Auf seinen Dr. phil. hat Pater Uhl sich nie viel eingebildet. Bezeichnend ist übrigens, worüber er promoviert hat: nicht über einen der vielen christlichen Philosophen und ihre Theorien, sondern über den Atheisten Ludwig Feuerbach. Das drückt viel über sein Wesen aus. Er wollte immer auch die andere Seite kennen und hören, war immer ein unabhängiger Denker. So hat er sich auch später intensiv mit dem Islam auseinandergesetzt. Nicht umsonst ist er darum auch als Professor der Philosophie an das theologische Seminar in Khartum im Sudan berufen worden.
Pater Josef ist 1934 in Unterschneidheim bei Ellwangen in einfachsten Verhältnissen geboren worden. Der begabte Bub sollte natürlich studieren. So kam er, wie andere aus seinem Ort, ins Josefinum in Ellwangen. Nach dem Noviziat in Bamberg (1953–1955) und den ersten zeitlichen Gelübden am 19. Mai 1955 schickte man ihn zum Studium nach Rom, wo er mit der Promotion abschloss. Am 9. September 1960 weihte er sich endgültig durch die ewige Profess Gott und der Mission. Am 8. Juni 1963 empfing er die Priesterweihe.
Zuerst war geplant, dass er den Novizen und Scholastikern Philosophie lehren sollte, da das Noviziat von Bamberg nach Mellatz verlegt wurde. Es war eine Zeit des Konzils, auch des Aufbruchs und des gesellschaftlichen Umbruchs, die berühmten 68er-Jahre. Doch die Zahl der Theologiestudenten ging stark zurück, und der Plan einer teilweise ordensinternen Ausbildung musste aufgegeben werden. Auch viele Scholastiker stellten den Standort Bamberg in Frage. Die weniger werdenden Theologen studierten in so genannten Freisemestern in verschiedenen Universitäten – unter anderen auch bei Professor Josef Ratzinger – und konzentrierten sich dann ein paar Jahre später in Innsbruck.
In diesen Jahren begann auch die Frage der Wiedervereinigung mit den italienischen Mitbrüdern spruchreif zu werden. Uhl war maßgeblich an den Gesprächen und Diskussionen beteiligt, als Mitglied der Reunion Study Commission. Er war mehrere Jahre Mitglied der Generalleitung der damals noch deutschsprachigen Kongregation.
Er meldete sich dann auch als einer der allerersten, um in Afrika nicht mit den Deutschsprachigen in Südafrika, sondern mit Missionaren der FSCJ in einem von ihren Missionsgebieten tätig zu sein. Zuerst war an Malawi gedacht. Da er dafür kein Visum bekam, fiel die Wahl auf Kenia. Das war 1973/74. In enger Zusammenarbeit mit den Mitbrüdern der FSCJ übernahmen Pater Uhl und eine Reihe weiterer Mitbrüder, vor allem Brudermissionare, die Pfarrei Nakuru und gründeten die Technische Schule in Gilgil. Es war ein Pilotprojekt, sowohl was die Schule betraf, als auch die Zusammenarbeit den beiden damals noch getrennten Kongregationen. Für Pater Uhl bedeutete das auch eine Tätigkeit ganz anderer Art als auf einem Lehrstuhl, sondern als einfacher Missionar mit dem Auto auf miserablen Straßen und in kleinen Kapellen.
Wieder zehn Jahre später, 1983, die Wiedervereinigung der beiden Kongregationen war inzwischen vollzogen, rief ihn die Generalleitung als Generalsekretär für Evangelisierung nach Rom. Als solcher bereitete er unter anderem die ersten Einsätze der Kongregation in Asien vor und kam dabei buchstäblich bis an die Tore Chinas. Man erinnert sich an ein Theaterstück damals in den 50er-Jahren im Josefinum, in dem er als Schüler den Hl. Franz Xaver spielte, der auf der Insel Shangchuan vor den Toren seines Traumziels China starb. Auch ihm blieb, wie damals im Theaterstück, die Einreise nach China verwehrt.
Auf die Zeit in Rom folgten ab 1997 die 13 Jahre als Professor für Philosophie im Priesterseminar von Khartum. Eine enorme Herausforderung in einem muslimischen Umfeld, nicht zuletzt auch wegen der arabischen Sprache.
2011, mit inzwischen 74 Jahren, ging er nach Limone ins Geburtshaus Combonis und war Ansprechperson vor allem für deutschsprachige Besucher, aber auch für solche aus anderen Ländern, bis es seine Gesundheit nicht mehr zuließ. Die letzten Jahre verbrachte er in der Seniorenabteilung in Ellwangen, bis er sich an Weihnachten mit dem Corona-Virus infizierte und am 9. Januar 2021 starb.
(P. Reinhold Baumann).