Das Dienstamt vom semantischen Reichtum zu den biblischen Texten

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Freitag, 9. Oktober 2020
Dieser Artikel möchte, anhand von biblischen Texten, ein einfacher und kurzer Beitrag zum Reflexions- und Austauschprozess rund um das Thema Dienstamt sein. Da der abstrakte Ausdruck „Dienstamt“ in den heiligen Texten nicht vorkommt, stützt sich unser Ansatz auf die semantische Vielfalt des Begriffs „Diener/Dienst“. (P. José Joaquim L. Pedro, mccj)

DAS DIENSTAMT:

VOM SEMANTISCHEN REICHTUM

ZU DEN BIBLISCHEN TEXTEN

Einleitung

Dieser Artikel möchte, anhand von biblischen Texten, ein einfacher und kurzer Beitrag zum Reflexions- und Austauschprozess rund um das Thema Dienstamt sein. Da der abstrakte Ausdruck „Dienstamt“ in den heiligen Texten nicht vorkommt, stützt sich unser Ansatz auf die semantische Vielfalt des Begriffs „Diener/Dienst“. Der Beitrag versucht natürlich nicht, alle gleichwertigen, biblischen Begriffe einzubeziehen, die vom „Diener“ handeln, noch beschäftigt er sich mit den sogenannten biblischen Dienstämtern wie Priester, König, Prophet, Apostel, Evangelisten, Hirten, Heiler. Wir beschränken uns auf einige theologische und sprachliche Elemente, die mit diesen Begriffen verbunden sind, um dann abschließend eine kurze Reflexion anzufügen und einige Fragen bezüglich einer möglichen Vertiefung des Themas zu stellen.

1. Biblische Ausdrücke, die dem Dienstamt entsprechen

1.1 Im Alten Testament

1.1.1 MESHARET

Die Wurzel dieses hebräischen Ausdrucks bezeichnet jeden beliebigen Dienst. Im Zusammenhang mit unserem Thema lohnt es sich, Josuas Dienst an Mose in Ex 24,13; 33,11, Num 11,28 und Jos 1,1 hervorzuheben. In diesen Texten bedeutet MESHARET Diener, unmittelbarer Helfer, Schüler. Mose nahm Josua zu seinen Begegnungen mit Gott auf dem Berg und im Zelt mit. Sein Dienst bestand darin, Mose zu helfen, Gottes Botschaft zu verstehen und sie dann an das Volk weiterzuleiten. Das Interessante an diesen biblischen Texten ist, dass dieser Dienst als Vorbereitung gesehen wird, um ein Anführer zu werden, das heißt, es handelt sich um eine wirkliche Jüngerschaft. Daher verweist MESHARET auf das Thema der Schüler-Lehrer Beziehung und der Lernfähigkeit, eine Mission oder einen Dienst fortzusetzen. Unter diesem Gesichtspunkt vermittelt uns der Begriff MESHARET die Idee, dass in dieser Beziehung der Schüler nicht nur vom Meister, sondern auch vom Alltag lernt. Sogar die Realität wird zum Lehrer. Der Diener ist gleichzeitig ein Jünger des Herrn und ein Jünger des täglichen Geschehens.

1.1.2 EBED

Ein anderer Begriff, der im Alten Testament für Dienst verwendet wird, ist EBED. Dieser Ausdruck bezeichnet nicht nur den allgemeinen Dienst irgendeiner dem Meister untergeordneten Person, wie im Fall von Naaman (2 Kön 5, 6), sondern auch die volle Annahme der göttlichen Pläne, wie im Fall des Gottesknechtes (EBED ADONAI oder EBED HA-ELOHIM) in Is 42: 1-4; 49,1-6; 50,4-9; 52,13-15; 53.1-12. Auch wenn sich die Gelehrten über die wahre Identität von EBED ADONAI nicht einig sind, zeigen die Texte doch deutlich, dass die Unterwerfung unter die Pläne Gottes die Voraussetzung ist, die übertragene Mission auszuführen.

