Freitag, 29. Mai 2015
Das ist das dritte Ziel, das Papst Franziskus zum Jahr des Geweihten Lebens vorgeschlagen hat. In ihrem Begleitbrief erklärt die Generalleitung, was dieses Ziel für uns Comboni-Missionare bedeutet, nämlich: „Zeichen und Zeugen der Hoffnung unter den Völkern und unter den Menschen am Rande zu sein, zu denen wir gesandt sind, indem wir mit Radikalität unsere religiöse und missionarische Weihe (Hingabe) an Gott leben.“ Ich wurde gebeten, meine nicht allzu lange Erfahrung und meine Überlegungen zu diesem dritten Teil einzubringen unter dem Thema "Der Blick der Hoffnung." [P. Léonard Ndjadi Ndjate, mccj, [im Bild].


Ausgangspunkt:
Die persönliche Gotteserfahrung.

In meiner Erfahrung als junger Gottgeweihter Comboni-Missionar (13 Jahre Profess) wird mir deutlich, dass der Ausgangspunkt, von dem aus sich alles aufbaut, sich der vertrauensvolle Blick und der Mut der Hoffnung entwickelt und sich reinigt, die Gotteserfahrung ist.

Wenn der Bezug zum Wort Gottes, genährt durch die tägliche heilige Eucharistie, in mir ein Leben des einfachen, aber echt tiefen Gebets wachsen lässt, dann entdecke ich auf wertvolle Art und Weise: der Vater ist die Quelle jeglicher Hoffnung, der Sohn seine schönste Bestätigung und der Geist die sichere Lebendigkeit und Fruchtbarkeit.

Falls aber in meinem Leben als Gottgeweihter diese Erfahrung fehlt oder sich verringert, beobachte ich in mir Unstimmigkeit und fehlende Motivation, die Zukunft in Glaube und Freiheit zu umarmen. Es ist genau das, was der Papst in seinem Schreiben an alle Gottgeweihten bestätigt: „Die Hoffnung, von der wir sprechen, stützt sich nicht auf Zahlen oder Werke, sondern auf den, auf den wir unsere Hoffnung gesetzt haben und für den nichts unmöglich ist (Lukas 1,37).

„Und das“, so schreibt der Heilige Vater weiter, „ist die Hoffnung, die nicht enttäuscht und die dem Geweihten Leben erlaubt, eine große Zukunftsgeschichte weiter zu schreiben. Kurz gesagt, von der Qualität meiner Begegnung mit der Person Christi hängt die Gnade ab, mit Vertrauen und Mut in die Zukunft zu schauen.


Pater Günther Hofmann,
in Südafrika.

Das, was Hoffnung nicht ist

Der gottgeweihte Mensch ist von Natur und von Berufung aus gerufen, aus sich selbst auszuziehen, um sich einem Ruf zur fortwährenden Umkehr zu stellen. Diese Wahrheit beinhaltet eine doppelte Forderung, nämlich: Ich selber zu sein und fähig zur Offenheit zu werden.

Heute beinhaltet diese Haltung, nicht in die Zukunft als ein baldiges Ende eines Lebens zu schauen, das in Mittelmäßigkeit gelebt wird und das einem gewissen Realismus aus dem Wege geht. Dieser Realismus beruft sich auf konkrete Daten, wie „den Rückgang der Berufungen, das Älterwerden des Personals, die wirtschaftlichen Schwierig-keiten, die schnellen sozialen Veränderungen, die Heraus-forderungen der Internationalität und die Globalisierung, die Konsequenzen des Relativismus, die Schwäche der Jugend“. Er gibt vor, es könne nichts mehr verändert werden und es sei notwendig, die Dinge so zu akzeptieren, wie diese eben sind.

Für uns Jüngere ist dieser Realismus im Innersten nur eine Art von Maske von Unerfülltheit, die wir nicht akzeptieren. In die Zukunft schauen meint nicht, das zu suchen, was das geweihte Leben sein sollte, um eine bessere Zukunft zu haben. So zu handeln würde so viel bedeuten, wie einen formalen Lebensstil zu bewahren, bisweilen nostalgisch, der zur kritischen Instanz der momentanen Entscheidungen werden kann. Folglich würden die aktuellen Entscheidungen zum Handeln mit den Kriterien der Vergangenheit beurteilt. Auf diese Weise riskiert das Ordensleben, zu einer tödlichen Langeweile zu verkommen und seine Zukunft würde sich auf eine Fotokopie beschränken, die in der Gegenwart gebraucht wird, die aber nach einer Methode der Vergangenheit hergestellt wurde.

