Das Hauptthema, das aus den Lesungen dieses 27. Sonntags hervorgeht, ist die Ehe. Die Pharisäer, die Jesus auf die Probe stellen wollen, fragen ihn, “ob es einem Mann erlaubt ist, seine Frau zu entlassen”. Die Scheidung war im Nahen Osten und im gesamten Mittelmeerraum eine gängige Praxis. Auch das mosaische Gesetz (Tora) erlaubte sie auf Initiative des Mannes, “wenn sie in seinen Augen keine Gnade findet” (Deuteronomium 24,1-4). [...]

Christliche Ehe, eine Gegenkultur?

Was Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen.
Markus 10,2-16

Das Hauptthema, das aus den Lesungen dieses 27. Sonntags hervorgeht, ist die Ehe. Die Pharisäer, die Jesus auf die Probe stellen wollen, fragen ihn, “ob es einem Mann erlaubt ist, seine Frau zu entlassen”. Die Scheidung war im Nahen Osten und im gesamten Mittelmeerraum eine gängige Praxis. Auch das mosaische Gesetz (Tora) erlaubte sie auf Initiative des Mannes, “wenn sie in seinen Augen keine Gnade findet” (Deuteronomium 24,1-4). Das mosaische Gesetz wollte jedoch in gewisser Weise die Frau schützen, indem es den Mann verpflichtete, eine Scheidungsurkunde auszustellen, damit die Frau einen anderen heiraten konnte.

Was die Scheidungsgründe betrifft, gab es zu jener Zeit zwei rabbinische Schulen mit sehr unterschiedlichen Ansichten. Die Schule von Hillel interpretierte das Gesetz sehr locker, sodass der Mann seine Frau aus jedem beliebigen Grund entlassen konnte. Die Schule von Shammai hingegen erlaubte es nur im Falle von Ehebruch. Jesus bezieht in dieser rabbinischen Auseinandersetzung keine Stellung. Er meint, dass Mose diese Zugeständnis aufgrund der Härte des menschlichen Herzens gemacht habe. Der ursprüngliche Plan Gottes für das Paar war jedoch ein anderer. Gott schuf sie als Mann und Frau, und die beiden werden eins in ihrem Fleisch. Jesus schließt daraus: “Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins. Was nun Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen!”

Zu Hause fragen die Jünger den Meister erneut zu diesem Thema. Jesus bekräftigt die Unauflöslichkeit der Ehe und stellt die Verantwortung von Mann und Frau gleich. Im parallelen Text bei Matthäus reagieren die Apostel erstaunt auf diese Aussage Jesu und sagen: “Wenn das die Situation des Mannes gegenüber der Frau ist, dann ist es nicht ratsam, zu heiraten” (Matthäus 19,10). Das Zusammenleben in der Ehe war noch nie einfach!

Punkte zur Reflexion

1. Ein epochaler Wandel

Wir erleben seit einigen Jahrzehnten einen tiefgreifenden Wandel im Verständnis von Sexualität, Geschlechtsidentität und sexueller Orientierung, der die soziale Institution der Familie in eine Krise stürzt. In diesem Kontext wird es äußerst schwierig, über das Paar und die eheliche Vereinigung zu sprechen, zwischen zwei extremen Positionen, der traditionellen, die in der patriarchalen Kultur verankert ist, und der Gender-Ideologie. Zwischen diesen beiden Positionen gibt es ein weites Diskussionsfeld, das für einen Christen nicht von Kritik und Verurteilung, sondern von Respekt und Barmherzigkeit geprägt sein sollte.

Die christliche Sichtweise auf das natürliche Paar beruht auf der biblischen Tatsache, dass die Menschheit nach dem Bilde Gottes geschaffen wurde, gemäß Genesis 1,27: “Gott schuf den Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes schuf er ihn, als Mann und Frau schuf er sie”. Es ist daher das “ursprüngliche Sakrament der Schöpfung” (Johannes Paul II). Das Sakrament der Ehe geht spezifisch vom Rückruf Jesu zum ursprünglichen Plan Gottes aus: der unauflöslichen Vereinigung des Paares von Mann und Frau. Diese Sichtweise wird weiter bereichert durch den Text des heiligen Paulus in Epheser 5, der das alttestamentliche Konzept des ehelichen Bundes zwischen Gott und seinem Volk entwickelt und das christliche Paar als “Sakrament” der Vereinigung zwischen Christus und seiner Braut, der Kirche, darstellt. Oft wird jedoch von diesem Text das veränderliche kulturelle Element (“die Frauen seien ihren Männern in allem untertan!”) hervorgehoben, während das ewige biblische Element verdunkelt wird: “Dieses Geheimnis ist groß; ich beziehe es auf Christus und die Kirche!” (Epheser 5,32).

Die christliche Ehe ist eine echte Berufung, die das Gedächtnis der ehelichen Vereinigung zwischen Christus und seiner Kirche ist, so wie das geweihte Leben mit dem Gelübde der Jungfräulichkeit es unserer eschatologischen Bedingung ist. Die gegenwärtige Krise der “kirchlichen Ehe” kann zu einer Gnade werden, um das Sakrament zu seiner Essenz zurückzuführen. Natürlich erfordert diese Situation von der Kirche eine immer größere Kreativität, pastorale Leitlinien zu entwickeln, um andere Arten von Vereinigungen in der Linie der Barmherzigkeit aufzunehmen, in Anbetracht der Tatsache, dass unsere Menschlichkeit eine verletzliche und verwundete Menschlichkeit ist.

2. Die christliche Ehe, eine Gegenkultur?

Die christliche Ehe wird immer mehr zu einer Gegenkultur im Gegensatz zur herrschenden Mentalität. Auch das kann ein Dienst an der Gesellschaft sein, um der subjektivistischen Tendenz einer “Do-it-yourself”-Sexualität und einer “Wegwerfbeziehung” entgegenzuwirken.

Der Christ “macht es nicht selbst”! Er verzichtet nicht darauf, das evangelische Ideal als Ziel seines Lebens zu haben. Er senkt die Messlatte nicht, um den Aufwand zu verringern. Er passt sich nicht einem Lebensstil nach unten an, zum “kleinsten gemeinsamen Nenner”. All dies tut er trotz des Bewusstseins seiner eigenen Schwäche, die wie ein Dorn im Fleisch ist, ihn aber dazu bringt, sich allein auf die Gnade Gottes zu verlassen.

Der Christ “verwendet und wirft nicht weg” in seinen persönlichen Beziehungen und noch weniger in der ehelichen Beziehung. Deshalb wird er ein Experte im “Reparieren”. Er wirft nichts weg, sondern repariert! Ein anderer Name für den Christen könnte “Rissreparateur” sein (Jesaja 58,12). Nur so wird der Jünger oder die Jüngerin Christi Salz der Erde und Licht der Welt sein.

3. Wie kann man auf ein solches Ideal der Liebe hinarbeiten?

Vielleicht antwortet Jesus auch in diesem Fall: “Unmöglich für die Menschen, aber nicht für Gott! Denn für Gott ist alles möglich” (Markus 10,27). Die eheliche Berufung ist wirklich eine Herausforderung, die den Glauben des Christen auf die Probe stellt. Deshalb kann die christliche Ehe nur zu dritt gelebt werden, indem Christus in die Mitte gestellt wird! Auch hier wird das Wort des Herrn erfüllt, und zwar in besonderer Weise: “Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen” (Matthäus 18,20).

P. Manuel João Pereira Correia, mccj