken, in der sich der Missionar oder die Schwester gewaschen hatte, einen Schluck nehmen konnte. Ich möchte noch mehr erzählen… aber die Schreibfeder fällt mir aus der Hand… Gott hat die Opfer und Entbehrungen unserer Missionare und Schwestern unter einem so lähmenden und heißen Klima im Buch des Lebens verzeichnet.


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E ciò che operavano le nostre Suore, è mirabile d'innanzi a Dio. Alle tre e mezza del mattino sovente Suor Arsenia Le Floch della Bretagna, Superiora dello stabilimento femminile con altra giovane e laboriosissima Suora, si partiva da casa con alcune borme (vaso di terra contenente dai tre ai quattro litri); e dopo fatte a piedi quattro o cinque ore di cammino, giungeva sotto un sole cocentissimo sull'orlo di un pozzo lontano; e dopo aver aspettato il suo turno, facendo aspra contesa con quei barbari custodi dei pozzi, e venendo talvolta alle minacce, riusciva ad avere con incredibil fatica dell'acqua nera, fangosa, sucida, salmastra e ributtante, che essa pagava tre, quattro ed anche cinque franchi alla borma, cioè a più caro prezzo che il vino in Italia; e poi rifacendo a grande stento il medesimo cammino le due Suore se ne ritornavano alla missione, ov'erano ansiosamente aspettate per distribuire a ciascuno piccola e misurata quantità di acqua per dissetarsi. Alle tre o tre e mezzo di sera si rifaceva sovente lo stesso cammino a piedi, e spesse volte caricando l'acqua sopra un asino smunto dalla fatica, che ad ogni istante cadeva; e si ritornava a notte avanzata, e talvolta a mezzanotte alla missione.


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In einiger Entfernung von unserer landwirtschaftlichen Kolonie gelang es den Missionaren und Schwestern mit großer Mühe, einen Tiefbrunnen zu graben, der etwas schmutziges und schlammiges Wasser hergab. Bei Nacht bewachten ihn zwei stämmige, afrikanische Katechumenen, um zu verhindern, dass durstende Diebe gewaltsam Wasser holten, um es dann mit Gewinn weiterzuverkaufen. In Malbes besass die Mission drei Kühe, denen man zweimal in der Woche Wasser zum Trinken gab. Aber was half es? Brennend vor Durst und ganz abgemagert gaben sie bald keine Milch mehr. Aber auch solange sie noch etwas Milch gaben, erhielt der Einzelne kaum etwas davon.


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In der landwirtschaftlichen Kolonie Malbes fehlte alles bis auf ein bisschen Wasser. Oft mussten einige von der Mission in die Hauptstadt El Obeid gehen, einerseits um etwas Wasser für die Unsrigen hinzubringen und andererseits Malbes mit einigen lebensnotwendigen Nahrungsmitteln zu versorgen. Die Reise dauert sieben Stunden und ist äußerst mühsam. Meistens musste man zu Fuß und unter sengender Hitze gehen oder nachts, wenn Diebe, wilde Tiere und Hyänen den Weg unsicher machten, sich manchmal auch brüllende Löwen näherten und den Reisenden Angst einjagten. Ich könnte viele schreckliche Ereignisse vom letzten Jahr aufzählen. Ich führe nur eines an.


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Als eines Abends in Malbes fast alle krank oder erschöpft daniederlagen und nichts hatten, um sich zu stärken und die Mission von El-Obeid dringend Wasser brauchte, bat eine unserer fleißigsten Schwestern, bewegt vom Mitleid ob so großen Missgeschickes und angetrieben von ihrer heroischen Nächstenliebe, inständig die Oberin um Erlaubnis und erhielt sie auch, Wasser zu suchen und es nach El Obeid zu bringen. Dort könnte sie den Durst unserer Leute stillen und gleichzeitig Nahrungsmittel für Malbes kaufen. Sie machte sich zu den Brunnen auf und nach den gewöhnlichen Schwierigkeiten mit den Brunnenhütern, konnte sie mit viel Mühe und um teures Geld zwei Gherba Wasser (große Krüge) kaufen. Sie lud die Krüge auf ein Kamel und machte sich zu Fuß mit einem erst kürzlich losgekauften Afrikaner auf den Weg in die Hauptstadt. Es handelte sich um eine sehr schwierige, siebenstündige Wegstrecke, die von wilden Tieren, Dieben und Mördern unsicher gemacht wird. Aber die Liebe überwindet alle Hindernisse. Sie macht sich voll Mut aber auch mit viel Angst auf den Weg, begleitet vom Heulen der Raubtiere und Hunde und vom Brüllen der Löwen, die sie erschauern ließ. Nachdem sie mehr als dreiviertel des Weges zurückgelegt hatte, fiel das Kamel erschöpft und entkräftet um.


[6353]

Mit kräftigen Peitschenhieben und Korbaschschlägen (1) versuchten die Schwester und der Afrikaner dem Kamel auf die Beine zu helfen, um weitergehen zu können. Aber jede Mühe war umsonst. Was nun tun? ... Sie besprachen die verschiedenen Möglichkeiten: Die ganze Nacht dort verbringen und sich der Gefahr aussetzen, von den Raubtieren zerrissen oder von Räubern überfallen werden; oder der Afrikaner bleibt allein zurück und die Schwester geht allein nach El Obeid. Dann könnten dem Afrikaner die zweiWasserbehälter weggenommen werden und die Schwester würde sich selbst größer Gefahr auszusetzen. Sie hatte große Angst.


[6354]

Eine Viertelstunde lang war die Schwester ratlos und zitterte. Dann aber dachte sie an die extremen Bedürfnisse der Unsrigen in Malbes und El Obeid, setze ihr Vertrauen auf den Gott der Liebe, der die Niedergeschlagenen tröstet, und an die Unbefleckte Jungfrau, die Zuflucht der Armen, und entschloss sich, den Afrikaner beim Wasser zurückzulassen und sich selbst allein auf den Weg zu machen, um Hilfe zu suchen. Es war eine dunkle Nacht und nur das schwache, drei oder vier Tage alte Neumondlicht erhellte die Dunkelheit. Plötzlich hört sie wütendes Gebell von Hunden, das auf die Nähe eines Dorfes hindeutete. Sie bleibt voll Furcht stehen, denn sich dem Dorf nähern, hieße von den Hunden zerrissen zu werden, die in jener Gegend sehr gefährlich aber von großem Nutzen sind. Andererseits aber muss sie um Hilfe rufen. So begann sie mit der ganzen Kraft ihrer Stimme in Richtung des Dorfes hin zu schreien, das von Hunden umgeben war: Ja Nas taälu! Ja Nas taälu! O Leute kommt! O Leute kommt! Nach ein paar Minuten sah sie zwei starke und behaarte Baggara (arabische Hirten) auf sich zukommen, die ihre herzzerreißenden Schreie gehört hatten und ihr zuriefen: "Wie kommt es, Frau, dass ihr euch allein hier in der Nacht befindet mit der Gefahr, von wilden Tieren zerrissen oder von Räubern ausgeraubt oder ermordet zu werden?“... und mit großer Zuvorkommenheit begleiteten sie die Schwester zu der Stelle, wo sie das Wasser zurückgelassen hatte. Sie fanden das Kamel in der Hocke und den Afrikaner neben ihm. Nach wiederholten und heftigen Peitschenhieben und mit Hilfe der kräftigen Arrme der zwei Männer konnten sie das Kamele auf die Beine bringen. Nicht genug damit, jene guten Afrikaner begleiteten die Schwester und ihren Begleiter und das Kamel bis nach El Obeid, wo sie um Mitternacht mehr tot als lebendig ankamen.


[6355]

O Eminenz, ich will Ihnen nicht die Qual unserer Missionare schildern, die die tägliche Messe nicht feiern konnten, da ihnen der Messwein fehlte, und so dieses für die geprüften Seelen so unaussprechlichen Trostes beraubt wurden. Mit dem bisschen noch vorhandenen Messwein konnten sie nur an Sonn- und Festtagen das heilige Opfer feiern. Nachdem der Messwein in der Hauptstadt von Kordofan ganz ausgegangen war, schickte ich ihnen von Khartum per Post etwas Wein in kleinen Fläschchen, damit sie die Messe feiern konnten. Natürlich konnten weder die Missionare noch die Schwestern Wein trinken, es gab nur immer schmutziges, salzhaltiges und ekelerregendes Wasser


[6356]

