Meilensteine: Erstes Haus in Josefstal. 100 Jahre Comboni-Missionare in Deutschland

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Donnerstag, 28. Januar 2021
Am 2. Februar 1921 wurde das erste Comboni-Missionshaus in Deutschland in Schleifhäusle bei Ellwangen eingeweiht. Das Jubiläum war schon geplant, aber nun werden wir es am 2. Februar nur im kleinen Kreis in unseren Niederlassungen begehen. Wir hoffen jedoch, dass die geplanten Feierlichkeiten Mitte Juni mit Gästen, Ehemaligen und Freunden stattfinden können. Näheres dazu geben wir rechtzeitig bekannt. [
Bild: Im Hintergrund die alte Schleifmühle, das erste Missionshaus um 1924 in Josefstal].

Am 2. Februar vor 100 Jahren wurde in Schrezheim bei Ellwangen die erste Hausgemeinschaft der Comboni-Missionare eröffnet, auch wenn diese damals noch einen anderen Namen hatten. Aus diesem Anlass wollen wir in diesem Jahr in sechs Beiträgen einen geschichtlichen Überblick über das Auf und Ab der Gemeinschaft in dieser Zeit geben mit Originalbeiträgen aus Chroniken und aus Briefen von Mitbrüdern.

In diesem unserem ersten Beitrag geht es um die Frage, warum es erst 1923 und unter welchen Umständen zur Gründung der ersten Niederlassung in Deutschland kam. In der nächsten Ausgabe folgt ein Blick auf die schwierigen aber hoffnungsvollen Jahre der Zwischenkriegszeit. In einem weiteren Beitrag geht es um die Kongregation in der Zeit des Nationalsozialismus und während des Zweiten Weltkriegs. Der vierte Beitrag wird sich mit dem Wiederaufbau und dem Aufschwung nach dem Krieg befassen – bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil und seinen Folgen für die Kongregation.

Im fünften Heft geht es um die jüngere Vergangenheit bis zur Wiedervereinigung 1979 mit den vorwiegend italienischen Comboni-Missionaren. Der sechste und letzte Beitrag schließlich beleuchtet die Gegenwart und versucht einen vorsichtigen Blick in die Zukunft.

Aus der Chronik von Josefstal

„Der unselige Weltkrieg 1914-1918 brachte für unsere Missionare im Sudan eine Änderung. Verschiedene deutsche Patres, mehrere Jahre als Gefangene Englands in Sidi Bishr (Ägypt.) zurückgehalten, durften nicht mehr nach Zentralafrika zurückkehren. Unter diesen befand sich auch der langjährige Schilluk-Missionar H.P. Isidor Stang aus Klepsau (Baden).
Durch befreundete Geistliche […] veranlasst, fasste P. Stang den Plan, nachdem 1919 das Jesuitengesetz aufgehoben war, auch in Württemberg ein Missionshaus zu errichten.
Seine Exzellenz, Bischof Dr. Paul Keppler, den P. Stang persönlich besuchte, gab die Erlaubnis zu einer Gründung für Ellwangen, falls die Stadtväter es genehmigen würden.
Nach verschiedenen Plänen wurde P. Stang auf die eine halbe Stunde von Ellwangen entfernte frühere Schleifmühle in Schleifhäusle aufmerksam. Besagte Mühle hatte binnen kurzer Zeit die Besitzer oft gewechselt. Der häufige Wechsel ließ Grund und Gebäude arg vernachlässigen. […] Weihnacht 1920 kam der Kauf zustande. Vier Frauen hatten mehrere Tage zu tun, um den Schmutz aus dem Haus zu entfernen.
Lichtmess 1921 wurde das Haus bezogen. P. Stang als Oberer, P. Ettl als Präfekt, Br. Friedel als Gebieter über den Stall. Vorhanden waren zwei Kühe und ein Schwein – an Fährnissen heilloses Gerümpel. Ein Holzwagen, dessen Rad bald brach. Geld mußte erst erbettelt werden. Als echter Apostel begann H.P. Stang die Gründung, angefeindet von verschiedenen Seiten, bar aller irdischen Mittel; zwei Dinge besaß er: guten Humor und unbegrenztes Gottvertrauen.“

Der Gründer

Pater Isidor Stang

Pater Isidor Stang war die treibende Kraft bei der Gründung in Ellwangen und damit der ersten Niederlassung in Deutschland. Nach Studium und Priesterweihe in Brixen wurde er 1905 in den Sudan gesandt zum Volk der Schilluk. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs führte zur Internierung im Lager Sidi Bishr bei Alexandria, Ägypten. Erst 1919 durfte Stang nach Hamburg ausreisen. Sein Auftrag war nun die Suche nach einem geeigneten Standort für die Missionare in Deutschland.

Dank seines Eifers und seines – trotz aller Widrigkeiten – gesunden Humors gelang es P. Stang, das Haus in Josefstal zu beleben und junge Burschen als angehende Priester- und Brudermissionare zu werben. Zu den ersten gehörten die späteren Patres Richard Lechner, Anton Baumgart, Paul Vogel und andere. Die handschriftliche Chronik, deren erste Zeilen Sie oben sehen, erzählt über den mehr als bescheidenen Beginn.

Vorgeschichte

P. Karl Fischer (1886-1972) Pfeife rauchend in einer Pause in Südafrika.

Missionare Combonis gab es 1921 schon seit über 50 Jahren. 1867 hatte Comboni in Verona sein Institut gegründet. Unter seinen Missionaren waren auch Deutsche und Österreicher. Weil es wegen der Kulturkampfgesetze in Deutschland keine Ordensniederlassungen gab, wandten sich Interessenten aus dem Deutschen Reich an Niederlassungen in Österreich. Die Missionare Combonis hatten seit 1895 eine Niederlassung in Brixen in Südtirol. Es war ein fruchtbares Miteinander der verschiedenen Nationen. Arbeitsfeld war das Gebiet des heutigen Sudan und Südsudan. Der Generalobere in Verona war ein Italiener, der Missionsobere war der deutsche Bischof Franz Xaver Geyer in Khartum.

Dann kam der Erste Weltkrieg. Er war auch ein Krieg zwischen Deutschland und Österreich auf der einen gegen Italien auf der anderen Seite. Das Missionsgebiet selbst war englische Kolonie. Fast alle Deutschen und Österreicher wurden ausgewiesen. Dazu wurde Brixen, das Mutterhaus der Deutschsprachigen, italienisch. Das führte unweigerlich auch zu inneren Spannungen. Die Missionsbehörde in Rom veranlasste daraufhin die Teilung der Kongregation in eine deutschsprachige und eine italienische.

Die Deutschsprachigen, etwa 60 Priester, Brüder und zahlreiche Studierende, waren buchstäblich bettelarm und mussten jetzt eine neue Heimat finden. Sie fanden sie in Ellwangen. Ein neues Arbeitsfeld wurde ihnen auch anvertraut – in Südafrika. Es folgten zwei Jahrzehnte des Aufschwungs bis zu einem weiteren Tiefschlag im Zweiten Weltkrieg. Darüber lesen Sie dann im nächsten Heft.
P. Reinhold Baumann
Ulrike Lindner