Nr. 371 (349) AN P. LUIGI ARTINI
APCV, 1458/283
Seminar Verona, 2. Dezember 1870
Hochwürden, Herr Pater,
mir scheint, P. Stanislao hat sich ein wenig beruhigt. Aber er hat wenig Demut, denn er will keine Fehler zugeben und er behauptet, dass er über Dinge gesprochen habe, die erst in besseren Zeiten geschehen würden. In allen seinen Briefen aber sprach er von unmittelbar gegenwärtigen Dingen und besonders von Artikel 17 seines vorgeschlagenen Vertrages, in dem er sagt:
„Art. 17) Was sowohl die Zuschüsse wie auch die Durchführung betrifft, wird dieser Vertrag erst endgültig am 1. Januar des Jahres 1871 in Kraft treten.“ P. Stanislaus hatte mir seit 52 Tagen nicht mehr geschrieben. Gleich nach der Ankunft der neuen Missionare schrieb er mir am 8. des vergangenen Monats und dann am 18. Diese Briefe schicke ich Ihnen. Ich habe hier einen Brief des Kanonikers, den ich gestern erhielt. Sowohl Ravignani wie auch der Kanoniker schrieben mir Großartiges über P. Stanislao und viel Gutes über P. Franceschini. Der Franziskaner P. Pietro und ich, wir freuen uns darüber. Aber von P. Stanislao habe ich kein erkennbares Zeichen von Demut gesehen, was eigentlich das erste wäre. Ich habe ihm immer alle acht Tage geschrieben, nur zwei Mal nicht.
Er hat dem Bischof sehr schlecht über mich geschrieben, er sprach sehr schlecht auch zu einer anderen Persönlichkeit über mich. Er sagte, ich hätte ihn verleumdet, ihn verraten, und dass man mir nicht vertrauen könne, und dass ich nicht positiv sei. Ich verzeihe ihm alles, weil er sich sehr verdient gemacht hat für die Mission etc., außer dem, was er auf Grund seines irritierenden Temperamentes tut. Alles in allem sage ich Ihnen, P. Stanislao ist schrecklich, aber er ist ein großer Gentleman, und deshalb werden wir uns bemühen, ihn zu behalten, und das mit übermenschlichen Anstrengungen.
Ihnen herzliche Grüße. Ich werde persönlich am Sonntag kommen, um die beiliegenden Briefe wieder abzuholen.
D. Daniel
ich möchte Sie im Vertrauen darauf hinweisen, dass in der kommenden Woche die Kommission von S. Nicolò zu Eurer Exzellenz kommen wird, um in einer Skizze ein Projekt vorzustellen, um den heiligen Josef an seinem Festtag zu feiern. Hier die Skizze: Die Heiligste Dreifaltigkeit in der Höhe, der hl. Josef weiter unten, wie er für die Kirche betet; der Glaube auf der einen Seite und die Nächstenliebe auf der anderen; etwas weiter unten ein Schiff, Symbol für die Kirche, inmitten der Fluten. Schauen Sie, Exzellenz, vielleicht wird sich auf dem Schiff weder Pius IX. noch irgendein Papst befinden. Kirche ohne Papst gibt es nicht. Deshalb wage ich, meine eigene persönliche einfache Meinung zu äußern. Das heißt, auf dem Schiff sollte der Papst sein. Ubi est Petrus ibi Ecclesia. Überall sehen wir Garibaldi. Und warum stellen wir nicht den Papst in die Kirche? In Notre Dame des Victoires in Paris sieht man auf dem Altar die Kirche mit Pius IX., Kardinal Antonelli, den Kardinal Patrizi und Monsignore Pacca.
Eben habe ich einen Brief von D. Ravignani erhalten. Er sagt, dass die beiden Kamillianer jegliche Arbeit tun werden, wenn sie nur in der Mission bleiben können. Mir scheint, wenn Eure Exzellenz an P. Stanislao Carcereri schreibt, wäre es angebracht, ihm zu versichern, dass Eure Exzellenz beim Papst und seinem General alles unternehmen werde, um das Reskript um weitere fünf Jahre zu verlängern etc. Dabei spiele es keine Rolle, was immer für dunkle Wolken in der Politik Europas heraufziehen mögen, die die nötigen Mittel verhindern, die wir für größere Werke brauchen.
Mit erhabenem Segen ducat, reducat et producat, hoffe ich Dukaten zu finden und küsse ihre Hände.
Ihr unwürdiger Sohn
D. Daniel Comboni
Nr. 373 (351) AN DEN KÖLNER VEREIN
Jahresbericht … 18 (1870) S. 71–74
[Bericht aus den Briefen Combonis.]