Umgeben von so viel Elend darf ich Ihnen, o Eminenz, feierlich versichern, dass sowohl die Missionare als auch die Schwestern glücklich und zufrieden sind und nie den Mut und den Eifer in ihrem schwierigen, kirchlichen Dienst verloren haben. Fest und unbeirrbar haben sie in ihrem schwierigen und heiligen Beruf auf ihrem Posten ausgehalten und sind inmitten von so vielen Entbehrungen und Opfern unermüdlich ihrer Arbeit nachgegangen, um für Christus Seelen zu gewinnen. Was am besten das Wirken der Gnade Gottes im heiligen und mühevollen Apostolat offenbart, ist die Tatsache, dass unsere Missionare und Schwestern nie unsicher noch erschüttert oder entmutigt worden sind angesichts der tobenden Stürme, inmitten der schwersten Krankheiten oder im Angesicht des Todes von so vielen ihrer Brüder und Schwestern. Sie haben unerschrocken und aufrecht dem schrecklichen Sturm ins Auge geschaut und immer auf Gott vertraut, der zuschlägt aber auch aufrichtet, Angst einjagt aber auch tröstet, und auf den göttlichen Erlöser, der nach seinem schmerzhaften Leiden und Tod glorreich auferstanden ist. Und ihr Opfergeist wird noch offensichtlicher, da sie selbst häufig vom Fieber erfasst und im heißen Klima von Mücken- und Insektenstichen Tag und Nacht gequält wurden. Kurzum, sie sind alle ohne menschlichen Trost unter der süßen Last des Kreuzes gestanden und haben mit Ausdauer, Mut und Hoffnung auf das Kreuz Jesu Christi, das unfehlbare Merkmal der Werke des Herrn, ausgehalten


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Zu all diesen Entbehrungen und Opfern, die alle unsere Missionare und Schwestern gemeinsam getroffen haben, ist mir und meinem frommen Generalverwalter D. Antonio Squaranti ein anderes schweres Kreuz aufgebürdet worden, nämlich die hohen Schulden von 46.784 Franken, die wir vorgefunden haben. Dazu kommen Schulden von mehr als 14.000 Franken, die wir machen mussten, um den dringenden Bedürfnissen der ständig zunehmenden Hungersnot gerecht zu werden und die Mission nicht zugrunde gehen zu lassen. Um 10.000 Franken haben wir eine Dampfmaschine kaufen müssen, um unseren Garten in Khartoum zu bewässern. Das war notwendig geworden, um zu verhindern, unser einziges fixes Einkommen zum Schaden der Mission zu verlieren, die Frucht von so vielen Mühen und harter Arbeit von mehreren Jahren. Wir befanden uns also vor einem Schuldenberg von mehr als 70.000 Franken.


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Das wird Euch genügen, o Eminenz! Desalb brauche ich nicht die vielen anderen Kreuze und Katastrophen aufzuzählen, die mein Herz mit Bitterkeit und Trauer erfüllt haben, um Euch meine kritische und trostlose Lage klarzumachen. Aber das ist noch nicht alles. Ein noch schlimmeres Unheil musste dazukommen, um meine Seele in tiefsten Schmerz zu stürzen.

Ende Juli 1878 begannen sich am Himmel dunkle Wolken zu bilden und Blitze und Donner drohten jene ausgemergelten Gebiete vollends zu zerstören. Bald begann es in Strömen zu regnen. Zwei Monate lang hat es so reichlich und ausgiebig geregnet, dass sich die Alten an nichts Ähnliches erinnern können. Die zwei Nilarme, das heißt der Weiße und Blaue Nil, sind so stark angewachsen, dass sie über die Ufer traten und unsere herrliche Niederlassung von Khartoum und sogar die Hauptstadt der ägyptischen Besitzungen im Sudan zu überschwemmen drohten. Während ein paar tausend Soldaten unter der Leitung der Militäringenieure um die Stadt herum starke Dämme errichteten, um das Hochwasser aufzuhalten und die Überschwemmung zu verhindern, bauten wir mit großtem Kräfteaufwand mit dickem Holz und tausenden von Dattelpalmzweigen aus unserem Garten sehr solide Dämme vor der Mission am Ufer des Blauen Nils. Nach drei Wochen ununterbrochener Arbeit waren die Stadt und die Mission sicher, so dass der reißende Strom keinen erheblichen Schaden angerichtet hat.


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Hunderte und Tausende von Häusern stürtzten ein, aber unser Haus hat standgehalten. Die Dämme oder Barrieren und Deiche haben viele Jahre lang die Mission vor Überschwemmungen geschützt.

Die Landarbeiter und Fellachen fingen gleich an, die wenigen vom katastrophalen Vorjahr übriggebliebenen Samen von Getreide, Durrah, Sesam, Gemüse und alles, was sie hatten, auszusäen. Obwohl die Bauern ganz entkräftet waren, bebauten sie alle ausgetrockneten Felder, die der Regen aufgeweicht hatte. Die Erde erholte sich und erbrachte in kürzester Zeit dank des ausgiebigen Regens eine so gute und ergiebige Ernte, wie schon lange nicht mehr. Alle glaubten, dass dank der neuen Ernte die schreckliche Hungersnot aufhören und die Fülle der zu erwartenden Lebensmittel sogar die Spuren des bisherigen, großen und schrecklichen Elends verwischen würde.


[6360]

Aber es kam ganz anders. Noch während der Regenfälle stürtzten Hunderte und Tausende von Häusern und Hütten der armen Eingeborenen ein, da sie mit in der Sonne gebrannten Ziegeln aus Erde oder Stroh oder leicht zerbrechlichem Schilfgras gebaut waren. Die armen Bewohner standen plötzlich auf der Straße, Tag und Nacht unter freiem Himmel, den heftigen Regenfällen oder der sengenden Sonnenhitze ausgesetzt, so dass die Unglücklichen, allen diesen Unbilden ausgeliefert, von heftigem und bösartigem Fieber befallen wurden, so dass viele Dörfer in jenen weiten Gebieten in kürzester Zeit mit Leichen jeden Geschlechts und Altersstufe übersät waren. Die wenigen Überlebenden wurden zu wandelnden Leichen und irrten um Hilfe bittend, bleich und abgemagert auf den Wegen und in der Wüste herum. Schrecken und Angst bemächtigen sich aller. Die fürchterliche Epidemie breitete sich in den Städten, Dörfern und auf dem Lande mit solcher Wucht und Heftigkeit aus, dass sich jenes Gebiet in kurzer Zeit in einen großen Friedhof verwandelt hatte.


[6361]

Wir sind Augenzeugen des Massakers, das jene schreckliche Epidemie in den Ortschaften angerichtet hat, die vom Weißen und Blauen Fluß und vom Nil bewässert werden. Innerhalb von einer Stunde, von einer halben Stunde, ja von zehn Minuten wurden Menschen vom Tode ereilt, die vorher noch völlig gesund waren. Auch einige unserer Katholiken fielen plötzlich diesem unerklärlichen Unwohlsein zum Opfer, das sich mit Fieberanfàllen verschiedener Art anzeigte. Oft blieb kaum genügend Zeit, die Krankensalbung und die Lossprechung in Todesgefahr zu spenden.

In mehreren Städten, Gemeinden und Dörfern fielen viele Menschen und ganze Familien, die im Vorjahr Hunger gelitten und jetzt von den ersten Früchten der reichen Ernte gegessen hatten, neben ihren Nahrungsmitteln in den Hütten oder Innenhöfen tot zu Boden. Berichte von glaubwürdigen Personen, die von ihren langen Reisen in den Ländern des Blauen und Weißen Flusses nach Khartum zurückgekehrt waren, versicherten mir, dass sie fast menschleere Städte und Dörfer vorgefunden hatten und die Häuser, öffentlichen Wege und Felder mit verwesenden Leichen übersät waren. Sie lagen neben der Ernte von Getreide, Durrah, Weizen und Sesam, die durch ihre tödliche Ausdunstungen die Epidemie über weite Gebiete ausgebreitet und überall Opfer gefordert hatte.


[6362]

Mit unseren fünf Schwestern des Instituts der Frommen Mütter des Negerlandes besuchte ich einige Städte und Dörfer zwischen Berber und Khartum. Ich hatte sie in Berber abgeholt, um sie auf dem Dampfer, den mir seine Exzellenz Gordon Pascha, Generalgouverneur der ägyptischen Besitzungen im Sudan, zur Verfügung gestellt hatte, nach Khartoum zu bringen. Bei früheren Besuchen betrachteten meine Augen ein dicht besiedeltes Gebiet, wo reichlich Lebensmittel und alle anderen Dinge vorhanden waren, jetzt aber fand ich es fast menschenleer und verlassen. Die wenigen ausgezehrten und abgemagerten Überlebenden glichen wandelnden Leichen, die sich von Saatgut, Heu, Gras, Nabak und Kameldung ernährten. Sie hatten keine Kraft mehr, die naheliegenden Felder zu bearbeiten, deren fruchtbare und unbebaute Erde bereits Heu, Pflanzen und Wildgras inmitten einer üppigen, lange nicht mehr gesehenen und herrlichen Vegetation hervorgebracht hatte. Die Hütten und Häuser waren fast vollständig zerfallen, das Vieh gänzlich verschwunden, die majestätische Stadt Shendi, die alte Hauptstadt der Könige von Nubien, und das weite Land von Temaniat fast menschenleer und zerstört, usw., usw. Wir verteilten hier und dort etwas Getreide und Almosen. Ich kann nicht beschreiben, wie dankbar jene unglücklichen Menschen waren.


