Freitag 29. Januar 2021
Seit Anfang September bin ich hier, und bis jetzt kaum aus Neapel hinausgekommen. Auch den Vesuv konnte ich bisher nur von unten bestaunen. Dafür wurde gerade das erste „Limoncello“ von mir fertig, mit Zitronen aus dem eigenen Garten, und sehr begehrt im Haus.

Pater Karl Peinhopf auf dem Dach
des Scholastikats von Neapel (Italien)
vor dem Vesuv; 2020

Die „Napolitani“ finde ich ausgesprochen freundlich, und auch sehr fromm im guten Sinn. Fast vor jedem Gottesdienst wird der Rosenkranz gebetet, und die Heiligenverehrung ist stark verbreitet, allen voran natürlich der Heilige Pater Pio, dessen lebensgroße Statue oder Bild man häufig in Kirchen und auf öffentlichen Plätzen findet. Öffentlich Gottesdienste feiern in den naheliegenden Pfarreien tue auch ich schon seit September, mit dem Advent fange ich an, dabei auch eine kleine Predigt zu halten.

Überhaupt gibt es viele Heilige und Selige aus Neapel. Auch Daniel Comboni besuchte wegen des seligen P. Ludovico di Casoria mehrmals die Stadt, weil dieser hier ein Heim für freigekaufte Sklavenkinder aus Schwarzafrika unterhielt. In einem Brief aus dem Jahr 1861 preist Comboni in seinem etwas überschwänglichen Stil die Stadt als eine der schönsten der Welt.

Sogar das Autofahren erlebe ich hier als angenehm. Entgegen geläufiger Meinung gibt es eine klare Ordnung im vermeintlichen Chaos. Man muss nur schnell, flexibel und zugleich rücksichtsvoll sein. Jeder sucht sich den Weg, den Raum, den er zum Rausfahren, zum Wenden etc braucht. Man muss aber auch den anderen diesen Raum zubilligen.

In der Gemeinschaft sind wir vier Comboni-Patres plus elf Scholastiker. Der Hausobere, Pater Tesfamariam aus Eritrea, Pater Carmelo Casile aus Sizilien (die „Peruaner“ in der DSP werden sich an ihn erinnern), der mit seinen 84 Jahren noch Gärtner und zugleich Beichtvater vieler ist, sonst aber ein eher zurückgezogenes Leben führt. Dann ist noch Pater Stefano Zuin aus Padua, der für die „animazione missionaria“ (Missionarische Bewusstseinsbildung) zuständig ist. Insgesamt sind wir aus über zehn Nationen. In diesem Jahr sind wir etwas weniger, weil zwei neue Scholastiker wegen des Virus nicht ausreisen konnten. Zu unserer Gemeinschaft gehört auch der in ganz Italien bekannte Pater Alex Zanotelli, der in einem ärmeren Viertel von Neapel mit einem Franziskaner in Gemeinschaft lebt. Die Tatsache, dass wir praktisch nur mehr einen Italiener im Haus haben, macht ein korrektes Lernen und Sprechen der Sprache nicht gerade einfacher.

Während im Frühling der Süden Italiens weitgehend vom Covid-Virus verschont blieb, steigen die Zahlen der Infizierten jetzt auch in der Provinz von Neapel stark an und seit einer Woche leben wir im Lockdown, der hier relativ locker genommen wird. Die Medien sagen, dass sich Süditalien wenig auf eine zweite Welle vorbereitet hat. Das hat aber auch mit der Mafia zu tun, die in vielen Bereichen, so auch im Gesundheitswesen ihre Finger im Spiel hat. Wie ihr mitbekommen habt, ist die italienische Provinz auch in der zweiten Welle stark vom Virus betroffen. Vor allem in der Gemeinschaft von Castel d’Azzano in Verona sind in den letzten vierzehn Tagen zehn Mitbrüder an Covid gestorben. Auch der Provinzial Pater Fabio Baldan musste seinen für November geplanten Besuch im Scholastikat absagen.
„Saluti e salute“, Gruß und Gesundheit an alle!

Pater Karl Peinhopf