Samstag, 15. Februar 2025
Der Comboni-Scholastiker Wilson Njoroge hat einen sehr schönen Aufsatz über (seine) Zeit in Graz/Österreich samt den Herausforderungen dabei geschrieben und wie er damit umgeht. „Die Reise meiner Berufung – so erzählt uns Wilson – begann im Herzen des Nyandarua County, Kenia. Dies ist meine Geschichte: von den ersten Träumen, dem transformierenden Ruf zur Mission und der sich entfaltenden Realität, diesem Ruf in einem kulturell anderen Umfeld zu folgen.“

Meine erste Erfahrung in einer deutschsprachigen Provinz
als Comboni-Ordensangehöriger aus Kenia

Mein Name ist Wilson Njoroge Wairimu. Als jüngstes von drei Geschwistern wuchs ich im Nyandarua County in Zentral-Kenia auf, umgeben von der Schönheit des gemeinschaftlichen Lebens und einer tiefen Verbindung zur Natur. Meine frühen Jahre waren geprägt von dem Wunsch, Elektroingenieur zu werden – ein Berufsfeld, das mich mit seiner Verheißung von Innovation und Problemlösung faszinierte. Doch neben diesem beruflichen Streben regte sich ein hartnäckiges und tiefes Verlangen nach etwas Größerem: ein Ruf, Gott und der Menschheit zu dienen.

Dieses Verlangen wuchs trotz eines scheinbar vorgezeichneten Weges in die Technik immer weiter. Der Ruf zur Mission wurde unwiderstehlich und zwang mich, meine Ingenieurambitionen hinter mir zu lassen und mich auf eine Reise des Glaubens und der Hingabe zu begeben.

Grundlegende Ausbildung: Ein neuer Anfang

Dieser Ruf führte mich durch Jahre der Ausbildung in Kenia, Malawi und Sambia. Diese prägenden Erfahrungen bildeten das Fundament meines Verständnisses für das religiöse Leben und die Mission. Das Charisma der Comboni-Missionare – den Ärmsten zu dienen und die Würde aller Menschen zu fördern – sprach tief zu mir und erfüllte mein Herz.

In Afrika besteht die Mission oft darin, konkrete materielle Bedürfnisse zu adressieren, Gemeinschaften zu stärken und spirituelles Wachstum innerhalb lebendiger Glaubensgemeinschaften zu fördern. Diese Erfahrungen lehrten mich Resilienz, Demut und die Freude am gemeinschaftlichen Dienst. Sie stärkten meine Überzeugung, dass das Comboni-Charisma in einzigartiger Weise mit meinem Lebenssinn und meiner Berufung übereinstimmt.

Ein Wechsel nach Europa: Eine neue Realität erkunden

Meine Ankunft in der deutschsprachigen Provinz markierte einen entscheidenden Wendepunkt in meiner missionarischen Reise. Die anfänglichen Herausforderungen waren zahlreich, beginnend mit der Sprache – Deutsch, mit seiner komplexen Struktur und den ungewohnten Lauten, war eine scharfe Abweichung von den mir vertrauten Sprachen. Diese sprachliche Barriere fühlte sich zunächst isolierend an.

Kulturell begegnete ich einer Gesellschaft, die Wert auf Struktur, Individualismus und Präzision legt – im Gegensatz zu dem beziehungsorientierten und gemeinschaftlichen Lebensansatz, den ich aus Kenia kannte. Ein weiterer markanter Unterschied war die säkulare Prägung der Gesellschaft. Während in Afrika der Glaube tief im Alltag verwurzelt ist, nimmt er hier oft eine leisere, privatere Rolle ein. Diese Unterschiede stellten neue Fragen an mich: Wie kann man das Evangelium in einem solchen Umfeld glaubwürdig leben und bezeugen?

Die Scholastiker Daniel Osuna, aus Mexiko, und Wilson Njoroge, aus Kenia,
im Josefinum Ellwangen/Deutschland.

Lichtblicke und neue Erkenntnisse

Doch neben diesen Herausforderungen gab es tiefgreifende positive Erfahrungen. Die Offenheit und Bereitschaft der lokalen Gemeinschaft, mich willkommen zu heißen, verbunden mit ihrer Geduld und ihrem Verständnis, erleichterten meine schrittweise Integration. Die kulturelle Vielfalt bot neue Einblicke in unterschiedliche Ausdrucksformen von Fürsorge und Gastfreundschaft.

Der säkulare Kontext wurde zu einer Einladung, den Glauben durch echte Präsenz, bedeutsame Dialoge und authentische Beziehungen zu verkörpern. Diese Kontraste bereicherten mein Verständnis von Mission und stärkten meine Entschlossenheit, Brücken zwischen Glauben und Alltag zu schlagen.

Integration und Vertiefung des Glaubens

Trotz dieser Unterschiede bleibt die Freude an der Mission unverändert. Die Begleitung und Unterstützung durch meine Mitbrüder in der Comboni-Gemeinschaft waren von unschätzbarem Wert und schufen ein Gefühl von Zugehörigkeit und Stabilität. Die Wärme und Offenheit der um mich herum Menschen ermutigten mich zusätzlich, diese Reise anzugehen.

Letztere hat mich zu einem tieferen Verständnis geführt: Mission definiert sich nicht durch Bequemlichkeit oder Vertrautheit, sondern durch bedeutsame Begegnungen, die Mitgefühl, Verständnis und Wachstum hervorrufen. Als Teil zweier unterschiedlicher Welten habe ich gelernt, dass das Evangelium eine konstante Kraft bleibt – eine, die kulturellen Grenzen überwindet und Herzen durch die gemeinsame göttliche Einheit verbindet. Meine Aufgabe besteht nicht einfach darin, mich anzupassen, sondern kontinuierlich zu entdecken, wie der Glaube zu einer Brücke, einem Licht und einem lebendigen Zeugnis in einer Welt voller Sinnsuche werden kann.

Wilson Njoroge, Comboni-Scholastiker