[6363]

Es ist nutzlos, Eminenz, dass ich Ihnen noch genauere Einzelheiten von der trostlosen Situation erzähle, die durch die schreckliche Hungersnot und die vielen Toten in diesem wichtigen Gebiet meines Vikariats entstanden ist. Ich könnte Bände darüber schreiben. Ich möchte kurz zusammengefasst folgende vier Punkte berühren, für deren Wahrheit und Genauigkeit ich die volle Verantwortung übernehme. Meine maßvolle Darlegung spiegelt aber in keiner Weise die schrecklichen Wirklichkeit wider.


[6364]

1. Ein Großteil der reichen Ernte von Getreide, Weizen, Sesam, etc.. und eine bedeutende Menge von Durrah, die jene äußerst fruchtbare Erde infolge der außerordentlichen Regenfälle hervorgebracht hatte, wie schon angedeutet, konnte nicht eingebracht werden, da die Landarbeiter und Landbesitzer entweder verstorben oder arbeitsunfähig geworden waren, so dass jetzt während der noch laufenden, neuen Ernte die Hungernot in jenen Gebieten weniger schlimm ist aber doch noch anhält. Einige Großgrundbesitzer am Blauen Fluss haben die Regierung ersucht, Männer und Soldaten zu schicken, um die reiche Ernte einzubringen und dafür die Hälfte der Produktion oder mehr angeboten. Aber obwohl die Regierung mittellos geworden war, da sie in jenem Jahr nicht einmal ein Viertel der Grund- und Personalsteuern einheben und auch die Angestellten und das Militär nicht bezahlen konnte (so dass viele gezwungen waren zu stehlen und zu zerstören, um sich etwas zum Essen zu verschaffen), musste sie dieses großzügige Angebot abweisen wegen Arbeitermangel und der Folgen der Hungersnot und der Epidemie, die weithin das Verwaltungspersonal und das Militär dezimiert hatten.


[6365]

2. In einem Teil unseres Vikariates, das größer als ganz Italien ist, ist von Khartum nach allen Richtungen hin durch die Hungersnot und die Epidemien die Hälfte der Bevölkerung beiderlei Geschlechtes gestorben und die Hälfte der Tiere verendet.  

3. An mehreren anderen Orten des Vikariats sind drei Viertel der Bevölkerung und der Tiere umgekommen.

4. In mehreren Dörfern und großen Ortschaften im Südosten von Khartum ist nicht nur die gesamte Bevölkerung beiderlei Geschlechtes gestorben, sondern sind auch das Vieh, die Kamele, die Tiere und sogar die Hunde umgekommen, die wichtigen Wächter der öffentlichen Sicherheit in jenen unglücklichen Gebieten. Das haben mir mehrere Male Augenzeugen und der Apotheker der Regierung Herr Fahmi versichert, der für lange Zeit die katholische Mission bedient und mit viel Erfolg Typhus und die im Sudan vorkommenden Fieberanfälle behandelt hat.


[6366]

Anhand dieser kurzen Schilderung können Eure Eminenz beurteilen, welches Loch diese schreckliche, endlose Hungersnot und die Epidemien, die voriges Jahr unser geliebtes Vikariat heimgesucht hatten, in die Finanzen des ganzen Werkes gerissen haben, und welche Entbehrungen und Ängste unsere Missionare und Schwestern und das zahlreiche Personal unserer Niederlassungen ertragen mussten.


[6367]

Das ist aber noch nicht alles. Worunter ich aber besonders gelitten und was mich mit tiefer Trauer erfüllt hatte, so dass ich daran fast gestorben wäre, sind die Qualen und Schmerzen gewesen über die Entbehrungen, Krankheiten und Todesfälle von aktivem Personal der Mission und die daraus entstandenen, sehr tragischen Folgen. Aber so hat es die liebevolle und immer anbetungswürdige Vorsehung verfügt. Das hat aber, mit der Hilfe der göttlichen Gnade, keineswegs unseren Mut erschüttert noch die Kraft unseres Geistes erlahmt. Vielmehr haben  diese harten Prüfungen und fürchterlichen Katastrophen mächtig dazu beigetragen, unseren Geist zu stärken, unser ganzes Vertrauen auf die Barmherzigkeit Gottes zu setzen, der uns auf dem Weg des Kreuzes und des Martyriums vorausgegangen ist, und in unserer mühevollen und heiligen Berufung fest zu bleiben und auszuharren.


[6368]

Als die Regenfälle gegen Ende September langsam nachließen, erkrankten fast alle Mitglieder der Mission an hohem Fieber, das in Typhus ausartete, und an verschiedenen Arten von Unwohlsein. Bösartige Pocken und Flecktyphus haben das Leben vieler ausgelöscht. Alle Schwestern von Khartum wurden schwer krank. Sogar die überaus regsame und unermüdliche Schwester Saverina von der Normandie, die in den drei Jahren inmitten des mörderischen Klimas von Khartum nie krank gewesen war, wurde von heftigem Fieber ergriffen, das sie an den Rand des Grabes brachte. Fast alle Schüler und Waisenkinder des Mädcheninstituts erkrankten und viele von ihnen fielen der Krankheit zum Opfer. Alle Priester bis auf einen, alle europäischen Laienbrüder und fast alle Mitglieder des Knabeninstituts wurden von endlosem und hohem Fieber und von bösartigen Krankheiten befallen und viele starben.


[6369]

D. Policarpo Genoud wurde plötzlich von einem bösartigen Typhus erfasst und gab innerhalb von zwanzig Minuten seinen Geist auf. Die französische Schwester Henrietta, eine Blume von engelgleichen Tugenden und wahrer, heroischer Nächstenliebe, erkrankte im April an heftigem Fleckfieber. Sie war die letzte der neun Schwestern der verdienten Kongregation des Hl. Joseph von der Erscheinung, die als Opfer der Nächstenliebe mit ihrem Schweiß das unglückliche Afrika befruchtete und ihr Leben dafür hingab. Sechs fromme und ausgezeichnete, europäische Laienbrüder, unter ihnen der gute Ferdinando Bassanetti aus der Diözese Piacenza und Antonio Iseppi von Verona, starben einer nach dem anderen innerhalb von nur wenigen Tagen. Auch dreizehn unserer ersten einheimischen Schüler beiderlei Geschlechtes, gut ausgebildet und unterrichtet in unserer heiligen Religion und im Handwerk sind gestorben. In kürzester Zeit verwandelten sich unsere großartigen Niederlassungen in ebenso viele Krankenstationen und bald in ein großes Krankenhaus.


[6370]

Einige männliche Mitglieder des Instituts erholten sich, waren aber von den heftigen und qualvollen Krankheiten so geschwächt worden, dass ich sie auf einem großen Boot auf dem Nil zur Luftveränderung nach Temaniat und Ghebel Taieb schickte, in Begleitung des einzigen Priesters, der von der universalen Plage verschont geblieben war. Ich blieb allein in der sudanesischen Hauptstadt zurück, um die Sakramente zu spenden und für das viele Personal in der Mission und außerhalb der Stadt Khartum zu sorgen. Ich musste also gleichzeitig die vielen Aufgaben eines Bischofs verrichten und Pfarrer, Vikar, Oberer, Verwalter, Arzt und Krankenpfleger zugleich sein. Aber Gott hat mir eine mächtige Hilfe in den beiden äußerst tüchtigen Schwestern Saverina und Germana beigegeben, die selber von heftigen Fieberanfällen erschöpft waren. Die erste war fast ununterbrochen im Bett oder blieb wegen Unwohlseins in ihrem Zimmer, wurde aber ständig zu Rat gezogen, da sie das Fieber und den Typhus schnell diagnostizieren und sehr gut mit Kranken umgehen konnte.


[6371]

Als ich mich allein inmitten von so vielen Heimsuchungen befand und glaubte, die andere Schwester, Sr, Germana Assuad aus Aleppo, die fließend Arabisch spricht, auf den Tod vorbereiten zu müssen, sprang sie wie durch ein Wunder aus ihrem Bett und beseelt vom Geist erhabener Nächstenliebe, nahm sie vier Monate lang Tag und Nach unsagbare Mühen auf sich, um den Kranken beizustehen, sie zu pflegen und auf einen guten Tod vorzubereiten, soweit sie Arabisch, Italienisch und Französisch sprachen. Mit dieser mutigen und unermüdlichen Tochter der Nächstenliebe habe ich enorme Mühen und heftige Qualen geteilt. Sie ist allen alles geworden, vergaß sich selbst und war überall zugegen, wo Hilfe gebraucht wurde.


[6372]

Sie war nicht nur bereit, Wunden zu heilen, die Tränen der Unglücklichen abzuwischen und als äußerst fähige Krankenschwester Sterbenden beizusehen, sondern auch mit apostolischem Seeleneifer die Krankheiten der Seele zu heilen, jene zur Buße und Beichte zu ermuntern, die sich bis jetzt auf dem Weg des Verderbens befanden, die Katechumenen zu unterrichten, die Verirrten auf den Weg des Heils zu führen, die Unwissenden zu unterrichten und die Flamme des Glaubens und der Liebe Gottes in jenen zu entfachen, die bald vor dem Obersten Richter stehen würden. Oh! Wie viel Gutes hat Schwester Germana Assuad von Aleppo getan! Wie viele Tränen hat sie vergossen und wie viel Trost den unglücklichen Herzen gespendet! Welch kräftige Hilfe hat sie mir in meiner trostlosen Einsamkeit geleistet, die uns getroffen hatte. Welche Ängste haben wir miteinander ausgestanden, als wir unseren schwerkranken Missionaren, Schwestern und Laienbrüdern keine Erleichterung bringen und sie nicht einmal mit ein bisschen Fleischbrühe stärken konnten, da es unmöglich war, auch um viel Geld etwas Ähnliches aufzutreiben. Welche Not! Was für Kummer! Nur Gott kann das Ausmaß und die Intensität unseres Schmerzes ermessen.