Sich über die Zukunft des Geweihten Lebens Gedanken zu machen bedeutet, weder einen distanzierten, pessimistischen Diskurs zu führen, genauso wenig wie einen optimistischen Elan zu entwickeln. Die Hoffnung erlangt man nicht aus exzessiver Weisheit und dem Willen, das Geweihte Leben neu zu organisieren, um „besser die eigentliche missio-narische Zukunft zu beherrschen“.

Aus sich selbst könnte ein solcher Standpunkt wie dieser – wenn auch immer gültig – einen bremsenden Effekt auf die Möglichkeiten und die Neuheiten haben, welche der Geist heute schenkt. Es ist notwendig, mit Christus ein Risiko einzugehen. Die Erfahrung hat oft schon gezeigt, wer keinen Mut zum Wagnis hat, dessen Leben versandet mit fort-schreitender Zeit im Sich-Wiederholen und wird folglich immer ärmer.

Vorzugeben, die Hoffnung mit diesen Vorstellungen zu schreiben, würde nicht nur damit enden, eine legitime gesunde Kritik abzuwürgen, sondern würde vor allem die neuen Impulse des Charismas als Antwort auf die aktuellen Herausforderungen der Mission verhindern.

Als junge Menschen spüren wir die Notwendigkeit, dem Heiligen Geist etwas mehr Raum zu lassen, um Freiheitsräume und Räume für noch vorhandene Neuheiten im Geweihten Leben und im Combonianischen Charisma zu entdecken. Unsere „Sicherheiten“ hindern uns nicht daran, in die Länge und Weite zu schauen.


P. Filomeno Ceja,
in Guatemala.

Raum für den Heiligen Geist

Im Gebet für das nächste Generalkapitel rufen wir den „Heiligen Geist, Quelle und Kraft der Mission an, der uns treibt, unser Leben zu teilen, damit alle das Leben haben.

Wenn wir ihn in dieser Weise anerkennen, scheint mir das ein Sich-Bewusstmachen und eine Kenntnisnahme seiner Anwesenheit und seiner Aktion zu sein, um das Zeugnis von Gottgeweihten Menschen glaubhaft zu machen. Das will besagen, ihm Raum geben. Dem Geist Raum geben meint im Grunde, die Neuheit des Charismas im momentanen Kontext anzunehmen.

Die Planung und die Entscheidungsfindung im Hinblick auf die Umgestaltung unserer Strukturen dürfen nicht die Räume der Freiheit durchqueren, in denen der Geist im Einklang mit dem Charisma etwas Neues schaffen kann. Der Geist gibt uns in der Tat den Mut, unseren missionarischen Auftrag mit Kreativität anzugehen.

Ohne unsere wirklichen Schwierigkeiten zu leugnen, spüren wir die Dringlichkeit, aufmerksam auf den Geist zu hören, bis er uns auf neuen Wegen zu neuen Baustellen führt. Wir sind davon überzeugt, dass das geweihte, missionarische Leben nicht geradlinig verläuft. Bestimmte Methoden und Vorgaben können und müssen sich bewegen. Als junge Menschen ruht unser Blick in die Zukunft nicht auf gebräuchlichen Begriffen wie Optimismus und Pessimismus. Wir versuchen vielmehr, unsere Gelübde wie einen Anruf zu einer lebendigen und fortlaufenden Umkehr zu verstehen. Ein Ruf nach Veränderung in Treue zum Evangelium und zum Charisma.

Es ist nicht von Bedeutung, wenn sich einige Ver-änderungen als logische Folgen aus dem ergeben, was die Gegenwart uns auferlegt. Auf der anderen Seite ist es selbstverständlich, wenn andere Veränderungen sich aus Entscheidungen herleiten, die die Kongregation getroffen hat.