1.2 Im Neuen Testament

Begriffe aus dem Neuen Testament (NT)

1.2.1 PAIS/DOULOS

PAIS bedeutet in erster Linie Kind. In Mt 12,18 wird jedoch die griechische Version von Is 42,1 zitiert, in der PAIS mit EBED (Diener, Knecht) übersetzt wird, um darauf hinzuweisen, dass Jesus der Diener/Knecht Gottes ist. Mit der gleichen Intuition erklärt Petrus nach Pfingsten am Tempelplatz zum ersten Mal, dass Jesus der Knecht Gottes ist (Apg 3,13). Petrus wurde so stark vom Bild Jesu als Knecht Gottes geprägt, dass es zum Bezugspunkt seiner ersten Predigten nach Pfingsten wurde. So präsentiert er das Bild von Jesus-Diener als Paradigma für jede Art von Dienst in der sich formenden Kirche. Die semantische Umsetzung ist ein wörtlicher Beweis dafür, dass das NT zwischen den Begriffen PAIS (Kind, Diener) und DOULOS (Sklave, Diener) nicht unterscheidet. Wenn Jesus in Joh 15,15 zu den Aposteln spricht, beschreibt er seine Beziehung zu ihnen als Freundschaft, nicht als Knechtschaft oder Sklaventum. Darüber hinaus wird zudem der Begriff DOULOS (Diener) die Mission der Jünger charakterisieren. Jesus legt ihnen ans Herz, dass die zwischenmenschlichen Beziehungen vom Verhalten und den Gefühlen des Dieners gekennzeichnet sein müssen, die sich jeder zu eignen machen muss, der im Himmelreich groß sein will (Mt 20,27; Mk 10,44). Auch Paulus stellt sich seinen Gemeinden als DOULOS vor (Röm 1,1; 2 Kor 4,5; Gal 1,10; Eph 6,6; Phil 1,1; Tit 1,1). Einige Christen werden Diener (DOULOI) genannt, in Kol 4,12; 2 Tm 2,14; Jas 1.1. Petrus, Judas und die ganze Kirche sind Diener (DOULOI) Christi gemäß 2 Petr 1,1; Jud 1,1; Apg 1.1. Wir können also feststellen, dass die Begriffe PAIS und DOULOS zu Synonymen werden und Jesus-Diener als einziges Paradigma in der Ausübung von Diensten aufscheint.

1.2.2 LEITOURGOS

Drei Bedeutungen verdienen besondere Aufmerksamkeit:

  1. LEITOURGOS bezeichnet die Diener und die öffentlichen Verwalter, die Diener Gottes genannt werden, weil sie ihr Amt mit Eifer ausüben (Röm 13,6). Ihnen muss der Christ gehorchen und für sie beten, damit sie ruhig, friedlich, fromm und rechtschaffen leben (2 Tim 2: 2).
  2. Auch wer das Evangelium Jesu Christi jenen verkündet, die es noch nicht kennen, damit sie eine Gott wohlgefällige Opfergabe werden, wird LEITOURGOS (Röm 15,16) genannt.
  3. Der Begriff wird auch auf Jesus angewandt, um auf seinen Dienst als Mittler zwischen Gott und den Menschen hinzuweisen (Hebr 8: 2). Es ist interessant, dass im NT mit diesem Wort der Dienst des Staatsbeamten mit dem Dienst der Wortgottesverkündigung gleichgesetzt wird, da sich beide am Vermittler Jesus inspirieren und so demselben Gott dienen. Sich an Jesus dem Vermittler inspirieren, bedeutet, innerhalb und außerhalb der Kirche, die priesterliche Dimension der Dienstämter zu übernehmen und zu verwirklichen. Tatsächlich nehmen alle Dienste ausnahmslos eine priesterliche Dimension an, nämlich zwischen dem Schöpfer und der Schöpfung zu vermitteln.