[6373]

Aber das bitterste Leid und der heftigste Schlag, der mich belastet und in ein Meer von Bitterkeit und Trauer gestürzt hat, war der unersetzliche Verlust, den die Mission durch den Tod des unvergleichlichen D. Antonio Squaranti erlitten hat. Er war der rechte Arm des heiligen Werkes und mein wahrer Engel, der mir Rat und Trost gespendet hat. Gott hat ihn mir in seinem unerforschlichen aber immer liebevollen Ratschluss von der Seite gerissen, um ihm jene Krone aufzusetzen, die den Gerechten vorbehalten ist. Er war durch und durch loyal, rechtschaffen und von unvergleichlicher Treue, fromm, gelehrt, besonnen, angenehm im Umgang, demütig, gehorsam, setzte sich voll Eifer für die Ehre Gottes, das Heil der Seelen und für die Rettung von Nigrizia ein. Die Pfarrei St. Paul von Verona hat diesen würdigen Priester noch nicht vergessen wegen der großen Früchte, die sein priesterlicher Eifer dort hervorgebracht hatte. Ihr großer Eifer, Eminenz, hat ihn mir in großzügiger Weise zur Verfügung gestellt, um den frommen D. Alessandro Dalbosco in der Leitung der afrikanischen Institute von Verona zu ersetzen. In jenem wichtigen und sehr heiklen Amt hat er sechs Jahre lang ununterbrochen gezeigt, wie viel Weisheit und Energie er besaß und was für herrliche Tugenden diese Priestergestalt schmückten.  


[6374]

Nach meiner Bischofsweihe1877 hatte ich aus vielen und schwerwiegenden Gründen geplant, die ich hier nicht erwähnen brauche, ihn als Generalverwalter der zeitlichen Güter des Vikariats nach Zentralafrika mitzunehmen, mit der Absicht, ihn zu meinem Generalvikar zu machen, und später, sollten sich alle erwünschten Bedingungen erfüllen, ihn vom Heiligen Stuhl zu meinem  Koadjutor und späteren Nachfolger in der Leitung unserer mühevollen, schwierigen und geliebten Mission  ernennen zu lassen. Obwohl Don Antonio Squaranti während der Fahrt hart gearbeitet und große Mühen ertragen hatte, war er doch stets gesund und hatte gezeigt, dass er in seinem neuen und beschwerlichen Amt fest und unerschütterlich bleiben konnte.


[6375]

Während der heißen Monate Juni und Juli fühlte er sich schwach und müde, so wie alle Europäer besonders im ersten Jahr ihres Aufenthalts in Khartum erschöpft sind. Aber sobald die tropischen Regenfälle ansetzten, kehrte seine alte Energie zurück.

Als jedoch mit Beginn des neuen Kharif starke Regenfälle auf die Erde niederprasselten, die im vorigen Jahr durch die Sonne und Trockenheit glühendheiß und trocken geworden war, wurde ich mir sofort bewusst, dass wir einer todbringenden Jahreszeit mit schrecklichen Folgen und großen Katastrophen entgegengehen würden. Da ich diese wichtige Person nicht den gefährlichen Krankheiten und dem schädlichen Klima aussetzen wollte, schickte ich ihn sicherheitshalber nach Berber auf Luftveränderung. Auch die beschwerliche Reise hatte ihn geschwächt und überdies war er magenleidend, so dass er beim Essen vorsichtig sein musste. Ich beauftragte ihn gleichzeitig, die Missionen und die fünf Schwestern des Veroneser Instituts zu besuchen, die vor sechs Monaten dort angekommen waren. Er hatte diese mit der Mitarbeit der klugen Oberin für das apostolische Leben in Zentralafrika ausgebildet.


[6376]

Auf meinen Wunsch hin hat er sofort gehorcht, ohne zu merken, dass ich ihn vom Schauplatz der drohenden Gefahr entfernen wollte, um sich nicht der Gefahr auszusetzen. Er reiste gleich per Schiff in Begleitung eines syrischen Kaufmanns ab und innerhalb von dreizehn Tagen kam er am Fest des hl. Erzengels Michael in der Mission von Berber an, wo er in wenigen Tagen wieder vollständig hergestellt war. Mitte Oktober teilte er mir in einem Brief mit, dass er sich jetzt stärker und kräftiger fühle als jemals in Europa. Er sollte dort bleiben, bis ich ihn nach Khartum zurückrufen würde.


[6377]

In der Zwischenzeit tobte in Khartum die schreckliche Geißel der Epidemie, die ich bereits auf diesen Seiten erwähnt habe. Auch er hatte die traurige Nachricht von den Erkrankungen und den Todesfällen erhalten, die die Mission getroffen hatten. Ebenfalls beunruhigte ihn die Nachricht, dass ich mich für kurze Zeit allein auf dem Schauplatz der Trostlosigkeit befand, um die Sakramente zu spenden und den Sterbenden beizustehen, obwohl nach der Rückkehr der Genesenden nach Khartum auch der junge Priester von Neapel D. Carmine Loreto mitgeholfen hat. Dieser ist inzwischen wieder in seine Heimat zurückgekehrt.


[6378]

Als unser lieber Squaranti von meiner kritischen Situation erfahren hatte und dass in der Hauptstadt der ägyptischen Besitzungen im Sudan so viele unglückliche Menschen den priesterlichen Dienst benötigten, bestieg er ohne lange zu zögern mit dem Priester Vanni das erste arabische Boot, das nach Khartum abfuhr. Es war mit armen Leuten so überfüllt, dass sich die beiden Missionare kaum bewegen konnten. Ich schweige über die zwei Wochen lang andauernden Entbehrungen. Am elften Tag befiel D. Squaranti ein sehr heftiges Fieber. Da die beiden wegen ihrer überstürzten Abreise vergessen hatten, Medizinen und Chinin mitzunehmen, erfasste ihn das Fieber am elften und zwölften Tag mit immer größerer Vehemenz. Am letzten Tag wurde es so stark und unerträglich, dass er fast gestorben wäre. Er hatte sein Leben dem Herrn bereits voll und ganz aufgeopfert und bereitete sich auf die große Reise vor, als er in Khartum ankam.


[6379]

            Ich war bestürzt, als ich ihn nach nur vier Tagen Fieber so ausgezehrt und erschöpft sah. Obwohl er sehr schwach war, hoffte ich in meinem Herzen ihn zu retten. Wir taten unser Bestes, ihn liebevoll zu pflegen, konsultierten Ärzte, reichten ihm die besten Arzneien und ließen nichts unversucht, ihm Erleichterung zu bringen und sein Leben zu verlängern. Zwölf Tage nach seiner Ankunft in Khartum, gestärkt mit allen Segnungen unserer heiligen Religion, vollkommen ruhig und ergeben, mit heiterem Gesicht und durchdrungen von der göttlichen Liebe, ist er um 7 Uhr nachmittags, am 16. November 1878 in die Arme seines Schöpfers geflogen, um den Lohn für seine erhabenen Tugenden zu empfangen. Der Held der Nächstenliebe, der mir auf dem Schauplatz einer der größten Katastrophen zu Hilfe eilen wollte, um sich ganz für die Rettung der Seelen in einer so gefährlichen Lage zu opfern, hat seinen Tod herbeigeführt, der uns in ein Meer von Trostlosigkeit und Leid versenkt hat.


[6380]

Dieser außerordentlich schwere und beklagenswerte Verlust des rechten Arms der Mission, die enormen Anstrengungen, der Kummer und das Unheil aus heiterem Himmel, so viel Ängste und Herzeleid, deren Beschreibung viele Seiten füllen würden, haben meine robuste Konstitution und Gesundheit stark angegriffen und geschwächt. Nachdem ich viele Monate die erdrückende Last von so vielen Kreuzen und Ängsten getragen hatte, ohne jemals weder bei Tag noch bei Nacht eine volle Stunde innerhalb von vierundzwanzig Stunden schlafen zu können, hat mich am 16. Januar 1879 heftiges Fieber befallen, das meine Kräfte aufgezehrt und mich in einen beklagenswerten Zustand versetzt hat, nachdem ich vorher ans Krankenbett eines unglücklichen, reichen, heterodoxen Kaufmanns gerufen worden war. Dieser war am Morgen noch in bester Gesundheit seinen Geschäften nachgegangen und hatte am Abend seinen Geist aufgegeben.


[6381]

Aber sollte das Herz des apostolischen Missionars vor solch furchtbaren Katastrophen verzagen und unter der Last von so viel Unglück zusammenbrechen? .. Niemals! Das Kreuz ist der Königsweg, der zum Triumph führt. Das Heiligste Herz Jesu hat auch für die armen Afrikaner geschlagen.