Wichtig dabei ist, weiterhin an die Kraft des Geistes in jedem von uns zu glauben: Junge, Alte, Aktive, Kranke oder diejenigen in Schwierigkeiten. Und je mehr wir an ihn glauben, umso mehr geben wir ihm Raum und werden umgewandelt. Er erleuchtet und inspiriert uns, um die Welt aufzuwecken, indem wir Zeugnis von der Güte Gottes geben.

Der Blick in die Zukunft läuft über die Bescheidenheit, sich dahin zurückzuziehen, wohin der Geist uns führen will. Diese Öffnung für den Geist wird ein spürbares Zeugnis, wenn wir unsere Verfügbarkeit zeigen, „die Beute los lassen“, den „Platz wechseln.“ Dieser Weg scheint eine „Selbstentäußerung“ (Kenosis Phil. 2.6) zu sein, aber er ist befreiend. In dieser geistlichen Öffnung besteht der erste Schritt im Hören auf Gottes Wort, um jegliche Angst zu dämpfen.



Comboni-Missionare,
in Brasilien.

 

Hören auf Gottes Wort, um die Angst zu dämpfen

Es gibt Situationen, in denen die Angst sterben lassen kann, bevor der Tod ernsthaft ankommt. In der Tat, die Probleme und die Herausforderungen, die sich heute beim Geweihten Leben zeigen, lassen die Zukunftsangst spüren. Nicht nur weil die komplexe Wirklichkeit der Mission immer mehr zunimmt, sondern weil sie auch die Hoffnungsmomente verdunkelt und auf diese Weise verhindert, in die Zukunft mit Glauben und Gelassenheit zu schauen. Zu diesen Problemen zählt Benedikt XVI. die Zunahme der Gewalt, die Angst vor dem anderen, die Kriege und Konflikte, die Rassendiskriminierung und die Angst vor Fremden, welche noch immer die Welt der menschlichen Beziehungen bestimmt (AM 12).

Bereits das letzte Generalkapitel, das eine Untersuchung der Jugendlichen unternahm, hält fest, dass diese den Risiken des Hedonismus, des Relativismus, des Konsumismus und des Säkularismus ausgesetzt ist. Folglich meiden sie diese komplexen Situationen, anspruchsvolle und mühevolle Beziehungen, langfristige Aufgaben und Verantwortung. Sie sind Opfer der Gesellschaft, in der sie leben.“ (GK 2009, 74)

Als Folge treten in der Basisausbildung im Ordensleben, folgende Phänomene zu Tage: „Das Aufgeben, die Mittelmäßigkeit, die Unbeständigkeit in der Motivation und in der Entscheidung, das Fehlen von konsequentem Verhalten, die Unausgeglichenheit zwischen Ideal und Leben. All diese Faktoren zeigen, dass die pädagogische Erziehungspraxis noch nicht die einschneidende Wirkung hervorgebracht hat, die den Ausbildungsprozess inspirieren und leiten soll (KD 2009, 74,77).

Ich selber konnte bei meiner Arbeit in der Jugendpastoral neben der großen Schwäche beim Prozess der psycho-affektiven Entwicklung eine Pseudomentalität feststellen, die auf einem Kampf um die subjektive Identität beruht, welcher zu einer Mentalität des ewigen Provisoriums führt, indem die jungen Menschen das als Wert betrachten, was flüchtig und unbedeutend ist und den echten Sinn der Zugehörigkeit schwächt. Dieses Faktum ist heute bei den meisten Jugendlichen die Grundlage einer gegenwärtigen Erscheinung, die wir als Identitätsverlust in einem stabilen Körper bezeichnen können. Der aber verursacht eine schwankende Verfügbarkeit und einen Mangel an Eifer für den Einsatz.

Muss man bei derartigen Bedingungen nicht Angst vor der Zukunft bekommen? Der Zweifel kann wachsen und der Realismus kann uns erkennen lassen, wie sehr diese Fakten in Zukunft belastend sein werden bei den Entscheidungen für ein geweihtes Leben, für die Mission, wie auch für die Ausbildung, die das bestätigen müsste.

Außerdem, falls auf der einen Seite diese Schwierigkeiten für uns enorme Unsicherheiten angesichts der Zukunft verursachen, ist es auf der anderen Seite gerade das Zentrum dieser Unsicherheiten, in dem sich unsere Hoffnung einwurzelt.

