Bruder Eduard Nagler: „Ich schaue dankbar zurück auf mein Leben“

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Donnerstag, 7. Dezember 2023
Als neuntes Kind von elf Geschwistern, von denen zwei bereits im Kindesalter starben, ist Bruder Eduard Nagler im Jahr 1936 in Lüsen bei Brixen auf die Welt gekommen. Als sein Vater sich gezwungen sah, den Hof zu verkaufen, mussten die Kinder bei verschiedenen Bauern ihr eigenes Brot verdienen. Bruder Eduard erzählt uns ein wenig von seiner entbehrungsreichen Kindheit und Jugend, von der Entdeckung seiner Berufung zum Missionar, die er in Afrika, im Osten Deutschlands und in der Begleitung von Migranten in Österreich verwirklicht hat. [Im Bild von links: Pater Moses Otii Alir und Br. Eduard Nagler. Comboni-Missionare]

Bei einem großen, reichen und geizigen Bauern in der Nachbargemeinde musste ich als Kind schon in aller Früh im Stall helfen. Als er mich auch aus der Schule herausnahm und mich ohne jeden Lohn auf dem Feld arbeiten ließ, bin ich ihm eines Sonntags nach dem Essen heimlich davongelaufen und habe den Rest des Sommers auf der Alm das Jungvieh gehütet. Zum Glück hat mich dann ein anderer Bauer, bei dem ich vorher war, zu sich auf seinen Hof geholt. Dort hat es mir auch deshalb viel besser gefallen, weil ich in dieser Familie unter tiefgläubigen Menschen war, bei denen jeden Tag der Rosenkranz gebetet wurde.

Als ich siebzehn war, habe ich mir die Frage gestellt, was aus mir werden sollte. Damals hatte es sich bei uns herumgesprochen, dass ein junger Mann aus meiner Heimat inzwischen bei den Comboni-Missionaren in Milland war. Auch bei einem ehemaligen Mitschüler, der dort im Missionshaus in die Schule ging, habe ich mich gleich erkundigt. Ich erinnere mich noch genau, dass mir erzählt wurde, man würde dort im Kloster bei der Arbeit zwar in Zivil gehen, aber zu den Essens- und Gebetszeiten einen schwarzen Talar tragen. Das hat mir damals mächtig imponiert!

Als ich eine Broschüre über das Ordensleben in die Hand bekam, verspürte ich beim Durchlesen tief in mir, dass so etwas auch für mich passen würde. Dazu kam noch ein Erlebnis mit meinem drei Jahre älteren todkranken Bruder, der beim Abschied lange meine Hand hielt und mir im Hinblick auf mein Vorhaben sagte: „Probiere es erstmal, wenn es nichts für dich ist, kannst du wieder gehen. Und sonst kannst du sicher sein, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.“

Ich möchte auch noch erwähnen, dass mein Vater an einem Sonntag durch den Pfarrer die ganze Familie dem Heiligsten Herzen Jesu geweiht hat und meine Mutter dem 3. Orden des heiligen Franziskus angehörte. So trat ich im Februar 1953 bei den Comboni-Missionaren in Brixen ein. Am Anfang fiel es mir schwer, zu arbeiten, ohne ein Geld zu verdienen. Doch nach und nach konnte ich mich mit diesem Leben anfreunden. Denn es war ja wirklich „etwas los“ in diesem Haus: Über hundert Schüler im Seminar, dazu Theologiestudenten, Patres und Brüder, Jung und Alt. Als dann noch drei weitere Brüderkandidaten dazukamen, hat mir das Auftrieb gegeben und mich bestärkt, diesen Weg weiter zu gehen.

1955 sind wir dann zu viert ins Noviziat nach Ellwangen gegangen, wo es mir von Anfang an gut gegangen ist. Ich konnte bei einem Mitbruder den Malerberuf erlernen. Vor allem aber sagte mir das geistliche Leben zu, und mit dem Ende des Noviziats war es für mich ganz klar, dass dies meine Berufung war, eine Entscheidung, die ich noch nie bereut habe. In Ellwangen wurden damals neue Werkstätten gebaut, wo viele Lehrlinge einen Beruf erlernen konnten. Ich machte dann auch die Meisterprüfung im Malerhandwerk und bildete selbst Lehrlinge aus.

Im Jahr 1981 begann ich nach einem Sprachaufenthalt in England meinen Missionseinsatz in der Handwerkerschule Gilgil in Kenia in Ostafrika, die von uns Comboni-Missionaren geleitet wurde. Hier in diesen Werkstätten war es für mich eine wahre Freude zu sehen, dass durch die Ausbildung in den verschiedenen Berufen, wie Tischler, Elektriker, Mechaniker und Maler junge Afrikaner die Möglichkeit bekamen, die Gesellenprüfung zu machen und mit dieser beruflichen Qualifizierung ihr eigenes Leben zu gestalten. Für diese in Kenia gemachte Erfahrung mit jungen Leuten bin ich bis heute immer noch dankbar.

Eine ganz andere Art von Missionseinsatz erwartete mich ab 1992 in Halle an der Saale im Osten Deutschlands, wo ich mit Pater Benno Singer und Pater Robert Sottara in einer kleinen Wohngemeinschaft lebte und in der sogenannten „Jugend-Werkstatt-Bauhof“, einem Sozialprojekt des evangelischen Kirchenkreises, den Versuch startete, schwer vermittelbare deutsche Jugendliche gemeinsam mit Asylbewerbern aus verschiedenen afrikanischen Ländern in die Arbeitswelt zu integrieren. Das war harte Arbeit, an die ich aber auch gerne zurückdenke.

Inzwischen hatten die Comboni-Missionare in ihrem alten Missionshaus in Messendorf bei Graz das Projekt „Afrika-Haus-Daniel Comboni“ gestartet, in dem Studenten und Asylbewerber aus Afrika wenigstens vorübergehend ein Stück Heimat finden sollten. Von 2001 bis 2017 war ich dort als Leiter tätig. Auch das war keine leichte Aufgabe.

Ich schaue dankbar zurück auf mein Leben, wo ich vielen Menschen als „Bruder-Missionar“ zu Diensten sein durfte. Und ich danke dem lieben Gott und den Menschen, die mich durch so viele Jahre in meinem Missionar-Sein begleitet und bestärkt haben.

Comboni-Missionare