1.2.3 HYPĒRETES

Was den Begriff HYPĒRETES betrifft, finden wir nur die Bedeutung „Diener des Wortes“ (Lk 1,2; Apg 26,16). In diesen Texten erscheint die Begegnung mit Christus als notwendige Voraussetzung für die Ausübung des Dienstes. Laut Lk 1, 2 sind die „Diener des Wortes“ Augenzeugen. Saul wird in der Apostelgeschichte 26,16 zum Diener und Zeugen von dem, was er gerade gesehen hat und was ihm der Herr noch zeigen wird. Diese Stellen enthalten die Idee, dass die Dienstämter aus der Erfahrung mit Christus geboren und durch sie genährt werden.

1.2.4 DIAKONOS

Der Begriff DIAKONOS wird im NT viel verwendet, aber in unterschiedlichen Kontexten und mit verschiedenen Bedeutungen. Folgendes sollte hier beachtet werden: DIAKONOS ist die Person, der die Mission übertragen wird, der Kirche zu dienen. Stephanus und seine Freunde sind Diakone, weil sie sich um die karitativen Werke der Gemeinde kümmern (Apg 6: 1-6). Obwohl Paulus und Apollo unermüdlich das Evangelium verkünden, ziehen sie es vor, einfach als Diakone (DIAKONOI) der Kirche betrachtet zu werden (1 Kor 3: 5-15); Tychicus (Eph 6:21), Epaphra (Kol 1,7) und Timotheus (1 Thes 3,2) sind DIAKONOI, weil sie unmittelbarer an der Evangelisierung mitarbeiten. Auch Jesus Christus ist DIAKONOS, da er nicht gekommen ist, sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele (Mt 20,28; Mk 10,45; Röm 15,8). Die Sorge um die Bedürftigsten wird nicht nur als DIAKONIA (Dienst) angesehen, sondern als eine notwendige Voraussetzung, um das Reich als Erbe zu empfangen (Mt 25,31-46). Auch die Texte von der untergeordneten Stellung des DIAKONOS müssen erwähnt werden: Lk 12,37 und 22,26-27. Der DIAKONOS untersteht Gott und den ihm anvertrauten Menschen. Das scheint ein wichtiges Merkmal der Dienste in den frühchristlichen Gemeinden gewesen zu sein.

1.2.5 OIKONOMOS

OIKONOMOS ist der Verwalter, der sich um das Vermögen seines Herrn kümmert. In der paulinischen und petrinischen Tradition werden die Apostel und alle Christen OIKONOMOI genannt, weil sie die Geheimnisse und Gnaden Gottes verwalten (1 Kor 4,1-2; 1 Petr 4,10). Die Symbolik des Hausverwalters ist sehr beeindruckend, weil sie die Pflicht eines jeden Christen, einen Dienst zu verrichten, betont. So werden die Dienste als eine Art Verwaltung des OIKOS Gottes (Heim, Haus) angesehen (1 Kor 3,5-9).

2. Überlegungen

Dieser semantische Reichtum sollte nicht als bloße sprachliche Wortklauberei der biblischen Autoren hingestellt werden, sondern vielmehr als offensichtlicher Beweis für die Vielfalt der Dienstämter im Volk Israel und in den ersten christlichen Gemeinden betrachtet werden. Gleichzeitig dient uns dieser semantische Reichtum als Grundlage und Inspiration für deren fortlaufende Kontextualisierung.