Die Angst, sich in eine ziemlich andere Zukunft zu projizieren als jene, die wir bislang gelebt haben, wird gedämpft und entzaubert durch das Vertrauen in den Herrn, dem wir unser Leben verschrieben haben. Seine Worte versichern uns: „Habt keine Angst… ich bin bei euch bis ans Ende der Welt“ (Jer 1,8; Mt 28:20).

Hier ruft uns der Herr auf, Vertrauen in ihn zu haben. Vom Vertrauen, das wir zu Gott haben, hängen unser Leben und unser Tod ab. Im Grunde ist es ein Ruf an unseren Glauben. Wenn wir in unserem Innersten vom Wort und der Person erleuchtet sind, können wir einen ruhigen und gelassenen Blick auf das Geweihte Leben werfen. Wir können uns noch immer trauen, zu hoffen und zu lieben.

Dieser durchdringende Blick und der Mut, zu träumen von einer großartigen, faszinierenden Mission sind noch möglich. An uns ist es, „die Beute loszulassen“ und uns dem Wort anzuvertrauen (Apg. 20,32); sich an das Wort zu halten und sich von ihm leiten zu lassen, weil es mächtig ist und eine Kraft enthält, die es zu einer lebendigen, aktiven Wirklichkeit macht (Hebr 4,12).

Je stärker das Vertrauen in den Herrn und in sein Wort unser Herz erwärmt, umso mehr können unsere Schritte Sicherheit erlangen und wir schauen mit Vertrauen in die Zukunft und verkünden mit Comboni: „Ich sehe eine glückliche Zukunft für Nigrizia“. Ja, nur das Vertrauen in den Meister, der ruft (Joh 1,35), kann bewirken, dass Hoffnung inmitten der Unsicherheiten entstehen kann.


P. Joseph Mumbere,
in Kongo.

Das Potenzial der Jugend

In seiner Botschaft schlägt der Papst uns eine angemessene Haltung vor, die die Angst dämpft. Diese besteht im „Wach– und Wachsam-Bleiben“.

Konkret meint das, einen Lebensstil zu pflegen, der Sorge und Aufmerksamkeit für sich selbst beinhaltet, für das eigene Innenleben, die eigene physische und psychische Gesundheit, die Fortbildung, die Qualität der zwischen-menschlichen Beziehungen, die Art zu kommunizieren und der Zusammenarbeit, um der Mission das Beste von uns zu geben. Die Mission kann nicht von Brotkrumen leben. Von der Qualität unserer Verbindung zu Christus, „dem Licht“, hängt unsere Fähigkeit ab, wach und wachsam zu sein. In diesem Schwung aus Wachsein und Wachsamkeit braucht das Ordensleben die Frische und das Potenzial der Jugend. Mit der Dynamik, der Lebendigkeit und der Freiheit, die uns ausmacht, können wir jungen Gottgeweihten einen entscheidenden Beitrag für die Mission leisten. Als Jugendliche tragen wir eine doppelte Freude in uns: die Freude der Jugend und die der Weihe. Diese Freude ist bereits ein großes Zeichen der Hoffnung. Ein junger, überzeugter Missionar ist ein Hoffnungszeichen für die Mission. Eine Jugend, deren Herz von missionarischer Hingabe entflammt ist, wird für die Kirche und für die Welt ein Hoffnungsstrahl.

Unsere Freude ist kraftvoll in der Gegenwart, aber auch entscheidend für die Zukunft, weil sie uns zum Geschenk unserer selbst für die Mission macht. Es ist eine Freude, die eine Einfühlsamkeit und eine Mentalität der Beweglichkeit, der Offenheit schafft, von Freundschaft und Kameradschaft, von Freundlichkeit und Humor, von Mut und Gemein-schaftssinn, von Verfügbarkeit und Kreativität, von missionarischem Schwung bis zum Martyrium, falls notwendig.

Es ist also meine Verantwortung als junger Gottgeweihter, diese Freude so zu pflegen, dass sie die brüderliche Gemeinschaft, meine Kontakte und Begegnungen, die Mission und die Ärmsten ansteckt. So finden diese Worte von Papst Franziskus ein wahres Echo: „Wo Ordensleute (Gottgeweihte) sind, da herrscht Freude.“ Dennoch braucht die typisch jugendliche Dynamik als unerlässliche Ergänzung die Klugheit der Älteren.


