Rom, Montag, 7. Januar 2013
UNSERE MISSION: Erfahrung und Überlegung. Schlussfolgerungen des Prozesses der Ratio Missionis. Wir veröffentlichen im Anhang den endgültigen Text der Ratio Missionis mit einem Brief des Generalrates in Englisch, Französisch, Italienisch, Portugiesisch, Deutsch und Spanisch.
Brief der Generalleitung
“Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt”
(1 PT 3, 15)
Liebe Mitbrüder,
Unsere Lebensform erinnert uns daran, dass “Daniel Comboni sich durch seine Ganzhingabe an die missionarische Aufgabe hervorgetan hat. Für diese Sache sprach, arbeitete, lebte und starb er” (LF 2), und dass sich unsere Kongregation “ganz dem missionarischen Dienst widmet. Deshalb sind ihre Arbeit, ihr Lebensstil, ihre Organisation wie auch die Ausbildung der Kandidaten und die Erneuerung der Mitglieder vom missionarischen Dienst geprägt” (LF 2.1).
Die Treue zur Mission zieht sich wie ein roter Faden durch unsere bald hundertfünfzigjährige Geschichte. Diese Treue spornt uns an, ständig auf die Zeichen der Zeit zu hören und uns dauernd zu erneuern. Die Comboni-Missionare, heißt es in der Präambel, „verpflichten sich öffentlich zu einer besonderen Lebensform. So können sie den missionarischen Dienst in Verantwortlichkeit und gegenseitiger Bestärkung besser verwirklichen. Sie sind sich dabei bewusst, dass sie ihren Auftrag nur unzulänglich und bruchstückhaft verwirklichen. Deshalb sind sie bereit, ihren Lebensstil ständig zu erneuern, um zu einem Zeichen des Heils in der Welt zu werden“ (LF, Präambel).
In diesem Kontext der Treue zur Mission und der ständigen Erneuerung unseres Charismas hat sich der ganze Prozess der Ratio Missionis abgespielt, die uns seit 2003 bis heute als Kongregation beschäftigt hat.
Es ist nicht das Ziel dieses Prozesses gewesen, ein richtunggebendes Dokument zu erstellen (wie, zum Beispiel, die Ratio Fundmentalis), sondern in uns allen eine Erneuerungsbewegung im weiteren Sinn auszulösen: theologische Beweggründe, Spiritualität, Methode, Missionsfelder, Gemeinschaftsleben, usw. Die praktische Erfahrung gehört inzwischen zu unserem Missionsweg als Personen und als Kongregation.
Der Prozess hat auch wichtige Fragen, Feststellungen, Überlegungen, Erfahrungen, Vorschläge und Empfehlungen erbracht, die das XVII. Generalkapitel sammeln, ordnen und der ganzen Kongregation zukommen lassen wollte. Das Kapitel hat deshalb den Generalrat beauftragt, eine Kommission einzusetzen, „die in Zusammenarbeit mit dem Sekretariat für Evangelisierung das Material, das während des Prozesses der Ratio Missionis erarbeitet wurde, noch einmal systematisch durchliest. Die daraus resultierende theologische Reflexion über Mission und unsere Methode soll dann dem nächsten Zwischenkapitel vorgelegt werden“ (KD 2009, 11.1).
Die Kommission, unter der Leitung des Generalsekretärs für Evangelisierung, hat sehr gute Arbeit geleistet und ein Dokument erstellt, das dem Zwischenkapitel vorgelegt wurde, und jetzt unter dem Titel „Unsere Mission; Reflexion und Erfahrung; Schlussfolgerungen aus dem Prozess der Ratio Missionis“, veröffentlicht wird.
Der Ausdruck “ratio” kann verschiedene Bedeutungen annehmen. Der uns am nächsten liegende Sinn findet sich im 1. Petrusbrief 3,15, wo gesagt wird, dass der Christ „stets bereit sein muss, jedem Rede und Antwort zu stehen, der ihn nach dem Grund (ratio, logos in der lateinischen und griechischen Übersetzung) der Hoffnung fragt“. Ratio bedeutet also, den Grund angeben, begründen, was man ist und tut. Genauer gesagt, durch die RM sprechen wir aus, was wir tun, wie und warum wir es tun, und definieren, was Mission für uns Comboni-Missionare des XXI. Jahrhunderts ist, welche Haltungen, Kriterien und Entscheidungen sie einschließt.
Das Dokument, das wir in der Hand haben, bleibt unvollständig, denn es muss den verschiedenen missionarischen Situationen erst gerecht werden. Es ist zudem unvollständig, da die Mission nie stehen bleibt, besonders in diesen sich so schnell verändernden Zeiten: die Reflexion über die Mission muss weitergehen. In diesem Sinn wird die RM immer ein dynamischer Prozess sein, denn jeder geschichtliche Wandel erfordert, die Mission, ihre Strukturen, Kriterien und Entscheidungen neu zu definieren.
Solange unsere Kongregation zu formulieren versucht, auch inmitten von Widerständen und Gegensätzen, was es heißt, in einem bestimmten Kontext und in einer geschichtlichen Epoche Missionar zu sein, und was das beinhaltet, nämlich eine RM zu erarbeiten, ist unsere Kongregation noch lebendig und die Mission noch imstande, in ihr Leidenschaft und Vitalität neu zu beleben.
Bei der Vorstellung dieses Dokuments möchten wir der Kommission und all jenen, die in diesem Prozess mitgearbeitet haben, danken. Zur gleichen Zeit sprechen wir den Wunsch aus, dass die RM in uns die missionarische Leidenschaft des Gründers stärken möge, im Bewusstsein, dass „der Geist, der in Comboni die Liebe zu den Afrikanern entfacht hat, uns weiterhin zu den Armen und zu den Menschen führt. Es ist derselbe Geist, der uns zu einer tiefen, persönlichen und gemeinsamen Erneuerung in der Liebe drängt: eine Gabe, die wir empfangen haben und als Weihe leben, und die in der Mission sichtbar und in ihr weitergegeben wird“ (KD 2009, 19).
P. Enrique Sanchez G. Generaloberer
P. Alberto Pelucchi, Generalvikar
P. Tesfaye Tadesse, Generalassistent
P. Antonio Villarino, Generalassistent
Br. Daniele Giusti, Generalassistent