[6382]

Der wahre Apostel weicht nie und auch vor den größten Hindernissen und stärksten Widersprüchen zurück und erleidet unerschrocken Sorgen und wütende Stürme. Auf dem Weg des Martyriums geht er dem Triumph entgegen. So wie unsere Mitbrüder, die Missionare von China, die der Tod und die erbarmungslosen Qualen unbeeindruckt lassen, werden auch wir unerschrocken die vielen Mühen, gefährlichen Reisen, schrecklichen Entbehrungen, das langsame Martyrium des heißen Klimas, das starke Fieber, die härtesten Opfer und auch den Tod auf uns nehmen, um die Menschen von Zentralafrika für den Glauben zu gewinnen, um sie alle im wohltuenden Schatten des einen Schafstalls Christi zu versammeln. 


[6383]

Doch während wir als bescheidene Arbeiter im unglücklichen Afrika unerschrocken die gewaltigen Opfer und Katastrophen unseres schwierigen und mühevollen Apostolats ertragen, müssen wir dem Beispiel unserer ehrwürdigen Mitbrüder und Apostolischen Vikare von China, der Mongolei und Indien folgen und vor unseren großherzigen Wohltätern unsere Stimme erheben, um für unsere unglücklichen und immer geliebten Afrikaner um Hilfe zu erbitten, die noch unter der Last so vieler Übel stöhnen. Clamat penuria pauperum, clamant nudi, clamant famelici (hl. Bernhard, Epist. XLII).


[6384]

Die Hungersnot, die Seuchen! Der Hunger, der Durst! ... furchtbare Worte, schreckliche Übel, sehr schmerzhafte Geißeln! ... Von David, der erblasst und zittert bei der Drohung des Propheten Gad:  veniet tibi fames in terra tua ... erit pestilentia in terra tua (II. Kön XXIV.13). Ich glaube, dass nur selten jemandem schon beim Hören solcher Worte temperet a lacrymis (Virgil) der Puls höher geschlagen und seine natürlich christliche Seele nicht aufgeschrien hätte: Libera nos Domine! Wie wird es dann erst zugehen, wenn Hunger, Durst und Seuchen gemeinsam wüten, toben und im schon öden und trostlosen Land des verdammten Canaans Elend, Trostlosigkeit und Tod verbreiten?


[6385]

Dann wird man das pandetur malum super omnes habitatores erleben (Ier. 1.14). Mein Geist, für kurze Zeit erschüttert, weigert sich noch, den ganzen Ruin und die Verwüstung, die ich auf diesen Seiten beschrieben habe, in Erinnerung zu rufen, die Hunger und Not in meinem ausgedehnten Vikariat ausgelöst haben, deren Augenzeuge ich teilweise gewesen bin. Ich habe an die bittere Geschichte erinnert, die des  Mitleids und der Tränen würdig ist, denn quod non audeo ego, audet et caritas, caritas et cum fiducia charitas pulsat ad ostium amici, nequaquam putans pari se debere  repulsam (Hl. Bernhard, Epist. XI). Ich spreche im Namen der armen Afrikaner, für die Nackten und hungrigen Kinder vom Inneren Afrikas, Propter nomen Domini Dei nostri quaesivi bona tibi. Voll Vertrauen in jene Liebe bona mater charitas... diversis diversa exhibens, sicut filios diligit universos (Hl. Bernhard, Epist. II), für die armen Afrikaner und das heilige und erhabene Apostolat von Zentralafrika werde ich sprechen und weinen zugleich.


[6386]

Die zivilisierten Nationen von Europa und Amerika, und in besonderer Weise die Bischöfe und großzügigen, eifrigen Katholiken von Frankreich, der österreichisch-ungarischen Monarchie, von Deutschland, Italien, England, Belgien usw. zeigten sich tief erschüttert, als sie von der schrecklichen Geißel des Hungers und der Not hörten, die seit einigen Jahren mehrere große Provinzen in China, Ostindien, der Mongolei, Afrika und andere Missionen heimgesucht hatte. Angetrieben von der edelsten Nächstenliebe und des zartesten Mitgefühls den vielen, unglücklichen Menschen gegenüber, wetteiferten sie untereinander, um den armen Brüdern zu helfen. Wir Bischöfe und Apostolischen Vikare der auswärtigen Missionen unter den Ungläubigen werden uns dem ehrwürdigen, katholischen Episkopat und den großzügigen Wohltätern Europas ewig erkenntlich zeigen, die uns so viele Hilfsmittel zukommen ließen. Von unseren Missionen wird täglich der duftende Weihrauch der eifrigen Gebete unserer lieben in der heiligen Taufe reingewaschenen Kinder zum Himmel aufsteigen und die Wolken durchdringen. Ja, unsere Neugetauften beten immer für unsere großherzigen Wohltäter.


[6387]

Ohne jedoch jenes trostlose Bild des Hungers und des Grauens, die die erwähnten, fernen Gebiete heimgesucht hatten, zu unterschätzen, die uns unsere ehrwürdigen Mitbischöfe und auch Konsuln und Vertreter der europäischen Nationen bei den ausländischen Regierungen beschrieben hatten, zögere ich nicht, meine bescheidene Meinung auszusprechen und nach reiflicher und gewissenhafter Prüfung folgende, schwerwiegende Behauptung aufzustellen, usw. usw.

Der Hunger und die Plagen sind in Zentralafrika viel schrecklicher und entsetzlicher gewesen als in China, Indien und allen anderen apostolischen Missionen der Erde. Hier sind die wichtigsten Beweise:


[6388]

1.. In Indien und China herrscht trotz Hunger und Not im Allgemeinen mildes und erträgliches Klima, das in einigen Provinzen bekömmlicher als in Europa ist. Zudem atmet man frische und reine Luft ein und trinkt klares, schmackhaftes und frisches  Wasser. Das milde Klima, die reine und frische Luft und das Wasser sind dort eine angenehme Erfrischung und eine große Ressource für die hungernden Menschen.


[6389]

In den meisten Ländern Zentralafrikas hingegen kommen zum Hunger und den Entbehrungen das unerträgliche Klima und die übermäßige und erdrückende Hitze dazu, auch in den Häusern und Hütten, wo man sich im Schatten schützen kann. In den endlosen Wüsten, wo der Missionar keinerlei Schutz oder Schatten findet, bewegt er sich unter den sengenden Sonnenstrahlen von 11 Uhr Vormittag bis 4 Uhr Nachmittag ohne etwas anderes zu sehen als trockenen Sand und den feurigen Himmel. Bei vierzig, fünfzig oder sogar sechzig Grad Hitze ist es nutzlos nach Erleichterung Ausschau zu halten und vollends unmöglich, oben erwähnte Ressourcen zu finden, die die Armen und Hungernden in Indien und China erfrischen.


[6390]

Mehr noch, in den weiten Regionen fernab von den großen Flüssen wie in Kordofan, Darfur, Ghebel Nuba oder bei den Stämmen im Inneren des Landes stellte sich die Geißel des Hungers gleichzeitig mit der noch schlimmeren Plage des Durstes ein. Das schmutzige, schlammige, salzige und anekelnde Wasser wurde aus dreißig bis vierzig Metern tiefen Brunnen geschöpft und teurer als in Italien der Wein verkauft. An manchen Tagen konnte man es um keinen Preis finden, da es keines gab. Wer kann mein Leid und das Ausmaß solcher Entbehrungen ermessen!

Auch der Mangel an Salz zum Würzen der Speisen darf nicht verschwiegen werden, was manchmal vorgekommen ist. Wenn Sie alle diese kritischen Umstände bedenken, die im Inneren Afrikas das Los der Hungernden verschärft haben, wird sich der erste Punkt meiner obigen Behauptung glänzend bewahrheiten, dass nämlich die Schwere, die den Hunger und die Not in Zentralafrika kennzeichnet und hervorhebt, viel entsetzlicher gewesen ist als in anderen Missionen der Welt.


[6391]

2. Ich habe in keinem Bericht über Einzelheiten der Hungersnot in Indien, China und anderen Teilen der Welt gelesen oder davon gehört, dass den Missionaren, Schwestern und Laienbrüdern aus Europa in jenen Teilen der Welt die Grundnahrungsmittel gefehlt hätten oder falls sie vorhanden waren, um das Zehn- Zwanzig- und Dreißigfache gestiegen waren, wie ich in diesem Bericht bereits erwähnt habe. Das ist aber in Zentralafrika geschehen. Unseren Missionaren, Schwestern und Laienbrüdern aus Verona fehlte in Kordofan und Ghebel Nuba sowie auch einigen Kaufleuten und Angestellten in Darfur, am Weißen Fluß und in Bhar-el-Ghazal tatsächlich das Brot. Für längere Zeit mussten sie sich mit viel Überwindung und Widerwillen von Dokhon ernähren, einer Art Hirse, die den botanischen Namen Penicillaria trägt. Für diese Hirse musste man in Darfur für ein Ardeb bis zu 140 Taler zahlen, also 636 Franken in Gold, während normalerweise ein Ardeb etwa 3 Taler kostete, etwa 15 Franken in Gold, das heißt, sechsundvierzig Mal teurer als gewöhnlich. Oh! Welches Leid spürte ich in meinem Herzen angesichts der Unmöglichkeit etwas zu tun, um dieser Katastrophe abzuhelfen. Wie traurig war ich über den extremen Mangel an Lebensmitteln in Kordofan. Niemand konnte die bescheidene Bitte der großherzigen Oberin von El Obeid Sr. Arsenia Le Floch erfüllen, ihr ein bisschen in Wasser aufgeweichtes Weizenbrot zu reichen, als sie auf ihrem Sterbebett stöhnte und sich beeilte, in den Himmel zu fliegen. Die Entbehrungen und die Not der meisten armen Einheimischen übersteigen jede Vorstellung und jedes Ausmaß. Sicher befindet sich kein Land der Welt in einem so elenden Zustand wie der Großteil von Zentralafrika.