P. Efrem Agostini (92 Jahre)
und P. Víctor Alejandro Mejía Domínguez.

 

Die Klugheit der Älteren

In der afrikanischen Tradition sind die Alten die Bewahrer und Zeugen der Tradition, aber letztendlich auch die Träger ihrer Weitergabe. Die Erfahrung, die Klugheit und das Zeugnis der Älteren sind notwendig, um die Jungen zu erziehen, die Zukunft vorzubereiten, weil sie helfen, unseren Eifer durch die reale Dimension der Mission und unserer Initiativen richtig einzuschätzen.

Ich hatte die Gnade, meine ersten Missionsjahre mit einem großartigen Mitbruder zu leben. Ich habe sehr viel an ihm bewundert und von seiner Ruhe gelernt, von seiner Klugheit und seiner reichen Missionserfahrung. All das lebte er mit Diskretion. So haben wir unser Gemeinschaftsleben schön, freudig und auch unsere missionarische Anwesenheit in der Pfarrei gestaltet. Unsere Gemeinschaft bot ein Klima der Ausgeglichenheit an, welches in erster Linie vor allem uns und dann den durchreisenden Mitbrüdern und den Gläubigen der Pfarrei zugutekam: „Seht, wie sie einander lieben.“

Dieses Bündnis zwischen zwei Generationen, zwei Mentalitäten, zwei verschiedenen Kulturen hat unseren missionarischen Dienst fruchtbar werden lassen. Heute danke ich dem Herrn, dass er mir diesen Mitbruder auf meinen Weg gestellt hat. Auf diesem Wege gab es auch unterschiedliche Meinungen und Missverständnisse. Wir haben mit Geduld, mit Wahrheit und Liebe an diesem Weg gebaut. Damit möchte ich einfach sagen, dass wir unser Leben lebenswert gestalten können!

Die Wirklichkeit des interkulturellen Zusammenlebens kann, anstatt ein Hindernis zu sein, sich als ein Geschenk erweisen und in Wahrheit und gegenseitiger Akzeptanz zu einem Weg, werden, den wir mit Geduld gehen. So können wir unsere Zukunft mit Hoffnung umarmen.

In dieser Bewegung lädt uns Junge Papst Franziskus ein, erste aktive Förderer des Austauschs mit der voraus-gehenden Generation zu werden. So – bemerkt der Papst, - können wir zusammen neue Formen ausarbeiten, das Evangelium zu leben und angemessener auf die Erwartungen des Zeugnisses und der Verkündigung Antwort zu geben. Auf Grund meiner bescheidene Erfahrung kann ich sagen: Wir haben zwei Widerstände in den Blick zu nehmen.

 

Zwei Widerstände

Die Widerstände bei diesem Generationenaustausch und bei diesem Bündnis könnten sein: das Ausprobieren und das Syndrom des Schmetterlings.

In der Tat besteht der erste Widerstand im Aufblasen der eigenen Missionserfahrung, indem man sie als Sieg über Gefahren, Leiden und prekäre Situationen darstellt. Ein bisschen so wie das Überleben einer Katastrophe oder wie ein Held, den Krieg als Held bestanden zu haben. Es wird der schwerste Teil der Mission weitererzählt mit der Schlussfolgerung: ich habe ausgehalten, folglich bin ich ein Experte für Mission. Auf diese Weise wird Mission nicht als eine schöne, leidenschaftliche und begeisternde Sache dargestellt, sondern lediglich wie ein Drama. Gewonnen haben, macht den Missionar zum Experten. Und oft hört man sagen, das sei Missionserfahrung! Oder, ein solcher sei ein Experte.

Bisweilen vergessen wir, dass Experte-Sein auf menschlichen Kräften basiert: auf Mittel die zur Verfügung stehen, Berechnungen, Alter, Dauer, wissenschaftliche Kompetenz. Das Experimentieren schafft Experten-Missionare, aber keine Zeugen. Dieses Experimentieren erreicht seinen Höhepunkt und wird ein echter und realer Widerstand gegen die Hoffnung, wenn die Dynamik des Wachstums der jüngeren Generation wegen Unerfahrenheit abgeblockt wird.