2.1 Vielfältige Erfahrungen in Dienstämtern

Aus dem oben Dargelegten geht klar hervor, dass die Hagiographen großes Interesse an den verschiedenen Erfahrungen mit Dienstämtern haben, von denen die heiligen Texte berichten, um mit deren Hilfe einen Gott vorzustellen, der Dienstämter für sein Haus einrichtet. Wir erinnern daran, dass im NT Haus Gottes (OIKOS TOU THEOU) im engeren Sinn die Kirche Christi (1 Tim 3:15; Heb 3: 6), im weiteren Sinn das Weltall bezeichnet (Apg 7: 44-50). Die Vielschichtigkeit der Begriffe zeigt, wie wichtig es ist, nicht nur die Bedeutung des Ausdrucks „Haus Gottes“ zu vertiefen, sondern auch die erforderlichen Dienste, um dieses Haus umsichtig verwalten zu können. Das Haus Gottes ist so komplex, dass es ohne ein breites Spektrum von Dienstämtern nicht verwaltet werden kann. Es ist daher dringend notwendig, neue Dienste innerhalb und außerhalb der Kirche zu fördern. In diesem Sinn sind die Comboni-Missionare aufgerufen, diesen Prozess zu beleben, der mehr denn je als unabdingbare Voraussetzung für die Evangelisierung der heutigen Welt erscheint.

2.2 Kontextualisierung der Dienstämter

Die verschiedenen Erfahrungen mit dem Dienstamt in der Bibel gehen einher mit einem Prozess der Kontextualisierung, d.h. der Anpassung der Dienste an ein bestimmtes Umfeld. Für die Comboni-Missionare bedeutet die Kontextualisierung zwei voneinander abhängige Prozesse: der Prozess Ad-Intra und der Prozess Ad-Extra. Ad intra, weil es notwendig ist, Dienstämter und missionarische Verpflichtungen im Licht der realen Möglichkeiten der Kongregation (Anzahl der Mitbrüder, akademische Ausbildung, Berufsgeographie, finanzielle Situation usw.) zu überdenken. Ad extra, weil wir herausgefordert werden, innerhalb unseres Milieus Personen, Mittel und Methoden zu definieren, um die Entstehung neuer Dienstämter zu fördern oder die bereits bestehenden zu erneuern. Beide Prozesse erfordern Realismus, Mut und Optimismus. Es sei darauf hingewiesen, dass in diesem Prozess die kontextualisierte Beschäftigung mit der Heiligen Schrift eine unersetzliche Rolle spielt. Deshalb muss die Auslegung der Bibel im Kontext des zeitgenössischen Empfängers neu gelernt werden. Nur so können die für jede Situation geeignetsten Dienstämter ermittelt werden.

3. Hilfe für eine Vertiefung

  1. Worin besteht diese „untergeordnete Stellung des Dienstamtes“ angewandt auf den Comboni- Missionar?
  2. Wir spüren, dass es heute in der Kirche neue Dienstämter braucht. Welche sind es?
  3. Das Haus Gottes ist unermesslich und komplex. Wie kann es umfassend verwaltet werden?
  4. Ist es uns gelungen, das Comboni-Charisma und die mit ihm verbundenen Dienstämter in den entsprechenden Kontext zu stellen?
  5. Ist es uns gelungen, unsere Hermeneutik der biblischen Texte zu kontextualisieren, um der Wirklichkeit angepasste Dienstämter zu entwickeln? Welchen Schwierigkeiten sind wir dabei begegnet?

P. José Joaquim L. Pedro, mccj
Vize-Provinzial von Mosambik

Empfohlene Bibliographie

COLLINS, J.N. (2014). Diakonia Studies: Critical Issues in Ministry. Oxford: Oxford University Press.

COMISSÃO Teológica Internacional. (2002). Da Diaconia de Cristo à Diaconia dos Apóstolos.

GUIJARRO, S. (2017). La Aportación del Análisis Contextual a la Exégesis de los Textos Bíblicos. Cuestiones Teológicas, 44 (102), 283-300.

KING, N. (2019). Ministry in the New Testament. New Blackfriars, 100 (1086), 155-164.

MĂCELARU, M.V. (2011). Discipleship in the Old Testament and Its Context: A Phenomenological Approach. Pleroma, 13 (2), 11-22.

Übersetzung: Pater Alois Eder