Dienstag, 27. April 2021
Der Comboni-Missionar Christian Carlassare war erst vor kurzem von Papst Franziskus zum Bischof von Rumbek im Südsudan ernannt worden. Nach einem Attentat ist er nun im Krankenhaus. Radio Vatikan hat mit seiner Mutter über ihren Sohn und die Lage im Südsudan gesprochen. [Vatican News]
Carlassare sollte am 23. Mai geweiht werden. Papst Franziskus sei „über das Attentat im Südsudan auf Pater Christian Carlassare informiert und er betet für ihn“, teilte Vatikansprecher Matteo Bruni mit. Die Aufmerksamkeit des Papstes für das Land ist bekannt - auch einen Besuch dort wünscht sich der Papst bekanntlich schon lange; bisher war dies jedoch nicht möglich. Radio Vatikan hat die Mutter von Pater Christian Carlassare, Marcellina Leder, telefonisch erreicht. Sie ist dem Papst für seine Unterstützung sehr dankbar: „Sehr viele Menschen sind uns in diesem Moment nahe, vor allem sind sie Christian nahe. Aber zu wissen, dass auch Papst Franziskus an uns denkt und für uns betet, ist eine sehr große Freude für uns. Papst Franziskus tut sehr viel für den Südsudan, und wir sind ihm unendlich dankbar dafür. Was meinem Sohn passiert ist, ist schlimm, aber ihm kann geholfen werden. Tragödien wie diese sind für die Menschen im Südsudan Alltag."
Präsident Kiir spricht sich für Aufklärung aus
Der südsudanesische Präsident Salva Kiir forderte eine schnelle Untersuchung des Angriffs, bei dem zwei Unbekannte dem künftigen Bischof auf die Beine schossen. An die Täter richtete der Pater seine ersten Worte nach der Attacke: „Ich vergebe euch aus tiefstem Herzen“. In dem Interview mit dem südsudanesischen Radiosender Eye Radio News bat der Missionar zudem um Gebete für die Menschen im Südsudan: „Ich vergebe denen, die auf mich geschossen haben, aus tiefstem Herzen und bitte Sie, für die Menschen in Rumbek zu beten, die sicher mehr leiden als ich.“
„Ich vergebe denen, die auf mich geschossen haben, aus tiefstem Herzen und bitte Sie, für die Menschen in Rumbek zu beten, die sicher mehr leiden als ich“
Carlassares Mutter sagte dazu gegenüber Radio Vatikan: „Ich kann nicht sagen, ob er gespürt hat, was ihm passieren würde. Aber die Worte, die Christian nach dem Attentat gesprochen hat, kamen meiner Meinung nach direkt aus seinem Herzen. Sein Herz schlägt für den Südsudan, er ist selbst inzwischen ein wirklicher Südsudanese. Er fühlt sich als Teil dieses Volk, auch weil er dort herzlich aufgenommen worden war. Er hat einen Großteil seines Lebens im Südsudan verbacht. Unser Kind ist auch ein Kind des Südsudan", ist die Mutter des angeschossenen Missionars überzeugt.
Südsudan in der Krise
Der Südsudan ist trotz der Unterzeichnung eines Friedensabkommens im September 2018 und Bemühungen des Vatikan (2019 küsste Franziskus den beiden Haupt-Kontrahenten, Präsident Kiir und dem Oppositionellen Riek Machar, im Vatikan die Füße und flehte sie um Frieden an) sowie von Sant’Egidio immer noch nicht zu Frieden gekommen. Jüngst sind die Auseinandersetzungen um Land, Vieh, Gold und Öl mit großer Gewalt wieder aufgeflammt, insbesondere in den Bundesstaaten Jonglei, Bahr el-Ghazal, Äquatoria und Greater Upper Nile. Die Krise im Land verschärft der wirtschaftliche Zusammenbruch aufgrund der Pandemie.
„Die Dynamik des Krieges hat die politische Logik unterwandert“
Auch Pater Christian Carlassare war sich der heiklen Lage des Lands bewusst: „Die Dynamik des Krieges hat die politische Logik unterwandert, und das Land wird von einer militärischen Elite dominiert, die seine Ressourcen verschlingt. Das gesamte Land ist zudem in viele ethnische Gruppen zerstückelt, die gezwungen sind, den Zugang zu den Ressourcen und ihre Existenz zu sichern", sagte der Ordensmann noch im Februar im Interview mit dem Portal „Nigrizia“.
Waffenhandel unterbinden. Den Anschlag gegen ihn selbst trug der Ordensgeistliche laut Aussagen seiner Familie mit Fassung: „Er war gelassen", berichtete seine Mutter Marcellina im Interview mit „Nigrizia“. Also, so gelassen, wie man es nach so einem Überfall eben sein könne. Er habe die Familie beruhigen wollen.
„Ohne Waffen gäbe es viel weniger solcher Tragödien auf der Welt.“
Es sei schön und gut, für Christian und für den Südsudan zu beten, das reiche jedoch nicht, betont Marcellina Leder im Gespräch mit Radio Vatikan: „Heute Abend gibt es wieder eine Gebetswache für Christian, besonders aber für das gemarterte Volk im Südsudan. Denken wir nur an all die Waffen, die auch wir Italiener produzieren und an solche Länder verkaufen. Ohne Waffen gäbe es viel weniger solcher Tragödien auf der Welt. Wenn es keine Waffen gegeben hätte, wäre wahrscheinlich auch dieser Vorfall jetzt etwas weniger schlimm gewesen. Das gilt für Christian, aber ebenso für alle, die täglich verletzt werden", gibt die Mutter des im Südsudan angeschossenen italienischen Ordensmanns Christian Carlassare zu bedenken.
[Vatican news/nigrizia - sst. Stefanie Stahlhofen und Andrea De Angelis – Vatican News]