Dieser Widerstand verhindert in afrikanischen Gesell-schaften jeglichen Fortschritt und macht eine Gemeinschaft steril, weil sie Feind von allem Neuen und von jeglicher Veränderung ist. Es ist eine Krankheit, die jegliche Hoffnung beeinträchtigt und vermindert. Gibt es das vielleicht auch im Geweihten Leben?

Der zweite Widerstand ist der, den wir mit dem Verhalten des Schmetterlings bezeichnen können. Dieses wird aus dem Bewusstsein geboren, die nötige Selbständigkeit erreicht zu haben, das eigene Ordensleben selber führen zu können, indem man in allem „Tabula Rasa“, „leeren Tisch“ macht. Dies lässt uns eine Illusion leben, die meint, definitiv angekommen zu sein. Man überantwortet sich einem Mechanismus, der sich die Ohren verstopft, eine gewisse Feindseligkeit hervorruft und der eigenen Fortbildung, der geistliche Begleitung, der Beichte, dem Hören auf die Weisheit der Älteren zu wenig Aufmerksamkeit schenkt.

Im halsstarrigen Verteidigen eigener Selbständigkeit und Persönlichkeitsentwicklung lässt uns dieser Widerstand die Dimension der Entäußerung (kenosis Phil. 2,6) ignorieren und führt uns dazu, vor der schwierigen Mission zu fliehen, die manchmal erfahren wird als Krise mit den Oberen.

Es ist ein Geist der Pseudoselbständigkeit und der Unordnung. Es ist eine Haltung, die uns dazu bringt, ohne authentische Leidenschaft zu leben. Sie erreicht einen Explosionspunkt, wenn dies die spirituelle Sphäre verseucht und folglich eine Feindschaft all dem gegenüber entwickelt, was dem inneren Leben entspricht. Es wird nicht mehr die Hingabe der Weihe gelebt, sondern man flattert „wie ein Schmetterling umher.“ Warum? Einfach, weil das einigende Zentrum unseres Lebens – der direkte Kontakt mit Jesus Christus – abgenommen hat. Dieser Widerstand macht uns menschlich ärmer, aber vor allem geistlich, denn er schmälert die Menschlichkeit und Gelehrsamkeit, zwei notwendige Stärken, die wir benötigen, um die versteckten Freuden des Geweihten Lebens zu erlernen.

Ist das eine Haltung, die es auch unter uns gibt? Wie können wir diese beiden Widerstände überwinden? Ich zeige zwei Weisen auf, die helfen können: die Flexibilität und die Treue.


P. Fabrizio Colombo,
Italien.

Flexibilität(*) und Treue

Als junge Menschen sind wir Zeugen der Geburt eines neuen Zeitalters. Die Welt ändert sich, die Gesellschaft ist auf dem Weg, die persönlichen Beziehungen laufen gut, die menschliche Beweglichkeit entwickelt sich immer weiter, das Leben digitalisiert sich und in der Welt macht sich eine neue Kultur breit, komplex und gezeichnet durch eine Art von Pluralität im Sein und Tun.

Die grundsätzliche Veränderung bringt uns an den Punkt, einige unserer Sicherheiten zu überprüfen. Schon das letzte Generalkapitel hat uns auf diese Tatsache vorbereitet: „Die Kongregation befindet sich in einer Phase tiefgreifenden und rapiden Wandels. Neue nationale Gruppen und Kulturen bereichern sie, sie muss aber auch mit Unbehagen, Widerständen dem „Neuen“ oder der „Vergangenheit“ gegenüber und mit kritischen Situationen zurechtkommen. […]  Das verändert ihr Gesicht, bringt eine immer üppigere und vielschichtigere multikulturelle Realität mit sich und erfordert zusätzliche Anstrengung, um die Einheit zu bewahren sowie die Weitergabe und Inkulturation des Charismas zu gewährleisten. (KD 2009, 3.4).

Diese neue Situation erfordert von Seiten aller eine neue Mentalität: die Flexibilität.

Letztendlich meint Flexibilität für junge Menschen nicht, Neues einzuführen oder die Segnungen der Moderne unkritisch zu konsumieren oder sich an diese anzupassen. Die Flexibilität besteht in jener Fähigkeit zur Öffnung, die es erlaubt, sich mit sich selbst zu konfrontieren und sich von der aufkommenden Wirklichkeit hinterfragen zu lassen. Die Flexibilität besteht mehr darin, das Neue anzunehmen, als es abzuweisen, mehr in der Bereitschaft, mit ihm in Dialog zu treten als es zu ignorieren.