[6392]

3.  Ich habe auch nie in Zeitungen und in Jahresberichten der Missionen von Indien, China und anderen Teilen der Welt gelesen oder davon gehört, dass Hunger, Durst und die Epidemien jenes schreckliche Sterben zur Folge hatten, das ich in diesem kurzen Bericht geschildert habe. In weiten Gebieten vom Sudan ist der Großteil der Stämme dem Tod zum Opfer gefallen. In einigen Ortschaften nahe der Hauptstadt der ägyptischen Besitzungen im Sudan ist die Hälfte, ja bis zu drei Viertel oder die gesamte Bevölkerung gestorben. Das Gleiche gilt von den Tieren. Sogar die Hunde sind zum Großteil umgekommen, obwohl sie hier äußerst widerstandsfähig sind und einen wichtigen, öffentlichen Sicherheitsdienst gegen Diebe, Mörder und wilde Tiere erfüllen.


[6393]

4.. In Indien und China gibt es eine weit fortgeschrittene Industrie und eine sehr alte Kultur und Zivilisation. Ohne auf andere Argumente einzugehen, weise ich darauf hin, dass uns die großen Weltausstellungen, die wir seit 25 Jahre in London, Paris, Philadelphia und Wien bewundert haben, uns eine großartige Idee von den großen Fortschritten der Industrie und Kultur in den Reichen des Fernen Ostens vermittelt haben. Was die Mechanik und die indischen und chinesischen Bauten anbelangt, kann man sagen, dass sie in gewisser Hinsicht mit dem zivilisierten Europa wetteifern. Dort gibt es neben der Hungersnot und dem Elend ein mildes Klima, gesunde Luft und frisches Wasser, bequeme Häuser und gut gebaute Wohnungen, in denen man sich vor den Wetterunbilden der Jahreszeiten, den heftigen Regenfällen und den Sonnenstrahlen schützen kann.


[6394]

Im gesamten Vikariat von Zentralafrika, mit Ausnahme der Stadt Khartum, die seit der Gründung der katholischen Mission einige aus Steinen und gebrannten Ziegeln erbaute Häuser besitzt, nach dem Beispiel der Niederlassungen der Mission und unserer Residenz, die als erste nach europäischer Art errichtet wurden, in ganz Zentralafrika, wie gesagt, gibt es kein einziges nach europäischer Weise gebautes Haus aus Steinen oder gebrannten Ziegeln. Die wenigen Häuser der Großen und Wohlhabenden sind aus Sand oder Lehm oder aus an der Sonne gebackener Erde gebaut, die so leicht sind, dass sie nur kurz halten und nach nur wenigen Regenperioden im Kharif in sich zusammenfallen und sich auflösen. Diese, sagte ich, gehören den privilegierten und reichen Familien der wichtigsten Städte, wo ein Pascha oder ein Provinzgouverneur residiert.


[6395]

Die meisten Häuser der Mittelklasse in Zentralafrika sind aus Stroh oder Schlamm gebaut. Der Großteil der armen Bevölkerung hat entweder nur einige einfache Hütten für die Unterkunft bei Nacht oder während der jährlichen Regenzeit oder sie hocken in Höhlen oder unter Bäumen. Vielen fehlt aber auch diese Unterkunft und sie müssen deshalb unter freiem Himmel und ohne Unterschlupf schlafen, um sich vor der Tageshitze oder vor dem Regen zu schützen. Es muss der schwerwiegende Umstand hinzugefügt werden, dass fast alle Afrikaner* des Landesinneren stets auf der blosen Erde schlafen, mit Ausnahme der Häuptlinge oder der Wohlhabenden, die sich auf eine Kuh- oder Tigerhaut oder auf andere Tierhäute hinlegen. Die meisten tragen überhaupt nie eine Bekleidung, weder während der Tageshitze noch während der oft rauhen und kalten Nächte, weder bei pfeifendem Wind noch während der feuchten Jahreszeiten, die oft tödliches Fieber und schwere Krankheiten verursachen.


[6396]

Aber nicht nur die Armen haben in jenen entlegenen Gegenden keine Unterkunft, sondern während der Regenzeit auch die Besserstehenden nicht: denn im Verlauf der heftigen, jährlichen Regenfälle zerfallen viele Häuser, da sie aus Zweigen, Stroh, Sand, Schlamm oder aus sonnengebrannter Erde gebaut sind, und wie Zucker oder Schokolade zergehen, sobald das Wasser in sie eindringt. Ein Großteil der zentralafrikanischen Bevölkerung ist also den Regenfällen und jedem Unwetter schutzlos ausgesetzt, der Kälte bei Nacht und der Hitze am Tag, so dass viele dieser Unglücklichen krank und angesteckt werden, und ihr armseliges Leben mit einem noch armseligeren und elenderen Tod beenden.


[6397]

Ermesst, o Eminenz, die Größe der Leiden von so vielen, unglücklichen Völkern Afrikas, die unter Hunger, Durst, Hitze, Kälte und Wind leiden und allen Unwettern der verschiedenen und gefährlichen Jahreszeiten ausgesetzt sind. Sie sind ohne Unterkunft und Schutz und fallen vielen und gefährlichen Krankheiten zum Opfer. Vergleichen Sie diese armseligen Bedingungen und Umstände mit den viel milderen und vorteilhafteren der Völker von Indien und dem Fernen Orient. Die Wahrheit der von mir oben gemachten Behauptung, dass der Hunger und die Plagen in Zentralafrika weitaus schrecklicher und beängstigender waren als jene von Indien, China, der Mongolei und aller anderen apostolischen Missionen der Welt, wird in hellem Licht erscheinen.


[6398]

5.  Der fatale und sehr verderbliche Irrtum der fatalistischen Sekte des Islams, die extreme Ignoranz und die gewohnte Situation der armen Afrikaner, die unter dem eisernen Joch der grausamsten und schrecklichsten Sklaverei stöhnen, verschlimmern zusätzlich die armseligen Lebensbedingungen der unter der Hungersnot leidenden Menschen von Zentralafrika im Vergleich mit jenen von Indien, China und anderen Missionen der Erde. Der muslimische Fatalismus und die extreme Ignoranz der armen und verrohten Afrikaner, die unter der Last der Skalverei leben, ist eine der hauptsächlichsten Gründe, warum sich der hungrige Afrikaner selbst nicht um sein Unglück und seinen elenden Zustand kümmert, auch nicht um seinen Hunger, den Durst, die Entbehrungen und Krankheiten oder um die Gefahren, die sein Leben umgeben. Noch viel weniger kümmert sich die Gesellschaft um ihre afrikanischen Brüder, die vom Aberglauben des Fatalismus beherrscht werden, unter denen er lebt. Der hungrige, mittellose Muslim, der sich nicht mehr satt essen und sein Leben nicht mehr fristen kann (und noch mehr der afrikanische Sklave, der von seinem Herrn so erzogen wurde), und vom harten Gesetzt des Fatalismus tief überzeugt ist, demzufolge er sein gottgewolltes Schicksal auf sich nehmen muss, dass heißt, dass er auf alle Fälle sterben muss, da ihn Gott dazu bestimmt hat, bleibt ruhig und gelassen. Er jammert nicht, beunruhigt sich nicht und ergibt sich vollständig seinem Schicksal. Er kümmert sich um nichts, unternimmt nichts, um Abhilfe zu schaffen und das schreckliche Unheil von sich abzuwenden. Als Opfer seines Fatalismus sitzt er oft vor der Tür oder neben seiner Wohnung oder hinter einer Hütte oder unter einem Baum. Dort erwartet er gleichmütig und kaltblütig den Tod und ruft mit seinem Propheten aus: Allah Kerim, das heißt: Gott gebührt Ehre!


[6399]

Aus dem gleichen Prinzip und Motiv heraus spüren seine Familie, seine Geschwister und seine Heimat angesichts einer Katastrophe wegen desselben Fatalismus kein Mitleid, da sie diese für vorherbestimmt und von Gott gewollt halten, schlagen keinen Lärm noch bemühen sie sich, das große Missgeschick abzuwehren. So kommt es vor, dass eine Stadt oder ein Dorf großes Ungemach trifft, ohne dass es die öffentliche Meinung bemerkt oder davon Notiz nimmt oder sich bemüht, das Unheil abzuwenden oder sich ihm zu widersetzen. In Indien, in China und in anderen Missionen der Welt sind die Menschen in der Regel kontaktfreudiger, gebildeter, höflicher und fleißiger. Wer von der Hungersnot oder von irgend einem Unheil getroffen wird, setzt sich ein, bemüht sich und tut alles, um das Unheil zu verhindern. Die Familie, die Verwandten, Freunde und Mitbürger stehen ihm zur Seite. Das menschliche und menschenfreundliche Gefühl wird wach und gewinnt die Oberhand, so dass der Unglückliche bei seinen Leuten Trost und Hilfe findet.


[6400]

Das Los der Hungernden und Unglücklichen ist daher in jenen großen Reichen nicht so schlimm und weniger hart.   

Jene Regierungen, die man in gewisser Hinsicht als normal bezeichnen kann, weil sie mit den Großmächten Europas und Amerikas diplomatische Beziehungen unterhalten, haben große Anstrengungen unternommen, um den von der Hungersnot Betroffenen zu helfen. Sogar die indischen Prinzen und Prinzessinnen und die Mandarine von China stellten großzügig Hilfsmittel für sie zur Verfügung. Vor allem die Regierung der Königin von England und Kaiserin von Indien kam ihnen mit großen Spenden zu Hilfe. Auch die Regierungsbevollmächtigten, Konsuln und akkreditierten Vertreter der zivilisierten Nationen bei jenen Regierungen rührten sich und setzen sich mächtig für sie ein.


[6401]

In Zentralafrika kümmern sich die Lokalbehörden überhaupt nicht um ihre Untergebenen bei Unglücksfällen und Katastrophen. Ihr einziger Gedanke ist normalerweise, die Menschen aussaugen zu können und so viele Abgaben wie möglich einzuziehen, wenn nötig auch mit Gewaltanwendung. Die einzige, wohlmeinende Persönlichkeit voll des guten Willens und fähig, in diesem Ungkück wirksame Hilfe zu bringen, wäre der Generalgouverneur Gordon Pascha der ägyptischen Besitzungen im Sudan gewesen. Aber er war zu der Zeit, als die Hungersnot am schlimmsten wütete, abwesend. Und als er nach Khartum zurückkam, war es ihm unmöglich, substantielle Hilfe anzubieten, da er in jenem Jahr von den Provinzen keine Steuern einheben konnte und ihm so die Mittel fehlten, das Heer und den Ver-waltungsapparat in jenen weiten und entfernten Besitzungen zu erhalten. Aus diesen Gründen musste er viele von seinen Angestellten entlassen und die Reihen des einheimischen ägyptischen Heeres lichten, da er ihnen kein Gehalt auszahlen konnte. Als Folge davon begannen viele von denen, die entlassen oder nicht bezahlt worden waren, zu stehlen und gewalttätig zu werden unter dem Vorwand, überleben zu können und nicht zu verhungern.


[6402]

Schließlich ist in Indien, in China, in der Mongolei und in anderen Missionen die schreckliche Geißel des Hungers nicht so unerwartet hereingebrochen. Die Bischöfe, die Apostolischen Vikare und die Missionare haben ihre Stimme mit großer Autorität erhoben, die in den Ohren der großherzigen Wohltäter Europas viel Echo gefunden haben. Dank der Güte Gottes erhielten sie reichlich Hilfsmittel. In Zentralafrika hingegen bin ich der einzige und alleinige Bischof und Apostolische Vikar. Nur ich bin in der Lage gewesen, leider viel zu spät, meine Stimme zu erheben, als sich bereits alle mit Leib und Seele den Hungrigen in Indien zugewandt hatten und alle auf China, die Mongolei und die anderen in Mitleidenschaft gezogenen Missionen der Welt blickten.


[6403]

Aber meine Stimme war schwach und die einzige. Mein Angstschrei ist zu spät gehört worden. Obwohl viele und rechtzeitig angekommene Hilfsmittel von großherzigen und frommen Wohltätern die Ängste meines Gemüts gemildert und die extremsten und größten Notfälle behoben  haben, ist es ihnen jedoch nicht gelungen, den dringendsten Verpflich-tungen nachzukommen. Jedoch die Barmherzigkeit Gottes hat dank der großmütigen Nächstenliebe der Wohltäter die mühsamen und wichtigen Missionen des Vikariats aufrecht erhalten, viele Seelen gerettet und extreme Notfälle behoben. Die Missionare, Schwestern, Laienbrüder und Mitarbeiter in unseren Missionen sind standhaft geblieben und haben mit unerschütterlicher Ausdauer, Mut und Ergebung große Entbehrungen und Opfer ertragen. Wir haben sehr viel gelitten, sind aber froh und zufrieden, denn der Herr hat sich gewürdigt, uns an seiner Passion teilnehmen zu lassen. Er hat uns mächtig geholfen, sein Kreuz, das göttliche Symbol der Auferstehung und des Lebens zu tragen.


[6404]

Obwohl das Vikariat von Zentralafrika immer noch an den Folgen dieser schrecklichen Katastrophe leidet, hegen wir doch die starke Hoffnung in unseren Herzen, dass dank der Gebete und Spenden unserer frommen, großzügigen und geliebten Wohltäter in Europa die beschwerliche und heilige Mission gereinigt und unversehrt aus den oben angeführten Katastrophen und Todesfällen hervorgeht. Diese haben in der zentralafrikanischen Geschichte nicht ihresgleichen und übertreffen bei weitem alle Schicksalsschläge, die das Vikariat seit seiner Errichtung am 3. April 1846 erduldet hat.


[6405]

Dies ist meine bescheidene und untergeordnete Meinung über die Hungersnot und die Plagen in Zentralafrika in den Jahren 1878-1879, die viel schlimmer und schrecklicher waren als die in Indien, China, in der Mongolei und in allen anderen apostolischen Missionen der Erde.

Diese einfache Übersicht über die Hungersnot und die Plagen in unserem Vikariat bezeugen ganz klar, dass die Mission von Zentralafrika ein göttliches Werk ist, da es wie die heiligsten Werke Gottes durch das anbetungswürdige Siegel des Kreuzes gekennzeichnet ist, das es von allem Anfang an in der jungen Kirche gegeben hat, um die verehrungswürdige Braut Christi zu erfreuen und zu verschönern.


[6406]

Die Mission verdient, Eminenz, Ihre hohe und mitleidvolle Schirmherrschaft und die Hilfe der großmütigen Wohltäter, die bis heute zu ihrer Gründung, Entwicklung und ihrem tröstlichen Wachstum beigetragen haben. In diesem großen Werk hat sich der Finger Gottes klar geoffenbart und ist sichtbar geworden. Die Stunde der Bekehrung der unglücklichen Völker von Zentralafrika hat geschlagen, die bis heute im Dunkeln und im Schatten des Todes schmachten. Es ist wahr, dass diese Mission die schwierigste und mühsamste der ganzen Welt ist. Das ist auch der Grund, warum der apostolische Eifer, von der Gnade und dem Willen Gottes inspiriert und unterstützt, dieses schwierige und mühsame Apostolat erst heute ermöglicht hat, das die ausgeprägtesten Tugenden, die schwersten Opfer und das Martyrium erfordert.


[6407]

Aber es ist auch wahr, dass in der Kirche der Eifer und die Nächstenliebe noch lebendig sind, um die göttlichen Werke zu leiten, zu erhalten und zur Blüte zu bringen, die die größere Ehre Gottes und das Heil der am meisten verlassenen und bedürftigen Seelen der Welt zum Ziel haben, trotz der Anstrengungen der höllischen Mächte, die sich mit teuflischer Absicht bemühen, die katholische Religion und ihr wunderbares Apostolat in der Welt auszulöschen und zu zerstören. Den Mächten der Unterwelt wird es aber nie gelingen, das Werk Gottes zu zerstören und in den Herzen der Katholiken das Feuer der großherzigen Nächstenliebe auszulöschen, die ihr Leben, Wachstum und Gedeihen schenkt und sie erhält.


[6408]

Es geht darum, hundert Millionen von unglücklichen Menschen aus der Barbarei und des Unglaubens zu befreien, auf denen noch der Fluch des Canaams lastet, und die Welt der Afrikaner zu gewinnen, die noch unter der schrecklichen Sklaverei stöhnen. Um diese Wiedergeburt Afrikas zu erreichen, betrachte ich es als erster Hirte, Bischof und Apostolischer Vikar von Zentralafrika als meine heilige Pflicht, an den Glauben und die Nächstenliebe aller Katholiken der Welt zu appellieren und gleichzeitig in die unfehlbaren Verheißungen dessen zu vertrauen, der gesagt hat: bittet und ihre werdet empfangen; sucht und ihr werdet finden; klopft an und es wird euch aufgetan werden. Alle mögen ein tägliches, inniges Gebet mit dem doppelten Zweck an Gott richten:


[6409]

1. Dass Gott aus dem Schoß der Kirche eifrige und heilige Verkünder des Evangeliums und fromme Mütter des Negerlandes beruft, die dem Apostolischen Vikar von Zentralafrika beistehen und ihm helfen, jene Menschen für Christus und seine heilige Kirche zu gewinnen


[6410]

2. Dass Gott aus dem Schoß der Kirche und der christlichen Zivilisation großzügige Wohltäter erweckt, die diesem großen, apostolischen Werk von Zentralafrika mit heiligen und reichlichen Spenden helfen, das hohe Ziel zu erreichen und in jenen weit entlegenen Gegenden alle notwendigen katholischen Werke zu errichten, um den Glauben und den göttlichen Kult zu erhalten, damit jene Völker Teil des großen Schafstalls Christi werden.