Aus der Sicht der jugendlichen Gottgeweihten besteht die Flexibilität nicht nur darin, von Christus auszugehen, sondern auch von der Wirklichkeit, der wir begegnen, die uns verändert und uns herausfordert. Wenn unsere Sicherheiten uns so unsensibel machen können, dass wir die Begegnung mit der Wirklichkeit vernachlässigen, bringt uns dagegen die Mentalität der Flexibilität dazu, das Schöne, Wahre und Gute, das der Herr in unserer Realität verborgen hat, zu entdecken.

Wir glauben also, dass die Wirklichkeit, so wie sie sich zeigt, Überbringer einer Botschaft der Umkehr und des Wandels ist. Die neue Wirklichkeit ist auch der Ort, an dem Gott uns erwartet, zu uns spricht, uns hinterfragt und uns wachsen lässt. Es geht überhaupt nicht darum, sich mit den wunderbaren Vorschlägen der Moderne zu vermischen noch sich vermischen zu lassen, sondern unsere Eigenart als Alternative zu den Vorschlägen der Moderne vorzustellen. Hier wird die Forderung nach Auszug geboren, dem Menschen und der aktuellen Kultur entgegen zu gehen. Es ist die Art der Visitatio. (Heimsuchung)

 

Fruchtbare Distanz
für eine wirkliche Begegnung

Als Gottgeweihte sind wir in der Welt, aber nicht von der Welt. Diese Wahl bedeutet nicht, eine neue Orthodoxie vorzuschlagen oder Teil einer Gegenkultur zu sein. Als junge Gottgeweihte ist es Dank der Flexibilität unser Wunsch, im Innersten einer neuen Zeitepoche die Verantwortung wieder zu finden, ein wahrer Ort des Fragens zu sein.

Wir wollen, aus der Gnade unserer Ordensweihe, das Fragen bei den Menschen unserer Zeit auslösen. Wir beabsichtigen, einen Dialog mit der momentanen Kultur zu führen. Mir scheint, dieser fruchtbare Abstand begründet einen wesentlichen missionarischen Standpunkt für die Zukunft des Ordenslebens, weil es jede echte Begegnung beseelt, die Öffnung, Aufnahme und Begegnung bedeutet.

Es geht um eine Innerlichkeit, die die Andersartigkeit umarmt. Es geht darum, sich dem zu öffnen, was geboren wird oder sich verbreitet, was schön oder dramatisch, was gut oder böse ist, mit dem Ziel, im Herzen die Sorgen der Welt und die Leidensnot und die Freuden unserer Brüder und Schwestern, in unserem Herzen mitzutragen.

Und das ist dort, wo wir die authentische Gemeinschaft zum Ausdruck bringen werden, die ihre Wurzeln in der Inkarnatio (Menschwerdung) findet, die uns sagt: der Sohn Gottes – wegen dem wir Gottgeweihte sind – ist der Ausdruck dafür, dass Gott die Welt so sehr geliebt hat (Joh 3:16).

Also werden das Hinhören auf diejenigen und die Begleitung derjenigen, die das Leben verletzt hat und die sich uns spontan zuwenden, zu einer Haltung und zu einer Priorität.

Wie es zur Zeit von Comboni war, können wir es aber nur dann gut machen, wenn wir im Austausch mit dem anderen – der Papst bestätigt das – die Fähigkeit des Herzens haben, welche Nähe möglich macht, ohne die es keine wahre Begegnung geben kann“ (EG 171).



Gemeinschaft des Noviziates,
in Santarém,
(Portugal).

 

Selbsthingabe und Treue

Die Wirklichkeit verändert prompt unsere Entscheidung und unser verantwortliches Mittun. Und die konkrete Art der Zustimmung ist die Hingabe seiner selbst. Das ist ein Wert, zu dem auch heute noch viele Jugendliche fähig sind.

In einer Welt, die dominiert wird von einer Art des Lebens, das auf den persönlichen Interessen und auf Rivalitäten basiert, wird die Selbsthingabe, die geboren wird in der Begegnung und in der Konfrontation mit der Wirklichkeit, zum Ort intensiver Dichte, in der Christus einen jeden zu einem ausdrücklichen Auftrag ruft. Die Selbsthingabe ist der innere Ort, von dem aus jeder bewegt wird, der Mission Qualität und Fruchtbarkeit zu geben.