[6411]

Wie viele Verdienste werden jene von Gott erhalten, die diesem göttlichen Werk ihre kostbare Hilfe anbieten und anbieten werden! Sie werden das ewige Heil erlangen.

Wir erflehen vom Heiligsten Herzen Jesu, vom Herzen Unserer Lieben Frau und vom hl. Josef, dem glorreichen Patriarchen und Schutzpatron der Kirche, für alle unsere lieben Wohltäter viele Gnaden und den geistlichen und zeitlichen Segen. Wir stehen fest und entschlossen zu unserem Schlachtruf: Afrika oder Tod, für Jesus Christus und Zentralafrika.

+ Daniel Comboni


1006
Notizen
0
1880

N. 1006; (1225) – BEMERKUNG ZU EINEM BRIEF

ACR, A, c. 47/5 n. 10

1880

1007
Eigenhändige Unterschrift
0
1880

N. 1007; (1175) – EIGENHÄNDIGE UNTERSCHRIFT
MPM
1880

 

1008
An Msgr. Joseph de Girardin
0
Suakin
07. 01. 1881

1 8 8 1


Nr. 1008 (964) An Msgr. JOSEPH DE GIRARDIN

AOSIP, Afrique Centrale

Suakim (am Roten Meer), 7. Januar 1881

Herr Präsident,

[6412]

Auf den Rat meines Vorgesetzten von der Khartum Mission beeile ich mich, Ihnen das Bild von der Heiligen Kindheit zu schicken. Ich werde mein Möglichstes tun, um das Werk meines anstrengenden Vikariats gut zu organisieren, aber ich bitte Sie inständig, Herr Direktor, mir zu Hilfe zu kommen. Wir müssen Zentralafrika, das nie die Wohltaten des Glaubens genossen hat, für das Jesuskind gewinnen


[6413]

In den letzten Jahren habe ich Sie gebeten, den Betrag der Heiligen Kindheit an den katholischen Bankier Brown e Fils in Rom zu überweisen. Dieser alte Mann hat, o weh, Bankrott gemacht und viele Geistliche (auch Monsignori und Kardinäle) haben ihr Geld verloren. Überweisen Sie deswegen nichts mehr an Herrn Brown, der aus Rom verschwunden ist.


[6414]

Da ich in Paris keinen Bankier habe, senden Sie bitte das für Zentralafrika bestimmte Geld an den Oberen meiner Institute von Kairo in Ägypten, nämlich an Rev. P. Francesco Giulianelli Oberer des Afrika Instituts über Zentralafrika in Kairo (Ägypten)


[6415]

Ich habe die großartige Enzyklika des Papstes für die Heilige Kindheit erhalten. Es wird meine Aufgabe sein, an alle Bischöfe, Kardinäle usw. (vor allem in Italien), die ich bestens kenne, zu schreiben und sie zu drängen, Pastoralbriefe usw. zu verfassen und alles zu tun, um das Werk der Heiligen Kindheit zu verbreiten. Diese Enzyklika hat die Vorsehung gewollt und Sie, Herr Direktor, haben sich große Verdienste erworben. Sie haben den Heiligen Vater Leo XIII. persönlich gedrängt, dieses Schreiben herauszugeben, das Millionen von Kindern retten wird. Wir müssen nun das Beste daraus machen. Man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist. Die Bischöfe werden mutig handeln, trotz der schlechten Zeiten. Mit usw.

+ Daniele Comboni, Bischof und Apostolischer Vikar von Zentralafrika.

Morgen erreiche ich die Wüste (15 Tage bis Berber) mit 16 Missionaren und Schwestern.

Übersetzung aus dem Französischen.


1009
An Msgr. Joseph de Girardin
0
07. 01. 1881

N. 1009; (965) – AN MSGR. JOSEPH DE GIRARDIN
AOSIP, Afrique Centrale
Suakim, 7. Januar 1881

Statistiken und Verwaltungsnotizen.

1010
An Msgr. Jean François des Garets
0
Suakin
09. 01. 1881

N. 1010; (966) – AN MSGR. JEAN FRANҪOIS DES GARETS
APFL, Afrique Centrale, 7
Suakim (am Roten Meer), 9. Januar 1881

 

Herr Präsident,

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Ich habe die erste orientalische Stadt meines Vikariats erreicht. Ich sende Ihnen die zwei kleinen Bilder für die nächste Spendenverteilung. Es fehlt Euch mein Jahresbericht. Ich glaube, es ist besser, ihn nicht jetzt zu schreiben, sondern erst nachdem ich einen Teil meines Pastoralbesuches hinter mir habe. In der Zwischenzeit werde ich Ihnen schreiben sooft ich kann, um Sie mit der Natur und den Einzelheiten des mühsamen Apostolats von Zentralafrika vertraut zu machen, von denen unsere Wohltäter und Mitglieder fast keine Ahnung haben.  


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Da es schwierig ist, sich eine genaue Vorstellung von unserem Arbeitsfeld zu machen, wenn man keine Ahnung von dem hat, was die Wissenschaft und Geographie für diesen Teil der Welt getan hat, der Afrika heißt und Europa am nächsten liegt, aber trotzdem am wenigsten bekannt ist (deswegen spielen auch die Kirche und ihre katholischen Missionen eine große Rolle), so habe ich mich entschlossen, Ihnen einen Bericht mit dem Titel Geschichtlicher Überblick über die afrikanischen Entdeckungen zu schicken, der dazu dienen wird, nicht nur die Tragweite und die Bedeutung der katholischen Missionen von Zentral- und Äquatorialafrika zu ermessen, sondern auch unserer Missionen im Inneren Afrikas.


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Ich werde vor allem die Einzelheiten und die hauptsächlichsten Arbeiten der Missionen im Innern Afrikas darlegen, die notwendig sind, um unter den primitiven* Stämmen anhand meiner Erfahrungen eine Mission zu errichten. Die apostolischen Arbeiten im Innern Afrikas sind viel schwieriger und mühsamer als die der anderen Missionen der Welt. Das muss aber erklärt werden. Der würdige und ehrwürdige Msgr. Masotti (eine hervorragende und hochgestellte Persönlichkeit) hat mir in Rom nahe gelegt, viel zu schreiben und die Leser über Zentralafrika aufzuklären. Ich werde diesem Rat in meiner Freizeit nachkommen, soweit ich kann.


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Aber ich befinde mich wegen der fehlenden Ressourcen in einer misslichen Lage. Diese reichen bei weitem nicht aus, um die im Vikariat bereits bestehenden Werke mit dem Notwendigen zu versorgen und neue zu gründen, damit wir diese schwierige Mission entsprechend entwickeln können. Ich bitte Sie, Herr Präsident, mir zu helfen. Besonders die neuesten Stationen der Mission brauchen dringend Hilfe. Ah, ich werde alles tun, um diese Missionen in Gang zu bringen!


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Ich habe gerade die großartige Enzyklika von Papst Leo XIII über die Glaubensverbreitung erhalten. Sie ist ein Denkmal der Liebe dieses großen Papstes, dem die Apostolischen Missionen so sehr am Herzen liegen. Sie haben das große Verdienst, diesen Akt des großen Papstes veranlasst zu haben. Oh, Ihre Liebe, Ihre Hingabe und Ihr Eifer sind bewundernswert. Wir sind nur kleine Pygmäen im Vergleich zu den würdigen Mitgliedern des Zentralrates der Glaubensverbreitung.


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Es wird meine Pflicht sein, an alle mir bekannten Bischöfe und Kardinäle von jenen Diözesen Italiens, die über mehr Mittel verfügen, einen Brief mit der Aufforderung zu schreiben, Hirtenbriefe zu erlassen und in den Kirchen die Glaubensverbreitung zu empfehlen. Das ist die Voraussetzung, damit Missionen in der gesamten Welt, vor allem in Zentralafrika und im Innern des Landes, entstehen und sich entwickeln.


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Morgen nachmittags werde ich mit 50 Kamelen von Suakim nach Berber aufbrechen und die Wüste in zwei Wochen überqueren, die den Nil vom Roten Meer trennt. Mitte März hoffe ich via Khartum Kordofan und Ghebel Nuba zu erreichen. Ich führe eine Karawane von 16 Mitgliedern der Mission an, deren Namen ich für Missions Catholiques auf diesen Zettel schreibe. Wir hören nie auf, für Sie und das Werk der Glaubenverbreitung zu beten.

Ich bin immer Ihr sehr dankbarer + Daniele Comboni,

Bischof und Apostolischer Vikar.

Übersetzung aus dem Französischen.