Die Mentalität der Flexibilität schafft auf diese Weise die Selbsthingabe. Aber dieser flexible Geist, der Zustimmung und Selbsthingabe bewirkt, wird umso radikaler und wahrer, je mehr er von der Treue zu Christus und zum Charisma ausgeht. Flexibilität für eine Begegnung mit der Wirklichkeit ja, aber in der Treue zum Evangelium und zum Charisma. Ohne Treue zu Christus, zu seinem Wort und zu unserem Charisma, wird Flexibilität Improvisation oder reiner Opportunismus bleiben.

Wenn wir von der Treue zu Christus, seinem Wort und unserem Charisma ausgehen, können wir die Empfindungen seines Herzens erkennen, mit denen wir Zwiesprache halten, Zeugnis geben, verkünden und anprangern können, um das Leben in Fülle zu geben. Auf diese Weise können wir die Welt wieder aufwecken. Das Leben in Fülle geben, hat einen gefühlsmäßigen Widerhall und beginnt damit, sich mit kleinen Gesten der Freundlichkeit, der Wahrheit und brüderlicher Sanftmut zu zeigen.


 

Zusammenfassung

 

Der Weg, der gegangen werden will, um die Zukunft mit Hoffnung zu umarmen, besteht im Anbieten von reichlich Raum der Freiheit und der Kreativität, damit alle ihre eigenen Talente entwickeln können. Auf diese Weise kann das Gottgeweihte Leben den Reichtum Gottes, der im Leben eines jeden Gottgeweihten vorhanden ist, bezeugen.

Wenn also das Fundament dieser Hoffnung und dieser Freude die Vereinigung mit Christus, dem treuen Freund, ist, dann ist es Gewissenssache, mit Radikalität das Leben der Gelübde zu leben.

Wir können die Zukunft mit Hoffnung in dem Maß, umarmen, in dem die Vitalität als Geschenk Gottes, die verdunkelt oder geschwächt wurde, befreit und befähigt wird, die Welt menschlicher zu gestalten und Ihr die Frohbotschaft zu verkünden.

Es geht darum, mit Flexibilität und Treue die Veränderungen anzunehmen, die kommen, sei es durch die Realität, sei es durch Entscheidungen der Oberen, sei es durch das direkte Wirken des Heiligen Geistes. Es ist also ein anspruchsvoller und schmerzlicher Weg, weil dieser uns der Angst aussetzt, Umgepflanzte, Entmachtete und Verlierer zu sein.

Aber aus der Sicht des Glaubens ist bei jungen Gottgeweihten diese Befürchtung nicht gegeben, weil der Geist sein Werk fortsetzt und das ist, was wirklich zählt.

Das Gottgeweihte Leben befindet sich im Wandel. Wir Jungen wollen nicht unentschiedene, ängstlich jammernde Zuschauer sein. Wenn wir eine Mentalität der Flexibilität und der Treue erreichen, können wir unsere Menschlichkeit anbieten, die Welt aufzuwecken und sie zu nähren, damit sie das Leben in Fülle habe.

Auf dem Weg, die Zukunft mit Hoffnung zu umarmen, ist Jesus Christus und der heilige Daniel Comboni der hermeneutische Schlüssel, der in dieser Situation von interkulturellem Zusammenleben Gemeinschaft ermöglicht.

In ihnen, Jungen und Alten, begegnen wir uns, finden wir Inspiration und gemeinsam brechen wir Hand in Hand wieder auf. Alle schauen wir in eine Richtung, in die Richtung der missio Dei, (Mission Gottes)

Von Christus und Comboni können wir die Heiligkeit und die Fähigkeit lernen, heute glaubwürdige Vertreter von Hoffnung für die Zukunft zu sein. Sie haben die Flexibilität und die Treue gelebt. Folgen wir ihnen.
P.  Léonhard  Ndjadi Ndjate, mccj

(*) Anmerkung des Übersetzers: Den Begriff Flexibilität, der in diesem Dokument gebraucht wird, könnte man in diesem Zusammen auch mit Verfügbarkeit wiedergeben.